Aktenzeichen: 4 U 2890/10Verkündet am: 16.06.2020
Oberlandesgericht DresdenIm Namen des VolkesUrteil
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S., Richterin am Oberlandesgericht P. und Richterin am Oberlandesgericht R. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2020
für Recht erkannt:
Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,00 € festgesetzt.
I. A.Der Verfügungskläger (Kläger) wendet sich gegen die dauerhafte Deaktivierung seiner Nutzerkonten auf den von der Verfügungsbeklagten (Beklagten) betriebenen sozialen Netzwerken yyyund zzz; er begehrt darüber hinaus die Wiederherstellung einer im Zusammenhang mit der Deaktivierung seiner Nutzerkonten vorgenommenen Löschung eines Posts. Die Beklagte hatte diesen Post am 26.8. 2018 (zzz) bzw. am 28.08.2019 (yyy) gelöscht. Auf den Widerspruch des Klägers deaktivierte sie seine Accounts dauerhaft mit der Begründung, der Kläger habe gegen das Verbot der „Hassrede“ (yyy) bzw. “unsere Nutzungsbestimmungen” (zzz) verstoßen. Das Landgericht, dessen Entscheidung in MMR 2020, 196 veröffentlicht ist, hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die Beklagte habe hinreichend glaubhaft gemacht, dass es sich beim Kläger zumindest um den Unterstützer einer Hassorganisation im Sinne der Gemeinschaftsstandards beider Plattformen handele; als solche sei die “X.Y.” anzusehen, mit der der Kläger mannigfaltig personell und inhaltlich verflochten sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge unter Vertiefung seines Vorbringens weiter.
Er beantragt:
I. Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Görlitz vom 29.11.2019 (Az.: 1 O 295/19) wird es der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, untersagt,
1. den folgenden Beitrag des Verfügungsklägers
zu löschen und/oder den Verfügungskläger wegen dieses Beitrags auf www…. zu sperren, insbesondere ihm den Zugang zu Funktionen wie Posten von Beiträgen zu verschließen,wenn dies geschieht, wie am 28.08.2019 in Bezug auf den Account des Verfügungsklägers „xxx“, abrufbar unter der URL http://yyy/;
2. den Verfügungskläger auf www.zzz zu sperren, insbesondere ihm den Zugang zu Funktionen wie Posten von Beiträgen zu verschließen, wenn dies geschieht, wie am 26.08.2019 in Bezug auf den Account des Verfügungsklägers „xxx“, abrufbar unter der URL http://zzz/.
3. den Verfügungskläger wegen der Einordnung als „Hassorganisation“ gemäß der als Anlage 31 vorgelegten Richtlinie zu Hassorganisationen auf www.yyy zu sperren, insbesondere ihm den Zugang zu Funktionen wie Posten von Beiträgen zu verschließen,wenn dies geschieht, wie am 28.08.2019 in Bezug auf den Account des Verfügungsklägers „xxx“, abrufbar unter der URL http://yyy/;
4. den Verfügungskläger wegen der Einordnung als „Hassorganisation“ gemäß der als Anlage 32 vorgelegten Richtlinie zu Hassorganisationen auf www.zzz zu sperren, insbesondere ihm den Zugang zu Funktionen wie Posten von Beiträgen zu verschließen,wenn dies geschieht, wie am 26.08.2019 in Bezug auf den Account des Verfügungsklägers „xxx“, abrufbar unter der URL https://www.zzz/.
II.Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Görlitz vom 29.11.2018 (Az.: 1 O 295/19) werden die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens der Verfügungsbeklagten auferlegt.
III.Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Verfügungsbeklagten auferlegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 02.06.2020 verwiesen.
B. Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers (Klägers) bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Aus den zwischen den Parteien bestehenden Nutzungsverträgen i.V.m. §§ 241, 280 BGB kann der Kläger keinen Unterlassungsanspruch wegen der Deaktivierung seiner Nutzerkonten auf den sozialen Netzwerken yyy und zzz ableiten. Infolgedessen hat er auch keinen Anspruch auf Wiederherstellung des streitgegenständlichen Posts.
I. Deaktivierung des yyy-Accounts
Dass durch die Anmeldung des Klägers zum sozialen Netzwerk yyy zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis zustande gekommen ist, das den Kläger dazu berechtigt, u. a. “Status-Updates, Fotos, Videos und Stories über die … genutzten yyy-Produkte” zu teilen, Nachrichten “an eine/n enge/n Freund/in oder mehrere Personen” zu senden, Veranstaltungen oder Gruppen zu erstellen oder Inhalte zu seinem Profil hinzuzufügen (Nr. 1 der Nutzungsbedingungen), ist zwischen den Parteien unstreitig. Hieraus folgt eine mit Rechtsbindungswillen eingegangene Verpflichtung der Verfügungsbeklagten (Bekl.), die o. a. Leistungen anzubieten und den Kläger hierzu zuzulassen, von der sie sich nur unter den vertraglich geregelten Vorgaben lösen kann.
1.Die Deaktivierung des streitgegenständlichen Nutzerkontos hat die Beklagte gegenüber dem Kläger vorprozessual damit begründet, dass der in Ziff. 1 des Berufungsantrags enthaltene Post gegen das in den Gemeinschaftsstandards enthaltene Verbot der “Hassrede” verstoße. Erst im Verfügungsverfahren macht sie nunmehr geltend, der Kläger selbst sei eine “Hassorganisation” im Sinne von Nr. 2 ihrer Gemeinschaftsstandards, zumindest sei er als Unterstützer der sog. X.Y.anzusehen, bei der es sich um eine Hassorganisation handele.
a. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen gegen den darin liegenden Austausch der für die Kontodeaktivierung maßgeblichen Gründe keine Bedenken. Bei der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses ist vielmehr nach allgemeiner Auffassung ein Nachschieben von Kündigungsgründen, die dem Kündigenden bei Ausspruch der Kündigung noch nicht bekannt waren, möglich, wenn sie bereits vor Ausspruch der Kündigung entstanden sind (st Rspr; BAG NJW 1998, 101, 102 mwN; Böttcher in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 314 BGB, Rn. 10). Die hiergegen gerichtete Auffassung des Klägers, aus § 3 Abs. 2 Nr. 5 NetzDG ergebe sich eine Bindung an den ursprünglich erklärten Kündigungsgrund, trifft nicht zu. Nach dieser Norm muss das nach dem NetzDG einzurichtende Beschwerdeverfahren vorsehen, dass der Anbieter u. a. den Nutzer über jede Entscheidung unverzüglich informiert und seine Entscheidung ihm gegenüber begründet. Unabhängig davon, dass das NetzDG sich nicht auf Fälle bezieht, in denen –wie vorliegend –eine Sanktion nicht auf eine rechtswidrige Katalogtat im Sinne von § 1 Abs. 2 NetzDG gestützt wird und unabhängig davon, dass das NetzDG keine privatrechtsgestaltende Wirkung hat (Friehe, NJW 2020, 1697 (1698)), kann dieser Begründungspflicht auch nicht entnommen werden, dass der Anbieter an eine einmal erklärte Begründung in Abweichung von den für Dauerschuldverhältnisse geltenden Grundsätzen auch für das weitere Verfahren gebunden sein soll. Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/12356) enthält hierzu nichts.
b. Die in der dauerhaften Deaktivierung liegende Kündigung des Nutzungsverhältnisses ist auch nicht nach § 314 Abs. 3 BGB unwirksam. Hiernach kann der Berechtigte nur innerhalb angemessener Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Eine vergleichbare Regelung enthält 4 Nr. 2 2. Absatz S. 5 der yyy-Nutzungsbedingungen i.d.F. vom 31.07.2019. Nach dem Vortrag der Beklagten hat sie von den Aktivitäten des Klägers erstmals im Zusammenhang mit der Überprüfung der Löschung des Posts am 28.8.2019 und der zunächst hierauf gestützten Kündigung Kenntnis erhalten. Eine frühere Kenntnis hat der Kläger weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Für dieses eine Kündigung ausschließende Merkmal trägt er als Kündigungsempfänger die Darlegungs-und Beweislast (BGH NZM 2005, 340, 34; Böttcher aaO., § 314 BGB, Rn. 20a).
c. Der Wirksamkeit der Kündigungserklärung kann auch entgegen der Auffassung des Klägers eine vermeintliche Intransparenz der Kündigungsgründe nicht entgegengehalten werden. Die Regelung über die “Aussetzung und Kündigung von Konten”in Zif. 4. 2 der yyy-Nutzungsbedingungen lehnt sich vom Wortlaut eng an § 314 BGB an, eine Intransparenz dieser Vorschrift im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht ersichtlich. Bei den Nutzungsbedingungen der Beklagten handelt es sich nach allgemeinerAuffassung um für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Vertragsbedingungen und damit um allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die in Ziff. 3. 2 der Nutzungsbedingungen enthaltene Befugnis der Beklagten an im Grundsatz objektivierbare Kriterien anknüpft und auch die Verweisung in die weiteren Bedingungswerke wie die ebenfalls auf der Homepage von yyyabrufbaren Gemeinschaftsstandards nicht zur Intransparenz der Klausel führen (Senat, Beschluss vom 08. August 2018 –4 W 577/18 –, Rn. 18, juris). Für das durch Zif. 4. 2 der yyy-Nutzungsbedingungen eingeräumte Kündigungsrecht, das über Nr. 2.1 der Nutzungsbedingungen auch Verstöße gegen die Gemeinschaftsstandards zu Kündigungsgründen erklärt, gilt im Ergebnis nichts anderes. Ein wichtiger Grund kann insofern auch darin liegen, dass der Schuldner mit seinem Verhalten die Grundlage des Vertrags in Frage stellt und die Durchsetzung vertraglicher Ansprüche gefährdet (BGH NJW 1981, 1666, 1667; Böttcher aaO. § 314 BGB, Rn. 6). Für den Ausspruch der Kündigung selbst gilt § 307 BGB nicht. Weitere Formerfordernisse für eine auf einen Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards der Beklagten gestützte Kündigung sieht Zif. 4 . 2 der yyy-Nutzungsbedingungen nicht vor.
2. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Beklagte die dauerhafte Deaktivierung und Aussetzung des Nutzerkontos auf einen wichtigen Grund im Sinne von Zif. 4. 2 der yyy-Nutzungsbedingungen i.V.m. Nr. 2 der yyy-Gemeinschaftsstandards stützen konnte. Gegen die Wirksamkeit des Verbots “gefährlicher Personen und Organisationen” sowie deren Unterstützung bestehen AGB-rechtlich auch unter Berücksichtigung der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten des Klägers keine Bedenken. Das glaubhaft gemachte Verhalten des Klägers erfüllt die Kriterien einer “Hassorganisation”. Auch bei Abwägung aller relevanten Umstände im Einzelfall erweist sich die Kündigung als verhältnismäßig.
a. Ein Verstoß von Nr. 2 der Gemeinschaftsstandards gegen das Transparenzgebotdes § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht ersichtlich. Für den in Ziff. 12 der Gemeinschaftsstandards verwendeten Begriff der „Hassrede“ hat der Senat im Einklang mit der einhelligen Meinung in der Rechtsprechung bereits entschieden, dass dieser Begriff hinreichend bestimmt ist, weil er in leicht verständlicher Sprache definiert und obendrein mit Beispielen so untersetzt ist, dass der Nutzer unschwer erkennen kann, was ihm im Rahmen seiner Vertragspflichten abverlangt wird (Beschluss vom 08.08.2018 -4 W 577/19;Beschluss vom 11.12.2019 -4 U 1680/19; vom .16.12.2019 -4 U 2198/19; zuletzt Urteil vom 12.05.20 -1523/19; vgl. auch OLG München, Urteil vom 22.10.2019 -18 U 1491/19). Hieran knüpft das in Nr. 2 der Gemeinschaftsstandards enthaltene Verbot von “Hassorganisationen” auf der Plattform der Beklagten an, das diese hinreichend bestimmt definiert. Eine Hassorganisation ist hiernach “Jedweder aus drei oder mehr Personen bestehende Zusammenschluss, der unter einem Namen, Zeichen oder Symbol organisiert ist unddessen Ideologie, Aussagen oder physische Handlungen Personen aufgrund bestimmter Eigenschaften, wie u. a. ethnische Zugehörigkeit, religiöse Zugehörigkeit, Nationalität, ethnische Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, schwere Erkrankung oder Behinderung, angreifen.”. Für den Durchschnittsnutzer sind im Anschluss hieran die Anforderungen an Größe, Inhalt und Organisationsgrad einer “Hassorganisation” leicht erkennbar. Zugleich wird ihm durch diese Definition deutlich vor Augen geführt, dass es –anders als der Kläger meint –für die Einstufung als “Hassorganisation” nicht auf die Bereitschaft zur oder die Ausübung physischer Gewalt ankommt. Dass die Beklagte derartige Vereinigungen nicht in ihrem Netzwerk duldet, kann den verständigen Durchschnittsnutzer schon angesichts der eingangs der Nutzungsbedingungen deutlich hervorgehobenen Bestrebung “schädliches Verhalten”, durch das sich andere Nutzer unsicher fühlen, u. a. durch die Deaktivierung des Kontos zu unterbinden, nicht überraschen.
b. Auch die in Nr. 2 der Gemeinschaftsstandards sanktionierte Unterstützung für derartige Organisationen ist hinreichend bestimmt, wird insbesondere nicht abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch und der Verwendung in zahlreichen Normen des StGB (§§ 84 Abs. 2; 85 Abs. 2; 109; 127; 129 StGB) geregelt. Sie kann unschwer als jedes Tätigwerden, das die innere Organisation und den Zusammenhalt einer “Hassorganisation” unmittelbar fördert oder sich sonst auf die Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung der Vereinigung in irgendeiner Weise positiv auswirkt (vgl. BGH NJW 2009, 3448; Fischer, StGB, 64. Aufl. § 129 Rn 30), verstanden werden. Nach dem für den Durchschnittsnutzer erkennbaren Wortlaut der Klausel sind zudem die relevanten Unterstützungshandlungen nicht auf Aktivitätenbeschränkt, die auf der yyy-Seite des Nutzers stattfinden. Aus dem Zusammenspiel mit 4 Nr. 2 der Nutzungsbedingungen folgt vielmehr, dass “sämtliche Umstände” und damit auch Äußerungen und Verhaltensweisen außerhalb des sozialen Netzwerkes berücksichtigt werden können. Anderenfalls wäre etwa auch die Unterstützung von “Massen-oder Serienmorden” oder “organisierter Gewalt”, die als Fallgruppen ebenfalls aufgeführt sind, kaum vorstellbar.
c. Anders als der Kläger meint, ermächtigt eine solche Unterstützungshandlung die Beklagte nach dem eindeutigen Wortlaut auch nicht lediglich zu einer Entfernungvon Beiträgen, sondern kann auch die Kündigung des Accounts nach sich ziehen. Zwar heißt es insofern unter Nr. 2, 2. Absatz der Gemeinschaftsstandards: “Wir entfernen auch Inhalte, die Gruppen, Anführer oder Personen unterstützen oder verherrlichen, die an derartigen Handlungen beteiligt sind”. Hierdurch wird der Beklagten jedoch lediglich eine zusätzliche Befugnis zur Löschung verliehen, die sich auch auf Inhalte erstreckt, deren Urheberschaft nicht mehr zugeordnet werden kann. Dass demgegenüber bereits die Unterstützung einer “Hassorganisation” zur Kündigung des Accounts führen kann, folgt daraus, dass nach Ziff. 2, 1. Absatz auch Personen, die an “organisiertem Hass” lediglich “beteiligt” sind, keine Präsenz auf yyy gestattet ist.
d. Bei der Auslegung dieser Klausel darf allerdings nicht außer Betracht bleiben, dass sich das hierin zum Ausdruck kommende Verbot von “Hassorganisationen” unter Berücksichtigung von Marktmacht und Reichweite der von der Beklagten betriebenen sozialen Netzwerke erheblich auf die Grundrechte der Nutzer auswirkt. Soweit unternehmensbezogene Interessen des Klägers betroffen sind, kann er sich nämlich als juristische Person des Privatrechts auf eine Verletzung der Meinungsfreiheit sowie seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berufen (vgl. BGH, Urteil vom 03.02.2009, VI ZR 36/07, VersR 2009, 555, juris, Rz. 10 Senat, Urteil vom 01. April 2015 –4 U 1296/14 –, Rn. 96, juris). Als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen strahlen die Grundrechte als “Richtlinien” in das Zivilrecht ein und haben insofern mittelbare Drittwirkung, die bei der Auslegung von AGB mit zu beachten ist (BVerfG, Beschluss vom 11. April 2018 -1 BvR 3080/09 -, Rn. 32, juris, ähnlich bereits BVerfGE 7, 198, 205 ff. –Lüth vgl. für § 307 BGB Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 307 BGB Rn 161 m.w.N.). Auf Seiten der Anbieter eines sozialen Netzwerkes ist neben dessen allgemeiner Handlungsfreiheit sowie dem auch diesem zukommenden Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb deren “virtuelles” Hausrecht zu berücksichtigen. Bei der hier konkret vorzunehmenden Abwägung mit den Gemeinschaftsstandards der Beklagten ist zusätzlich einzustellen, dass diese in Deutschland im Bereich der sozialen Netzwerke eine Quasi-Monopolstellung aufweist (vgl. Senat, Beschluss vom 8.8.2018 –4 W 577/18 Rn 24). Dies gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass vorliegend nicht nur der Ausschluss vom sozialen Netzwerk yyy, sondern zusätzlich von zzzin Rede steht. Unter Berücksichtigung dessen handelt es sich bei yyy/zzzum einen öffentlichen Kommunikationsraum, der dadurch charakterisiert wird, dass auf ihm eine Vielzahl von verschiedenen Tätigkeiten und Anliegen verfolgt werden kann, wodurch ein vielseitiges und offenes Kommunikationsgeflecht entsteht (Senat aaO unter Bezug auf BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 -1 BvR 699/06 -, Rn. 70, juris). Bei der Auslegung der Gemeinschaftsstandards und der in diesem Rahmen notwendigen Abwägung kann daher nicht außer Betracht bleiben, dass die Beklagte aufgrund dieser Quasi-Monopolstellung im Bereich der sozialen Netzwerke in weitgehendem Ausmaß die Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation übernimmt und damit in Funktionen eintritt, die früher dem Staat als Aufgabe der Daseinsvorsorge zugewiesen waren. Die Gefahr, dass bei einer einschränkungslosen Anerkennung von Ausschlussgründen die Beklagte die hieraus folgende Marktmacht missbraucht, ist nicht von der Hand zu weisen. Das Risiko, bereits bei einer im Einzelfall zweifelhaften Unterstützungshandlung dauerhaft aus den sozialen Netzwerken der Beklagten ausgeschlossen zu werden, kann Nutzer zudem davon abhalten, sich kritisch zu äußern und die Grenzbereiche dieser Unterstützungshandlung auszuloten. Zugleich hat die Klägerin glaubhaft gemacht,für die von ihr ausgeübten Aktivitäten und bei der Mitgliederwerbung in erheblichem Ausmaß auf die Inanspruchnahme von sozialen Medien angewiesen zu sein.
Der Ausschluss von Hassorganisationen und deren Unterstützern und die Regelung in Nr. 2 der Gemeinschaftsstandards begegnen gleichwohl im Grundsatz keinen Bedenken. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Beklagte ohne eine solche Kündigungsmöglichkeit der Gefahr ausgesetzt wäre, als Intermediär für Äußerungen der Klägerin auf Unterlassung in Anspruchgenommen zu werden. Die Gefahr, dass “Hassorganisationen” auch durch ihre Aktivitäten in sozialen Netzwerken die Rechte Dritter verletzen, ist auf der Hand liegend höher als dies bei einem Durchschnittsnutzer der Fall wäre. Die Beklagte sähe sich in diesem Fall nicht nur einem erheblichen Imageschaden ausgesetzt, der nicht an nationalen Grenzen haltmacht, sondern verstieße hierdurch auch gegen ihre auf europäischer Ebene eingegangenen Verpflichtungen, gegen “Hate-Speech” und “Hate-Crime” auf ihren Seiten aktiv vorzugehen. Es erscheint zudem ohne weiteres plausibel, dass sich zahlreiche Nutzer von der Teilnahme an einem Netzwerk abschrecken ließen, das “Hassorganisationen” grundsätzlich tolerieren müsste und nur im Einzelfall oder bei konkreten Vertragsverletzungen deren Äußerungen löschen dürfte. Dies kann langfristig auch das auf hohe Nutzerzahlen ausgerichtete Geschäftsmodell der Beklagten bedrohen. Umgekehrt hat sich die Vermutung, die Gefahr einer Deaktivierung des Nutzerkontos durch Hassrede und Unterstützung von Hassorganisationen könne einen sog. chilling effectauf die Meinungsfreiheit haben, in der Praxis bislang nicht bestätigen lassen (Friehe, aaO. S. 1698 unter Verweis auf empirische Studien). Die von einem solchen Verbot ausgehende generalpräventive Wirkung stellt überdies keinen eigenständigen Grundrechtseingriff dar. Nicht zuletzt erhöht der Verbleib derartiger Organisationen den Kontrollaufwand und damit die Kosten für den Betrieb des Netzwerkes; absehbar wird der Betreiber hierdurch zudem demRisiko zahlreicher Rechtsstreitigkeiten über die Zulässigkeit grenzwertiger Äußerungen ausgesetzt. Dem Anbieter muss angesichts dessen nicht nur das Recht zustehen, einzelne Beiträge zu löschen oder einen Ausschluss des Nutzers bei einer schwerwiegenden Vertragsverletzung auszusprechen, sondern auch “Hassorganisationen” wegen ihrer grundsätzlichen Zielsetzung insgesamt und dauerhaft ausschließen zu können. Für die Zulässigkeit einer solchen Befugnis spricht auch § 1 AGG, der eine Diskriminierung aufgrund der politischen oder ideologischen Ausrichtung einer Person nicht ausschließt; der Gesetzgeber hat vielmehr bewusst davon Abstand genommen, das Diskriminierungsverbot auf Benachteiligungen wegen politischer Überzeugungen zu erstrecken (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 16/2022, S. 13). Auch die der Regelung zugrunde liegenden Richtlinien 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. EG 2000 Nr. L 180 S. 22) und 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (ABl. EU 2004 Nr. L 373 S. 37) enthalten insoweit keine weitergehenden Anforderungen (BGH, Urteil vom 09. März 2012 –V ZR 115/11 –, Rn. 9, juris). Einem mittelbaren Kontrahierungszwang gegenüber allen Interessenten, der zugleich eine Kündigungssperre darstellen würde, unterliegt die Beklagte schon deshalb nicht, weil es –wenngleich erheblich “reichweitenschwächere” -Alternativportale gibt und ein Nutzer auch nicht gehindert ist, seine geschäftlichen Aktivitäten lediglich über eine eigene Homepage zu betreiben. Schon aufgrund dieser Konkurrenzsituation ist es daher nicht geboten, soziale Netzwerke staatlichen Stellen hinsichtlich ihrer Grundrechtsbindung vollständig gleichzustellen.
Die Grenze für ein Verbot von Hassorganisationen oder deren Unterstützern stellt damit allein das Willkürverbot dar, das grundlose, unverhältnismäßige oder an lediglich vorgeschobene Gründe anknüpfende Kündigungen ohne sachlichen Grund verbietet. Die Frage, ob eine Vereinigung eine Hassorganisation darstellt oder eine solche unterstützt, ist dabei unter Berücksichtigung sämtlicher vorgetragener und gerichtsbekannter Umstände vom Gericht vollständig zu überprüfen, ein Beurteilungsspielraum kommt dem sozialen Netzwerk insoweit nicht zu.
e. Nach diesen Maßstäben war die dauerhafte Deaktivierung der Nutzerkonten des Klägers rechtmäßig.
i. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Landgerichts kann diese allerdings nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger die sog. X.Y.(X.Y.) finanziell und organisatorisch unterstützt. Hierbei kann dahinstehen, ob es sich –wie die Beklagte unter Bezug auf die Anlagen B2, B 120 –B 122 behauptet -bei der X.Y.um eine Hassorganisation im Sinne von Nr. 2 der Gemeinschaftsstandards der Beklagten handelt, zu der der Kläger in einer “nicht unmaßgeblichen Beziehung” steht. Auch wenn im Grundsatz auch die bloße Unterstützung einer solchen Hassorganisation nicht lediglich die Löschung eines Beitrags, sondern auch die Kündigung des Unterstützeraccounts rechtfertigen kann (s. o. 2a.), wäre eine allein hierauf gestützte Kündigung nachMaßgabe der § 314 Abs. 2 BGB i.V.m. 4 Nr. 2, 3. Absatz der Nutzungsbedingungen der Beklagten unwirksam.Ist der wichtige Grund ein Verstoß gegen eine Pflicht nach Maßgabe dieser Nutzungsbedingungen, so ist grundsätzlich die Kündigung nur nach dem erfolglosen Ablauf einer gewährten Abhilfefrist oder nach einer erfolglosen Abmahnung zulässig. Eine Frist für die Abhilfe ist nur dann nicht erforderlich, wenn die andere Seite die Erfüllung ihrer Pflichten ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn nach Abwägung der Interessen beider Parteien besondere Umstände eine sofortige Kündigung rechtfertigen. Dass diese Umstände hier vorliegen, hat die Beklagte nicht glaubhaft gemacht. Eine Abmahnung hat sie gegenüber dem Kläger nicht ausgesprochen, auf welche konkretenUnterstützungshandlungen die Deaktivierung gestützt wird, lässt sich weder den vorprozessualen Mitteilungen noch ihrem Vorbringen im Verfügungsverfahren entnehmen. Wieso eine Unterstützung der X.Y.durch Finanzierung von Aktionen im Wege des “Crowd-Funding” sowie durch nicht näher aufgeschlüsselte “PR-Aktivitäten” eine sofortige Kündigung ohne Abhilfefrist erfordert, hat die Beklagte ebenfalls nicht vorgebracht.
ii. Der Kläger selbst erfüllt allerdings nach den von der Beklagten glaubhaft gemachten Umständen die Voraussetzungen für eine Hassorganisation. Die von der Beklagten aufgezeigte enge personelle Verflechtung mit der X.Y. reicht hierfür allerdings allein nicht aus, weil sich diese lediglich auf die Administratoren der yyy-und zzz Seite des Klägers bezieht, ohne dass sich dem Vorbringen der Beklagten insofern entnehmen ließe, dass diese Personen auch bei dem Kläger eine maßgebliche Rolle spielen oder diesen nach außen vertreten dürfen. Eine Beteiligung des Vorstandes des Klägers A.B. auch bei der X.Y. hat wiederum die Beklagte nicht glaubhaft gemacht. Ihrem Vorbringen kann auch nicht entnommen werden, dass es sich bei dem Kläger um eine “Vorfeldorganisation” der X.Y. handelt, die personell und finanziell so eng mit dieser verbundenist, dass sie gleichsam ein lediglich nach außen rechtlich verselbständigter Teil dieser Vereinigung ist. Die unstreitigen und durch die Anlagen B 81 -B 83 belegten “Crowd-Funding” Aktionen sind vereinzelt geblieben und geben für eine solche Annahme nichts her.
