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GmbH-Geschäftsführer und die Sozialversicherung – Teil 1

Unterliegt der Geschäftsführer einer GmbH der Sozialversicherung? Welche Kriterien kann man als Praktiker heranziehen, um die Frage zu beantworten...

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Inhalt des Beitrags

In der Beratungspraxis zeigt sich mit gewisser Regelmäßigkeit, dass mancherorts vorschnell davon ausgegangen wird, dass ein Geschäftsführer grundsätzlich nicht der Sozialversicherung unterliegt, weil er selbständig sei. Das ist so pauschal nicht richtig. Für den Fremdgeschäftsführer ist es sogar grundsätzlich falsch. Komplex wird die Rechtslage, wenn es um sogenannte Gesellschafter-Geschäftsführer geht. Es kommt auf die Betrachtung des Einzelfalls an. 

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gibt zwar in gewissem Rahmen eine Hilfestellung, die dem Rechtsanwender Anhaltspunkte für die Einordnung an die Hand gibt. Eine belastbare Prognose lässt sich damit aber nicht in jedem Fall anstellen. Dieser Beitrag will dem Praktiker in zwei Teilen einen Überblick über die Rechtslage und mögliche Fallstricke verschaffen. In einem ersten Teil stellen wir die Grundlagen dar, nach denen die Rechtsprechung die Statusentscheidung beurteilt. Im zweiten Teil erarbeiten wir konkrete Fallgruppen, an denen sich der Praktiker orientieren kann.

I. Voraussetzungen für Sozialversicherungspflicht

Der Ausgangspunkt scheint noch recht einfach. Grundsätzlich ist sozialversicherungspflichtig, wer einer Beschäftigung nachgeht und hierfür Arbeitsentgelt bekommt. Der Rechtsbegriff der Beschäftigung ist dabei ganz entscheidend. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung meint immer die nichtselbständige Arbeit (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Wer hingegen selbständig arbeitet, ist nicht beschäftigt im Sinne des Sozialversicherungsrechts und ist auch nicht versicherungspflichtig.

Was aber ist nichtselbständige Arbeit genau? Eine klare Definition gibt es im Gesetz nicht. Es kommt auf eine Gesamtbetrachtung des Einzelfalls an. In § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV heißt es, Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien die Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Etwas präziser wird das BSG. Das Gericht setzt für eine Beschäftigung in ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Person persönlich abhängig ist. Das BSG nimmt dabei eine Gesamtbetrachtung der genauen Umstände vor. Persönliche Abhängigkeit liege vor, wenn die Person einem die Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Arbeit umfassenden Weisungsrecht unterliege. Auf der anderen Seite spreche für eine selbständige Tätigkeit, wenn die Person selber unternehmerisches Risiko trage, eine eigene Betriebsstätte unterhalte und über die eigene Arbeitskraft sowie die Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit im Wesentlichen frei verfügen könne.

Ein klarer Fall ist die Arbeit als Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer unterliegt per Definition der Weisung seines Arbeitgebers und ist in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert. Träfe das nicht zu, wäre er kein Arbeitnehmer. Wenig Schwierigkeiten bereitet auch noch die Einordnung des sogenannten Fremdgeschäftsführers einer GmbH, also des Geschäftsführers, der nicht auch gleichzeitig Gesellschafter der GmbH ist. Auch er unterliegt der Sozialversicherungspflicht. Er hat zwar keinen Arbeitgeber im technischen Sinne, ist aber der Weisung der Gesellschafter bzw. der Gesellschafterversammlung unterworfen.

II. Gesellschafter-Geschäftsführer

Ungleich schwieriger stellt sich die Situation aber für Geschäftsführer dar, die gleichzeitig auch Gesellschafter der GmbH sind. Sie mögen der Weisung der Gesellschafter bzw. der Gesellschafterversammlung unterliegen. Als deren Mitglied sind sie gewissermaßen aber Teil ihres eigenen Weisungsgebers. Diese Personengruppe wird im Folgenden näher untersucht.

1. Vertragsbedingungen

Ausgangspunkt für die Zuordnung zu der einen oder anderen Kategorie ist stets die vertragliche Gestaltung der Zusammenarbeit. Wenn der Geschäftsführerdienstvertrag Elemente enthält, die typischerweise auch in einem Arbeitsvertrag mit Arbeitnehmern geregelt werden, spricht das für eine persönliche Abhängigkeit und im Ergebnis für die Sozialversicherungspflicht. Zu nennen sind z. B. ein festes monatliches oder jährliches Gehalt, Weihnachtsgeld, Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall etc.

