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Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerstall zulässig

Die Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen eines Bio-Hühnerstalls ist zulässig. Das öffentliche Interesse überwiege das Unternehmenspersönlichkeitsrecht.
Filmaufnahme Veröffentlichung
© galam - Fotolia.com

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Inhalt des Beitrags

Mit Urteil vom 10. April 2018 hat der BGH über die Zulässigkeit der Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerställen entschieden (Az.: VI ZR 396/16). Die Verbreitung solcher Aufnahmen verletze im konkreten Fall weder das Unternehmerpersönlichkeitsrecht noch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Grund dafür: Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiege.

Tierschützer fertigt rechtswidrige Filmaufnahmen in Bio-Hühnerstall

Geklagt hatte ein Erzeugerzusammenschluss von elf ökologisch arbeitenden Betrieben. Sie waren auf die Vermarktung von Bio-Produkten spezialisiert und betrieben dafür Ackerbau und Hühnerhaltung in großem Umfang. In den Nächten vom 11. bis zum 13. Mai 2012 drang ein Tierschützer in die Hühnerställe zweier Betriebe ein und fertigte einige brisante Filmaufnahmen. Es waren Hühner mit nur unvollständigem Federkleid und auch tote Hühner erkennbar.

ARD strahlte ungenehmigte Filmaufnahmen aus

Diese Aufnahmen überlies der Tierschützer der Beklagten, welche sie am 3. September 2012 in der Reihe ARD Exklusiv unter dem Titel „Wie billig kann Bio sein“ und am 18. September 2012 im Rahmen der Sendung Fakt unter dem Titel „Biologische Tierhaltung und ihre Schattenseiten“ ausstrahlte. Die beiden Beiträge befassten sich in erster Linie mit den Auswirkungen, die die Aufnahme von Bio-Erzeugnissen in das Sortiment der Supermärkte und Discounter haben.

Das LG sowie das OLG (Az.: 324 O 400/13; 7 U 11/14) gaben der Klage des Erzeugerzusammenschlusses statt. Damit durften die verpackte Ware, die toten Hühner und die Hühner mit nur unvollständigem Federkleid sowie die Innenaufnahme eines Hühnerstalls nicht mehr öffentlich gezeigt werden.

BGH: Veröffentlichung der ungenehmigten Filmaufnahmen zulässig

Der BGH stellte sich nun gegen die Auffassung der Hamburger Richter und gab der Revision der Beklagten statt. Die Verbreitung solcher Filmaufnahmen verletze weder das Unternehmerpersönlichkeitsrecht des Erzeugerzusammenschlusses noch ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Filmaufnahmen seien abstrakt dazu geeignet, das Ansehen und den wirtschaftlichen Ruf der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Auch berühre die Ausstrahlung der nicht genehmigten Filmaufnahmen das Interesse des Unternehmerzusammenschlusses, ihre innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.

Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege das Unternehmerpersönlichkeitsrecht

Eine solche Beeinträchtigung sei aber nach Ansicht der Karlsruher Richter nicht rechtwidrig. Denn das von den Medien verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiege das Interesse des Unternehmerzusammenschlusses. Dies gelte trotz des Umstandes, dass die veröffentlichten Filmaufnahmen vom Tierschützer rechtswidrig aufgenommen wurden. Denn schließlich habe sich die Beklagte nicht an dem Hausfriedensbruch in irgendeiner Art und Weise beteiligt.

Mit den beanstandeten Aufnahmen wurden keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Klägerin offenbart. Die Aufnahmen dokumentieren vielmehr lediglich die Art der Hühnerhaltung, an welcher die Öffentlichkeit grundsätzlich ein berechtigtes Interesse habe. Die Aufnahmen des Tierschützers informieren die Zuschauer auch zutreffend über die Erzeugung von Bio-Produkten für den Großhandel ohne dabei unwahre Tatsachenbehauptungen zu verbreiten.

Beitrag der Presse zum geistigen Meinungskampf der Öffentlichkeit

Mit der Ausstrahlung der Aufnahmen habe die Beklagte einen wesentlichen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage geleistet. Die Filmberichterstattung setze sich nämlich unter den Gesichtspunkten der Verbraucherinformation und der Tierhaltung gerade kritisch mit der Massenproduktion von Bio-Erzeugnissen auseinander. Darüber hinaus verdeutliche die Berichterstattung die bestehende Diskrepanz zwischen den nach Vorstellung vieler Verbraucher gegebenen und den tatsächlichen Umständen der Erzeugung von Bio-Produkten.

Der BGH stellt in seiner Entscheidung zudem heraus, dass es die Aufgabe der Presse sei, als „Wachhund der Öffentlichkeit“ sich mit diesen Gesichtspunkten zu befassen und die Öffentlichkeit zu informieren. Die Funktion der Presse sei nicht lediglich auf die Aufdeckung von Straftaten oder Rechtsbrüchen beschränkt.

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