Dass es sich gleichwohl bei dem Kläger um eine “Hassorganisation” im Sinne der Gemeinschaftsstandards handelt, hat die Beklagte indes mit einer für das Verfügungsverfahren hinreichenden Wahrscheinlichkeit durch Vorlage der Anlagen B 88 bis B 92 glaubhaft gemacht. Die darin enthaltenen Auszüge aus verschiedenen Verlautbarungen des Klägers auf seiner Homepage dokumentieren nicht nur eine Ablehnung der Migrationspolitik der Bundesregierung, sondern enthalten zahlreiche “Angriffe” im Sinne von Nr. 2 auf Flüchtlingen und Migranten. Ebenso wie bei der Hassrede in Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards liegt ein solcher Angriff vor, wenn Personen oder Personengruppen im Kern ihrer Persönlichkeit getroffen und unter Missachtung des Gleichheitssatzes als unterwertig dargestellt werden oder ihnen das Lebensrecht in der Gemeinschaft abgesprochen wird (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Februar 2020 –4 U 2198/19 –, Rn. 32, juris). Den Anlagen B 88 bis B 92 lassen sich hierfür zahlreiche Belege entnehmen:
Der aus diesen Verlautbarungen des Klägers ersichtliche Eindruck wird verstärkt durch Aktionen seiner Mitglieder, die Gegenstand einer kleinen Anfrage im Deutschen Bundestag geworden und damit gerichtsbekannt sind (§ 291 ZPO). Aus der Antwort der Bundesregierung vom 27.4.2018 (BT-Drs. 19/1921) geht hervor, dass der Kläger vor dem 16.4.2018 zweimal Gegenstand von Sitzungen des “Gemeinsamen Extremismus-und Terrorabwehrzentrums –Rechts” war, weil zuvor auf seiner Homepage für eine “Anti-Asyl Demonstration” geworben worden war. In Zeitraum 2016 -2017 wurden überdies neun Straftaten bei Aktionen des Klägers mit diesem direkt in Verbindung gebracht, u. a. im Zusammenhang mit dem als Anlage B 89 vorgelegten Aufkleber und der Errichtung eines Zauns um eine Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.
Die von der Beklagten vorgelegten Aussagen von Mitgliedern des Klägers und die von diesem gesteuerten Aktionen mögen sich insgesamt noch im Rahmen der durch Art. 5 GG gesteckten Meinungsfreiheit gehalten haben, stellen nach alledem jedoch „Angriffe durch Aussagen auf Personen aufgrund ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit“ im Sinne von Nr. 2 der Gemeinschaftsstandards dar. Unter Berücksichtigung der mittelbaren Grundrechtsbindung der Beklagten wäre eine endgültige Kündigung eines Accounts gleichwohl bei lediglich punktuellen Einzeläußerungen, die keinen Rückschluss auf die ideologische Ausrichtung des Klägers zulassen oder von Mitgliedern ausgehen, deren Verhalten sich der Kläger nicht zurechnen lassen muss, gleichwohl nicht zulässig, sofern sich nicht aus seinen in der Satzung oder anderen Verlautbarungen erkennbaren Zielen oder dem Verhalten seine Funktionäre eine solche ideologische Ausrichtung ergibt. Ob dies der Fall ist, wäre im Hauptsachverfahren durch Beweisaufnahme zu klären. Für das einstweilige Verfügungsverfahren, das lediglich auf eine summarische Erkenntnisgewinnung abzielt, hat die Beklagte durch die o.a. Unterlagen eine solche ideologische Ausrichtung hinreichend glaubhaft gemacht. Den von dem Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen lässt sich demgegenüber nicht entnehmen, dass er sich von Angriffen gegen Personen aufgrund bestimmter Eigenschaften in irgend einer Weise distanziert.
f. Bei der gebotenen Gesamtabwägung ist schließlich auch nicht von einer willkürlichen Kündigung des Accounts auszugehen. Nach Auffassung des Senats wäre ein Verbleib des Klägers geeignet, den geschäftlichen Interessen der Beklagten Schaden zuzufügen, während zugleich kein schützenswertes Interesses des Klägers besteht, für seine Aktivitäten über die Portale der Beklagten werben zu können. Daran ändert auch nichts, dass er selbst weder vom Verfassungsschutz beobachtet, noch aktuell von einem Vereinsverbot bedroht wird. Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist die Beklagte vielmehr –allerdings unter Beachtung der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte –berechtigt, selbst auszuwählen, mit wem sie ein Vertragsverhältnis eingeht. In der Summe sind die aufgeführten Aktivitäten als so gravierend anzusehen, dass weder die Sanktionierung eines konkreten Vertragsverstoßes auf den Seiten der Beklagten noch eine ordentliche Kündigung als milderes Mittel in Betracht zu ziehen gewesen wäre. Soweit die Kündigung darauf gestützt ist, dass die Klägerin als “Hassorganisation” grundsätzlich nicht zur Teilnahme an dem sozialenNetzwerk der Beklagten berechtigt ist, bedurfte es auch keiner vorherigen Aufforderung, das beanstandete Verhalten abzustellen, weil dem Kläger kein konkreter Verhaltensverstoß angelastet, sondern die Kündigung letztlich auf die grundsätzliche, jedoch nicht mit den Gemeinschaftsstandards übereinstimmende ideologische Ausrichtung des Klägers und die dadurch hervorgerufene Zerrüttung des Vertragsverhältnisses gestützt wird.
II. Löschung des PostsDer Kläger hat auch keinen Anspruch auf Wiederherstellung des Posts auf dem streitgegenständlichen Nutzerkonto, nachdem die Seite, auf der dieser ursprünglich veröffentlicht wurde, zu Recht dauerhaft deaktiviert und das Nutzungsverhältnis mit dem Kläger wirksam gekündigt wurde (s. o. I.). Einen Anspruch auf Veröffentlichung auf einer anderen Seite hat er nicht geltend gemacht.
III. Deaktivierung des zzz-Accounts Der Kläger hat aus den oben dargestellten Gründen auch keinen Anspruch auf Wiederherstellung seines zzz-Accounts. Für die Wirksamkeit der Nutzungsbedingungen auf zzzgelten die Ausführungen zu I. entsprechend. Die zzz-Gemeinschaftsrichtlinien und Nutzungsbedingungen entsprechen inhaltlich weitgehend den yyy-Bedingungen, insbesondere ist es auch hiernach untersagt, Hass gegen Gruppen zu unterstützen oder zuverherrlichen (Anlage B16); das Sanktionssystem sieht ebenfalls unter anderem die Deaktivierung oder Sperrung eines Kontos sowie das Recht auf Kündigung aus wichtigem Grund vor (Anlage B15, dort Seite 5).
Da es bereits an einem Verfügungsanspruch zu Gunsten des Klägers fehlt, kommt es auf die Frage, ob der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt und damit ein Verfügungsgrund entfällt, nicht an.
C.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 2 GKG. Obwohl es sich hier um ein Verfügungsverfahren gehandelt hat, ist mit Blick auf die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Streitsache und die wirtschaftlichen Auswirkungen für den Kläger ein Streitwert von 30.000. € angemessen.
Die Wartezeitanzeige von Google gibt auf Grundlage von anonymen Nutzerdaten Auskunft darüber wie lange ein Kunde im Schnitt auf einen verfügbaren Tisch warten muss. Dass diese Anzeige aber wohl nicht immer die tatsächliche Wartezeit wiedergibt, zeigt der Fall eines Tegernseer Brauhauses, dessen Wirt gegen die Anzeige Klage erhob.
Bereits seit 2017 versuchte der Wirt Google dazu zu bringen, die Wartezeitanzeige offline zu nehmen, was Google schließlich im Juli 2019 tat.
Allerdings fehlte dem Wirt hierbei die Gewissheit, dass die Funktion auch weiterhin für das Tegernseer Bräustüble gesperrt bleibt, doch Google akzeptierte die Zustellung der Klage an ihre deutsche Tochtergesellschaft in Hamburg nicht und verwies auf den Hauptsitz in den USA.
Das Landgericht München I hatte einen Termin zur mündlichen Verhandlung für den 28.8.2019 angesetzt, welcher nun kurzfristig aufgehoben wurde. Grund dafür war die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bezüglich der Wartezeitenanzeige durch Google.
Ein Erfolg für das Tegernseer Bräustüble, allerdings zeigt dieser Fall auch wie schwer es für kleine- und mittelständische Unternehmen sein kann, sich rechtlich gegen Google und Co zu wehren.
Auch handelt es sich hierbei um keinen Einzelfall. Laut dem Bayrischen Hotel- und Gaststättenverband liegen etwa weitere 20-30 branchenübergreifende Fälle vor, welche sich über die irreführende Wartezeitenanzeige von Google beschweren.
Die Frage nach der ordnungsgemäßen Zustellung der Klage wird das Landgericht München I nun nicht mehr beantworten müssen.
Allerdings hatte bereits im Jahr 2017 die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen Microsoft vor dem Landgericht München geklagt. Auch dort hatte Microsoft die Klagezustellung an ihre deutsche Tochtergesellschaft als nicht zulässig erachtet. Nachdem das Landgericht München I zunächst zu Gunsten von Microsoft entschieden hatte, wurde die Klagezustellung aber in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht München als zulässig erachtet (OLG München, Urteil v. 2. März 2017, Az.: 6 U 2940/16).
a) Die Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004Abs. 1 Satz 2 BGB und damit ein Anspruch des Betroffenen auf Unterlassung einer ihn identifizierenden Wort- und Bildberichterstattung über ein Ermittlungsverfahren können entfallen, wenn der Betroffene wegen der Straftat rechtskräftig verurteilt ist, die Unschuldsvermutung also nicht mehr gilt.
b) Ist im Unterlassungsklageverfahren der Wahrheitsbeweis für eine Straftat durch rechtskräftiges Strafurteil als erbracht anzusehen (§ 190Satz 1 StGB), gelten für die rückblickende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit einer strafverfahrensbegleitenden, identifizierenden Wortberichterstattung im Hinblick auf die Unschuldsvermutung die folgenden Voraussetzungen: Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Zur Sicherstellung dieser Ausgewogenheit ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von einem solchen Gewicht handeln, dass ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit gerade auch an der Offenlegung der Identität des Betroffenen besteht.
c) Auch für die rückblickende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit einer strafverfahrensbegleitenden, identifizierenden Bildberichterstattung für die Zeit bis zur Rechtskraft des Strafurteils ist die Unschuldsvermutung in die im Rahmen des § 23Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmende Abwägung einzustellen.
Tenor
I. Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Januar 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagten zu 2 die Äußerungen
– der Kläger habe eine Studentin im Außenbereich des Lokals Cavos auf eine abgelegene Treppe gedrückt und ihr Obszönitäten ins Ohr geflüstert, unter anderem “Du bist die geilste Sau”,
und/oder
– in diesem Zusammenhang habe sich die Studentin gegen den Kläger gewehrt, so dass ihr Dirndl zerrissen sei,
– sie habe ihn angefleht, endlich aufzuhören, dies habe den Kläger kalt gelassen, er habe ihr den Slip ausgezogen und seine Hose geöffnet,
– der Kläger habe behauptet, er habe die Studentin bzw. Mitarbeiterin “gebusselt”
und/oder die Wiedergabe des Bildnisses des Klägers in diesem Kontext untersagt worden sind.
Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen die diesbezügliche Klageabweisung im Teilurteil des Landgerichts München I vom 15. Februar 2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. Oktober 2017 zurückgewiesen.
II. Auf die Rechtsmittel der Beklagten zu 1 und 2 wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Januar 2018 auch insoweit aufgehoben und wird das Teilurteil des Landgerichts München I vom 15. Februar 2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. Oktober 2017 insoweit abgeändert, als die Beklagten zur Auskunft (Ziffern 3. und 4. des Teilurteils des Landgerichts) verurteilt worden sind. Die Klage wird insoweit abgewiesen.
III. Im Übrigen werden die Revisionen der Beklagten zu 1 und 2 gegen das vorgenannte Urteil des Oberlandesgerichts mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt wird, soweit die Klage darauf gerichtet war, den Beklagten zu 1 und 2 die Äußerungen
– es sei gegen den Kläger Strafanzeige erstattet worden,
– er sei Beschuldigter in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren,
– der Kläger habe eine Studentin bzw. Mitarbeiterin vergewaltigt
und/oder die Wiedergabe des Bildnisses des Klägers in diesem Kontext zu untersagen.
IV. Die Kostenentscheidung – auch über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsrechtszugs – bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von den Beklagten wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Wort- und Bildberichterstattungen Unterlassung, Auskunft sowie Ersatz des materiellen Schadens und Zahlung einer Geldentschädigung.
Der Kläger, ein Steuerberater, war von 2008 bis Oktober 2014 Partner der Kanzlei L. und dort für Personalangelegenheiten zuständig. Er besuchte mit Partnern und Mitarbeitern der Kanzlei, darunter der studentischen Mitarbeiterin R., am 26. September 2014 das Oktoberfest in München, anschließend ein Restaurant. In den frühen Morgenstunden des 27. September 2014 hielten sich der Kläger und Frau R. allein im Außenbereich des Restaurants auf. Dabei soll der Kläger Frau R. vergewaltigt haben. Noch am selben Morgen versetzte Rechtsanwalt S., seinerzeit ebenfalls Partner der Kanzlei L., dem Kläger drei Faustschläge ins Gesicht.
Der Kläger schied im Oktober 2014 aus der Kanzlei aus, Rechtsanwalt S. zum Ende des Jahres 2014. Mit einem 14seitigen Schreiben vom 6. Februar 2015 erstattete S. gegen den Kläger Strafanzeige wegen Vergewaltigung/sexueller Nötigung der Frau R. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ein und erhob im Januar 2016 wegen des Vorfalls vom 27. September 2014 Anklage.
Der Kläger wendet sich gegen zwei Wort- und Bildberichterstattungen, die am 22. und 23. Februar 2015, also kurz nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens, veröffentlicht wurden:
Am 22. Februar 2015 veröffentlichte die Beklagte zu 2 in der BILD am SONNTAG (BamS) einen Artikel unter der Überschrift “Staatsanwalt ermittelt gegen Star-Anwalt”. In diesem Artikel wird ein passbildartiges Porträtfoto des Klägers gezeigt, auf dem die Augen mit einem schwarzen Balken verdeckt sind; die Bildzuschrift lautet: “Der Beschuldigte T[…(Vorname des Klägers)] E. (43)”. Zur Person des Klägers wird in dem Artikel zudem berichtet, dass er Partner der Kanzlei L. war, dass er verheiratet ist und drei Kinder hat. Zur Sache heißt es:
“Der Top-Jurist musste gehen, weil er auf einer Oktoberfest-Party eine Mitarbeiterin vergewaltigt haben soll. Seit vergangener Woche ermittelt die Staatsanwaltschaft München ‘wegen Vergewaltigung/sexueller Nötigung’… Doch zur Staatsanwaltschaft gelangt der Fall erst Anfang Februar – durch eine 14-seitige Strafanzeige von […] S[…] … Es beginnt an einem lauen Abend Ende September. T[…] E. spendiert Champagner. Mit einer jungen Kollegin, die als studentische Hilfskraft bei L[…] arbeitet, geht er in den Außenbereich des Lokals. Dort habe er sie dann laut Strafanzeige auf eine abgelegene Treppe gedrückt. Die Jura-Studentin soll sich gewehrt haben, ihr Dirndl sei dabei zerrissen. E. soll ihr Obszönitäten ins Ohr geflüstert haben, unter anderem ‘Du bist die geilste Sau’. Laut Anzeige habe sie ihn angefleht, endlich aufzuhören, an seine Frau und die drei Kinder zu denken. Doch das habe ihn kaltgelassen. Stattdessen soll er ihr den Slip ausgezogen und seine Hose geöffnet haben. T[…] E. habe eine Studentin aus seinem ehemaligen Team bei L[…] vergewaltigt, so der Vorwurf von […] S[…]. Die Mitarbeiterin habe sich ihm kurz nach den Geschehnissen offenbart, ebenso weiteren Kollegen. Dabei habe sie geweint und am ganzen Körper gezittert … Bei L[…] wurde der heikle Fall zur Chefsache … In der internen Befragung soll E. behauptet haben, die Mitarbeiterin habe ihn angemacht, er habe sie lediglich ‘gebusselt’.”
Am 23. Februar 2015 veröffentlichte die Beklagte zu 1 unter www.bild.de ebenfalls einen Artikel unter der Überschrift “Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Star-Anwalt”, welcher mit dem gleichen Foto des Klägers versehen ist. Unter der Kopfzeile, dass “er […] eine Jura-Studentin vergewaltigt haben” soll, folgt eine kurze wertende Beschreibung der Kanzlei L. und ihrer Partner. Schließlich wird angekündigt, dass man “mit BILDplus”, wohin ein Link weiterleitet, lesen könne, “wie Top-Jurist T[…] E. (43) eine Mitarbeiterin … vergewaltigt haben soll, warum ihn ein Ex-Kollege anzeigte und was die Kanzlei zu den Vorwürfen sagte”.
Der Kläger erwirkte im Februar 2015 im Wege von einstweiligen Verfügungen gegen beide Beklagte die Untersagung der Berichterstattungen.
Das Landgericht hat durch Teilurteil über die Unterlassungs- und die Auskunftsklage entschieden. Es hat der Unterlassungsklage teilweise stattgegeben und die Beklagten im Hinblick auf mögliche Schadensersatz- und Geldentschädigungsansprüche zur Auskunft über den Umfang ihrer Veröffentlichungen (unter anderem Anzahl der Abrufe des Internetartikels vom 23. Februar 2015, Verbreitungsgebiet und Höhe der Auflage der BamS vom 22. Februar 2015) verurteilt. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Unterlassungsklage mit Urteil vom 9. Januar 2018 vollumfänglich stattgegeben. Es hat den Beklagten unter Bezugnahme auf die streitgegenständlichen Artikel vom 22. bzw. 23. Februar 2015 untersagt, die Äußerungen wiederzugeben, zu veröffentlichen, zu verbreiten und/oder öffentlich zugänglich zu machen bzw. wiedergeben, veröffentlichen, verbreiten und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen,
. es sei gegen den Kläger Strafanzeige erstattet worden, und/oder
. er sei Beschuldigter in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und/ oder
. er habe eine Studentin bzw. Mitarbeiterin vergewaltigt und/oder in diesem Kontext das Bildnis des Klägers wiederzugeben. Der Beklagten zu 2 hat es darüber hinaus unter Bezugnahme auf den Artikel vom 22. Februar 2015 die Verbreitung der Äußerungen untersagt,
. der Kläger habe eine Studentin im Außenbereich des Lokals Cavos auf eine abgelegene Treppe gedrückt und ihr Obszönitäten ins Ohr geflüstert, unter anderem “Du bist die geilste Sau”, und/oder
. in diesem Zusammenhang habe sich die Studentin gegen den Kläger gewehrt, so dass ihr Dirndl zerrissen sei, und/oder
. sie habe ihn angefleht, endlich aufzuhören, dies habe den Kläger kalt gelassen, er habe ihr den Slip ausgezogen und seine Hose geöffnet, und/ oder
. der Kläger habe behauptet, er habe die Studentin bzw. Mitarbeiterin “ge- busselt”.
Die Berufungen der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Am 9. Februar 2018 ist der Kläger wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Anfang des Jahres 2019 ist das Urteil rechtskräftig geworden. Im Hinblick darauf hat der Kläger in der Revisionsverhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache einseitig insoweit für erledigt erklärt, als es um die Unterlassung der Äußerungen, es sei gegen den Kläger Strafanzeige erstattet worden, der Kläger sei Beschuldigter in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, er habe eine Studentin bzw. Mitarbeiterin vergewaltigt, und/oder um die Wiedergabe des Bildnisses des Klägers in diesem Kontext geht. Die Beklagten verfolgen mit den vom Senat zugelassenen Revisionen das Ziel der Abweisung der Klage, soweit durch das Teilurteil über sie entschieden worden ist, weiter.
Gründe
A.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung zum Verbot der Wortberichterstattungen damit begründet, es handle sich um identifizierende Verdachtsberichterstattungen, die den Kläger in seiner Ehre beträfen und unzulässig seien. Bei schweren Gewaltverbrechen sei zwar in der Regel ein Interesse an näherer Information über Tat und Täter anzuerkennen. Bei einer Berichterstattung über ein noch nicht abgeschlossenes Strafverfahren sei aber die Unschuldsvermutung zu berücksichtigen, was mindestens eine ausgewogene Berichterstattung gebiete. Zu berücksichtigen sei zudem eine mögliche Prangerwirkung. Bei dem hier streitgegenständlichen Verdacht der Vergewaltigung handle es sich zwar um eine Angelegenheit von erheblichem öffentlichen Interesse, zumal die vorgeworfene Tat von einem Vorgesetzten zu Lasten einer Mitarbeiterin begangen worden sein solle. Allerdings sei der Kläger weder ein “Prominenter” noch ein Organ der Rechtspflege. Es bestehe die Gefahr, dass der Kläger eine Stigmatisierung erfahre, die auch ein Freispruch möglicherweise nicht mehr zu beseitigen vermöge. Es sei nicht erkennbar, dass den Beklagten ein ausreichender Mindestbestand an Tatsachen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bekannt gewesen sei. Die Beklagten hätten im Rahmen einer ausgewogenen Berichterstattung kenntlich machen müssen, dass die Strafanzeige des Rechtsanwalts S., der seinerseits wegen der Faustschläge habe strafrechtliche Konsequenzen befürchten müssen, kritisch zu betrachten sei, und dass es noch keine weitergehenden Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft gebe. Die streitgegenständlichen zusätzlichen Äußerungen in dem Artikel vom 22. Februar 2015 enthielten zudem Einzelheiten des angeblichen Tathergangs, an deren Bedeutung für die Information der Öffentlichkeit Zweifel angebracht seien.
Zu den Bildberichterstattungen hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass der Kläger rechtswidrig in seinem Recht am eigenen Bild verletzt sei. Es lägen keine Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte vor. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die den Kläger identifizierenden Bildberichterstattungen über den Verdacht einer Straftat einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre darstellten, weil seine Person in den Augen des Publikums negativ qualifiziert werde. Die Berichterstattungen über den bloßen Verdacht seien bereits als Wortberichterstattungen unzulässig. Gerade die Erinnerung an das Gesicht des Beschuldigten durch das Bild berge die Gefahr, dass der Kläger auch bei späterem Freispruch eine nachhaltige Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts erleide und er sich dann von der besonderen Verwerflichkeit des ihm vorgeworfenen Handelns nur schwer werde befreien können. Auch hier sei zu berücksichtigen, dass der Kläger abgesehen von Veröffentlichungen in Wirtschaftsblättern bislang nicht in die Öffentlichkeit getreten sei.
Die aufgrund der begangenen Rechtsverletzungen vermutete Wiederholungsgefahr sei von den Beklagten nicht widerlegt worden. Dabei sei unerheblich, ob die inzwischen erfolgte Anklageerhebung und die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Kläger als Beweistatsachen für die in den Artikeln berichtete Tat ausreichten, um jetzt eine identifizierende Berichterstattung darüber zu rechtfertigen. Das gerichtliche Verbot betreffe die Äußerungen und Bildnisse nämlich nur in ihrem Kontext, der auch die Mitteilung der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bekannten Beweistatsachen und die sich daraus ergebende niedrige Verdachtsstufe umfasse. In diesem Kontext blieben die Äußerungen auch dann unzulässig, wenn sie in einem anderen Zusammenhang rechtmäßig wären.
Den Auskunftsanspruch hat das Berufungsgericht mit der Begründung bejaht, dass dem Kläger jedenfalls Geldentschädigungsansprüche wegen der Rechtsverletzungen durch die Berichterstattungen zustehen könnten, weil deren Folgen, insbesondere die Prangerwirkung, für den Kläger überaus gravierend seien.
B.
Der in der Revisionsverhandlung gestellte Antrag des Klägers auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, soweit es um die Unterlassung der Äußerungen
. der Kläger sei Beschuldigter in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und/oder
. er habe eine Studentin bzw. Mitarbeiterin vergewaltigt (im Folgenden: Äußerungen 1 bis 3)
und/oder um die Unterlassung der Wiedergabe seines Bildnisses in diesem Kontext geht, ist zulässig und begründet. Insoweit sind die Revisionen der Beklagten unbegründet.
I.
Die einseitige (Teil-)Erledigungserklärung des Klägers bildet eine gemäß § 264Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung, mit der von einem Leistungsantrag auf einen Feststellungsantrag übergegangen wird. Eine solche einseitige (Teil-) Erledigungserklärung ist im Revisionsverfahren jedenfalls dann zulässig, wenn das Ereignis, das die Hauptsache (teilweise) erledigt haben soll, unstreitig ist (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2018 – VI ZR 330/17, VersR 2019, 243 Rn. 57; BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 – VII ZR 277/15, NJW 2017, 3521Rn. 30; jeweils mwN). Der Kläger, der Revisionsbeklagter ist, kann eine einseitige Erledigungserklärung ohne Einlegung einer Anschlussrevision abgeben (BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 – VII ZR 277/15, NJW 2017, 3521Rn. 30). Auf eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen, wenn die Klage bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2018 -VI ZR 330/17, VersR 2019, 243 Rn. 58; BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 – VII ZR 277/15, NJW 2017, 3521Rn. 30; jeweils mwN).
II.
Die Erledigungserklärung des Klägers ist nach diesen Grundsätzen zulässig. Das erledigende Ereignis, auf das sich der Kläger bei seiner teilweisen Erledigungserklärung bezogen hat – seine rechtskräftige Verurteilung im Strafverfahren -, ist außer Streit. Der Antrag des Klägers auf Feststellung der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist auch begründet. Seine Unterlassungsklage betreffend die von der Teilerledigungserklärung erfassten Wort- und Bildberichterstattungen ist spätestens seit Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils unbegründet, da die bis dahin zugunsten des Klägers streitende Unschuldsvermutung entfallen ist (1. für die Wort-, 2. für die Bildberichterstattung). Zuvor – jedenfalls noch bei Eintritt der Rechtshängigkeit – war die Unterlassungsklage gemessen an den Grundsätzen, die im Hinblick auf die Unschuldsvermutung für die strafverfahrensbegleitende Berichterstattung gelten, zulässig und begründet (3. für die Wort-, 4. für die Bildberichterstattung).
1. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch mehr aus § 1004Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1Abs. 1, Art. 2Abs. 1 GG, die Verbreitung der Äußerungen 1 bis 3 zu unterlassen. Es fehlt spätestens seit Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils an der entsprechend § 1004Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlichen Wiederholungsgefahr, weil diese Äußerungen nunmehr rechtlich zulässig sind.
a) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, greifen die angegriffenen Äußerungen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Denn die den Beschuldigten identifizierende Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufes, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 9; vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31Rn. 15; vom 18. November 2014 – VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239Rn. 31; jeweils mwN; BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 15 mwN).
b) Ebenfalls zutreffend hat es das Berufungsgericht für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs aus Art. 1Abs. 1, Art. 2Abs. 1 GG, Art. 8Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5Abs. 1 GG, Art. 10EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31Rn. 18 mwN).
aa) Bei ansehensbeeinträchtigenden Tatsachenbehauptungen wie im vorliegenden Fall wird die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen ganz wesentlich vom Wahrheitsgehalt der Behauptungen bestimmt. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 12; vom 11. Dezember 2012 – VI ZR 314/10, AfP 2013, 57Rn. 12). Auch wahre Tatsachenbehauptungen sind indes nicht unbeschränkt zulässig. Vielmehr können sie rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingreifen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten drohen, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussage geeignet ist, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten oder eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden droht (Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 12; vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681Rn. 29, 32; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197Rn. 37; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 16; jeweils mwN; BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 17).
bb) Wird wahrheitsgemäß über die Begehung einer Straftat durch einen identifizierbaren Täter berichtet, ist zu berücksichtigen, dass solche Taten zum Zeitgeschehen gehören, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Bei schweren Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. Senatsurteile vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681Rn. 18 mwN; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197Rn. 38; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 17; vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353Rn. 14; BVerfG NJW 2009, 3357Rn. 18; jeweils mwN). Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht, durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 14; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197Rn. 39; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 18; BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 19). Dies schließt eine Namensnennung, Abbildung oder sonstige Identifizierung des verurteilten Täters dann ein, wenn die damit verbundene Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts im angemessenen Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens oder zu seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit steht; letztere kann sich unterhalb der Schwelle der Schwerkriminalität auch aus den Besonderheiten in der Person oder Stellung des Täters, der Art der Tat oder des Tathergangs ergeben (vgl. Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229Rn. 19; vom 15. November 2005 – VI ZR 286/04, NJW 2006, 599Rn. 16 mwN; BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 20). Mit zeitlicher Distanz zur Straftat gewinnt aber das Interesse des Täters, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung. Das Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters. Allerdings führt selbst die Verbüßung einer Strafe nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat “allein gelassen zu werden”. Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht einschließlich des Resozialisierungsinteresses des Straftäters von der Berichterstattung unter den konkreten Umständen beeinträchtigt wird (Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 16; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197Rn. 40; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 19; BVerfG NJW 2009, 3357Rn. 21).
c) Ein Unterlassungsanspruch aus § 1004Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1Abs. 1, Art. 2Abs. 1 GG setzt neben der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts materiellrechtlich eine Wiederholungsgefahr voraus. Wenn sie entfällt, erlischt auch der zukunftsgerichtete Unterlassungsanspruch. Eine rechtswidrige Beeinträchtigung in der Vergangenheit begründet in der Regel die tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr. Diese Vermutung fällt indes weg, wenn durch die Veränderung tatsächlicher Umstände nunmehr die Berichterstattung als rechtlich zulässig zu beurteilen ist. Wer in der Vergangenheit in seinen Rechten verletzt wurde, hat keinen Anspruch darauf, dass ein Verhalten unterlassen wird, das sich inzwischen als nicht mehr rechtswidrig darstellt (Senatsurteile vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681Rn. 31 für die Wortberichterstattung; vom 19. Oktober 2004 – VI ZR 292/03, NJW 2005, 594, 595, juris Rn. 17 f. für die Bildberichterstattung).
d) Gemessen an diesen Grundsätzen besteht kein Unterlassungsanspruch mehr gegen die Verbreitung der Äußerungen 1 bis 3, weil diese inzwischen rechtlich zulässig sind und deshalb eine Wiederholungsgefahr nicht mehr besteht. Die notwendige Abwägung kann der Senat selbst vornehmen, weil keine weiteren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind.
aa) Bei den Äußerungen 1 bis 3 handelt es sich, auch wenn mit ihnen nach Inhalt und Kontext der streitgegenständlichen Artikel nur der Verdacht einer Vergewaltigung durch den Kläger verbreitet worden ist, um wahre Tatsachenbehauptungen. Denn mit der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung des Klägers ist gemäß § 190Satz 1 StGB zugunsten der Beklagten der Beweis der Wahrheit dafür, dass der Kläger die Vergewaltigung begangen hat, als erbracht anzusehen (Weyhe in Paschke/Berlit/Meyer, Gesamtes Medienrecht, 3. Aufl., Abschn. 37 Rn. 90, 92). Da die Einordnung der Tatsachenbehauptung als wahr aufgrund der genannten Bestimmung zwingende Folge der rechtskräftigen Verurteilung ist (vgl. hierzu Eisele/Schittenhelm in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 190 Rn. 1, 3; Valerius in BeckOK StGB, Stand 1. Februar 2019, § 190 Rn. 1; Regge/Pegel in MüKoStGB, 3. Aufl., § 190 Rn. 7) und deshalb kein Raum für eine tatrichterliche Würdigung bleibt, kann diese Einordnung durch den Senat vorgenommen werden.
bb) Mit der Rechtskraft des Strafurteils ist die zugunsten des Klägers sprechende, aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20Abs. 3 GG) folgende und in Art. 6Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung entfallen. Damit ist die Berichterstattung jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der Revisionsverhandlung rechtlich zulässig. Die Schutzinteressen des Klägers überwiegen das Berichterstattungsinteresse der Beklagten nicht.
Der Kläger, dem als Partner in einer renommierten Sozietät Personalverantwortung und Vorbildfunktion zukamen, wurde mit der rechtskräftigen Verurteilung wegen Vergewaltigung einer studentischen Mitarbeiterin einer Straftat überführt, an der nicht nur wegen ihrer Schwere, sondern auch im Hinblick auf das berufliche Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Täter und Opfer ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Zwar ist der Kläger in den Wortbeiträgen insbesondere durch die Namensnennung, wenn auch in abgekürzter Form, und die Angabe, Partner bei der Kanzlei L. gewesen zu sein, identifizierbar (vgl. hierzu BVerfG, NJW 2004, 3619, 3620 sub II 1 b) aa)). Auch kann unterstellt werden, dass den Kläger durch die Berichterstattung eine erhebliche soziale Missbilligung trifft. Diese und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hat er allerdings durch seine Straftat selbst hervorgerufen. Zwar wären die streitgegenständlichen Äußerungen, sollten sie künftig wiederholt werden, durch die rechtskräftige Verurteilung insofern “überholt”, als das in den Artikeln erwähnte Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist. Dies wirkt sich im vorliegenden Verfahren allerdings nicht zugunsten des Klägers aus, sondern lässt die damit einhergehende Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts geringer erscheinen. Denn die beiden Berichte bringen den Kläger lediglich mit einem laufenden Verfahren wegen des Verdachts der Vergewaltigung, hingegen nicht mit der tatsächlich zwischenzeitlich erfolgten rechtskräftigen Verurteilung wegen dieser Straftat, die für sein Ansehen deutlich ungünstiger ist, in Verbindung. Sie lassen es für den nicht eingeweihten Leser daher noch als möglich erscheinen, dass sich der Verdacht in der Folgezeit als unbegründet erweist bzw. erwiesen hat, obwohl diese Möglichkeit tatsächlich nicht mehr besteht.
Die Verurteilung des Klägers und der Eintritt der Rechtskraft Anfang des Jahres 2019 liegen noch nicht so weit zurück, dass der identifizierenden Berichterstattung das Resozialisierungsinteresse des Klägers entgegenstünde (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 25 mwN). Die Äußerungen über die Strafanzeige, das Ermittlungsverfahren und den Verdacht der Vergewaltigung sind nicht geeignet, den Kläger “ewig an den Pranger” zu stellen oder in einer Weise “an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren”, die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 20). Eine dauerhafte und lang anhaltende soziale Ausgrenzung, die hier in der Abwägung das von dem Kläger selbst erweckte Informationsinteresse überwiegen müsste, ist nicht zu befürchten.
2. Der Kläger hat spätestens seit Rechtskraft des gegen ihn ergangenen Strafurteils auch keinen Anspruch aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23KUG, Art. 1Abs. 1, Art. 2Abs. 1 GG auf Unterlassung der Wiedergabe seiner Bildnisse im Kontext mit den Äußerungen 1 bis 3. Es fehlt auch insoweit jedenfalls an der entsprechend § 1004Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlichen Wiederholungsgefahr, weil die Verbreitung der Bildnisse nunmehr zulässig ist.
a) Die Zulässigkeit der Bildveröffentlichungen beurteilt sich, wie vom Berufungsgericht zutreffend gesehen, nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23KUG. Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren – hier nicht vorliegenden – Einwilligung verbreitet werden (§ 22Abs. 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (Senatsurteile vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 14; vom 28. Oktober 2008 – VI ZR 307/07, NJW 2009, 757Rn. 8 f.).
b) Schon die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte i.S. von § 23Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1Abs. 1, Art. 2Abs. 1 GG, Art. 8Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5Abs. 1 GG, Art. 10Abs. 1 EMRK andererseits. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse (Senatsurteil vom 29. Mai 2018 – VI ZR 56/17, AfP 2018, 410Rn. 11). Es gehört zum Kern der Pressefreiheit, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird (Senatsurteil vom 28. Oktober 2008 – VI ZR 307/07, BGHZ 178, 213Rn. 15). Eine Bedürfnisprüfung, ob eine Bebilderung veranlasst war, findet nicht statt (Senatsurteil vom 9. April 2019 – VI ZR 533/16sub II. 2. a, zVb; vgl. auch Senatsurteil vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 20).
Allerdings besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (Senatsurteile vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31Rn. 38; vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 17; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 33; vom 28. Oktober 2008 – VI ZR 307/07, NJW 2009, 757Rn. 10, 13 f.). Es bedarf mithin einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen (Senatsurteil vom 29. Mai 2018 – VI ZR 56/17, AfP 2018, 410Rn. 15 mwN). Im Rahmen der Abwägung kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, wobei der Informationsgehalt der Bildberichterstattung unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln ist (Senatsurteile vom 29. Mai 2018 – VI ZR 56/17, AfP 2018, 410Rn. 16; 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31Rn. 38; vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 19, 23). Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die Neugier der Leser befriedigen (Senatsurteile vom 29. Mai 2018 – VI ZR 56/17, AfP 2018, 410Rn. 16; vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31Rn. 38; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 34; jeweils mwN).
Geht es um eine identifizierende Bildberichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen, dass eine solche Berichterstattung in das Recht des Abgebildeten auf Schutz seiner Persönlichkeit eingreift, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31Rn. 38; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 34; vom 28. Oktober 2008 – VI ZR 307/07, BGHZ 178, 213Rn. 33). Andererseits gehört eine Straftat zum Zeitgeschehen, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Wie schon bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Äußerungen 1 bis 3 ist auch bei der rechtlichen Prüfung der Bildberichterstattung in die Abwägung einzustellen, dass die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter begründen und dass bei schweren Gewaltverbrechen in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information auch über die Person des Täters anzuerkennen ist (vgl. Senatsurteile vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 19; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 34 i.V.m. Rn. 17). Bei Straftaten besteht häufig ein legitimes Interesse an der Bildberichterstattung über den Täter, weil sie oft durch die Persönlichkeit des Täters geprägt sind und Bilder unmittelbar und prägnant über die Person des Täters informieren können (Senatsurteil vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 24 mwN). Auch hier kommt es maßgeblich auf die Bedeutung der Straftat für die Öffentlichkeit an, die sich aus der Schwere oder Art der Tat, den Besonderheiten des Tathergangs oder der Person oder Stellung des Täters ergeben kann (vgl. Senatsurteile vom 28. Oktober 2008 – VI ZR 307/07, BGHZ 178, 213Rn. 22; BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 20; NJW 2009, 350Rn. 11). Mag oftmals bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch das Recht auf Schutz der Persönlichkeit das Interesse an einer Abbildung des Straftäters überwiegen (vgl. BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 20), kann schon mit dem erstinstanzlichen Urteil – auch vor Eintritt der Rechtskraft – dem Informationsinteresse der Vorrang gebühren (Senatsurteil vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10,BGHZ 190, 52Rn. 25). Jedenfalls bei einem rechtskräftig verurteilten Straftäter besteht nicht mehr die Gefahr, dass sein Gesicht zu Unrecht mit der Tat verbunden wird und er sich von diesem Eindruck auch nach einem Freispruch auf unabsehbare Zeit nicht mehr befreien kann (vgl. BVerfG, NJW 2009, 350Rn. 14 f.). Auch im Rahmen der Bildberichterstattung gilt der Grundsatz, dass derjenige, der den Rechtsfrieden bricht, sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern es auch dulden muss, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (Senatsurteile vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 19; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 34 i.V.m Rn. 18; vom 28. Oktober 2008 – VI ZR 307/07, BGHZ 178, 213Rn. 33). Verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang, gewinnt das Resozialisierungsinteresse und das Recht des Täters, “alleine gelassen zu werden”, mit zeitlicher Distanz zur Straftat und zum Strafverfahren zunehmende Bedeutung (Senatsurteile vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 25; vom 28. Oktober 2008 – VI ZR 307/07, BGHZ 178, 213Rn. 23 mwN).
c) Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei den angegriffenen Bildnissen spätestens seit der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers wegen Vergewaltigung um solche aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Sein Interesse am Schutz seiner Persönlichkeit hat hinter dem von den Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurückzutreten.
aa) Zwar haben die Wortberichterstattungen, in deren Kontext die Zulässigkeit der Verbreitung der Bildnisse des Klägers zu beurteilen ist (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 2009 – VI ZR 314/08,AfP 2010, 60Rn. 7; vom 24. Juni 2008 – VI ZR 156/06, BGHZ 177, 119Rn. 37), noch nicht die rechtskräftige Verurteilung des Klägers, sondern ein laufendes Ermittlungsverfahren zum Gegenstand. Sie betreffen damit einen Verfahrensabschnitt, in dem zugunsten des Klägers noch die Unschuldsvermutung galt. Auch hier kann aber bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr und der sich in diesem Zusammenhang stellenden Frage, ob infolge der Veränderung tatsächlicher Umstände die Bildberichterstattung in Zukunft zulässig wäre, nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger zwischenzeitlich strafrechtlich der Vergewaltigung überführt wurde.
bb) Der Kläger ist wegen einer Straftat verurteilt, die im Hinblick auf ihre Schwere, die damalige Stellung des Klägers mit Personalverantwortung in einer renommierten Kanzlei und den Umstand, dass er die Straftat gegenüber einer damaligen Mitarbeiterin beging, das Interesse der Öffentlichkeit besonders berührt. Durch die Begehung der Straftat hat er sich selbst zum Gegenstand des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit gemacht. Im Rahmen der Abwägung ist weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger auf den Bildnissen trotz des Balkens über der Augenpartie zwar, wie vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, für sein soziales Umfeld erkennbar ist und seine Identifizierung in Zusammenschau mit den Angaben zu seiner Person im begleitenden Text weiter erleichtert wird. Allerdings erschwert es die teilweise Anonymisierung des Bildes, dass das Gesicht des Klägers von der breiten Öffentlichkeit mit der Tat verbunden wird. Die Verbreitung der Fotos ist auch im Übrigen nicht geeignet, den Kläger “ewig an den Pranger” zu stellen oder in einer Weise “an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren”, die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432Rn. 39). Auch hier lässt – ebenso wie bei den angegriffenen Wortberichterstattungen – der Umstand, dass das Bildnis des Klägers im Kontext mit den begleitenden Wortberichterstattungen lediglich mit einem laufenden Verfahren wegen Vergewaltigung und nicht mit der tatsächlich erfolgten Verurteilung in Verbindung gebracht wird, die Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts geringer erscheinen. Da das Strafverfahrens gerade erst abgeschlossen worden ist, überwiegt das Resozialisierungsinteresse des Klägers noch nicht das von ihm selbst erweckte Informationsinteresse der Öffentlichkeit (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 25). Darauf, ob es der Bebilderung der Artikel “bedurfte”, kommt es nicht an.
d) Bei der gebotenen Würdigung der Veröffentlichungen in ihrer Gesamtheit werden durch die Verbreitung der kontextneutralen Fotos keine berechtigten Interessen des Klägers verletzt (§ 23Abs. 2 KUG). Die passbildartigen Fotoaufnahmen enthalten keine über die mit der Identifizierung eines Straftäters durch eine Abbildung hinausgehende Beeinträchtigung (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 24); sie haben keinen eigenständigen Verletzungsgehalt (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2011 – VI ZR 26/11, AfP 2012, 53Rn. 30).
3. Bei Eintritt der Rechtshängigkeit war die Unterlassungsklage hingegen zulässig und bezogen auf die angegriffenen Äußerungen 1 bis 3 noch begründet.
a) Bei den angegriffenen Äußerungen 1 bis 3 handelt es sich um Tatsachenbehauptungen, die als von Anfang an wahr anzusehen sind. Zwar ist der Wahrheitsbeweis gemäß § 190Satz 1 StGB erst mit dem rechtskräftigen Strafurteil als erbracht anzusehen. Dies betrifft indes nur die Erkenntnis der seit ihrer Entstehung unveränderlichen Wahrheit einer Tatsache. Damit kommt die Bestimmung auch demjenigen zugute, der den Straftatvorwurf schon vor der strafrechtlichen Verurteilung und deren Rechtskraft kundgetan hat (vgl. Regge/Pegel in MüKoStGB, 3. Aufl., § 190 Rn. 12; Valerius in BeckOK StGB, Stand 1. Februar 2019, § 190 Rn. 3). Dementsprechend ist es für die Einordnung der Behauptung der Vergewaltigung als wahr vorliegend nicht erheblich, dass den Beklagten im Zeitpunkt der Veröffentlichung die Wahrheit noch nicht bekannt war und sie dementsprechend den Vergewaltigungsvorwurf lediglich als Verdacht äußerten (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 – VI ZR 314/10, AfP 2013, 57Rn. 15). Da der Wahrheitsgehalt der beanstandeten Tatsachenbehauptungen nicht als ungeklärt anzusehen ist, beurteilt sich die rechtliche Zulässigkeit der hier angegriffenen Äußerungen auch für die Zeit vor Rechtskraft des Strafurteils rückblickend nicht nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung (vgl. zu diesen nur Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237Rn. 26 mwN). Insbesondere könnte der Kläger, selbst wenn dies zuträfe, sich nicht darauf berufen, dass die Beklagten ihren Recherchepflichten nicht genügt hätten und es im Zeitpunkt der Veröffentlichung an einem Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt habe, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst “Öffentlichkeitswert” verleihen würden (vgl. hierzu Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237Rn. 26; vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31Rn. 24).
b) Dennoch ist der Maßstab für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der hier angegriffenen Äußerungen vor und nach Rechtskraft des Strafurteils nicht derselbe. Denn erst mit der Rechtskraft eines Strafurteils entfällt – mit Wirkung allein für die Zukunft – die Unschuldsvermutung. Bis dahin gilt auch derjenige, der die Tat begangen hat, als unschuldig. Dies ist bei der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit strafverfahrensbegleitender Berichterstattungen zugunsten des Beschuldigten in die Abwägung einzustellen.
aa) Die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende und in Art. 6Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung entfaltet als strafprozessuales Recht unmittelbare Wirkung nur gegenüber dem Staat (vgl. Gaede in MüKo StPO, 1. Aufl., Art. 6EMRK Rn. 128). Eine unmittelbare Drittwirkung dahingehend, dass der Beschuldigte Anspruch darauf hätte, bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung von Dritten für unschuldig gehalten zu werden, besteht nicht. Geht es aber um eine strafverfahrensbegleitende identifizierende Presseberichterstattung, wird der Persönlichkeitsschutz eines Beschuldigten durch die Unschuldsvermutung mitbestimmt (vgl. Bornkamm, NStZ 1983, 102, 104). So ist in der Rechtsprechung des Senats, des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anerkannt, dass für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit einer Berichterstattung über ein noch laufendes Strafverfahren im Rahmen der Abwägung auch die für den Beschuldigten streitende Unschuldsvermutung zu berücksichtigen ist (Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 15; vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681Rn. 19; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229Rn. 14; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; NJW 2009, 3357Rn. 20; EGMR, NJW 2017, 3501Rn. 51-55 – Bedat gg. Schweiz; NJW 2012, 1058Rn. 202 – Axel Springer AG gg. Deutschland; vgl. ferner Ziff. 13 des Pressekodex). Sie gebietet eine entsprechende Zurückhaltung (BVerfGE 35, 202, 232), mindestens aber eine ausgewogene Berichterstattung (Senatsurteil vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681Rn. 19). Sie schützt vor Äußerungen, die, bewusst oder nicht, die Chancen des Betroffenen auf ein faires Verfahren mindern oder das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Rolle der Gerichte untergraben (EGMR, NJW 2017, 3501Rn. 51 – Bedat gg. Schweiz). Sie schützt ferner den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafbemessung vorausgegangen ist (vgl. Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 15; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229Rn. 14 mwN). Ein identifizierender Bericht über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist deshalb auch daraufhin zu überprüfen, ob er geeignet ist, den Beschuldigten an den Pranger zu stellen, ihn zu stigmatisieren oder ihm in sonstiger Weise Nachteile zuzufügen, die einem Schuldspruch oder einer Strafe gleichkommen (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229Rn. 18). Dabei kann anders als bei Berichterstattungen nach einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung nicht als Gesichtspunkt in die Abwägung eingestellt werden, dass der Beschuldigte den Rechtsfrieden gebrochen und deswegen zu dulden habe, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt werde; denn eine solche Argumentation lässt sich in der Regel mit der Unschuldsvermutung nicht vereinbaren (vgl. Bornkamm, NStZ 1983, 102, 105). Oftmals kann im Hinblick auf die Unschuldsvermutung bis zu einem erstinstanzlichen (nicht notwendig rechtskräftigen) Schuldspruch das Recht des Beschuldigten auf Schutz der Persönlichkeit das Interesse an einer identifizierenden Wortberichterstattung überwiegen (BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 20; vgl. auch Senatsurteil vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681Rn. 19). Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn die besonderen Umstände der dem Beschuldigten vorgeworfenen Straftat oder dessen herausgehobene Stellung ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit – auch über die Identität des Beschuldigten – begründen, hinter dem das Interesse des Beschuldigten am Schutz seiner Persönlichkeit zurückzutreten hat (vgl. Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 18 ff.; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229Rn. 19 f.).
bb) In Fällen, in denen – wie vorliegend – im Unterlassungsklageverfahren der Wahrheitsbeweis für eine Straftat durch rechtskräftiges Strafurteil als erbracht anzusehen ist, gelten damit für die rückblickende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit der strafverfahrensbegleitenden, identifizierenden Wortberichterstattung die folgenden Voraussetzungen: Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Zur Sicherstellung dieser Ausgewogenheit ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von einem solchen Gewicht handeln, dass ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit gerade auch an der Offenlegung der Identität des Betroffenen besteht.
c) Gemessen an diesen Grundsätzen hatte der Kläger bei Klageerhebung einen Anspruch auf Unterlassung der Äußerungen 1 bis 3. Dabei ist zweifelhaft, kann aber dahinstehen, ob mit der Begründung des Berufungsgerichts die Ausgewogenheit der Berichterstattungen verneint werden kann. Auch hatte ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts der Kläger auf Grund der E-Mail-Anfrage vom 19. Februar 2015 (Anlage B 14) Gelegenheit zur Stellungnahme zur Strafanzeige des Rechtsanwalts S. Allerdings handelte es sich bis zur erstinstanzlichen Verurteilung des Klägers, jedenfalls aber während des nichtöffentlichen Ermittlungsverfahrens, nicht um einen Vorgang von solchem Gewicht, dass ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit gerade auch an der Offenlegung der Identität des Klägers bestand. Zwar berührt der Verdacht der Vergewaltigung einer Mitarbeiterin durch einen Partner einer renommierten Sozietät, wie unter 1. f) bb) dargelegt, wegen der Schwere der vorgeworfenen Tat und wegen des Über-/Unterordnungsverhältnisses zwischen dem Beschuldigten und dem mutmaßlichen Opfer das Informationsinteresse der Öffentlichkeit in erheblichem Maße. Ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit, schon während des Ermittlungsverfahrens nicht nur über die Position des Beschuldigten in der Kanzlei L. informiert zu werden, sondern auch über dessen Identität, bestand indes nicht. Der Kläger war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Das Informationsinteresse rührte auch nicht etwa aus seiner Stellung oder Funktion in der Öffentlichkeit oder aus etwaigen Auswirkungen seiner Tat auf die Öffentlichkeit oder auf deren Vertrauen in seine Integrität (vgl. zu derartigen Fallgestaltungen etwa Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 18 – Veruntreuung von Fraktionsgeldern; vom 18. November 2014 – VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239Rn. 24 – Chefjustiziar; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229Rn. 19 f. – Gazprom; vom 7. Dezember 1999 – VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 208, juris Rn. 32). Demgegenüber war der Kläger, dessen Identität durch die abgekürzte Namensnennung in Verbindung mit der Angabe, Partner in der Kanzlei L. gewesen zu sein, für Kollegen, Mandanten und sein soziales Umfeld ohne Weiteres erkennbar war und im Übrigen ohne großen Aufwand ermittelt werden konnte, gerade wegen des Vorwurfs, ein Sexualverbrechen gegenüber einer Mitarbeiterin begangen zu haben, der Gefahr erheblicher sozialer Missachtung schon vor einer Verurteilung ausgesetzt (vgl. Bornkamm, NStZ 1983, 102, 105). Seine durch die Unschuldsvermutung konkretisierten Interessen überwogen daher im Zeitpunkt der Veröffentlichung und auch noch bei Erhebung der Unterlassungsklage – zu diesem Zeitpunkt war noch nicht einmal Anklage erhoben – das Interesse der Öffentlichkeit an einer identifizierenden Berichterstattung.
d) Darauf, ob der Unterlassungsanspruch des Klägers erst mit der (rechtskräftigen) strafrechtlichen Verurteilung oder schon zu einem früheren Zeitpunkt entfallen ist, kommt es für die Feststellung der Erledigung nicht an. Denn jedenfalls war die Unterlassungsklage zunächst begründet und ist erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit unbegründet geworden. Die Erledigungserklärung ist in der Revisionsinstanz auch dann zulässig, wenn die materielle Erledigung schon vor Einlegung der Berufung eingetreten ist und die Erklärung darüber schon in der Berufungsinstanz hätte abgegeben werden können (BGH, Urteile vom 8. Februar 1989 – IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 368, juris Rn. 26; vom 11. Dezember 2015 – V ZR 26/15, MDR 2016, 482Rn. 31).
4. Der Kläger hatte bei Klageerhebung auch noch einen Anspruch auf Unterlassung der ihn identifizierenden Bildberichterstattung.
a) Auch bei der strafverfahrensbegleitenden Bildberichterstattung hat in der Abwägung der widerstreitenden Interessen – bereits bei der Prüfung, ob ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne des § 23Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegt – die Unschuldsvermutung Berücksichtigung zu finden (vgl. BVerfG, NJW 2009, 350Rn. 14; EGMR, NJW 2018, 2461Rn. 40-42 – Axel Springer SE u. RTL Television GmbH gg. Deutschland; Medien und Recht 2000, 221, 225 Rn. 56 – News Verlags GmbH & CoKG gg. Österreich). Auch insoweit ist eine entsprechende Zurückhaltung geboten und eine mögliche Prangerwirkung zu berücksichtigen (BVerfG, NJW 2009, 350Rn.14). Auch hier wird oftmals bis zu einem erstinstanzlichen (nicht notwendig rechtskräftigen) Schuldspruch das Recht des Beschuldigten auf Schutz der Persönlichkeit das Interesse an einer identifizierenden Bildberichterstattung überwiegen (Senatsurteil vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52Rn. 25; BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 20). Etwas anderes kann nicht ohne Verstoß gegen die Unschuldsvermutung aus dem Gesichtspunkt hergeleitet werden, dass der Beschuldigte den Rechtsfrieden gebrochen habe. Selbst ein Geständnis würde lediglich dazu führen, dass die Unschuldsvermutung der Bildberichterstattung nur noch in eingeschränktem Maße entgegengehalten werden könnte (vgl. BVerfG, wistra 2012, 145Rn. 8; NJW 2012, 2178Rn. 21; EGMR, Urteil vom 21. September 2017 – 51405/12, NJW 2018, 2461Rn. 51 – Axel Springer SE u. RTL Television GmbH gg. Deutschland). Eine individualisierende Bildberichterstattung über den Beschuldigten eines Strafverfahrens scheidet aber nicht in jedem Fall aus. Vielmehr können es die jeweiligen Umstände rechtfertigen, dass sich der Betreffende nicht bzw. nicht mehr mit Gewicht auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen kann. Dies gilt etwa dann, wenn er kraft seines Amtes oder wegen seiner gesellschaftlich hervorgehobenen Verantwortung bzw. Prominenz in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit steht und die Medienöffentlichkeit mit Rücksicht hierauf hinzunehmen hat (vgl. BVerfG, NJW 2009, 2117Rn. 23, zum gerichtlich verfügten Verbot von Bildaufnahmen in der Hauptverhandlung).
b) Gemessen an diesen Grundsätzen handelte es sich vor der erstinstanzlichen strafrechtlichen Verurteilung, jedenfalls aber während des nichtöffentlichen Ermittlungsverfahrens, bei den den Kläger zeigenden Bildnissen noch nicht um solche aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Insbesondere bestand in diesem frühen Stadium des Strafverfahrens trotz der Schwere der vorgeworfenen Tat noch kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit, mittels eines nur in der Augenpartie verdeckten Porträtfotos über die Identität des Klägers einschließlich seines Aussehens informiert zu werden. Mit dieser über die begleitenden Textangaben hinausgehenden Identifizierung wurde der Kläger der Gefahr erheblicher sozialer Missachtung durch die Öffentlichkeit ausgesetzt, obwohl (auch noch bei Erhebung der Unterlassungsklage) noch nicht einmal Anklage erhoben war.
c) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass schon vor den streitgegenständlichen Berichterstattungen Medien wie JUVE und der Blog “Roll on Friday” unter voller Namensnennung und mit unverpixelten Fotos des Klägers über die Gründe seines Ausscheidens aus der Kanzlei L. spekuliert und hierzu die Behauptung verbreitet hatten, der Kläger sei einer Studentin “zu nahe gekommen”. Damit wurde, wie vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, nicht der Verdacht der Vergewaltigung verbreitet.