Häufig werden Geschäftsführer vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit. Sie sollen Geschäfte auch im eigenen Namen mit sich selbst abschließen können. Dieser Umstand wird aber von den Gerichten praktisch kaum beachtet. Jedenfalls ist kein Fall bekannt, in dem die Befreiung von § 181 BGB den Ausschlag hin zu einer selbständigen Tätigkeit gegeben hat.

2. Unternehmerisches Risiko

Ein Unternehmer setzt in Erwartung künftigen Gewinns zunächst eigenes Kapital ein. Er muss dabei das Risiko in Kauf nehmen, dass sein Geschäftsmodell nicht erfolgreich ist und er sein Kapital verliert. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Einsatz eigenen Kapitals für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hält Anteile an der GmbH, damit setzt er eigenes Kapital ein. Scheitert das Unternehmen, verliert der Gesellschafter-Geschäftsführer sein eingesetztes Kapital.

Nach der Rechtsprechung reicht aber nicht jedes eingesetzte Kapital und damit jedes unternehmerische Risiko aus, um eine selbständige Tätigkeit zu begründen. Das BSG schränkt dies erheblich ein. Es verlangt, dass dem eingesetzten Kapital auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Dementsprechend hat es entschieden, dass das wirtschaftliche Risiko nicht ausreicht, das daher rührt, dass der Geschäftsführer der Gesellschaft ein Darlehen gewährt hat. Auch in dem Fall besteht zwar ein gewisses wirtschaftliches Wagnis, denn die Gesellschaft wird das Darlehen nicht zurückzahlen können, wenn sie scheitert. Doch nach Ansicht des BSG ist ein Darlehen noch kein verlässliches Zeichen für eine Verflechtung von Geschäftsführer und Gesellschaft, die es ausschließt, dass eine Weisung erteilt wird. Denn auch in einem ganz ordinären Arbeitsverhältnis sei es nicht außerhalb jeder Vorstellung, dass Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein Darlehen gewähren oder ihre Lohnzahlungen stunden (Vgl. BSG, Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R).

3. Einfluss auf Willensbildung der Gesellschaft

Die bisher dargestellten Kriterien eignen sich wegen ihrer geringen Trennschärfe nur sehr bedingt für eine verlässliche Abgrenzung. Sie mögen Indizien sein, die zu einem Gesamtbild beitragen, das je nach Blickwinkel nicht schwarz nicht weiß, sondern in einer der ungezählten Graustufen erscheint. Die Besonderheit des Gesellschafter-Geschäftsführers besteht darin, dass er gewissermaßen eine Doppelrolle ausfüllt. Als Gesellschafter ist er Weisungsgeber, als Organ der Gesellschaft ist er Weisungsempfänger. Wenn der Geschäftsführer nun aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung jederzeit abwenden kann, geht die Rechtsprechung zu Recht davon aus, dass der Geschäftsführer frei von Weisungen und damit nicht persönlich abhängig ist. Dieses Abgrenzungsmerkmal ist in der Praxis ganz entscheidend. Im Gegensatz zu den zuvor genannten ist es auch am ehesten greifbar, weil es zumindest für eine Vielzahl der Fälle eine eindeutige Zuordnung anhand rechtlicher Subsumtion unter juristische Begriffe erlaubt.

Es läuft schließlich also auf die Frage hinaus, ob der Geschäftsführer aufgrund seiner Eigenschaft als Gesellschafter die Willensbildung der Gesellschaft in der Weise beeinflussen kann, dass er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer nicht der Entscheidung anderer Personen ausgeliefert ist. In den meisten Fällen lässt sich die Frage schon gesellschaftsrechtlich mit einem Ja oder einem Nein beantworten. Wer die Entscheidung der Gesellschafterversammlung letztlich trifft, ist nicht in anderer Funktion dem Willen der Gesellschafterversammlung ausgeliefert. Wie immer gibt es aber auch hier zahlreiche Fälle, bei denen es einer genaueren Prüfung bedarf.

Im zweiten Teil des Beitrags wollen wir die Rechtsprechung näher unter die Lupe nehmen und anhand der aufgezeigten Kriterien Fallgruppen herleiten, die dem Praktiker helfen, die Rechtsprechung auf seinen Fall zu übertragen.

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