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Harte Maßnahme im Kölner Saturn. Bis Jahresende werden fast 60 Mitarbeiter entlassen. Ob die Kündigungen rechtmäßig sein werden, wird sich erst zeigen. Auf den ersten Blick scheint der Fall einige Stolpersteine bereit zu halten.
Das Unternehmen Ceconomy betreibt die bekannten Elektronikmärkte Mediamarkt und Saturn. Seit wenigen Tagen hat das Unternehmen eine neue Spitze. Bernhard Düttmann, bislang im Aufsichtsrat tätig, führt die Geschicke von nun an als Vorstandsvorsitzender. Zunächst allerdings nur kommissarisch. Gleich zu Beginn seiner Arbeit kündigte Düttmann an, dass er einige Veränderungen anstoßen und zusammen mit dem operativen Führungsteam umsetzen wolle. Hierzu zähle auch der Umbau und die Neuausrichtung der Verkaufsfilialen. Man wolle kleinere Filialen haben, das Sortiment werde angepasst. Das passe besser zum Konzept und sei zukunftsfähiger.
Für die Kölner Filiale am Hansaring führt das ganz unmittelbar zu sehr greifbaren Veränderungen. Wie heute bekannt wurde, wird in der riesigen Filiale ca. ein Drittel der Belegschaft bis Jahresende eine Kündigung erhalten. 57 Mitarbeiter seien betroffen. Zeitungsberichten zufolge sei aber noch nicht bekannt, wen es genau treffen werde.
Hierauf wollen wir einen ersten Blick aus arbeitsrechtlicher Sicht werfen: Ceconomy als Arbeitgeber kann den 57 Mitarbeitern nur dann eine wirksame Kündigung aussprechen, wenn es hierfür einen Kündigungsgrund gibt, der ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Ob die vorliegen werden, lässt sich anhand der aus der Presse bekannten Informationen natürlich bestenfalls mutmaßen. Die Hürden sind aber hoch, die der Arbeitgeber hier überspringen muss. Passieren Fehler, könnten die Kündigungen unwirksam sein.
Ceconomy wird die Kündigungen auf betriebsbedingte Gründe stützen. Dann muss es eine Organisationsentscheidung geben, die dazu führt, dass der Beschäftigungsbedarf für die 57 Mitarbeiter spätestens zum Ende der Kündigungsfrist wegfallen wird. Auf den ersten Blick scheint das kein Problem zu sein, weil Ceconomy ja angekündigt hat, die Filialen verändern, vor allem verkleinern zu wollen. Auf den zweiten Blick verbergen sich hier aber eine Menge Fallstricke. Alleine der Umstand, dass man künftig auf kleinere Filialen setzen will, lässt noch keine Arbeitsplätze wegfallen. Hierfür braucht es mehr. Der Arbeitgeber muss erklären, wie er die Arbeit künftig organisieren wird und welche konkreten Maßnahmen dazu führen werden, dass er weniger Personal benötigt als vorher.
Das bedarf einer guten Planung und viel Zeit an Vorbereitung, bevor eine Kündigung ausgesprochen wird. In unserer täglichen Arbeit erleben wir manchmal, dass hier vorschnell Entscheidungen getroffen und verkündet werden. Das Szenario hier: Ein neuer Chef kommt und noch im selben Monat sollen knapp 60 Kündigungen ausgesprochen werden. Bei diesen Eckpunkte spitzt der Arbeitsrechtler schnell die Ohren. Was genau ist da beschlossen worden? Wie genau soll das umgesetzt werden? Bis wann fallen wie viele Stellen wirklich weg? Möglicherweise hat sich Saturn, bzw. Ceconomy diese Fragen alle im Vorfeld der Entscheidung genau überlegt. Möglicherweise ist das aber auch der berühmte Mut zur Lücke.
Ist geklärt, dass die Stellen tatsächlich wegfallen, muss weiter geprüft werden, wem genau gekündigt werden kann. Es muss denjenigen treffen, der am wenigsten schutzbedürftig ist. Maßgeblich sind die Kriterien Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Der Arbeitgeber muss alle diese Kriterien der Mitarbeiter ermitteln und abwägen. Hier passieren ebenfalls schnell mal Fehler. Wird die falsche Person ausgewählt, ist die Kündigung unwirksam.
Schließlich muss der Arbeitgeber genau prüfen, ob es nicht irgendwo im Unternehmen andere Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, auf denen die betroffenen Mitarbeiter eingesetzt werden können. Das kann auch an einem anderen Standort und zum Teil sogar zu deutlich schlechteren Konditionen sein. Gibt es eine andere Stelle, muss die angeboten werden. Wird sie nicht angeboten, ist die Kündigung unwirksam.
Bei Entlassungen dieser Größenordnung liegt zudem wahrscheinlich eine sogenannte Massenentlassung vor. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung noch die Behörden einbinden muss. Ein weiterer Schritt, der etwas planerischen Aufwandes bedarf. Ggf. ist ein Betriebsrat einzubinden, wenn es einen gibt.
Für die Mitarbeiter bei Saturn lohnt es sich deshalb, die Kündigungen genau unter die Lupe nehmen zu lassen. Der Fall scheint noch interessant zu werden. Die Praxis lehrt, dass in vielen Fällen Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz retten oder zumindest eine Abfindung aushandeln können. Gerade, wenn der Arbeitgeber mit viel medialer Aufmerksamkeit und großen Worten einen einschneidenden Umbau des Unternehmens ankündigt, der sich aber später als doch nicht so einfach entpuppt, stehen die Chancen ganz gut.
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Valentin Lützow E-Mail: luetzow@tww.law
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