Zudem ist der Adressatenkreis der von den Beklagten insoweit genannten branchenspezifischen, teils englischsprachigen Medien ein ganz anderer und deutlich geringerer als der Kreis der Rezipienten der verschiedenen Erscheinungsformen der BILD. C.
Die Revision der Beklagten zu 2 ist begründet, soweit es um die Wort- und Bildberichterstattung im Übrigen geht. Der Kläger, der den Rechtsstreit insoweit nicht für erledigt erklärt hat, hat keinen Anspruch, die Verbreitung der übrigen angegriffenen Äußerungen in dem Artikel vom 22. Februar 2015 zu unterlassen und in diesem Kontext das Bildnis des Klägers zu verbreiten.
1. Der Wahrheitsgehalt der Äußerungen – der Kläger habe eine Studentin im Außenbereich des Lokals Cavos auf eine abgelegene Treppe gedrückt und ihr Obszönitäten ins Ohr geflüstert, unter anderem “Du bist die geilste Sau”, und/oder – in diesem Zusammenhang habe sich die Studentin gegen den Kläger gewehrt, so dass ihr Dirndl zerrissen sei, und/oder – sie habe ihn angefleht, endlich aufzuhören, dies habe den Kläger kalt gelassen, er habe ihr den Slip ausgezogen und seine Hose geöffnet,
(im Folgenden: Äußerungen 4 bis 6)
ist in diesem Rechtsstreit ungeklärt geblieben. Insbesondere ist der Inhalt des Strafurteils schon nicht in dieses Verfahren eingeführt worden. Es finden daher insoweit trotz der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung Anwendung. Danach darf eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5GG, § 193StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt werden. Erforderlich ist ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst “Öffentlichkeitswert” verleihen. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31Rn. 22, 24; vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237Rn. 26; vom 11. Dezember 2012 – VI ZR 314/10, AfP 2013, 57Rn. 26; jeweils mwN).
Da diese Äußerungen von der Erledigungserklärung des Klägers nicht erfasst sind und damit allein zu prüfen ist, ob sie künftig zu unterlassen sind, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger wegen Vergewaltigung rechtskräftig verurteilt ist, der diesbezügliche Wahrheitsbeweis also erbracht ist.
a) Es fehlt bei Einbeziehung dieses Umstandes nicht (mehr) an dem für die Verdachtsberichterstattung erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst “Öffentlichkeitswert” verleihen. Die Äußerungen 4 bis 6 finden sich in der in den Feststellungen des Berufungsgerichts in Bezug genommenen 14seitigen Strafanzeige des Rechtsanwalts S. Dieser war zwar nicht unmittelbarer Zeuge des Geschehens, jedoch Zeuge vom Hörensagen, der seiner sehr detaillierten Anzeige zufolge kurz nach der Tat mit dem Opfer sprach und eigene Wahrnehmungen von ihrem völlig aufgelösten Zustand machen konnte. Seine Strafanzeige hat sich hinsichtlich des Vorwurfs der Vergewaltigung bewahrheitet. Damit besteht auch der erforderliche Mindestbestand an Beweistatsachen für die in der Strafanzeige geschilderten Details zum Tathergang.
b) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts wurde dem Kläger mit der E-Mail-Anfrage vom 19. Februar 2015 Gelegenheit zur Stellungnahme zur Strafanzeige des Rechtsanwalts S. gegeben. Die Berichterstattung in dem angegriffenen Artikel gibt wieder, was laut Strafanzeige des Rechtsanwalts S. geschehen sein “soll”; sie hält sich durchgehend im Konjunktiv. Zugleich wird mitgeteilt, dass der Strafverteidiger des Klägers jede strafbare Handlung abstreite. Die Berichterstattung ist demnach jedenfalls insoweit ausgewogen; auf die Ausgewogenheit des Artikels hinsichtlich des Vergewaltigungsvorwurfs als solchen kommt es nach der rechtskräftigen Verurteilung nicht mehr an.
c) Schließlich handelt es sich jedenfalls seit der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers bei der Beschreibung des Tathergangs um einen Vorgang von gravierendem Gewicht, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Bei schweren Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information auch über den Hergang der Tat anzuerkennen (Senatsurteile vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681Rn. 18; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197Rn. 38; jeweils mwN; BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 18). Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Denn die Beschreibung des mutmaßlichen Tatgeschehens verdeutlicht das Selbstverständnis des Klägers als Partner einer renommierten Sozietät und Vorgesetzten der Mitarbeiterin R., der in scheinbar lockerer Atmosphäre einer Feier jede Grenze sowohl verbal als auch durch das Aufdrängen körperlicher Nähe bis hin zur Vergewaltigung überschritt. Im Hinblick auf die Pressefreiheit verbietet sich eine Prüfung, ob es der Beschreibung der Details bedurfte. Demgegenüber wird die soziale Missbilligung, die der Kläger infolge der Verurteilung wegen Vergewaltigung erfährt, durch die Beschreibung des mutmaßlichen Tathergangs nicht wesentlich verschärft.
2. Auch die Äußerung – der Kläger habe behauptet, er habe die Mitarbeiterin gebusselt,
(im Folgenden: Äußerung 7)
ist rechtlich zulässig.
Es fehlt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an einem Mindestbestand an Beweistatsachen. Nach den tatbestandlichen Feststellungen im Berufungsurteil hat der Kläger zu seiner Verteidigung vorgebracht, es habe einvernehmlicher sexueller Kontakt zwischen ihm und der Mitarbeiterin R. stattgefunden. Die Behauptung, die Mitarbeiterin “gebusselt” zu haben, geht darüber nicht hinaus, sondern bleibt dahinter zurück. Sie fügt sich zudem in die in dem Artikel mitgeteilte Erklärung des Strafverteidigers ein, dass der Kläger jede strafbare Handlung abstreite. Weshalb vor diesem Hintergrund die Äußerung den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletzen soll, ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass das Geschehen (“busseln”) seine Intimsphäre betreffe. Denn es handelt sich insoweit um eine Verteidigung gegen einen Vergewaltigungsvorwurf; die Begehung einer Sexualstraftat zählt aber nicht zur Intimsphäre des Täters (vgl. nur Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237Rn. 17; BVerfG, NJW 2009, 3357Rn. 26).
D.
Die Revisionen sind schließlich auch begründet, soweit das Berufungsgericht die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten zur Auskunft darüber bestätigt hat, in welchem Umfang die angegriffenen Wort- und Bildberichterstattungen erfolgt sind (Verbreitungsgebiet und Auflagenhöhe der BILD am SONNTAG vom 22. Februar 2015; Dauer der Zugänglichmachung und Anzahl der Abrufe des streitgegenständlichen Artikels vom 23. Februar 2015 unter www.bild.de). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft übersehen, dass die Erteilung der begehrten Auskunft zur Geltendmachung der Schadensersatz- und Geldentschädigungsansprüche nicht erforderlich ist.
1. Unter besonderen Umständen kann ein Auskunftsanspruch gegeben sein, wenn eine Rechtsverletzung vorliegt, die Auskunft zur Rechtsverfolgung erforderlich ist und vom Verletzer unschwer erteilt werden kann (Senatsurteil vom 24. Juni 2008 – VI ZR 156/06, BGHZ 177, 119Rn. 29; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 15 Rn. 7).
2. Vorliegend ist die begehrte Auskunft für die Geltendmachung von Ansprüchen auf materiellen Schadensersatz und Geldentschädigung – unterstellt, solche bestünden – nicht erforderlich, weil sie hierfür nicht benötigt wird. Dies hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Revisionsverhandlung bestätigt, soweit es um die Geltendmachung von materiellem Schadensersatz geht. Aber auch für die Geltendmachung eines etwaigen Anspruchs auf Geldentschädigung wird die Auskunft nicht benötigt, weil der Kläger einen diesbezüglichen Klageantrag nicht beziffern muss, sondern die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung in das Ermessen des Tatrichters stellen kann, dem die Bemessung obliegt (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237Rn. 46). Das Ausmaß der Verbreitung einer rufschädigenden Veröffentlichung kann zwar – neben allen weiteren Umständen des Einzelfalls – sowohl für die Frage, ob die Verletzung des Persönlichkeitsrechts so schwerwiegend ist, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, als auch für die Festsetzung der Höhe der Geldentschädigung eine Rolle spielen (Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237Rn. 38, 48, 53 f., 71). Die Ermittlung exakter Veröffentlichungszahlen oder der Abrufe aus dem Internet ist indes für die Erhebung einer Klage auf Geldentschädigung nicht erforderlich (vgl. Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 15 Rn. 8). Bei bekannten Printmedien wie vorliegend der BILD am SONNTAG und Internetportalen wie vorliegend www.bild.de kann grundsätzlich von einem vergleichsweise hohen Verbreitungsgrad ausgegangen werden. Darüberhinausgehende Informationen benötigt der Kläger für die Verfolgung eines etwaigen Anspruchs auf Geldentschädigung nicht.
3. Damit kann offenbleiben, ob mit der Begründung des Berufungsgerichts ein Geldentschädigungsanspruch als Hauptanspruch, dessen Bestehen ein Auskunftsanspruch als Hilfsanspruch voraussetzen würde (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2018 – VI ZR 489/16, BGHZ 217, 350Rn. 55; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 15 Rn. 7), angenommen werden kann. Über die geltend gemachten Ersatz- und Entschädigungsansprüche wird erst im folgenden Verfahrensabschnitt durch Schlussurteil zu entscheiden sein. Bei der Entscheidung über den Geldentschädigungsanspruch wird allerdings zu berücksichtigen sein, dass trotz des Umstandes, dass die identifizierende Berichterstattung zunächst unzulässig war, mit der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers wegen Vergewaltigung ein Umstand eingetreten ist, der der Gewichtung des Eingriffs als schwerwiegend entgegenstehen dürfte (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237Rn. 38, wonach schon die Möglichkeit in den Blick zu nehmen ist, dass sich eine Tatsachenbehauptung als wahr erweisen könnte). Es erscheint durchaus denkbar, dass die Beeinträchtigung durch den Erlass der einstweiligen Verfügung und durch die erfolgte teilweise Feststellung der Erledigung mit den in diesem Urteil angeführten Gründen zur ursprünglichen Begründetheit der Klage hinlänglich aufgefangen werden kann.
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von vier Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Antrag, das Berufungsverfahren bis zur Entscheidung über den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Görlitz Außenkammer Bautzen vom 22.3.2019 auszusetzen, wird abgelehnt.
4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 5.150,- € festzusetzen.
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der am 31.3.2008 erfolgten Löschung eines …-Posts und der Sperrung seines Kontos durch Versetzung in den read-only Modus auf Feststellung der Rechtswidrigkeit, Freischaltung des Beitrags, Auskunftserteilung, materiellen und immateriellen Schadensersatz und Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Über dem Untertitel „Nüscht wie Neger“ und mit dem Kommentar „Das waren noch Zeiten, als das nunmehr zentral gesteuerte deutsche Staatsfernsehen noch neutral berichtete und solche herrlichen Serien zeigte. P.S.: Bin gespannt, wann es gelöscht wird… aber da würde die Politik sich selbst verleugnen.“ hatte er einen Link auf einen Filmausschnitt aus der in den 1970er Jahren ausgestrahlten Fernsehserie „Ein H…“ bei www…..com geteilt, in dem mehrfach das Wort „Neger“ verwendet wird. Das Landgericht hat die Beklagte im Wege des Versäumnisurteils zur Wiederfreischaltung des Beitrags verurteilt und festgestellt, dass die Löschung/Sperrung rechtswidrig waren. Auf den zulässigen Einspruch der Beklagten hat es Termin zur mündlichen Verhandlung für den 11.9.2019 anberaumt. Die übrigen Ansprüche hat es zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung, die insbesondere die Auffassung vertritt, der Beitrag sei als zulässige Meinungsäußerung verfassungsrechtlich so weitgehend geschützt, dass dessen Löschung und die zeitweilige Sperrung des Nutzerkontos weitgehende Auskunfts- und Schadensersatzansprüche auslösten.
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht. Eine Aussetzung des Berufungsverfahrens gem. § 148 ZPO kommt nicht in Betracht. Das Verfahren vor dem Landgericht über den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 22.3.2019 ist nicht vorgreiflich. Die in der Berufung geltend gemachten Ansprüche bestehen auch dann nicht, wenn der Einspruch der Beklagten zurückgewiesen und das Versäumnisurteil rechtskräftig werden sollte.
Einen Anspruch des Klägers auf Auskunft darüber, ob die gegen ihn verhängte Sperre durch ein „beauftragtes Unternehmen“ erfolgt ist, hat das Landgericht zu Recht verneint. Mangels einer spezialgesetzlichen Grundlage kommt ein solcher Auskunftsanspruch nur nach § 242 BGB in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Auskunftsanspruch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gegeben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2002 – VIII ZR 64/01, NJW 2002, 3771 unter II. 1. m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch genommene selbst, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH, Urteil vom 09. Juli 2015 – III ZR 329/14 – juris). Datenschutzrechtliche Bedenken an der Auskunftserteilung bestehen nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BDSG nicht, sofern die Auskunftserteilung zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung zivilrechtlicher Ansprüche erforderlich ist. Der allgemeine Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben wird aber seinerseits durch § 242 BGB begrenzt. Seine Geltendmachung ist daher rechtsmissbräuchlich, wenn die Auskunft für den in Frage stehenden Anspruch unter keinem Aspekt relevant ist oder wenn der Gläubiger sie zu „sachwidrigen Zwecken“ begehrt (Staudinger/Olzen/Looschelders (2015) BGB § 242, Rn. 608; Palandt-Grüneberg BGB, 78. Aufl. § 259 Rn 9; Soergel/M Wolf § 260 Rn 61 ff).
So liegt es hier. Selbst wenn man – wofür der Kläger allerdings keinen Beweis angetreten hat – unterstellt, dass die Löschung des streitgegenständlichen Beitrags nicht durch Mitarbeiter der Beklagten, sondern in deren Auftrag durch einen Dienstleister vorgenommen worden sein sollte, kämen Ansprüche gegen diesen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht. Ansprüche nach § 241 BGB i.V.m. dem …-Nutzungsvertrag oder nach § 280 BGB könnte der Kläger mangels einer schuldrechtlichen Sonderverbindung gegen diesen Dritten nicht geltend machen. Anders als das LG München in dem vom Kläger vorgelegten Endurteil vom 21.12.2018 (28 O 5492/18) beiläufig angenommen hat, scheiden in einem solchen Fall auch Ansprüche aus § 826 BGB aus. Unabhängig davon, dass nicht ersichtlich ist, welchen Schaden der Kläger hier erlitten haben will und worauf er den zu benennenden Dritten überhaupt in Anspruch nehmen möchte, setzt der Anspruch nach § 826 BGB jedenfalls ein Verhalten voraus, dass objektiv sittenwidrig und von einer besonders verwerflichen Gesinnung getragen wird. Hierunter fällt nach allgemeiner Auffassung nur ein Verhalten, das nach Inhalt und Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d.h. mit den grundlegenden Werten der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (vgl. statt aller Palandt-Sprau, aaO. § 826 Rn 4). Dass mit einem Verhalten gegen eine Vertragspflicht verstoßen wird, genügt hierfür nicht.
Ein solcher Vorwurf kann im Zusammenhang mit der Löschung des streitgegenständlichen Posts nicht einmal der Beklagten selbst gemacht werden. Diese ist – wie der Senat im Einklang mit der ganz herrschenden Rechtsprechung und Literatur (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. Juni 2018 – 15 W 86/18 -, juris; OLG München, Beschluss vom 17. September 2018 – 18 W 1383/18 -, juris; Elsaß/Labusga/Tichy, CR 2017, 234; weiterführend zum Overblocking s. Holznagel, CR 2018, 369) bereits entschieden hat (Senat Beschluss vom 08. August 2018 – 4 W 577/18 -, juris), auf der Grundlage ihrer nach den §§ 305ff. BGB nicht zu beanstandenden Community-Standards in der auch hier anzuwenden Fassung berechtigt, Beiträge, die den Tatbestand der „Hassbotschaft“ erfüllen, zu löschen und zu sperren, sofern sichergestellt ist, dass diese Sanktionen nicht willkürlich festgesetzt und dass Nutzer nicht vorschnell und dauerhaft gesperrt werden. Ob dies der Fall ist, obliegt einer Prüfung des Einzelfalls. Schon angesichts der einer solchen Entscheidung notwendigerweise vorausgehenden Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Nutzers und den in den Community-Standards zum Ausdruck kommenden Gemeinwohlbelangen sowie der Vielzahl der hierfür täglich durchzuführenden Prüfungsvorgänge liegt auf der Hand, dass nicht jede Löschung eines Beitrags einer nachfolgenden gerichtlichen Überprüfung standhalten kann, zumal die Community-Standards selbst so weit gefasst sind, dass ihr Inhalt mitunter erst durch Auslegung zu ermitteln ist (z.B. Hassrede, Mobbing und Belästigung). Da aber grundsätzlich die Löschung nach den Community-Standards unzulässiger Beiträge nicht zu beanstanden ist, die Löschung von Beiträgen mit offensichtlich rechtswidrigem Inhalt im Sinne des NetzDG durch § 3 Abs. 2 Nr. 1 NetzDG dem Betreiber sogar verpflichtend vorgegeben ist, liegt in der Ausübung dieser Befugnisse keine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung des betroffenen Nutzers, die einen Anspruch aus § 826 BGB rechtfertigen könnte, auch wenn sich die getroffenen Maßnahmen im Einzelfall als unzulässig erweisen sollten. Erst recht ist ein solcher Vorwurf gegenüber demjenigen nicht gerechtfertigt, der von einem sozialen Netzwerk als Dienstleister eingesetzt und damit lediglich Verrichtungsgehilfe im Sinne des § 831 BGB ist, ohne indes eigene Interessen mit der Löschung oder Sperrung von Teilnehmern zu verfolgen. Anders wäre dies allenfalls dann, wenn der Beklagten vorgeworfen werden könnte, unter Missbrauch ihrer formalen Rechtsstellung systematisch einzelne Nutzer zu diskriminieren mit dem Ziel, diese letztlich aus ihrem Netzwerk auszuschließen. Hierfür lässt sich dem Vorbringen des Klägers jedoch nichts entnehmen.
Ebenso besteht kein Anspruch auf Auskunft über mögliche Weisungen „von Seiten der Bundesregierung oder nachgeordneter Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern“. Die durch das NetzDG ausgelösten Handlungsaufforderungen für Betreiber sozialer Netzwerke lassen sich dem Gesetzestext entnehmen. Für eine weitergehende Einflussnahme im konkreten Einzelfall werden keinerlei Indiztatsachen behauptet. Die Annahme, die Bundesregierung oder eine andere Stelle der öffentlichen Verwaltung habe auf die Beklagte eingewirkt, um den Post des Klägers einschließlich des in diesem enthaltenen Links auf den Ausschnitt einer Episode von „Ein H…“ aus den 1970er-Jahren zu sperren, liegt zudem ersichtlich fern und knüpft eher an in einschlägigen Kreisen über das Internet verbreitete Verschwörungstheorien an. Die Geltendmachung eines Auskunftsanspruches, mit dem eine Aussage des in Anspruch genommenen über durch nichts belegte Behauptungen erzwungen werden soll, ist als Fall des Rechtsmissbrauchs unzulässig.
III.
Schließlich scheidet auch ein Anspruch auf Zahlung von 150,- € unabhängig davon aus, ob sich im Verfahren über den Einspruch der Beklagten die Sperrung/Löschung wegen der streitgegenständlichen Äußerung als rechtmäßig erweist. Eine Anspruchsgrundlage für einen solchen Zahlungsanspruch ist nicht gegeben.
1. Der aus Art. 1, 2 Abs. 1 GG hergeleitete Anspruch auf eine immaterielle Geldentschädigung liegt nicht bei jeder Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht, schon gar nicht bei jeder Vertragsverletzung vor. Er setzt vielmehr einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht voraus, dessen Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Dabei hängt die Entscheidung, ob eine hinreichend schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner auch von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (Senat, Urteil vom 30. Januar 2018 – 4 U 1110/17 -, Rn. 4, juris mit weiteren Nachweisen). Dass der Kläger durch die Löschung des Beitrages und die kurzzeitige Versetzung seines Kontos in den read-only Modus (ausweislich des Versäumnisurteils für zwei, nach seiner Behauptung in der Berufung für drei Tage, nach Angaben der Beklagten in der Einspruchsschrift sogar nur für 24 Stunden) eine solche Beeinträchtigung erlitten haben soll, hat er nicht plausibel darstellen können; dies erscheint auch nicht vorstellbar. Die mit dem zeitweiligen Ausschluss von der aktiven Nutzung einhergehenden Beschränkungen berühren sein Persönlichkeitsrecht allenfalls in der Ausprägung der Sozialsphäre. Da die Sperrung nicht öffentlich mitgeteilt wird und zudem nicht von einer staatlichen Stelle sondern lediglich von einem Rechtssubjekt des Privatrechts ausgesprochen wurde, ist ernsthaft auch keine Prangerwirkung zu befürchten. Auch der Kläger bewertet die hiervon ausgehende immaterielle Einbuße mit lediglich 150,- € und gibt hierdurch zu erkennen, dass er selbst dem Verhalten der Beklagten keine hinreichende Eingriffsschwere beimisst. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senat aaO; Urteil vom 13. Februar 2018 – 4 U 1234/17 -, juris) liegt die Mindestuntergrenze für eine Geldentschädigung bei 2500,- €. Unterhalb dieser Mindestuntergrenze ist regelmäßig davon auszugehen, dass die erforderliche hinreichende Eingriffsschwere nicht überschritten ist.
2. Ansprüche auf eine fiktive Lizenzgebühr aus § 812 BGB kann der Kläger ebenfalls nicht geltend machen. Ob die Beklagte während des Zeitraums der Sperrung seine persönlichen Daten zu Werbezwecken tatsächlich genutzt hat, kann hierfür dahinstehen. Denn jedenfalls hatte der Kläger nach seinem eigenen Vortrag in der Klageschrift mit der Nutzung seine Einwilligung zu der in den Nutzungsbedingungen festgelegten Befugnis, alle Beiträge und erhaltenen Daten „dauerhaft zu speichern und zu nutzen“ erteilt. Einen Vorbehalt für den Zeitraum etwaiger Sperrungen hatte er nicht erklärt. Eine rechtsgrundlose Nutzung durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützter Daten liegt nach alledem nicht vor. Auch für einen fiktiven Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie fehlt es an den erforderlichen Voraussetzungen. Für einen Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 241 BGB i.V.m. dem Nutzungsvertrag reicht der Vortrag in der Klageschrift, dem Kläger sei im konkreten Fall „aufgrund der Nichtverwendbarkeit des Kurznachrichtendienstes ein Verkaufsgeschäft“ entgangen, nicht aus.
3. Schließlich scheiden auch die geltend gemachten Ansprüche nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO aus. Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat hiernach Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen.
a) Es ist vorliegend bereits zweifelhaft, ob Art. 82 DSGVO auf die am 31.3.2018 erfolgte Löschung und die spätestens am 1.4.2018 beendete Sperrung Anwendung findet. Nach Art. 99 Abs. 2 DS-GVO gilt diese erst ab dem 25. Mai 2018 unmittelbar in allen Mitgliedstaaten. Aus Art. 99 in Verbindung mit Erwägungsgrund 171 Satz 3 der DS-GVO ergibt sich zwar, dass sie ab diesem Zeitpunkt uneingeschränkt Anwendung findet und dass alle Verarbeitungen, die zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen haben, binnen zwei Jahren nach dem Inkrafttreten (24. Mai 2016, vgl. Art. 99 Abs. 1 DS-GVO), mit der Verordnung in Einklang gebracht werden sollen. Ab diesem Zeitpunkt verdrängt die Verordnung in ihrem Anwendungsbereich die nationalen Gesetze (vgl. zum Vorrang ausdrücklich § 1 Abs. 5 BDSG in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 vom 30. Juni 2017, BGBl. I, S. 2097; BGH, Urteil vom 12. Juli 2018 – III ZR 183/17 -, Rn. 66, juris). Maßstab für die Überprüfung von Ansprüchen auf zukünftige Handlungen ist daher die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (BGH aaO). Anders als ein Anspruch auf Unterlassung einer Sperrung oder Freischaltung eines Accounts knüpft der hier geltend gemachte Anspruch nach Art. 82 DSGVO jedoch an einen in der Vergangenheit liegenden und vollständig abgeschlossenen Sachverhalt an, der vor dem Inkrafttreten der DSGVO liegt
b) Dies kann jedoch auch dahinstehen, weil die Voraussetzungen für einen Anspruch nach Art. 82 DSGVO ohnehin nicht vorliegen. In der Löschung des Posts und der Sperrung des Accounts des Klägers liegt kein Verstoß gegen zwingende Vorgaben der DSGVO. Erhebung und Verarbeitung seiner Daten, wozu gem. Art. 4 Nr. 2 DSGVO auch die Löschung des streitgegenständlichen Posts und die Sperrung seines Kontos zählen, beruhen nämlich – wie ausgeführt – auf der vom Kläger vorab erteilten Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen der Beklagten (Art. 6 Abs. 1 lit a DSGVO). Diese ist gerade nicht daran geknüpft, dass auch die Beklagte ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommt und umfasst daher auch Zeiträume, in denen der Account gesperrt ist (ebenso LG Köln, Urteil vom 24.1.2019, 24 O 201/18 vom Kl. als Anlage zur Berufungsbegründung vorgelegt).
Dass dem Kläger durch die Sperrung ein materieller oder immaterieller Schaden im Sinne des Art. 82 DSGVO entstanden wäre, kann der Senat überdies nicht erkennen. Die bloße Sperrung seiner Daten stellt ebenso wie der Datenverlust noch keinen Schaden im Sinne der DSGVO dar (Wybitu/Haß/Albrecht, NJW 2018 S. 113 (114). Die behauptete Hemmung in der Persönlichkeitsentfaltung durch die dreitägige Sperrung hat allenfalls Bagatellcharakter (s.o.). Auch wenn in der Literatur unter Bezug auf Erwägungsgrund 146 der DSGVO vereinzelt die Auffassung vertreten wird, eine wirksame Durchsetzung europäischen Datenschutzrechts erfordere einen Abschreckungseffekt und den Verzicht auf die nach bisherigem Recht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29.11.2016 – VI Z 530/15) geltende Erheblichkeitsschwelle (Gola, DSGVO, 2. Aufl. Art. 82 Rn 13 m.w.N.; so auch AG Dietz, Urteil vom 7.11.2018 – 8 C 130/18 -juris), rechtfertigt dies keinen Ausgleich immaterieller Bagatellschäden. Das Datenschutzrecht schützt zwar per se ein subjektives Recht, das einen starken Bezug zum persönlichen Empfinden des Einzelnen hat. Dennoch ist Art. 82 nicht so auszulegen, dass er einen Schadensersatzanspruch bereits bei jeder individuell empfundenen Unannehmlichkeit oder bei Bagatellverstößen ohne ernsthafte Beeinträchtigung für das Selbstbild oder Ansehen einer Person begründet (Becker in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Artikel 82 DSGVO, Rn. 4c). Insbesondere kann der Hinweis auf einen „vollständigen und wirksamen Schadensersatz“ in Erwägungsgrund 146 der DSGVO nicht in diesem Sinne verstanden werden (so auch Lach, jurisPR-ITS 5/2019 Anm. 3). Die Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 GG und des Schutzes personenbezogener Daten nach Art. 8 GRC gebieten einen solchen Ausgleich regelmäßig nicht. Anders mag dies in den Fällen sein, in denen der datenschutzrechtliche Verstoß eine Vielzahl von Personen in gleicher Weise betrifft und Ausdruck einer bewussten, rechtswidrigen und im großen Stil betriebenen Kommerzialisierung ist (Becker in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Artikel 82 DSGVO, Rn. 4d). So liegen die Dinge hier indes nicht. Zwar gehört die Kommerzialisierung von Nutzerdaten zum Geschäftsmodell der Beklagten; die Sperrung des klägerischen Accounts befördert jedoch diese Kommerzialisierung nicht, sondern behindert sie vielmehr, weil der Kläger in dieser Zeit keine Daten „produziert“, die die Beklagte verwerten könnte. Gegen eine Ausdehnung des immateriellen Schadensersatzes auf Bagatellschäden spricht auch das erhebliche Missbrauchsrisiko, das mit der Schaffung eines auf Rechtsfolgenseite nahezu voraussetzungslosen Schmerzensgeldanspruchs gerade im Bereich des Datenschutzrechts einherginge. Angesichts dessen sowie der damit einhergehenden vollständigen Abkehr von der bisher geltenden Rechtslage wäre zu erwarten gewesen, dass eine solche Änderung im Verordnungstext oder in den Erwägungsgründen einen deutlichen Ausdruck gefunden hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Der Senat rät nach alledem zu einer Rücknahme der Berufung, die zwei Gerichtsgebühren spart.
(OLG Dresden Hinweisbeschluss v. 11.6.2019 – 4 U 760/19, BeckRS 2019, 12941, beck-online)
Hanseatisches Oberlandesgericht
7 U 109/18
324 O 463/17 LG Hamburg
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES
In der Sache
A AG,
vertreten durch d. Vorstand,
– Antragstellerin und Berufungsbeklagte –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
1) B
– Antragsgegner und Berufungskläger –
2) C
– Antragsgegnerin und Berufungsklägerin –
3) D GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer
Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3: Rechtsanwälte …
erkennt das Hanseatische Oberlandesgericht – 7. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht X, den Richter am Oberlandesgericht Y und den Richter am Oberlandesgericht Z auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26.03.2019 für Recht:
1. Auf die Berufung der Antragsgegner wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, 324 O 463/17, vom 21.3.2018 im Kostenpunkt abgeändert:
Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben die Antragstellerin 31% und die Antragsgegner jeweils 23% zu tragen.
2. Die weitergehende Berufung der Antragsgegner wird zurückgewiesen.
3. Die Antragsgegner haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Parteien streiten um den Bestand einer einstweiligen Verfügung, die sukzessive von der Kammer am 12.10.2017 und vom Senat am 8.11.2017 (Az. 7 W 123/17) erlassen wurde und die das Landgericht Hamburg mit dem angegriffenen Urteil vom 21.3.2018 bestätigt hat.
Im vorliegenden presserechtlichen Verfügungsverfahren nimmt die Antragstellerin die Antragsgegner auf Unterlassung wegen einer Text-Berichterstattung mit dem Titel „E“ in der Ausgabe der Zeitschrift „D“ vom 24./25.8.2017 in Anspruch. Diese erscheint im Verlag der Antragsgegnerin zu 1); die Antragsgegner zu 2) und zu 3) sind die Autoren des streitgegenständlichen Beitrags (Anlage ASt 2). Die Antragstellerin ist die Konzernholding des A-Konzerns … Unter dem 20.9.2017 mahnte die Antragstellerin die Antragsgegner wegen dieser Berichterstattung ab (Anlage ASt 3). Die Parteien haben bereits erstinstanzlich hinsichtlich einiger Punkte darüber gestritten, ob und wieweit diese Abmahnung hinreichend war. Da die Abmahnung erfolglos blieb, hat die Antragstellerin am 27./28.9.2017 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Hamburg eingereicht. Hinsichtlich des ursprünglich angestrebten Verbots zu Ziffer I.5. hat die Antragstellerin diesen Antrag unter dem 9.10.2017 zurückgenommen. Die Anträge zu den Ziffern I.3. und I.4. hat sie mit demselben Schriftsatz modifiziert. Mit Schriftsatz vom 11.10.2017 hat die Antragstellerin den Antrag zu Ziffer I.4. nochmals modifiziert. Die Parteien haben bereits erstinstanzlich darüber gestritten, welche rechtlichen Folgerungen aus diesen Modifizierungen zu ziehen sind, insbesondere ob hierdurch der jeweilige Streitgegenstand – auch gegenüber der Abmahnung – verändert wurde.
Unter dem 19.10.2017 hat das Landgericht eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der diesem Antrag nur zum Teil stattgegeben wurde. Mit diesem Beschluss ist es den Antragsgegnern bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden (Ziffer I. der einstweiligen Verfügung vom 19.10.2017):
1. (…)
2. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, seit gegen Verantwortliche der Firma A ermittelt werde (Anfang 2015), ziehe es den A-Chef Markus F seltener nach Deutschland
3. durch die Berichterstattung
„Zollbeamte erwischten ihn beim Einchecken am L Airport mit dicken Bündeln von Banknoten – insgesamt … Euro. … Wie sich G mit den Beamten arrangiert hat, ist unbekannt. Das in K beschlagnahmte Geld erhielt er jedenfalls zurück.“
den Eindruck zu erwecken und/oder erwecken zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, A-Chairman G habe die im L Airport bei ihm beschlagnahmten … Euro aufgrund eines Arrangements mit den k‘schen Beamten zurückerhalten;
4. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
„Anfang Juni gab H sein Mandat als Wirtschaftsprüfer von J zurück.“
5. (…).
jeweils wie geschehen im D vom 25.9.2017 … unter der Überschrift „E“.
Unter dem 30.10.2017 haben die Antragsgegner hinsichtlich der Ziffern I.2. und I.4. eine Abschlusserklärung abgegeben (Anlage AG 1). Unter dem 7.11.2017 haben die Antragsgegner schriftsätzlich klargestellt, dass sie die Äußerung zu Ziffer I.3. zukünftig nur noch in einer klargestellten Form verbreiten würden.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Abweisung ihres Verfügungsantrags zu Ziffer I.1. hat der Senat am 8.11.2017 den Antragsgegnern zusätzlich verboten (Az. 7 W 123/17):
1. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
in drei Ländern würden „Fahnder“ gegen Verantwortliche des …konzerns A „wegen Steuervermeidung“ ermitteln, wie geschehen im D vom 25.9.2017 … unter der Überschrift „E“.
Unter dem 1.12.2017 haben die Antragsgegner eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung im Hinblick auf die mit dem Verbot des Senates untersagte Äußerung zu Ziffer I.1. abgegeben, wobei sich das Unterlassungsversprechen auf die Erweckung eines bestimmten Eindrucks bezieht (Anlage AG 3).
Mit ihrem Teil-Widerspruch vom 7.11.2017 haben die Antragsgegner nur das Verbot zu Ziffer I.3. als solches angegriffen. Zudem haben sie hinsichtlich des Verbotes zu I.4. die Kostenentscheidung der Kammer angegriffen. Außerdem haben die Parteien erstinstanzlich darüber gestritten, ob hinsichtlich des Antrags / Verbotes zu Ziffer I.1. Erledigung eingetreten ist.
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung zu Ziffer I.3. mit dem angegriffenen Urteil vom 21.3.2018 bestätigt, daneben festgestellt, dass das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.1. erledigt ist, und die Kostenentscheidung aus dem Beschluss des Senates vom 8.11.2017 (Az. 7 W 123/17) bestätigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.
Hiergegen wenden sich die Antragsgegner mit ihrer Berufung, zu deren Begründung sie wie folgt vortragen:
In Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.1. sei keine Erledigung eingetreten. Mit dem Verbot zu Ziffer I.1. sei unzulässigerweise keine bestimmte Deutungsvariante (als Eindruck), sondern schlicht eine vermeintliche Tatsachenbehauptung verboten worden; die Gründe des Beschlusses des Oberlandesgerichts seien mit dem Tenor – in dem ein „Behaupten“ verboten worden sei – nicht ansatzweise in Einklang zu bringen. Bei mehrdeutigen Äußerungen werde keineswegs immer nur die Äußerung selbst verboten, wie das Landgericht behaupte; daran ändere auch ein Zusatz „… wie geschehen in“ nichts. Auch aus der Antragsschrift ergebe sich nicht, dass sich die Antragstellerin lediglich gegen eine bestimmte Deutungsvariante dieser Äußerung wende. Im Schriftsatz der Antragstellerin vom 9.10.2017 sei zudem ausdrücklich die Rede davon, dass das beantragte (Haupt-)Verbot einer vermeintlich zwingenden Aussage gelten solle.
In Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.3. sei das Verbot aufzuheben. Sie – die Antragsgegner – hätten diesbezüglich eine hinreichende Klarstellung abgegeben. Ein zwingender Eindruck habe dagegen nicht entstehen können. Nach dem Zusammenhang könne sich der angegriffene Satz nur auf die Frage der Steuernachforderung beziehen. Jedenfalls sei die Deutungsvariante der Kammer auch und gerade nach dem Kontext fernliegend, jedenfalls aber nicht zwingend. Gänzlich schleierhaft sei auch die Annahme der Kammer, dass dem ganzen Arrangement der Anschein des Rechtswidrigen verliehen worden sei; das sei nur dadurch erklärbar, dass die Kammer zwanghaft und weit jenseits des Verständnisses eines verständigen Durchschnittsbürgers irgendetwas Verbietbares in völlig unverfängliche Formulierungen hineininterpretiere.
Die Kosten in Bezug auf die Anträge zu I.3. und I.4. seien der Antragstellerin in jedem Fall aufzuerlegen: Der Antrag zu I.3. habe sich auf eine Behauptung bezogen, das Verbot habe einen Eindruck untersagt; das sei nicht der gleiche Streitgegenstand, was sich schon daran zeige, dass die Antragstellerin auf Hinweis der Kammer einen neuen Antrag habe stellen müssen. Auch sei die Abmahnung in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.3. unzureichend gewesen; sie zeige eine Mehrdeutigkeit und die letztlich für unzulässig gehaltene Deutungsvariante nicht auf. In Bezug auf den Antrag zu I.4. habe eine Teilrücknahme durch die Antragstellerin vorgelegen. Der ursprüngliche Antrag sei gegen einen Eindruck gerichtet gewesen, der durch eine lange Passage erweckt werden sollte, das Verbot habe sich auf einen Satz aus dieser Passage beschränkt. Der reklamierte Eindruck sei so auch keineswegs (vollständig) erweckt worden, weshalb die Kammer wiederum eine Antragsumstellung bewirkt habe, womit die Hälfte des ursprünglich verfolgten Unterlassungsbegehrens fallen gelassen worden sei. Die Kammer habe selbst eingeräumt, dass sie die hierin liegende Teilrücknahme übersehen habe; § 99 I ZPO stehe einer Überprüfung der Kostenentscheidung entgegen der Ansicht des Landgerichts keineswegs entgegen; außerdem sei die einstweilige Verfügung zum Teil auch in der Hauptsache angegriffen worden.
Die Antragsgegner beantragen,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.3.2018 (324 O 463/17), die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 12.10.2017 zu Ziffer I.3. und die einstweilige Verfügung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 8.11.2017 (7 W 123/17) aufzuheben, die jeweils zugrunde liegenden Anträge sowie den Antrag auf Feststellung, dass das Verfahren in der Hauptsache zu Ziffer I.1. des Antrags aus der Antragsschrift vom 27.9.2017 erledigt ist, zurückzuweisen und die Kostenentscheidung des Landgerichts Hamburg unter Ziffer II. der einstweiligen Verfügung vom 12.10.2017 im Hinblick auf die unter den Ziffern I.3. und I.4. ausgesprochenen Verbote zu korrigieren.
Die Antragstellerin beantragt,
Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil und trägt zur Begründung vor: Das Verbot zu Ziffer I.1. habe durch die Unterstreichung des Wortes „drei“ die untersagte Deutungsvariante deutlich gemacht. Diese sei ausweislich der Antragsschrift auch angegriffen gewesen. Die Klarstellung durch die Antragsgegner (Anlage AG 3) sei erst nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung erfolgt. In Bezug auf die Äußerung gemäß Ziffer I.3. sei evident, dass sich das in der Berichterstattung genannte Arrangement mit Beamten auf das in K beschlagnahmte Geld bezogen habe. Zudem hätten die Antragsgegner in ihrem Ablehnungsschreiben (Anlage ASt 4) selbst darauf beharrt, dass sich die Antragstellerin mit k’schen Beamten arrangiert habe. Der Wechsel im Antrag zu I.3. vom Verbot einer direkten Tatsachenbehauptung zu einer Eindrucksfassung stelle keinen Wechsel des Streitgegenstands dar. In Bezug auf den Antrag zu I.4. sei das materielle Ziel der begehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung in der Abmahnung unmissverständlich. Die Umstellung von einer Eindrucksfassung auf eine direkte Tatsachenbehauptung im Antrag sei eine Klarstellung, keine teilweise Rücknahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß §§ 540 I, II, 313a ZPO auf Tatbestand und Gründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen. Ergänzend wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Niederschrift der Sitzung vom 26.3.2019 Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist überwiegend unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 12.10.2017 hinsichtlich der Ziffer I.3. bestätigt (1.). Hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.1. ist Erledigung eingetreten; die Antragsgegner haben insoweit die Kosten zu tragen (2.). Hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.4. lag hingegen bereits erstinstanzlich eine teilweise Rücknahme durch die Antragstellerin vor, die sich auf die erstinstanzliche Kostenentscheidung auswirkt (3.). Im Einzelnen:
1. Zu Recht hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 12.10.2017 hinsichtlich der Ziffer I.3. bestätigt, denn der Antragstellerin steht hinsichtlich der hiermit angegriffenen Äußerung ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 I, 1004 BGB analog in Verbindung mit ihrem (Unternehmens-) Persönlichkeitsrecht zu.
a. Die streitgegenständliche Äußerung, die die Antragstellerin mit dem Antrag zu Ziffer I.3. angegriffen hat, erweckt im Kontext der in Rede stehenden Berichterstattung einen tatsächlichen Eindruck, der unzutreffend ist und zudem geeignet ist, das Ansehen der Antragstellerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen.
aa. Zutreffend und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung ausgeführt, dass durch die angegriffene Berichterstattung „Zollbeamte erwischten ihn beim Einchecken am L Airport mit dicken Bündeln von Banknoten – insgesamt … Euro. … Wie sich G mit den Beamten arrangiert hat, ist unbekannt. Das in K beschlagnahmte Geld erhielt er jedenfalls zurück.“
der zwingende Eindruck erweckt wird, dass der Chairman der Antragstellerin G die im L Airport bei ihm beschlagnahmten € … aufgrund eines „Arrangements“ mit den k’schen Beamten zurückerhalten habe. Das Landgericht hat ausführlich begründet, weshalb dieser Eindruck auch und gerade im Kontext des in Rede stehenden Artikels erweckt wird. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese überzeugenden Ausführungen Bezug. Lediglich zur Bekräftigung seien die Argumente wie folgt skizziert: Nach dem Aufbau des Artikels liegt es für den Leser auf der Hand, dass die Freigabe des von k’schen Zollbeamten beschlagnahmten Geldbetrages lediglich durch ein „Arrangement“ mit ebendiesen – k’schen – Beamten erreicht werden kann, und nicht mit m‘schen Beamten, die hierauf, soweit für den Leser erkennbar, weder faktische noch rechtliche Einflussmöglichkeiten haben dürften. Im maßgeblichen Absatz der Passage kann der Leser die Rückzahlung der € … zwingend nur als Folge dessen verstehen, dass sich der Chairman der Antragstellerin – in irgendeiner Weise – mit den Beamten der k’schen Behörden „arrangiert“ habe („jedenfalls“); lediglich im Übrigen ist das Arrangement demnach „unbekannt“ geblieben.
bb. Dies ist ein tatsächlicher Eindruck. Zwar eröffnen die Begriffe „Arrangement“ bzw. „arrangieren“ einen gewissen Wertungsspielraum, denn ob man etwas derart bezeichnet, hängt auch von den eigenen Maßstäben des sich Äußernden ab. Diese Begriffe enthalten aber die tatsächlichen Aussagen, dass es irgendeine Art von direkter Absprache mit k’schen Zollbehörden gegeben habe und dass diese zur Rückgabe des Geldes geführt habe.
Unstreitig ist indes, dass der genannte Chairman der Antragstellerin, Dr. G, die beschlagnahmten € … nicht aufgrund eines irgendwie gearteten Arrangements, einer Absprache, einer Übereinkunft o.Ä. mit den k’schen Beamten zurückerhalten hat, sondern nach einer Entscheidung des … Court.
cc. Diese unwahre Tatsachenbehauptung ist geeignet, das Ansehen der Antragstellerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass der Bericht insoweit der Eindruck erweckt, dass die Antragstellerin bzw. ihr Chairman eine Vereinbarung getroffen hätten, der der Ruch der Rechtswidrigkeit anhafte. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit erneut Bezug auf die Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung.
b. Es besteht die Gefahr einer erneuten Verletzung des (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin. Die stattgehabte Rechtsverletzung begründet die Gefahr einer Wiederholung; diese ist durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert (vgl. BGH, U. v. 8.2.1994 – Az. VI ZR 286/93 – NJW 1994, 1281, 1283).
c. Es liegt auch der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund vor. Da die Antragsgegner dies nicht in Zweifel gezogen haben, sieht der Senat von weiteren Ausführungen zu diesem Punkt ab.
d. Die Ausführungen der Antragsgegner zur Frage der Streitgegenstände in der Abmahnung, den verschiedenen Fassungen des Verfügungsantrags zu Ziffer I.3. und dem Verbot zu Ziffer I.3. der einstweiligen Verfügung führen zu keinem anderen Ergebnis:
aa. In der Abmahnung (Anlage ASt 3) hat die Antragstellerin inhaltlich angeführt, dass über die Beschlagnahme der € … und deren Rückgabe in anderen Medien ausgiebig berichtet worden sei; die Rückgabe sei durch ein Gericht angeordnet worden. Die im Rahmen der Abmahnung verlangte Unterlassungsverpflichtungserklärung enthält die zitierte Passage – wie im ursprünglichen Antrag zu Ziffer I.3. – als schlicht zu unterlassende Äußerung (wenn auch in indirekte Rede gesetzt) in den Handlungsformen „zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen“. Im Rahmen des Verfügungsverfahrens hat die Antragstellerin vertreten, dass jedenfalls nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zu mehrdeutigen Äußerungen (sog „Stolpe-Rechtsprechung“) ein Verbot ergehen müsse, und den Antrag mit Schriftsatz vom 9.10.2017 hauptweise als Antrag auf Erlass des Verbotes gestellt, durch die wiederum zitierte Textpassage einen bestimmten ausformulierten Eindruck zu erwecken; dieser ausformulierte Eindruck entspricht demjenigen, der auch nach Ansicht des Senates durch die angegriffene Passage erweckt wird. Entsprechend diesem modifizierten Antrag hat das Landgericht das Verbot zu Ziffer I.3. erlassen und später im angegriffenen Urteil bestätigt.
bb. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner stellen diese verschiedenen Fassungen des Begehrens der Antragstellerin keine verschiedenen Streitgegenstände dar, vielmehr handelt es durchgehend um ein und denselben Streitgegenstand.
(1) Im Zivilprozess gilt der zweigliedrige Streitgegenstandsbegriff; dies gilt auch für Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Danach wird der eigenständige prozessuale Anspruch bestimmt durch den Klag- / Verfügungsantrag, in dem sich die vom Kläger / Antragsteller begehrte Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger / Antragsteller die begehrte Rechtsfolge herleitet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) wird der Lebenssachverhalt aus allen Tatsachen gebildet, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (BGH NJW 2013, 540 [Rz.14]; Becker-Eberhard in MüKo-ZPO, 5. Aufl., Vorb § 253 Rz.33; BGH NJW-RR 2013, 748 [Rz.13]; jeweils mit weiteren Nachweisen). Das ist dann der Fall, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden kann, selbst wenn diese einer eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich sind. Der Streitgegenstand wird damit durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht, unabhängig davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs kannten und hätten vortragen können. Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt dagegen dann vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BGH U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.19] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen).
(2) Den Lebenssachverhalt in äußerungsrechtlichen Verfahren bildet nach diesen Grundsätzen in aller Regel alleine die konkrete Veröffentlichung, speziell die angegriffene Passage eines Beitrags im Kontext der inkriminierten Veröffentlichung. Hierbei wird der Streitgegenstand nicht zusätzlich dadurch mitbestimmt, wie der Leser diesen Beitrag versteht. Namentlich stellt es keine verschiedenen Streitgegenstände dar, ob vorgetragen wird, dass ein angegriffener Text eine (unwahre) Tatsachenbehauptung enthalte, oder ob vorgetragen wird, dass er eine mehrdeutige Aussage enthalte, die man im Sinne einer solchen unwahren Tatsachenbehauptung verstehen müsse oder zumindest könne. Die Ermittlung des genauen Aussagegehaltes einer angegriffenen Veröffentlichung ist vielmehr häufig eine Frage der Wertung und Auslegung; das Ergebnis ist dabei auch vom eigenen Sprachverständnis des jeweiligen Rezipienten geprägt. Ein „objektiv richtiges“ Verständnis vom Inhalt einer Veröffentlichung gibt es in vielen Fällen nicht, vielmehr wird das der Entscheidung zugrunde zu legende Verständnis vom Gericht nach normativen Kriterien unter Zugrundelegung des Verständnisses eines durchschnittlichen Lesers ermittelt.
Wie ein Unterlassungsantrag genau formuliert wird, namentlich ob als „schlichtes“ Verbot einer bestimmten Äußerung oder als Verbot des Erweckens eines bestimmten Eindrucks, hängt daher ebenfalls vom Ergebnis dieser Ermittlung des Textverständnisses ab. Hat der Kläger / Antragsteller hierbei ein nach Auffassung des Gerichts unzutreffendes Verständnis der angegriffenen Veröffentlichung zugrunde gelegt und deshalb einen Antrag formuliert, der den Gehalt der Veröffentlichung nicht exakt trifft, handelt es sich demnach nicht um einen anderen Lebenssachverhalt im Sinne des Begriffs des Streitgegenstands, sondern um lediglich eine (nach Ansicht des jeweiligen Gerichts: unzutreffende) Schlussfolgerung aus ein und demselben Lebenssachverhalt. Dies gilt nach den vorstehenden Grundsätzen, solange bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise die verschiedenen Antragsformulierungen zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören; dies wird in der Regel zu bejahen sein, wenn das begehrte Verbot unter der Maßgabe eines Bezugs auf die konkrete Verletzungsform (z.B. „… wie geschehen in“ o.ä.) steht.
Hinzu kommt, dass auch Gerechtigkeitsgesichtspunkte für einen derart zu verstehenden Begriff des Streitgegenstandes sprechen. Denn wegen des bei der Ermittlung eines Aussagegehaltes in aller Regel bestehenden Wertungsspielraumes wäre es unbillig, einem Kläger / Antragsteller das Risiko aufzubürden, ob er mit seinem eigenen Verständnis das Sprachverständnis des jeweils zur Entscheidung berufenen Richters „getroffen“ hat.
(3) Dementsprechend hat der I. Zivilsenat des BGH in Wettbewerbssachen (und zum Teil auch für das Markenrecht) seinen zwischenzeitlich verfolgten engen Streitgegenstandsbegriff wieder aufgegeben. So hatte der I. Zivilsenat des BGH früher etwa vertreten, dass zum schlüssigen Klagevorbringen einer Klage gegen eine irreführende Werbung der Vortrag gehöre, in welcher Hinsicht das Verkehrsverständnis von der Wirklichkeit abweiche; werde im Laufe des Verfahrens vorgetragen, dass die beanstandete Werbung auch noch unter einem anderen, mit der Klage noch nicht vorgetragenen Gesichtspunkt unzutreffend und daher irreführend sei, handele es sich insofern um einen neuen Streitgegenstand (vgl. BGH, U. v. 13.7.2006 – I ZR 222/03 – NJW 2007, 337 – dentalästhetika II). Da dies zu einer „Atomisierung“ der Streitgegenstände und vor allem zu unbilligen Kostenfolgen führte, hat der I. Zivilsenat des BGH diese Rechtsprechung indes mittlerweile ausdrücklich aufgegeben, so etwa im Urteil vom 13.9.2012 (I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 – Biomineralwasser). Danach bildet bei der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage die konkrete Verletzungsform den Streitgegenstand, wenn mit der Klage ein entsprechendes Unterlassungsbegehren verfolgt wird. Der Streitgegenstand umfasst in diesem Fall – unabhängig davon, ob der Kläger sich auf diese Rechtsverletzung gestützt und den zu dieser Rechtsverletzung gehörenden Tatsachenvortrag gehalten hat – alle Rechtsverletzungen, die in der konkreten Verletzungsform verwirklicht sind, auch wenn die verschiedenen Verletzungen jeweils einen unterschiedlichen Tatsachenvortrag erfordern (BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.19] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen). Ein zu feingliedriger Streitgegenstandsbegriff, der sich streng an dem vorgetragenen Lebenssachverhalt orientiert und bereits jede Variante – wie beispielsweise jede auch nur geringfügig abweichende, durch ein und dieselbe Werbeaussage bewirkte Fehleinschätzung der Verbraucher – einem neuen Streitgegenstand zuordnet, entspräche nicht der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise und würde darüber hinaus zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen (BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.23] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen). Vielmehr ist für die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage in Fällen, in denen sich diese gegen die konkrete Verletzungsform richtet, in dieser Verletzungsform der Lebenssachverhalt zu sehen, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird. Das Klagebegehren richtet sich in diesem Fall gegen ein konkret umschriebenes Verhalten, das gerade auch bei einer vom Standpunkt der Parteien ausgehenden natürlichen Betrachtungsweise den Tatsachenkomplex und damit die Beanstandungen umschreibt, zu der die konkrete Verletzungsform Anlass geben kann. Beanstandet der Kläger / Antragsteller in einem solchen Fall etwa eine Werbeanzeige unter mehreren Gesichtspunkten, überlässt er es bei einem Erfolg der Klage dem Gericht zu bestimmen, auf welchen Aspekt das Unterlassungsgebot gestützt wird (BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.24] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen). Anders ist der Streitgegenstand nur dann zu beurteilen, wenn der Kläger / Antragsteller – was ihm freisteht – mehrere in einer konkreten Verletzungsform oder mit der Verwendung einer bestimmten Bezeichnung verwirklichte Rechtsverletzungen im Wege der kumulativen Klagehäufung jeweils gesondert angreift (vgl. BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.25] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen).
(4) Diese Grundsätze haben im Bereich des Äußerungsrechts entsprechend zu gelten. Auch bei den Wettbewerbsverboten nach § 4 Nr.9 UWG a.F. (Irreführungsverbot, jetzt §§ 5, 5a UWG n.F.) handelt es sich um Verbote bestimmter Äußerungen. Bei der gebotenen natürlichen Betrachtung ist nicht maßgeblich, welchen genauen (unzulässigen) Aussagegehalt eine Äußerung im Kontext der jeweiligen Berichterstattung hat, sondern dass sie einen solchen hat.
(5) Nach allem handelt es sich in aller Regel nicht um einen Wechsel des Streitgegenstandes, wenn ein Kläger / Antragsteller von einem „blanken“ Verbot einer bestimmten Äußerung zu dem Verbot des Erweckens eines bestimmten Eindrucks durch eben diese Äußerung „wechselt“.
(a) Ohnehin stellt die Formulierung eines bestimmten zu unterlassenden Eindrucks in einem Verbotstenor in aller Regel lediglich ein Element der Begründung dar, mit dem dem Schuldner der Inhalt des betreffenden Verbotes genauer verdeutlicht werden soll; ob überhaupt ein Eindruck – und gegebenenfalls welcher Eindruck – im Antrag und Tenor formuliert wird, hat jedoch keine Auswirkungen auf den Inhalt des Streitgegenstandes. Hierfür spricht auch der Inhalt des Klagebegehrens, also dessen, was der Kläger / Antragsteller erreichen will. Ziel eines äußerungsrechtlichen Unterlassungsantrags ist es, dass eine bestimmte Äußerung unterlassen wird. Verboten werden soll und kann diese konkrete Äußerung nur, weil sie im Kontext der Veröffentlichung einen bestimmten Eindruck hervorruft, Verbotsgegenstand ist aber nicht die Erweckung eines bestimmten Eindrucks als solche und schlechthin. Dementsprechend kann das Gericht in derartigen Fällen sowohl durch einen Hinweis gemäß § 139 I 2 ZPO eine nach seiner Ansicht sachgerechte Antragsmodifizierung herbeiführen als auch im Rahmen seines freien Ermessens nach § 938 I ZPO den Verbotstenor gegenüber einem nicht als zweckdienlich angesehenen Antrag umformulieren.
(b) Dies alles gilt indes nur dann, wenn – wie hier – das begehrte Verbot mit der Einschränkung „wie geschehen in“ (oder ähnlich) versehen ist, denn damit ist verdeutlicht, dass das angestrebte Verbot von dem Verständnis der angegriffenen Äußerung ausgeht, das sich aus dem Kontext ergibt, in den der Äußernde sie gestellt hat.
(c) Etwas anderes hat nach den oben dargelegten Grundsätzen zudem dann zu gelten, wenn ein Kläger / Antragsteller mehrere in einer konkreten Verletzungsform verwirklichte Rechtsverletzungen im Wege der kumulativen Klagehäufung jeweils gesondert angreift. In diesem Fall handelt es sich um mehrere Streitgegenstände mit der Folge, dass den Kläger / Antragsteller Kostenfolgen treffen, wenn und soweit er mit diesen unterschiedlichen Klagebegehren keinen Erfolg hat. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Klageantrags und seiner Begründung zu ermitteln.
(6) Diesem Verständnis der Streitgegenstände in äußerungsrechtlichen Verfahren steht entgegen der Ansicht der Antragsgegner auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu mehrdeutigen Äußerungen (sog. „Stolpe-Rechtsprechung“) entgegen.
(a) Nach dem Beschluss des BVerfG vom 25.10.2005 gilt, dass der Äußernde eine auf Unterlassung zielende Verurteilung des Zivilgerichts vermeiden kann, wenn er eine ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung abgibt, die mehrdeutige Äußerung, der eine Aussage mit dem persönlichkeitsverletzenden Inhalt entnommen werden kann, nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen (vgl. BVerfG, B. v. 25.10.2005, 1 BvR 1696/98 – NJW 2006, 207 [Rz.35] – „IM-Sekretär” Stolpe). Welchen juristischen Charakter eine solche „ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung“ haben muss, lässt sich diesem Beschluss allerdings nicht eindeutig entnehmen:
Vielfach wird vertreten, dass eine solche Erklärung keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung sein müsse, sondern in der Form einer einfachen Erklärung abgegeben werden könne (vgl. z.B. Kröner in HH-Ko/MedienR, 3. Aufl., 31 Rz.95 mit weiteren Nachweisen). Hierfür spricht, dass im genannten Beschluss des BVerfG an dieser Stelle der Begriff „Unterlassungsverpflichtungserklärung“ nicht verwendet wird. Auch hat das BVerfG in einer anderen Entscheidung darauf hingewiesen, dass in derartigen Fällen für die Klarstellung und damit die Abwendung der Unterlassungsverpflichtung ein einfacher Weg eröffnet sein muss, wobei nachteilige Wirkungen auf die Ausübung der Kommunikationsfreiheit insbesondere zu erwarten sind, wenn eine hohe Kostenlast auf den zukäme, der eine mehrdeutige Äußerung getroffen hat, auch wenn er nach Erkennen der Mehrdeutigkeit und des persönlichkeitsverletzenden Inhalts einer Deutungsalternative eine Klarstellung vorgenommen hat, die eine Persönlichkeitsverletzung ausschließt (BVerfG, B. v. 19.12.2007 – 1 BvR 967/05 – NJW 2008, 1654 [Rz.34]).
Es erscheint aber fraglich, ob ein solches Verständnis des Beschlusses des BVerfG vom 25.10.2005 zwingend ist. Die Formulierung in diesem Beschluss kann vielmehr auch als ein bloßer Hinweis auf die bestehenden Grundsätze der Rechtsprechung zur Beseitigung einer Wiederholungsgefahr zu verstehen sein, denn das BVerfG hat in diesem Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Äußernde nach der Rechtsprechung durch eine „ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung“ eine auf Unterlassung zielende Verurteilung des Zivilgerichts vermeiden könne (BVerfG, B. v. 25.10.2005, 1 BvR 1696/98 – NJW 2006, 207 [Rz.35] – „IM-Sekretär” Stolpe). Dies kann nach dem Wortlaut ein bloßer Hinweis auf die seinerzeit (und weiterhin) herrschende Rechtsprechung zur Beseitigung einer Wiederholungsgefahr sein, was in der Regel nur durch eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung erfolgen kann. Vor allem aber handelt es sich bei den im Beschluss des BVerfG vom 25.10.2005 an dieser Stelle angeführten Belegstellen (sc. BGHZ 14, 163, 167 = NJW 1954, 1682; BGHZ 78, 9, 20 = NJW 1980, 2801; BGH, NJW 1994, 1281, 1283; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap.12 Rz.20f) ausschließlich um solche, in denen ausgeführt wird, dass durch eine Rechtsverletzung die Gefahr einer Wiederholung dieser Rechtsverletzung begründet wird und dass an die Widerlegung dieser Vermutung strenge Anforderungen zu stellen sind, so dass diese Wiederholungsgefahr in aller Regel nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung beseitigt werden kann. Damit spricht nach Auffassung des Senates einiges dafür, dass das BVerfG im Beschluss vom 25.10.2005 („IM-Sekretär“ Stolpe) keine Einschränkung der über Jahrzehnte entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung zur Beseitigung der durch eine Rechtsverletzung gesetzte Wiederholungsgefahr vornehmen wollte.
Hinzu kommt, dass auch die alsbaldige Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung ein durchaus kostengünstiger und einfacher Weg für den sich mehrdeutig Äußernden ist, um einen gerichtlichen Unterlassungstitel zu vermeiden.
(b) Dies kann indes für den vorliegenden Fall im Ergebnis dahinstehen, denn die Beantwortung dieser Rechtsfrage hat hier keine Auswirkungen auf den Streitgegenstand des Unterlassungsbegehrens. Vielmehr handelt es sich entgegen der Ansicht der Antragsgegner stets um ein und denselben Streitgegenstand, wenn die Unterlassung ein und derselben Äußerung im selben Kontext verlangt wird, auch wenn der Verletzte (zunächst) die Ansicht vertritt, dass es sich hierbei um eine eindeutige Tatsachenbehauptung handele, während es sich „tatsächlich“ (also nach Ansicht des Gerichts) um eine mehrdeutige Äußerung handelt. Dies gilt auch dann, wenn man der genannten Ansicht folgen wollte, dass sich aus dem Beschluss des BVerfG vom 25.10.2005 („IM-Sekretär“ Stolpe) ergebe, dass der sich mehrdeutig Äußernde durch eine „ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung“, die mehrdeutige Äußerung nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen, auch dann verhindern könne, dass er vom Gericht zur Unterlassung verurteilt werde, wenn er dies nicht in der Form einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung erkläre. Insbesondere vermag der Senat die Ansicht der Antragsgegner nicht zu teilen, dass ein Verbot auf der Grundlage der „Stolpe-Rechtsprechung“ des BVerfG weniger weit reichend sei, als das Verbot einer eindeutigen Äußerung, also einer Äußerung, die eine Tatsachenbehauptung darstellt oder aber einen zwingenden tatsächlichen Eindruck erweckt. Vielmehr handelt es sich bei einem Verbot nach der „Stolpe-Rechtsprechung“ um ein „vollwertiges“ Verbot, das der Äußernde ebenso unbedingt zu beachten hat, wie eines, das nicht wegen einer mehrdeutigen Äußerung erlassen wurde. Aus den Grundsätzen der „Stolpe-Rechtsprechung“ ergibt sich nämlich (nach den obigen Ausführungen: allenfalls) die Möglichkeit für den Äußernden, unter einfacher erfüllbaren Voraussetzungen den Erlass eines gerichtlichen Verbotes zu verhindern. Der Verletzer kann jedoch nicht leichter eine Aufhebung eines in Entsprechung mit diesen Grundsätzen einmal erlassenen Verbotes erreichen:
(aa) Ausdrücklich hat das BVerfG im genannten Beschluss vom 25.10.2005 („IM-Sekretär“ Stolpe) ausgeführt, dass kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund besteht, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen, weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt (darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen), wenn der Äußernde nicht bereit ist, der Aussage einen eindeutigen Inhalt zu geben (BVerfG, B. v. 25.10.2005, 1 BvR 1696/98 – NJW 2006, 207 [Rz.35] – „IM-Sekretär” Stolpe). Der Äußernde kann sein Äußerungsanliegen in freier Selbstbestimmung in einer das Persönlichkeitsrecht nicht verletzenden Art und Weise weiterverfolgen. Sieht er sich dazu nicht in der Lage, trifft er hingegen auf die im Persönlichkeitsschutz begründete Schranke der Meinungsäußerungsfreiheit (BVerfG, B. v. 25.10.2005, 1 BvR 1696/98 – NJW 2006, 207 [Rz.36] – „IM-Sekretär” Stolpe). Es ist nicht ersichtlich, weshalb dies die Notwendigkeit mit sich bringen sollte, dass der Äußernde, der eine solche Gelegenheit zur Klarstellung nicht alsbald nutzt, im Nachhinein weiterhin die Möglichkeit haben sollte, ein daraufhin erlassenes Verbot immer noch durch eine derartige einfache klarstellende Erklärung zu beseitigen, ohne eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Vielmehr ist dieser auch hier gegebene Fall nicht anders zu behandeln als der „Normalfall“, in dem eine eindeutige Äußerung die Rechte eines Dritten verletzt, denn der Äußernde, der sich zu einer „Klarstellung“ nicht verstehen will, nachdem ihm vor Augen geführt wurde, dass seine Äußerung auch in einer Weise zu verstehen ist, die Persönlichkeitsrechte eines Dritten verletzt, zeigt durch sein Verhalten, dass er ohne gerichtlichen Zwang nicht bereit ist, die Rechte des Verletzten zukünftig zu wahren. In derartigen Fällen ist eine Privilegierung des Äußernden nicht geboten. Der Grundsatz, dass an die Widerlegung der Vermutung einer bestehenden Wiederholungsgefahr strenge Anforderungen zu stellen sind, gilt unverändert.
(bb) Dementsprechend wird im genannten Beschluss des BVerfG vom 19.12.2007 maßgeblich darauf abgestellt, dass von Verfassungs wegen zu beanstandende, nachteilige Wirkungen auf die Ausübung der Kommunikationsfreiheit (nur dann) zu erwarten wären, wenn eine hohe Kostenlast auf den zukäme, der eine mehrdeutige Äußerung getroffen hat, wenn er nach Erkennen der Mehrdeutigkeit und des persönlichkeitsverletzenden Inhalts einer Deutungsalternative eine Klarstellung vorgenommen hat, die eine Persönlichkeitsverletzung ausschließt (1 BvR 967/05 – NJW 2008, 1654 [Rz.34]). Dies bedeutet indes, dass ein Verletzer, der trotz des Erkennens der Mehrdeutigkeit und der Rechtsverletzung seiner Äußerung eine solche Erklärung nicht alsbald abgibt, nicht schützenswert ist.
(cc) Mit anderen Worten: Wird eine Verbotsverfügung nach den Grundsätzen der „Stolpe-Rechtsprechung“ erlassen, folgt aus dieser Rechtsprechung nicht, dass der Äußernde durch eine klarstellende Erklärung die dem Verbot zugrunde liegende Wiederholungsgefahr beseitigen kann. Vielmehr folgt aus den Grundsätzen dieser Rechtsprechung allenfalls, dass der Äußernde durch eine solche Erklärung im Vorwege den Erlass eines gerichtlichen Verbotes abwenden kann. Nutzt er diese Möglichkeit – wie hier – nicht, wird er Schuldner einer Verbotsverfügung, für die keine anderen Grundsätze gelten als für Verbote wegen eindeutiger Äußerungen. Auch aus diesem Aspekt des Charakters eines Verbotes mehrdeutiger Äußerungen folgt daher entgegen der Ansicht der Antragsgegner nicht, dass dieses einen anderen Streitgegenstand darstellt als das Verbot der gleichen Äußerung in Gestalt einer eindeutigen Tatsachenbehauptung.
(7) Eine weitere Folge des so verstandenen Begriffs des Streitgegenstandes in äußerungsrechtlichen Verfahren ist es, dass der Verletzte in einer Abmahnung zwar verdeutlichen muss, welches Verständnis er aus der Berichterstattung erkannt hat und weshalb er hierin eine Verletzung seiner Belange sieht. Dies indes wäre eine hinreichende Abmahnung, namentlich muss der Verletzte nicht zwingend damit argumentieren, dass es sich um eine mehrdeutige Äußerung handele, und er muss erst recht keine anderen möglichen Deutungsvarianten auflisten.
Diese Folge entspricht auch der materiellen Gerechtigkeit, denn – wie ausgeführt – kann die Ermittlung des genauen Aussagegehaltes einer Äußerung ja nach Wertungsmaßstab und Sprachverständnis des Beurteilenden zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen führen. Es wäre deshalb unbillig, dem Verletzten das Risiko dafür aufzubürden, dass er seiner Abmahnung (und Antragstellung) das „richtige“ Sprachverständnis zugrunde legt. Dies gilt umso mehr, als es dem Äußernden nicht nur nach der Rechtsprechung des BVerfG freisteht, eine Erklärung abzugeben, die den seiner Ansicht nach zutreffenden Aussagegehalt der angegriffenen Äußerung berücksichtigt und dabei auch die Belange des Verletzten wahrt.
(8) Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin hier mit den verschiedenen Fassungen ihres Antrags zu Ziffer I.3. stets dasselbe Antragsbegehren verfolgt.
In der Abmahnung (Anlage ASt 3) hat die Antragstellerin u.a. ausgeführt, dass die Rückgabe der beschlagnahmten € … durch ein Gericht angeordnet worden sei. Schon damit hat die Antragstellerin den Antragsgegnern nach den vorstehenden Ausführungen hinreichend deutlich gemacht, in welcher Hinsicht sie diese Passage beanstandet. Unschädlich war es hierbei, dass sie in der Abmahnung noch nicht darauf abgestellt hat, dass es sich (jedenfalls) um eine mehrdeutige Äußerung handele, die nach den Grundsätzen der „Stolpe-Rechtsprechung“ zu untersagen sei, sondern dies erst im Rahmen des Verfügungsverfahrens im Schriftsatz vom 9.10.2017 angeführt hat. Auch die Tatsache, dass die Antragstellerin zunächst den Erlass eines „blanken“ Verbotes der angegriffenen Passage – mithin ohne die Formulierung eines hierdurch hervorgerufenen Eindrucks – beantragt hatte, bedeutet nach allem keinen Wechsel im Streitgegenstand.
e. Abschließend sei angemerkt, dass es bei dieser Sachlage dem mit dem Antrag zu Ziffer I.3. geltend gemachten Unterlassungsanspruch der Antragstellerin schon im Ausgangspunkt nicht entgegensteht, dass die Antragsgegner im Widerspruch erklärt haben, dass sie die Äußerung gemäß diesem Antrag zukünftig nur noch in einer klarstellenden Form verbreiten würden. Denn – wie oben ausgeführt – handelt es sich hierbei nicht um eine mehrdeutige Äußerung, vielmehr wird der reklamierte Eindruck durch die streitgegenständliche Äußerung zwingend erweckt. Dahinstehen kann daher erneut die Frage, ob das BVerfG im Beschluss vom 25.10.2005 (I BvR 1696/98) dahingehend zu verstehen ist, dass die dort genannte „ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung“ ein Weniger gegenüber einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung darstellt. Im Übrigen wäre eine solche „nachgeschickte“ Klarstellung hier auch nach der Rechtsprechung des BVerfG, wie sie nach Auffassung des Senates entsprechend den obigen Darlegungen zu verstehen ist, nicht geeignet gewesen, die bereits begründete Wiederholungsgefahr in Bezug auf diese Äußerung wieder entfallen zu lassen; wie oben dargelegt, hätte eine solche Klarstellung allenfalls dann eine rechtliche Wirkung haben können, wenn sie alsbald auf die Abmahnung abgegeben worden wäre und nicht erst nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung.
2. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.1. erledigt ist und den Antragsgegnern die Kosten insoweit auferlegt. Dies entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 91a ZPO, denn bis zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung durch die Antragsgegner und der darauf erfolgten einseitigen Erledigungserklärung der Antragstellerin stand dieser gegen die Antragsgegner ein Unterlassungsanspruch mit diesem Inhalt zu.
a. Die streitgegenständliche Äußerung, die die Antragstellerin mit dem Antrag zu Ziffer I.1. angegriffen hat, erweckt im Kontext der in Rede stehenden Berichterstattung zumindest einen tatsächlichen Eindruck, der unzutreffend ist und zudem geeignet ist, das Ansehen der Antragstellerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen.
aa. Im seinem Beschluss vom 8.11.2017 im Beschwerdeverfahren zum Aktenzeichen 7 W 123/17 hat der Senat ausgeführt, dass und weshalb durch die mit dem Antrag zu Ziffer I.1. angegriffene Äußerung
„In drei Ländern ermitteln Fahnder wegen Steuervermeidung.“
im Kontext der Berichterstattung mindestens mehrdeutig ist, nämlich auch und keineswegs fernliegend in dem Sinne verstanden werden kann, dass in drei Ländern strafrechtliche Ermittlungen gegen Verantwortliche des Konzerns der Antragstellerin geführt würden. Der Senat hält nach erneuter Beratung an diesen Erwägungen fest und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen Bezug.
bb. Ob in drei Ländern strafrechtliche Ermittlungen gegen Verantwortliche des Konzerns der Antragstellerin geführt werden, ist ein tatsächlicher Eindruck, denn hierüber kann Beweis erhoben werden. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass dies unwahr ist, dass dies nämlich alleine in Deutschland der Fall ist. Diese unwahre tatsächliche Behauptung – bzw. dieser unwahre tatsächliche Eindruck – ist geeignet, das Ansehen der Antragstellerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat erneut Bezug auf seine Ausführungen im Beschluss vom 8.11.2017 (Az. 7 W 123/17).
b. Es bestand die Gefahr einer erneuten Verletzung des (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin. Die stattgehabte Rechtsverletzung begründete die Gefahr einer Wiederholung; diese ist durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert (vgl. BGH, U. v. 8.2.1994 – Az. VI ZR 286/93 – NJW 1994, 1281, 1283).
c. Es lag auch der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund vor. Da die Antragsgegner dies nicht in Zweifel gezogen haben, sieht der Senat von weiteren Ausführungen zu diesem Punkt ab.
d. Auch in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.1. greifen die aus dem Begriff des Streitgegenstandes abgeleiteten Einwände der Antragsgegner nicht durch, namentlich war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung insoweit weder unzulässig noch unbegründet; auch die Abmahnung entsprach den Anforderungen. Im Einzelnen:
aa. In ihrer Abmahnung (Anlage ASt 3) hat die Antragstellerin ausgeführt, dass es den Straftatbestand der „Steuervermeidung“ nicht gebe, es werde aber auch nicht in drei Ländern wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Verlangt hat sie in der Abmahnung die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung, mit der sich die Antragsgegner verpflichten sollten, es zu unterlassen zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, in drei Ländern würden „Fahnder“ gegen Verantwortliche des …konzerns A „wegen Steuervermeidung“ ermitteln, wie geschehen im D vom 25.9.2017 … unter der Überschrift „E“. Im Schriftsatz vom 9.10.2017 hat die Antragstellerin sodann vertreten, dass jedenfalls nach den Grundsätzen der „Stolpe-Rechtsprechung“ ein Verbot ergehen müsse, und hilfsweise ein Eindrucksverbot beantragt. Das Landgericht hat entschieden, dass ein solcher Eindruck fernliege; der Leser denke nicht an strafrechtliche Ermittlungen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat der Senat sodann ein Verbot erlassen, dass dem ursprünglichen Verfügungsantrag zu Ziffer I.1. entsprach, mithin als ein Verbot der Behauptung, Verbreitung etc. der in indirekte Rede gesetzten angegriffenen Textpassage. Die Antragsgegner haben sodann eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, mit der sie sich strafbewehrt verpflichteten es zu unterlassen, den Eindruck zu erwecken, in drei Ländern werde gegen Verantwortliche des …konzerns A wegen Steuerhinterziehung strafrechtlich ermittelt (Anlage AG 3); daraufhin hat die Antragstellerin diesen Punkt für erledigt erklärt.
bb. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner enthalten die Abmahnung, die ursprüngliche Antragsfassung, die hilfsweise Antragsfassung und das letztlich erlassene Verbot ebenso wenig wie die von den Antragsgegnern abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung keine verschiedenen Streitgegenstände. Wie oben ausgeführt, handelt es sich in aller Regel jedenfalls dann nicht um einen Wechsel im Streitgegenstand, wenn ein Kläger / Antragsteller von einem „blanken“ Verbot einer bestimmten Äußerung zu dem Verbot des Erweckens eines bestimmten Eindrucks durch eben diese Äußerung (oder in die entgegen gesetzte Richtung) „wechselt“, wenn das angestrebte Verbot auf den Kontext bezogen ist, in dem die inkriminierte Passage veröffentlicht worden war.
Auch in Bezug auf Antrag und Verbot zu Ziffer I.1. gilt nach diesen Grundsätzen hier, dass die Antragstellerin mit ihrer Abmahnung und den verschiedenen Fassungen ihres Antrags stets dasselbe Antragsbegehren verfolgt und dass der Senat ein Verbot erlassen hat, das diesem Streitgegenstand entspricht. Die Antragstellerin hatte in ihrer Abmahnung verdeutlicht, in welcher Hinsicht sie die streitgegenständliche Passage moniert; dass es nämlich den Straftatbestand der „Steuervermeidung“ nicht gebe und dass auch nicht in drei Ländern wegen Steuerhinterziehung ermittelt werde. Damit hat sie deutlich gemacht, wie sie diese Passage verstanden hat. Auch im Verfügungsverfahren hat die Antragstellerin darauf abgestellt, dass jedenfalls nicht in drei Ländern strafrechtliche Ermittlungen gegen Verantwortliche des Konzerns der Antragstellerin geführt würden. Die verschiedenen Fassungen des Unterlassungsantrags stellten demnach nur verschiedene Versuche dar, ihr gleichbleibendes Klagebegehren sprachlich zu fassen.
Auf die Abmahnung haben die Antragsgegner zudem nicht nur keine „Klarstellung“ erklärt, sondern sind inhaltlich nicht auf den reklamierten Eindruck eingegangen (Anlage ASt 4). Wie oben dargelegt, können sich die Antragsgegner daher auch insoweit schon deshalb nicht mit Erfolg auf die Grundsätze der „Stolpe-Rechtsprechung“ berufen, weil sie auf diese Abmahnung keineswegs alsbald eine irgendwie geartete klarstellende Erklärung abgegeben haben.
cc. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner steht diesem Ergebnis auch nicht die Fassung der vom Senat auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin erlassenen ergänzenden Verbotsverfügung entgegen. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, handelt es sich bei der Formulierung einer „Eindrucksfassung“ als Verbotstenor lediglich um ein begründendes Element, das in den Tenor aus Gründen der Verdeutlichung der Verbotsrichtung Aufnahme finden kann, eine Änderung des Streitgegenstandes ist damit indes nicht verbunden. Streitgegenstand bleibt vielmehr die konkret angegriffene Äußerung im Kontext der inkriminierten Berichterstattung. Der Senat hat daher bei der Fassung des ergänzenden Verbotes im Beschluss vom 8.11.2017 (7 W 123/17) keinen Anlass gesehen, von dem Antrag abzuweichen, den der Antragsteller gestellt hatte und mit der sofortigen Beschwerde weiter verfolgt hat, auch wenn die Handlungsform des Behauptens sprachlich nicht exakt passen mag, wenn es sich (jedenfalls) um eine mehrdeutige Äußerung handelt.
3. Zum Teil hat die Berufung der Antragsgegner hingegen in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.4. Erfolg. In der Sache haben die Antragsgegner in der Berufungsinstanz nicht damit argumentiert, dass das letztlich erlassene Verbot zu diesem Punkt – zu dem sie eine Abschlusserklärung abgegeben haben – sachlich nicht berechtigt gewesen sei, vielmehr haben sie lediglich prozessuale Einwendungen erhoben und sich insoweit gegen die erstinstanzlichen Kostenentscheidungen gewendet. Diese Einwendungen sind sie zum Teil berechtigt: Den Antrag zu Ziffer I.4. hat die Antragstellerin bereits erstinstanzlich teilweise zurückgenommen, so dass ihr insoweit erstinstanzlich die anteiligen Kosten aufzuerlegen sind. Die übrigen Einwendungen der Antragsgegner gegen die Kostenentscheidung in Bezug auf diesen Antrag greifen hingegen nicht durch. Im Einzelnen:
a. Die Anfechtung der Kostenentscheidung in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.4. ist weder in der Berufungsinstanz ausgeschlossen, noch war sie dies in der ersten Instanz. Namentlich stand und steht die Vorschrift des § 99 I ZPO einer Überprüfung der Kostenentscheidung nicht entgegen.
Die Vorschrift des § 99 I ZPO blockiert den isolierten Kostenangriff nicht, wenn in der Hauptsache keine Beschwerde, Berufung oder Revision statthaft ist; dies gilt namentlich dann, wenn die gerichtliche Sachentscheidung z.B. lediglich mit Einspruch, Widerspruch oder Erinnerung angreifbar ist (Flockenhaus in Musielak / Voit, ZPO, 15. Aufl., § 99 Rz.5; Zöller / Herget, ZPO, 31. Aufl., § 99 Rz.3). Hier hatten die Antragsgegner im erstinstanzlichen Verfügungsverfahren (unter anderem) Kostenwiderspruch hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.4. eingelegt, was demnach zulässig war. Zudem haben sie die einstweilige Verfügung zusätzlich (zum Teil) in der Sache angegriffen; damit konnten die Antragsgegner die Kostenentscheidung (erst recht) insgesamt zur Überprüfung durch die Kammer stellen.
In der Berufungsinstanz ist hier eine Überprüfung der gesamten erstinstanzlichen Kostenentscheidung ebenfalls möglich, denn auch die Einlegung eines auf einzelne Hauptaussprüche beschränkten Rechtsmittels ermöglicht eine Korrektur der Kostenentscheidung (vgl. Zöller / Herget, ZPO, 31. Aufl., § 99 Rz.4). Die Antragsgegner haben hier gegen den Hauptausspruch des Landgerichts in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.3. (Bestätigung der einstweiligen Verfügung in diesem Punkt) Berufung eingelegt.
b. Die erstinstanzlich Kostentscheidung ist in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.4. unzutreffend. Die Antragstellerin hat den Antrag zu I.4. bereit erstinstanzlich teilweise zurückgenommen, was entsprechend §§ 269 III, 92 I ZPO zu Lasten der Antragstellerin zu berücksichtigen gewesen wäre.
In der Erstmitteilung (Anlage ASt 2) heißt es in der mit dem Antrag zu Ziffer I.4. angegriffenen Passage:
„Ähnlich kurios mutet der Kauf von J im September 2016 an (…). Anfang Juni gab H sein Mandat als Wirtschaftsprüfer von J zurück.“
Im Verfügungsantrag vom 27.9.2017 hat die Antragstellerin den nach ihrer Ansicht durch diese Berichterstattung erweckten und zu untersagenden Eindruck so formuliert, dass H von der Antragstellerin als Wirtschaftsprüfer mandatiert worden sei und (später) das von A erteilte Mandat zurückgegeben habe. Zuletzt – mit Schriftsatz vom 11.10.2017 – hat die Antragstellerin erstinstanzlich indes den Erlass folgenden Verbotes beantragt,
… zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
Dieser Antrag war weniger weitreichend als der ursprüngliche Verfügungsantrag zu Ziffer I.4., denn mit diesem hatte die Antragstellerin zwei verschiedene tatsächliche Eindrücke angegriffen. Ein Verbot des nach Ansicht der Antragstellerin durch die Berichterstattung ebenfalls erweckten tatsächlichen Eindrucks, dass es die Antragstellerin gewesen sei, die H als Wirtschaftsprüfer der Fa. J mandatiert habe, hat die Antragstellerin aber mit dem modifizierten Antrag gemäß Schriftsatz vom 11.10.2017 nicht mehr weiterverfolgt.
Hierin liegt eine teilweise Rücknahme dieses Antrags. Wie oben ausgeführt, handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände, wenn ein Kläger / Antragsteller mehrere in einer konkreten Verletzungsform verwirklichte Rechtsverletzungen im Wege der kumulativen Klagehäufung jeweils gesondert angreift (vgl. BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.25] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen). Das war hier im ursprünglichen Verfügungsantrag zu Ziffer I.4. der Fall, denn die Antragstellerin hatte ausdrücklich die Untersagung zweier verschiedener tatsächlicher Eindrücke beantragt.
c. Den wertmäßigen Anteil des zurückgenommenen Teils des Antrags zu Ziffer I.4. schätzt der Senat nach billigem Ermessen (§ 3 ZPO) auf die Hälfte des gesamten Wertes dieses Antrags in erster Instanz. Da der Antrag zu Ziffer I.4. entsprechend der Festsetzung durch den Senat im Beschluss vom 8.11.2017 (7 W 123/17) erstinstanzlich mit insgesamt € 30.000,- zu bewerten war, erhöht sich der erstinstanzliche Obsiegensanteil der Antragsgegner um € 15.000,was die aus dem Tenor ersichtlichen erstinstanzlichen Kostenquoten der Parteien ergibt.
d. Auch in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.4. greifen die aus dem Begriff des Streitgegenstandes abgeleiteten weiteren Einwände der Antragsgegner nicht durch. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner enthalten die Abmahnung sowie die ursprüngliche und die letzte Antragsfassung in Bezug auf den letztlich untersagten Teil der angegriffenen Passage keine verschiedenen Streitgegenstände, unabhängig davon, ob das begehrte Verbot als „schlichtes“ Verbot einer bestimmten Äußerung oder als Verbot eines durch diese Äußerung erweckten Eindrucks formuliert wurde. Wie oben ausgeführt, handelt es sich in aller Regel jedenfalls dann nicht um einen Wechsel im Streitgegenstand, wenn ein Kläger / Antragsteller von einem „blanken“ Verbot einer bestimmten Äußerung zu dem Verbot des Erweckens eines bestimmten Eindrucks durch eben diese Äußerung (oder in die entgegen gesetzte Richtung) „wechselt“, wenn das angestrebte Verbot auf den Kontext bezogen ist, in dem die inkriminierte Passage veröffentlicht worden war.
Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin auch in Bezug auf den nicht zurückgenommenen Teil des Antrags und Verbotes zu Ziffer I.4. mit ihrer Abmahnung und den verschiedenen Fassungen ihres Antrags stets dasselbe Antragsbegehren verfolgt. Sie hat insoweit bereits in ihrer Abmahnung verdeutlicht, in welcher Hinsicht sie die streitgegenständliche Passage moniert. Auch im Verfügungsverfahren hat die Antragstellerin insoweit darauf abgestellt, dass H sein Mandat als Wirtschaftsprüfer der Fa. J nicht zurückgegeben habe. Die verschiedenen Fassungen des Unterlassungsantrags stellten demnach insoweit ebenfalls nur verschiedene Versuche dar, ihr gleichbleibendes Klagebegehren sprachlich zu fassen.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 92 II, 97 I ZPO. Der Anteil des Obsiegens der Antragsgegner im Berufungsverfahren ist im Verhältnis zum Gesamtwert des Berufungsverfahrens (€ 35.000,-) relativ geringfügig, betrifft nämlich nur die Hälfte des Kostenpunktes hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.4.; der Anteil des Obsiegens der Antragsgegner in der Berufungsinstanz betrifft damit nur einen Wert in Höhe von rund € 2.500,- also einen Anteil von deutlich unter 10%.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht bestimmt, hat das Verwaltungsgericht die Weigerung des Antragsgegners, den von der Antragstellerin eingereichten Wahlwerbespot vor der Europawahl auszustrahlen, zu Recht nicht beanstandet.
I. 2 In Bezug auf den hier anzulegenden Prüfungsmaßstab ist der zum Teil in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung nicht zu folgen, wonach das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung entgegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG stets von Amts wegen umfassend überprüfen muss, wenn der Beschwerdeführer aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit die Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht ausschöpfen kann (so VGH Kassel, Beschluss vom 4. November 2016 – 8 B 2681/16 – juris Rn. 2). 3 Zwar dürfen die Anforderungen an das von dem Gesetzgeber geforderte Darlegungserfordernis im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO nicht überspannt werden, damit dem in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten verfassungsrechtlichen Gebot, effektiven Rechtsschutz auch im Rechtsmittelverfahren zu gewährleisten, Genüge getan ist. Dies gilt insbesondere, wenn dem Rechtsmittelführer nur wenig Zeit für die Begründung seiner Beschwerde zur Verfügung steht. Der eindeutige Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO fordert jedoch, dass sich der Rechtsmittelführer mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzen und das Oberverwaltungsgericht zumindest auf einer ersten Stufe (vgl. dazu Rudisile, NVwZ 2019, 1, 9) nur die dargelegten Gründe überprüfen muss. Verlangte man stattdessen regelmäßig eine Prüfung von Amts wegen, wenn der Rechtsmittelführer die Monatsfrist aus Gründen besonderer Eilbedürftigkeit nicht ausschöpfen kann, würde dies zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung führen, weil auch vor Ablauf der Monatsfrist ggf. genügend Zeit für eine Begründung der Beschwerde zur Verfügung steht. Gemessen daran richtet es sich grundsätzlich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles, welche Anforderungen an das Darlegungserfordernis gestellt werden dürfen. Sie können geringer sein, wenn dem Rechtsmittelführer zur Begründung seiner Beschwerde wegen der Dringlichkeit seines Begehrens nur wenig Zeit zur Verfügung steht und richten sich somit nach der Dringlichkeit seines Begehrens (OVG Bautzen, Beschluss vom 5. Juli 2017 – 3 B 163/17 – juris Rn. 3; vgl. auch Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage, § 146 Rn. 112; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage, § 146 Rn. 23). 4 Im Übrigen hat auch das Bundesverfassungsgericht die alleinige Überprüfung der dargelegten Gründe durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO in versammlungsrechtlichen Eilverfahren nicht als Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG beanstandet, wenn die Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO noch nicht abgelaufen war (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 14. August 2003 – 1 BvQ 30/03 – juris Rn. 2 und 5 = NJW 2003, 3689). 5 Gemessen daran verstößt es nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hier eine Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung zu verlangen, die die Beschwerde im Übrigen leistet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, der diese bereits im erstinstanzlichen Verfahren vertreten hat, am 3. Mai 2019 zugestellt worden, sodass zwar nicht die Monatsfrist, aber doch ausreichend Zeit zur Verfügung stand, um die Beschwerde rechtzeitig vor der Ausstrahlung des Wahlwerbespots am 17. Mai 2019 zu begründen und eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts herbeizuführen.
II. 6 Entgegen der Beschwerde ist die erstinstanzliche Entscheidung mit der angeführten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 25. April 1985 – 2 BvR 617/84 – juris Rn. 33) vereinbar, wonach öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten den Wahlwerbespot einer politischen Partei wegen Verstoßes gegen allgemeine Strafgesetze nur dann zurückweisen dürfen, wenn der Verstoß evident ist und nicht leicht wiegt und wonach in Zweifelsfällen die vorgelegten Wahlwerbesendungen zugunsten der politischen Parteien zur Ausstrahlung freigegeben werden müssen. 7 Der Einwand der Beschwerde, der abgelehnte Wahlwerbespot verstoße – vor allem auch unter Berücksichtigung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG – nicht evident und in schwer wiegender Weise gegen den von dem Verwaltungsgericht bejahten Straftatbestand der Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB, greift nicht durch. Nach dieser Regelung wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet. 8 Die Beschwerde macht ohne Erfolg geltend, die erstinstanzliche Auslegung, wonach in dem Spot alle seit September 2015 nach Deutschland eingereisten Migranten kollektiv und pauschal als Kriminelle dargestellt würden, die fast täglich Deutsche angriffen, finde im Wortlaut des Textes keine Stütze. Entgegen der Beschwerde durfte das Verwaltungsgericht ohne Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 GG davon ausgehen, dass die Antragstellerin nicht lediglich auf die Kausalität zwischen der Grenzöffnung 2015 und dem Umstand, dass dadurch immer mehr Deutsche zu Opfern geworden seien, hingewiesen hat. Der Spot beschränkt sich nicht darauf, die aus der Sicht der Antragstellerin unkontrollierte Massenzuwanderung seit 2015 und damit verbundene Gefahren durch einzelne Migranten zu kritisieren, sondern er propagiert vielmehr – auch mittels der von dem Verwaltungsgericht dezidiert beschriebenen technischen und inhaltlichen Inszenierung gerade zu Beginn des Spots – eine pauschale Zweiteilung der Gesellschaft in Deutsche und (kriminelle) Ausländer, vor denen sich Deutsche, die in dem Spot allein als Opfer von durch Ausländer begangenen Gewalttaten beschrieben werden, in einzurichtenden Schutzzonen in Sicherheit bringen müssten. Der Spot macht insoweit – anders als die Beschwerde meint – nicht nur auf diejenigen Migranten aufmerksam, die seit 2015 tatsächlich Straftaten begangen haben, sondern fordert, dass Deutsche vor sämtlichen Migranten, die als reale und existenzielle Bedrohung dargestellt werden, zu schützen sind. 9 Diese fehlende Differenzierung und die pauschale Zuordnung zur Gruppe der (zu schützenden Deutschen) oder zur Gruppe der (kriminellen) Migranten hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend beschrieben. Sie wird nicht nur durch den Text im Rahmen einer Gesamtschau (werden Deutsche fast täglich zu Opfern, Schutzzonen als Orte, an denen sich Deutsche wieder sicher fühlen, Wir schaffen Sicherheit für uns Deutsche), sondern auch durch die dramaturgische Darstellung verdeutlicht, namentlich die sich steigernde, am Ende nicht mehr im Einzelnen nachvollziehbare Abfolge von Sequenzen, die Straftaten von Migranten als nicht mehr quantifizierbar und ins Unermessliche gehend kennzeichnet. Dass es sich um Migranten als Straftäter handelt, ergibt sich trotz fehlender Namensnennung zwingend aus dem Kontext des Spots (Deutsche als Opfer unkontrollierter Massenzuwanderung), der im Übrigen die Namen aus den Medien bekannter Tatorte und Namen der Opfer aufführt (z.B. Kandel – M. V.). Nach alledem kann der Beschwerde auch nicht mit dem Argument gefolgt werden, der Spot nenne „überhaupt keine Bevölkerungsgruppen“. 10 Anders als die Beschwerde einwendet, kommt hier – unabhängig von der bereits für einen evidenten Verstoß gegen § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB sprechenden Gesamtschau – auch keine andere Auslegungsmöglichkeit des Spots zu Gunsten der Antragstellerin in Betracht, wenn man auf das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit (dazu BVerfG, Beschluss vom 25. März 2008 – 1 BvR 1753/03 – juris Rn. 32 f.) abstellt. Eine andere Deutungsvariante als die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene (vor allem in Bezug auf die pauschale Zweiteilung zwischen Deutschen und kriminellen Migranten und die Einrichtung von Schutzzonen) drängt sich entgegen der Beschwerde nicht nur nicht auf, sondern erscheint geradezu ausgeschlossen. Dies folgt namentlich aus dem – auch von dem Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung genannten – Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017 (– 2 BvB 1/13 – juris = BVerfGE 144, 20 ff.) und den darin getroffenen Feststellungen zum politischen Konzept der Antragstellerin, in dessen Licht der Wahlwerbespot gewürdigt werden muss. Da es hier um einen Verstoß gegen § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB geht, kommt es insoweit nicht allein darauf an, dass feindliches Verhalten einer politischen Partei gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für sich genommen noch nicht das Verbot eines Wahlwerbespots rechtfertigt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 1978 – 2 BvR 523/75 u.a. – juris Rn. 90). 11 Dem Bundesverfassungsgericht zufolge strebt die Antragstellerin nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an und zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“. Dieses politische Konzept – so das Bundesverfassungsgericht – missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 – juris, Leitsatz 9. a) und ist bereits dem – immer noch geltenden – Parteiprogramm der Antragstellerin zu entnehmen (vgl. dazu im Einzelnen BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 – juris Rn. 636 ff.). 12 Auch zur ethnischen Definition der „deutschen Volksgemeinschaft“ und dem damit verbundenen dauerhaften Ausschluss „ethnisch Nichtdeutscher“ aus dieser Gemeinschaft als Grundüberzeugung der Antragstellerin hat sich das Bundesverfassungsgericht ausführlich geäußert (Rn. 657 ff.) und diesen Volksbegriff als verfassungsrechtlich unhaltbar bezeichnet (Rn. 690 ff.). Die sich daraus ableitende Missachtung der Menschenwürde hat das Bundesverfassungsgericht aufgrund zahlreicher, der Antragstellerin zuzurechnender Positionierungen gegenüber Ausländern, Migranten und Minderheiten als belegt angesehen (Rn. 698 ff.). Vor diesem Hintergrund lässt sich die Wahlwerbung aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums nur dahingehend verstehen, dass Deutschland und Europa als sichere Schutzzonen ausschließlich für Deutsche geschaffen werden sollen, in denen Migranten, denen pauschal kriminelles Handeln unterstellt wird, keinen Platz haben können. Dies zeigt im Übrigen auch das Ende des Spots („Wir schaffen Sicherheit für uns Deutsche: NPD“). 13 Abgesehen davon unterliegt die Intention der Antragstellerin – als von ihr bestrittene subjektive Tatbestandsvoraussetzung -, mit ihrem Werbespot Migrantinnen und Migranten pauschal als Kriminelle zu diffamieren, auch deshalb keinen Zweifeln, weil der derzeitige modifizierte Wahlwerbespot in der vorherigen – ebenfalls abgelehnten – Fassung um nunmehr einen als ausdrücklich „zensiert“ bezeichneten Zusatz erweitert war, der dies uneingeschränkt und eindeutig zum Ausdruck brachte. Dort hieß es: „Seit der willkürlichen Grenzöffnung 2015 und der seither unkontrollierten Massenzuwanderung werden Deutsche fast täglich zu Opfern ausländischer Messermänner. Migration tötet!“, wobei letzteres in großen roten Buchstaben eingeblendet wurde (vgl. zu der vorherigen Fassung OVG Koblenz, Beschluss vom 26. April 2019 – 2 B 10639/19 – juris Rn. 4 ff.). 14 Gemessen daran ist es im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung nicht zu beanstanden, dass der erstinstanzliche Beschluss die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB bejaht. Die Antragstellerin nimmt – wie ausgeführt – in dem abgelehnten Wahlwerbespot eine pauschale Zweiteilung zwischen Deutschen und Migranten vor, die aus der Sicht der Antragstellerin aufgrund ihres kriminellen Handelns eine erhebliche Gefahr für die deutsche Bevölkerung darstellen. In dieser pauschalen und undifferenzierten Betrachtung, die letztlich allen Migranten kriminelle Energie unterstellt und Schutz vor ihnen durch die Einrichtung von – auf Deutschland und Europa auszuweitenden – Schutzzonen fordert, liegt nicht nur ein Angriff auf die Ehre, sondern auf die Menschenwürde im Sinne eines böswilligen Verächtlich-Machens. Dass sich die Antragstellerin lediglich „primär um den Schutz der Deutschen kümmert“ und Ausländer nicht schutzlos stellen wolle, lässt sich danach nicht aufrechterhalten. Auf die weitere von der Beschwerde aufgeworfene Problematik, dass durch die Schaffung von Schutzzonen das staatliche Gewaltmonopol nicht unterlaufen werden und nicht zur Gewalt gegenüber Ausländern aufgerufen werden solle, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an, auch wenn die Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts zum politischen Konzept der Antragsgegnerin derartiges nahelegen könnten. 15 Soweit die Antragstellerin schließlich einwendet, bei den ab 2015 eingereisten Migranten handele es sich nicht um „Teile der Bevölkerung“ im Sinne des § 130 Abs. 1 StGB, weil diese nicht ohne weiteres von der übrigen Bevölkerung abgegrenzt werden könnten, verhilft auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Dies gilt bereits deshalb, weil sich der Wahlwerbespot nicht gegen seit 2015 eingereiste Ausländer wendet, die Straftaten begangen haben, sondern – wie dargelegt – die Einwanderung seit 2015 zum Anlass nimmt, um eine von der Antragstellerin favorisierte pauschale Zweiteilung der Gesellschaft in Deutsche und Nichtdeutsche zu propagieren und sich generell gegen Migranten richtet. An dieser Auslegung können im Licht der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keine Zweifel bestehen; es ist vielmehr evident, dass der abgelehnte Wahlwerbespot gegen strafrechtliche Vorschriften verstößt und der Verstoß nicht leicht wiegt. 16 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. 17 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Das Oberlandesgericht Köln hatte zu entscheiden, ob die Veröffentlichung von Paparazzi-Fotografien aus dem Privatleben einer Prominenten sowie deren Tochter in einem Boulevard-Magazin zulässig gewesen ist (OLG Köln, Urteil vom 28.03.2019, Az.: 15 U 155/18). Hintergrund der Berichterstattung war das Mitwirken der Prominenten an der Fahrradhelmkampagne „Du bist mir nicht egal“ im Jahre 2017. Hierbei machte sich die jetzige Klägerin für das Tragen von Fahrradhelmen im Straßenverkehr stark.
Eine Fotografie zeigte die Prominente nun radfahrend, jedoch ohne Fahrradhelm unter dem Titel „Fehlt da nicht was?“. Weitere der heimlich angefertigten Fotografien zeigten sowohl sie, wie sie das Rad schob, als auch ihre Tochter, die einen Fahrradhelm trug. Bereits die Vorinstanz differenzierte hinsichtlich der Zulässigkeit der Veröffentlichung zwischen den einzelnen Fotos.
Zulässig sei nach Auffassung beider Gerichte die Veröffentlichung der Fotografie, die die Klägerin fahrend ohne Fahrradhelm zeigt. Mit Blick auf die Vorbildfunktion Prominenter sei zu erwarten gewesen, dass diese sich an die Kernaussage der Kampagne „Du bist mir nicht egal“ halten würde.
Nicht zulässig, da in die geschützte Eltern-Kind-Situation eingreifend, sei jedoch die Veröffentlichung der Fotografie, auf dem sie ein Fahrrad schob und ein Bildausschnitt, auf dem ihre noch nicht schulpflichtige Tochter mit Helm zu sehen war. Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürften, müsse umfassender geschützt sein als derjenige erwachsener Personen. Das Veröffentlichungsinteresse der Zeitschrift habe entsprechend hinter den betroffenen Rechten des Kindes zurückzutreten.
Nichts anderes gelte aufgrund der Tatsache, dass die Mutter sich durch das Fahren ohne Fahrradhelm widersprüchlich zu dem Engagement der Kampagne „Du bist mir nicht egal“ verhielt. Dieser sowie weitere Aspekte dürften sich nicht zulasten des Kindes auswirken.
OLG Köln, Pressemitteilung vom 03.04.2019
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten.
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Wiederveröffentlichung von positiven Nutzerbewertungen auf deren Ärztebewertungsportal.
2
Der Kläger ist Zahnarzt. Seine Praxis ist auf die Behandlung der Craniomandibulären Dysfunktion (CMD) spezialisiert, und der Kläger wird von CMD-Patienten aus dem ganzen Bundesgebiet, teilweise auch aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland aufgesucht. Nach seinem eigenen, von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag informieren sich die allermeisten Patienten vorab sehr ausführlich im Internet über die Praxis und die Arbeit des Klägers. Der Kläger profitiert der daher auch nicht, wie die allermeisten anderen Zahnärzte, von „Mund-zu-Mund-Propaganda“, sondern ist wirtschaftlich in hohem Maße von einer positiven Darstellung im Internet abhängig.
3
Die Beklagte betreibt unter der URL www.j….de ein weithin bekanntes Internetbewertungsportal, über das die Möglichkeit besteht, öffentlich Bewertungen über die Besuche bei Ärzten, Zahnärzten und anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen abzugeben. In ihrer Außendarstellung legt die Beklagte größten Wert auf die Qualität und Authentizität der auf ihrem Internetportal veröffentlichten Bewertungen (vgl. Internetausdrucke, Anlage K 1).
4
Im Bewertungsportal der Beklagten ist auch der Kläger verzeichnet. Bis zum 28.12.2017 hatte der Kläger auf dem Portal der Beklagten insgesamt 60 Bewertungen und eine Gesamtnote von 1,5 erhalten (vgl. Internetausdrucke Stand: 28.12.2017, Anlage K 4). Am 15.05.2018 waren dort 68 Bewertungen der Arbeit des Klägers öffentlich einsehbar (vgl. Internetausdrucke Stand: 15.05.2018, Anlage K 2).
5
Bis Ende des Jahres 2018 war der Kläger Vertragspartner der Beklagten („Premiumkunde“) und nahm das „Premiumpaket Gold“ in Anspruch (vgl. Leistungsbeschreibung, Anlage K 3). Dieser Status erlaubte es dem Kläger, sein – auch ohne diesen Vertrag bestehendes – Basisprofil auszugestalten. Mit Schreiben vom 10.01.2018 kündigte der Kläger das „Premiumpaket Gold“ zum Ende des Jahres 2018 (vgl. Schreiben, Anlage K 5). Im Zeitraum 11. bis 18.01.2018 löschte die Beklagte – ohne Ankündigung und Begründung sowie ohne dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben – zehn zugunsten des Klägers abgegebene, aus der Anlage A zum Klageantrag Ziffer 1. ersichtliche Bewertungen der Arbeit des Klägers aus ihrem Portal (vgl. Screenshots mit Stand: 11.01.2018, Anlage K 6 a sowie Screenshots mit Stand: 18.01.2018, Anlage K 6 b). Bis zum Zeitpunkt der Löschung hatten sich die Bewertungen bis zu zwei Jahre unbeanstandet im Bewertungsportal der Beklagten befunden.
6
Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.02.2018 ließ der Kläger die Beklagte zur Wiederveröffentlichung der zehn gelöschten Bewertungen auffordern (vgl. Schreiben, Anlage K 7), was die Beklagte mit E-Mail vom 01.03.2018 ablehnte (vgl. E-Mail, Anlage K 8).
7
Der Kläger meint, durch die Löschung der streitgegenständlichen Bewertungen sei seine Gesamtnote zwischenzeitlich deutlich abgesunken, und die Beklagte habe nicht substantiiert dazu vorgetragen, weshalb sie diese Bewertungen gelöscht habe. Soweit die Beklagte den Umstand, dass immerhin zehn positive Bewertungen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung des Klägers gelöscht worden seien, mit einem „ständig dazulernenden Algorithmus“ begründe, sei dies schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil vollkommen offen bleibe, was der Algorithmus in den davorliegenden zwei Jahren in Bezug auf die streitgegenständlichen Bewertungen konkret hinzugelernt haben wolle. Die Beklagte habe zudem nicht einmal ansatzweise substantiiert dazu vorgetragen, geschweige denn einen Nachweis dafür erbracht, dass ihr Algorithmus – der ihrer uneingeschränkten Kontrolle unterliege und für dessen Arbeitsweise und Ergebnisse sie voll verantwortlich sei – die Gütekriterien eines belastbaren Testverfahrens erfülle, mithin eine hinreichend hohe Validität (Gültigkeit), Reliabilität (Genauigkeit) und Objektivität besitze. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf zurückziehen, die Offenlegung der Funktionsweise oder auch nur der wesentlichen Kriterien des Algorithmus sei ein Geschäftsgeheimnis und führe zwangsläufig zu Umgehungsstrategien von Ärzten und/oder Agenturen. Diese unsubstantiierte Behauptung werde bestritten. Ferner werde bestritten, dass der Löschung positiver Alt-Bewertungen durch die Beklagte überhaupt ein systematisches Prüfverfahren vorausgehe, das darüber hinaus den Besonderheiten älterer Bewertungen angemessen Rechnung trage. Insgesamt gebe die Beklagte als Ergebnis ihres „Prüfsystems“ – so denn überhaupt ein solches existiere – zu erkennen, dass sie gleichermaßen positive wie negative Bewertungen lösche, ohne die Kriterien der endgültigen Entscheidung des Qualitätsmanagementsystems offenzulegen oder auch nur ansatzweise zu beschreiben. Die Beklagte sehe sich damit dem begründeten Verdacht der Willkür ausgesetzt.
8
Indem die Beklagte die streitgegenständlichen zehn Bewertungen sachgrundlos gelöscht habe, habe sie sowohl eine vertragliche Nebenpflicht als auch das Recht des Klägers an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Wiederveröffentlichung der gelöschten Bewertungen aus §§ 280 Abs. 1, 3, 282, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 1 BGB:
9
Zum einen habe die Beklagte eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, und habe sie diese Pflichtverletzung auch zu vertreten. Die Parteien seien über das „Premiumpaket Gold“ vertraglich miteinander verbunden. Das Vertragsverhältnis laufe mit Wirksamwerden der Kündigung erst zum Jahresende 2018 aus. Wie aus jedem Schuldverhältnis erwüchsen auch aus dem vorliegenden Vertrag – neben verschiedenen Hauptleistungspflichten – wechselseitige Rücksichts- bzw. Schutzpflichten (§ 242 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB). Die bedeutsamste Schutzpflicht bestehe darin, sich bei Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass u.a. Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt würden. Für das vorliegende Schuldverhältnis folge daraus, dass es der Beklagten verwehrt sei, einmal abgegebene Bewertungen willkürlich, d.h. ohne nachprüfbare sachliche Gründe, zu löschen. Denn die Löschung einer positiven Bewertung sei für den Kläger gleichermaßen belastend wie das Einstellen einer negativen Bewertung. Beides beeinflusse die Gesamtnote in identischem Maße negativ, und die Beklagte greife durch die Löschung in die Rechte des Klägers ein, der ein berechtigtes und schützenswertes Interesse daran habe, dass ihm zu seinen Gunsten abgegebene positive Bewertungen – die allein auf seine guten ärztlichen Leistungen zurückzuführen seien – nicht wieder genommen würden. Wenn die Beklagte für sich in Anspruch nehme, auch bereits veröffentlichte Bewertungen nachträglich erneut auf ihre Authentizität zu prüfen, so habe sie dabei jedenfalls die Rechte des Klägers umfassend zu berücksichtigen und ein geeignetes, transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren vorzusehen. Soweit sie sich dafür der Hilfe eines automatischen Prüfalgorithmus bediene, so dürfe sie sich nicht auf dessen Ergebnisse verlassen, sondern habe sie im Rahmen des Zumutbaren alle sonstigen Erkenntnisquellen auszuschöpfen und eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, bevor sie eine einmal abgegebene Bewertung lösche. Die vorgenannten Pflichten seien analog zu der Prüfpflicht der Beklagten zu sehen, die bestehe, wenn ein auf ihrem Portal bewerteter Arzt die Rechtswidrigkeit einer zu seinen Lasten abgegebene Bewertung rüge. Nach den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung habe die Beklagte, wenn sie mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert werde, ein von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht, und wenn die Beanstandung so konkret gefasst sei, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden könne, den gesamten Sachverhalt unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen zu ermitteln und zu bewerten. Die Beklagte habe dabei eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Diese vertraglichen Nebenpflichten habe die Beklagte vorliegend verletzt. Unstreitig erkläre die Beklagte, die streitgegenständlichen Alt-Bewertungen seien nunmehr von ihrem selbstlernenden Prüfalgorithmus als „Verdachtsfälle“ eingestuft worden, und es hätten sich diesbezüglich „technische Auffälligkeiten“ gezeigt. Was darunter zu verstehen sein solle, teile die Beklagte bezeichnenderweise nicht mit. Dies erweise sich im Ergebnis auch deshalb als bloße Schutzbehauptung, weil die streitgegenständlichen Bewertungen unbestritten unter Anwendung des jeweils aktuellen Prüfalgorithmus der Beklagten veröffentlicht worden und zuvor sehr lange unbeanstandet online gewesen seien. Die zeitliche Koinzidenz sei mehr als auffällig: Innerhalb einer Woche nach Kündigung des „Premiumpakets Gold“ erkläre die Beklagte die streitgegenständlichen zehn Alt-Bewertungen kurzerhand zu „Verdachtsfällen“, bei denen „technische Auffälligkeiten“ festgestellt worden seien. Gleichzeitig verweigere sie aber jede nähere Auskunft dazu, welcher Natur die „technischen Auffälligkeiten“ gewesen seien, weshalb sich die „technischen Auffälligkeiten“ bei zehn verschiedenen Bewertungen von zehn verschiedenen Patienten gezeigt haben sollen, obwohl sich diese über einen Zeitraum von einem Jahr und acht Monaten verteilt hätten, und weshalb die „technischen Auffälligkeiten“ nach so langer Zeit der unbeanstandeten Veröffentlichung plötzlich, innerhalb weniger Tage, aufgetreten bzw. festgestellt worden seien. Aber selbst wenn man über all dies hinwegsehen wollte, so erwiesen sich doch die von der Beklagten zur Ausräumung der „technischen Auffälligkeiten“ unternommenen Schritte – soweit sie diese dem Kläger gegenüber überhaupt skizziert habe – als vollkommen ungeeignet. Denn es sei offensichtlich, dass es umso wahrscheinlicher werde, dass die für die seinerzeitigen Bewertungen verwendeten und bei der Beklagten hinterlegten E-Mailadressen nicht mehr funktionierten bzw. nicht mehr verwendet würden, je länger die Bewertung zurückliege. Aber auch soweit die Kontaktaufnahme technisch noch möglich sei, sei die erneute Bestätigung ungeeignet, weil die Neigung eines Patienten an der Bestätigung seiner Bewertung im Laufe der Zeit stark abnehme. Noch erstaunlicher sei, dass die Beklagte nach ihren eigenen Angaben in zwei Fällen sogar ein SMS-Bestätigungsverfahren durchgeführt habe, die weitere Veröffentlichung aber dennoch wegen „technischer Auffälligkeiten“ unterblieben sei. Dies zeige deutlich, dass es auf das von der Beklagten praktizierte (ohnehin völlig ungeeignete) Bestätigungsverfahren letztlich überhaupt nicht ankomme, denn ganz offensichtlich ließen sich die „technischen Auffälligkeiten“ selbst bei ordnungsgemäßer Durchführung des von der Beklagten gewählten Bestätigungsverfahrens nicht verlässlich ausräumen. Hiernach liege auf der Hand, dass sich die Beklagte hinter dem Bestätigungsverfahren und dem angeblichen Sachgrund der „technischen Auffälligkeiten“ nur „verstecke“ und durch die Behauptung, jede nähere Darlegung verletze schutzwürdige Betriebsgeheimnisse, versuche, ihr willkürliches Vorgehen jeder externen Kontrolle zu entziehen. Die Beklagte könne sich ihrer Verantwortlichkeit auch nicht durch bloßen Verweis auf die Ergebnisse ihres Prüfalgorithmus entziehen, solange dieser – wie hier – rein zufällige Ergebnisse produzieren könne, die Betroffene in ihrem persönlichen und sozialen Ansehen erheblich beeinträchtigten. Die Beklagte sei für die Funktionsweise und die Ergebnisse des von ihr programmierten und verwendeten Prüfalgorithmus voll verantwortlich, zumindest wenn sie – wiederum wie hier – hinreichende Kenntnis davon erlangt habe, dass die automatisierte Tätigkeit ihres Prüfalgorithmus zu einem die Rechte des Klägers beeinträchtigenden Ergebnis geführt habe. Die Beklagte müsse die Ergebnisse des Prüfalgorithmus jedenfalls im Verdachtsfall einer umfassenden Nachkontrolle unterziehen, und der Algorithmus könne die notwendige Interessenabwägung nicht ersetzen. Die Beklagte habe die Pflichtverletzung auch zu vertreten, solange sie nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB darlege und beweise, dass das Gegenteil der Fall sei. Die Beklagte schulde daher Schadensersatz statt der Leistung, §§ 280 Abs. 1, 3, 282, 241 Abs. 2 BGB. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB habe die Beklagte als Schadensersatz den Zustand wiederherzustellen, der bestünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre. Als Naturalrestitution in diesem Sinne könne der Kläger die Wiederveröffentlichung der streitgegenständlichen gelöschten Bewertungen verlangen, da diese der Beklagten ohne Weiteres noch möglich sei. Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass die Vertragsbeendigung ohne Einfluss auf die Begründetheit der Klage sei. Die geltend gemachte Vertragsverletzung habe zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als der Vertrag noch bestanden habe, weshalb die sich daraus ergebenden Ansprüche, insbesondere der Anspruch auf Schadensersatz bzw. Naturalrestitution, fortbestünden. Der Schaden sei durch den Fortfall des Vertrages weder kompensiert noch auf andere Weise erledigt; die willkürliche Löschung der streitgegenständlichen Bewertungen belaste den Kläger nach wie vor. Des Weiteren wirkten die nachvertraglichen Schutzpflichten, deren Verletzung hier geltend gemacht werde, auch nachvertraglich fort.
10
Und zum anderen stelle sich das Verhalten der Beklagten zugleich als rechtswidriger Eingriff in das Recht des Klägers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus § 823 Abs. 1 BGB dar. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stehe auch Freiberuflern wie niedergelassenen Ärzten zu, und das Löschen der zehn streitgegenständlichen Bewertungen sei ein betriebsbezogener Eingriff. Denn möglichst gute Noten auf dem Bewertungsportal der Beklagten seien für den Kläger und seinen Praxisbetrieb von existentieller Bedeutung, bedingt durch den hohen Spezialisierungsgrad und die damit einhergehende bundesweite Patientenschaft. Indem die Beklagte in kürzester Zeit zehn von 60 Bewertungen gelöscht habe, habe dies sowohl die Gesamtnote als auch die Gesamtzahl der Bewertungen spürbar negativ beeinträchtigt. Auch letztere sei von erheblicher Bedeutung, denn je größer die Gesamtzahl bzw. die Grundmenge der Bewertungen sei, desto vertrauenswürdiger, belastbarer und aussagekräftiger sei die daraus gebildete Gesamtnote, da einzelne Bewertungen weniger stark ins Gewicht fielen. Der betriebsbezogene Eingriff der Beklagten in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers sei auch rechtswidrig gewesen. Zugunsten des Klägers stritten vorliegend sowohl sein Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG als auch seine Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Demgegenüber könne sich die Beklagte bestenfalls auf ihre Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen, wobei jedenfalls im Falle der hier gegebenen Löschung ohne nachvollziehbare und überprüfbare sachliche Gründe die Interessen des Klägers an einer fortgesetzten Veröffentlichung ohne Weiteres überwögen. Dies könnte nur dann anders beurteilt werden, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen wäre, dass die veröffentlichten Bewertungen in missbräuchlicher Weise abgegeben worden seien. Dagegen spreche vorliegend bereits in aller Deutlichkeit, dass alle streitgegenständlichen Bewertungen in regulärer Art und Weise und unter Beachtung aller Anforderungen der Beklagten veröffentlicht worden seien und auch über lange Zeit unbeanstandet veröffentlicht geblieben seien. Die Beklagte schulde daher auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatz, der hier wiederum als Naturalrestitution in Form der Wiederveröffentlichung der streitgegenständlichen gelöschten Bewertungen geschuldet sei.
11
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass das willkürliche Löschen der streitgegenständlichen Bewertungen auch als unlautere geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG unzulässig sei, und der Kläger daher aus § 9 S. 1 UWG Schadensersatz in Form der Wiederveröffentlichung der streitgegenständlichen Bewertungen verlangen könne. Zwischen dem Kläger und der Beklagten liege ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis vor, da die Beklagte durch die Löschung der streitgegenständlichen Bewertungen unmittelbar nach der Kündigung des Vertragsverhältnisses durch den Kläger in den fremden Wettbewerb zwischen dem Kläger und den anderen, im Bewertungsportal der Beklagten bewerteten Zahnärzten in unlauterer Weise eingegriffen und diesen fremden Wettbewerb zugunsten der Mitbewerber des Klägers durch das willkürliche Löschen der streitgegenständlichen Bewertungen gefördert habe. Die willkürliche Löschung sei auch deshalb unlauter, weil sie im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 UWG irreführend sei.
12
Der klageweise geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe einer hälftigen 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 25.000,- Euro ergebe sich ebenfalls aus §§ 280 Abs. 1, 3, 282, 241 Abs. 2 BGB und § 823 Abs. 1 BGB, jeweils i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB. Der Zinsanspruch folge aus §§ 291, 288 BGB.
13
Der Kläger beantragt daher:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, die zehn in Anlage A zu diesem Urteil wiedergegebenen, im Zeitraum 11.-18.01.2018 von der Beklagten gelöschten Nutzer-Bewertungen auf dem Bewertungsportal jameda.de der Beklagten wieder zu veröffentlichen und dort veröffentlicht zu halten.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 532,20 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Anlage A
1. Note 1,2
Bewertung vom 19.11.2017, privat versichert
„Ein Gruss aus Frankfurt an mein Team aus Kiel!
Ich bin seit mehreren Jahren in Behandlung im CMD Centrum in Kiel und lese auch nicht nur in Internetauftritt sondern gelegentlch auch einmal bei Jameda. Als ich nach Kiel kam ging es mir wirklich sehr“
2. Note 1,0
Bewertung vom 17.11.2017, privat versichert
„Eine besondere Praxis, ein tolles Personal und ein fähiger Arzt!
Eigentlich alles. Eine kleine, aufgeräumte und äußerst straff und präzise organisierte lerminpraxis. Keine Wartezeiten, Parkplätze vor der Tür. Keine Hektik und vor allem: Es klappt, Trotz …“
3. Note 1,0
Bewertung vom 21.08.2017, privat versichert, Alter: 30 bis 50, (zu 70 % hilfreich bei 2 Stimmen)
„Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann fahr nach Kiel!
Wenn Du noch darüber nachdenkst, was es kostet und ob es Dir zu weit ist da hin zu fahren. Forget it! Zu diesem Doc fährst Du dann, wenn Du mit allem abgeschlossen hast, alles ausprobiert hast und.“
4. Note 1,4
Bewertung vom 19.08.2017, gesetzlich versichert, Alter: 30 bis 50
„Endlich Jemand, der helfen konnte
Komme aus dem Frankenland und war verzweifelt. Hier ist schon alles geschrieben, was man sagen kann. Der Arzt kann es, das Personal ist kompetent. Ich weiß nicht was man noch mehr verlangen kann. Mir …“
5. Note 1,4
Bewertung vom 12.01.2017, gesetzlich versichert
„Einfach gut
Wenn man, so wie ich schon quer durch Deutschland gefahren ist, um sich einen CMD Spezialarzt nach dem anderen zu leisten, dann kann man guten Gewissens sagen, dass man von Süden aus gesehen ganz …“
6. Note 1,2
Bewertung vom 17.12.2016, gesetzlich versichert, Alter: 30 bis 50
„Hier bekommt man nicht nur schlaue Diagnosen und Hochglanzprospekte …
wie ich das in anderen CMD Zentren erlebt habe. Was ich erwartet hatte? Ein CMD Zentrum mehr, in dem man das Gefühl hat eine Show abgeliefert zu bekommen. Was ich in Kiel erlebt habe? Zurra einen liegt …“
7. Note 1,4
Bewertung vom 06.04.2016, privat versichert, Alter: 30 bis 50, (zu 100 % hilfreich bei Stimme)
„Klein, professionell, effizient!
Erlebt man heute ja eher selten. Eine Praxis auf kleinem Raum, dafür aber derart perfekt organisiert, dass man einen Lehrgang für Praxismanagement draus machen könnte. Komme aus dem …“
8. Note 1,4
Bewertung vom 20.03.2016, privat versichert
„Nach langer Suche angekommen!
Ich gehöre zu denen, die schon ganz lange auf der Suche nach einer Lösung ihres Problems sind. Ich habe in den vergangenen Jahren Vieles ausprobiert, obwohl ich noch nicht so alt bin. Heute weiß …“
9. Note 1,6
Bewertung vom 16.03.2016, privat versichert. Alter: 30 bis 50, (zu 60 % hilfreich bei 1 Stimme)
„Kurz und knapp: „Ich bin beeindruckt!
Eine weite Anreise haben auch andere. Ich vielleicht noch ein bisschen mehr. Was ich hier an Profeesionalität in wenigen Tagen erlebt habe ist schwer in Worte zu fassen. Verständliche Aufklärung an …“
10 Note 1,4
Bewertung vom 14.03.2016, privat versichert, Alter: 30 bis 50
„Erwartungen mehr als erfüllt!
6 Schienen habe ich schon in den letzten Jahren getragen. Wie viele physiotherapeutische Sitzungen ich gemacht habe, kann ich schon gar nicht mehr sagen. Wie viele Osteopathen und Ärzte weiß ich …“
14
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
15
Die Beklagte führt aus, sie habe nachweislich keinerlei Bewertungen des Klägers als Reaktion auf seine Kündigung des Premiumpakets gelöscht. Ihren Beitrag zu mehr Leistungstransparenz im Gesundheitswesen könne sie nur erbringen, wenn die auf dem von ihr betriebenen Portal befindlichen Bewertungen valide seien, mithin einen tatsächlichen Behandlungskontakt wiedergäben und inhaltlich in keiner Weise von dem behandelnden Arzt beeinflusst würden. Zur Bekämpfung von nicht validen Bewertungen beschäftige die Beklagte ein Qualitätsmanagementteam von 20 Mitarbeitern. Diese Mitarbeiter würden durch den Einsatz eines Prüfalgorithmus unterstützt. Dieser überprüfe laufend abgegebene Bewertungen im Hinblick auf bestimmte Kriterien, welche sich über die Jahre hinweg als Indizien für nicht valide Bewertungen herauskristallisiert hätten. Dabei komme ein „Ampelsystem“ zum Einsatz, wonach der Algorithmus Bewertungen in „rot“, „gelb“ und „grün“ einstufe. Rot bedeute, dass die Bewertung vom Algorithmus als klar unzulässig eingestuft werde. Bei gelben Bewertungen bestehe ein Verdacht auf Manipulationen bei der Bewertung. Grüne Bewertungen seien unauffällig. Die roten und gelben Bewertungen würden dann von Mitarbeitern des Qualitätsmanagementteams nochmals angeschaut und dann werde eine Entscheidung getroffen, wie mit den Bewertungen weiter zu verfahren sei. Da dieser Algorithmus ständig dazulerne, könnten auch bereits veröffentlichte Bewertungen zu einem späteren Zeitpunkt erneut in den Fokus einer Prüfung geraten. Die einzelnen Kriterien, nach denen der Prüfalgorithmus arbeite, unterlägen dem Geschäftsgeheimnis der Beklagten. Eine Offenlegung dieser Kriterien würde zwangsläufig dazu führen, dass Ärzte bzw. von Ärzten eingeschaltete Agenturen ihr Vorgehen anpassen würden, um den Prüfalgorithmus zu umgehen. Der Prüfalgorithmus prüfe Bewertungen selbstverständlich unabhängig davon, ob diese für den Arzt positiv oder negativ seien.
16
Unstreitig habe jeder Arzt die Möglichkeit, sich bezüglich einer Bewertung zu beschweren, wobei es in der Natur der Sache liege, dass die Ärzte hiervon nur bezüglich negativer Bewertungen Gebrauch machten. In diesen Fällen müsse die Beklagte den in der Entscheidung des BGH vom 01.03.2016 (Az.: VI ZR 34/15) ausdifferenzierten Prüfprozess durchführen und den Verfasser der Bewertung auffordern, zur Behandlung dezidiert Stellung zu nehmen und – wenn möglich – Belege zu überreichen, die den Behandlungskontakt plausibel machten. Erfolge keine Rückmeldung des Verfassers in angemessener Zeit, habe die Beklagte nach der angesprochenen Rechtsprechung des BGH die jeweilige Bewertung zu löschen. Aus der vorstehenden Darstellung entstehe unstreitig eine Ausgangslage, dass ausschließlich negative Bewertungen auf das Betreiben von Ärzten auf dem Portal der Beklagten gelöscht würden, wobei nicht verkannt werden dürfe, dass Ärzte ein veritables Interesse daran hätten, bei den Bewertungen auf dem Portal der Beklagten gut dazustehen. Unbestritten habe die Beklagte insofern sehr stark mit unechten positiven Bewertungen von Ärzten zu kämpfen, welche die Ärzte selbst, deren Mitarbeiter/Verwandte oder beauftragte Agenturen abgäben (vgl. Artikel, Anlage B 1). Da aber positive Bewertungen unstreitig niemals von den Ärzten in Prüfung gegeben würden, müsse die Beklagte eigene Maßnahmen treffen, um einer kompletten Verzerrung des Bewertungsbildes zugunsten der Ärzte entgegenzutreten.
17
Wenn sich bezüglich einzelner Bewertungen der Verdacht erhärte, dass diese manipuliert worden seien, leite die Beklagte ein Prüfverfahren ein. Dieses sehe unter anderem zunächst die vom Kläger bereits beschriebene SMS-Verifikation vor. Hierdurch solle, ähnlich wie beim Prüfverfahren bei negativen Bewertungen, eine Rückmeldung des Verfassers der Bewertung herbeigeführt werden, um die Validität der Bewertung in einem ersten Schritt zu prüfen. Erfolge keine Rückmeldung des Verfassers, werde die Bewertung – wie bei den negativen Bewertungen – gelöscht. Werde die SMS-Verifikation erfolgreich durchgeführt, bedeute dies nicht, dass die Bewertung zwangsläufig bestehen bleiben könne. So könnten nach der SMS-Verifikation noch weitere Prüfschritte erfolgen. Auch insofern bestünden Parallelen zum Prüfverfahren bei negativen Bewertungen. Denn auch dort führe die Rückmeldung des Verfassers nicht zwangsläufig dazu, dass die Bewertung bestehen bleiben könne. Vielmehr seien alle Faktoren zu berücksichtigen, die für oder gegen eine Validität der einzelnen Bewertung sprächen. Nach diesen Faktoren treffe das Qualitätsmanagementteam der Beklagten am Ende eines Prüfverfahrens eine Entscheidung über den Bestand einer Bewertung.
18
Im Hinblick auf den Kläger dürfe zunächst klargestellt werden, dass der Prüfalgorithmus diverse in Bezug auf den Kläger abgegebene Bewertungen schon seit langer Zeit als „gelb“, mithin verdächtig im Hinblick auf Manipulationen, eingestuft habe. So seien unbestritten auch bereits vor dem 11.01.2018 einige positive Bewertungen des Klägers aufgrund eines negativ verlaufenden Prüfverfahrens seitens der Beklagten gelöscht worden. Dass die Löschungen der Bewertungen nichts mit der Kündigung zu tun gehabt hätten, werde im Übrigen dadurch deutlich, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Bewertungen bereits am 28.12.2017 in Prüfung gegeben und die SMS-Verifikation veranlasst gehabt habe, mithin 14 Tage bevor die Kündigung überhaupt ausgesprochen worden sei. Insofern sei es schon bezeichnend, dass die als Anlage K 4 überreichten Screenshots ausgerechnet am 28.12.2017 angefertigt worden seien, denn im Normalfall bekomme der bewertete Arzt von der Durchführung des Prüfverfahrens nichts mit, zumal er in den Bewertungsvorgang nicht involviert sein sollte. Insofern könne der Kläger nur dann von einem Prüfverfahren Kenntnis erlangt haben, wenn er mit dem Verfasser der Bewertungen in direktem Kontakt stehe. Dies wiederum spreche eindeutig dafür, dass die Bewertungen des Klägers nicht von ihm unbeeinflusst entstanden seien. In dieses Bild passe, dass der Kläger sich unbestritten Anfang des Jahres vehement dafür eingesetzt gehabt habe, dass diverse positive Bewertungen seiner angeblichen Patienten auf dem Portal der Beklagten veröffentlicht würden (vgl. Schreiben, Anlage B 2). Aufgrund der bestehenden Verdachtsfälle seien bezüglich der zehn streitgegenständlichen Bewertungen SMS-Verifikationsverfahren durchgeführt worden. Im Hinblick auf acht der Bewertungen seien diese negativ verlaufen. Parallel zu der Entscheidung des BGH vom 01.03.2016 (Az.: VI ZR 34/15) sei damit anzunehmen gewesen, dass es sich um keine validen Bewertungen gehandelt habe. Die Bewertungen seien daher gelöscht worden. Im Hinblick auf zwei weitere Bewertungen habe auch die durchgeführte SMS-Verifikation nicht dazu führen können, dass die Bewertungen bestehen bleiben hätten können, da sämtliche weiteren Versuche mit dem Nutzer in Kontakt zu treten, um die Validität zu bestätigen, gescheitert seien. Die Beklagte habe nicht verifizieren können, dass die streitgegenständlichen Bewertungen ihren Nutzungsrichtlinien entsprochen hätten.
19
Die Beklagte ist der Auffassung, es handle sich vorliegend um eine unzulässige Popularklage, weil – wenn überhaupt – nur den Verfassern der Bewertungen Ansprüche aufgrund der Löschung der Bewertungen zustünden, nicht jedoch dem Kläger.
20
Die Löschung der Bewertungen sei auch nicht willkürlich gewesen. Es dürfe zunächst nochmals klargestellt werden, dass nicht der Prüfalgorithmus darüber entscheide, ob eine Bewertung gelöscht werde. Vielmehr unterstützten die Ergebnisse des Prüfalgorithmus lediglich das Qualitätsmanagementteam der Beklagten bei der Entscheidung, wie mit einzelnen Bewertungen weiter zu verfahren sei. Die Beklagte habe aufgrund von bestehenden Verdachtsfällen Prüfungen bezüglich der streitgegenständlichen Bewertungen eingeleitet. Im Interesse der Öffentlichkeit sei die Beklagte gehalten, Verdachtsfälle im Hinblick auf Manipulationen bei Bewertungen strikt zu verfolgen. Für eine effektive Bekämpfung dieser Versuche sei es unabdingbar, dass die Beklagte ihre konkreten Kriterien zur Erkennung von Fake-Bewertungen bzw. Manipulationen nicht offenlege. Denn anderenfalls würden Ärzte und insbesondere auch auf die Abgabe von Bewertungen spezialisierte Agenturen sofort ihre Handlungsweisen anpassen, so dass eine Bekämpfung von Fake-Bewertungen erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht werden würde. Bei der Prüfung von verdächtigen Bewertungen orientiere sich die Beklagte an den Vorgaben des BGH, welche dieser für von Ärzten initiierte Prüfungen vorgegeben habe. Insofern habe der BGH im Urteil vom 01.03.2016 (Az: VI ZR 34/15) klargestellt, dass Bewertungen zu löschen seien, wenn der Verfasser auf eine Bitte um Stellungnahme zu einer Beschwerde im Hinblick auf eine Bewertung nicht reagiere. Den gleichen Maßstab wende die Beklagte bei der SMS-Prüfung und den nachfolgenden Versuchen der Verifikation einer Bewertung an.
21
Eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten seitens der Beklagten sei nicht gegeben. Der bestehende Vertrag beziehe sich ausschließlich auf die Ausgestaltung des Profils des Klägers und nicht auf die im Hinblick auf den Kläger abgegebenen Bewertungen. Im Gegenteil sei der Umgang mit den Bewertungen von der Beklagten von Anfang an komplett aus der Vertragsbeziehung herausdefiniert worden. Insofern bestünden im Hinblick auf die Bewertungen auch keinerlei Schutzpflichten, und dürfe auch nochmals betont werden, dass es sich bei den von Dritten abgegebenen Bewertungen weder um das Eigentum des Klägers handle noch um ein sonstiges Rechtsgut, welches ihm zugeordnet sei. Vielmehr handle es sich um eine Meinungsäußerung, die ein Dritter in Bezug auf den Kläger abgegeben habe. Nur diesem Dritten könnten bezüglich der Bewertung überhaupt Ansprüche zustehen.
22
Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers liege bereits deshalb nicht vor, da die Bewertungen nicht dem Gewerbebetrieb des Klägers zuzurechnen seien. Bei der Löschung von Bewertungen handle es sich auch nicht um einen betriebsbezogenen Eingriff, denn die Löschung der Bewertungen richte sich weder gegen die betriebliche Organisation noch gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Klägers. Zudem seien die Bewertungen des Klägers rechtswidrig, denn der Verkehr erwarte, wenn er Bewertungen von anderen Verbrauchern lese, dass diese Bewertungen frei und unbeeinflusst von der bewerteten Person bzw. dem bewerteten Unternehmen abgegeben worden seien. Hiervon könne keine Rede sein, wenn der Kläger die Abgabe der Bewertung seitens seiner Patienten bis auf das Kleinste kontrolliere. Die Beeinflussung von Bewertungen stelle eine wettbewerbswidrige Handlung gemäß §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG dar. Und wenn der Kläger dafür sorge, dass seine Patienten über ihn positive Bewertungen auf dem Bewertungsportal der Beklagten veröffentlichten, handle es sich im Übrigen rechtlich bei diesen Bewertungen um Werbung des Klägers. Da die Bewertungen nicht als solche gekennzeichnet worden seien, werde mit den Bewertungen ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG begründet. Zudem liege in dem Herbeiführen von positiven Bewertungen ein Verstoß gegen das Verbot berufswidriger Werbung gemäß § 27 Abs. 3 der Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte. Der Kläger könne nicht beanspruchen, dass offensichtlich rechtswidrige Bewertungen auf seinem Profil (wieder) veröffentlicht würden.
23
Zu den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen sei festzuhalten, dass vorliegend bereits nicht konkret vorgetragen sei, inwiefern eine Mitbewerbereigenschaft zwischen dem Kläger und der Beklagten vorliege. Im Übrigen wäre es gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG erforderlich, dass zwischen dem Verhalten der Beklagten (hier der Löschung einer konkreten Bewertung) und der Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen ein objektiver Zusammenhang bestehe. Dieser objektive Zusammenhang liege bei der angegriffenen Bewertung nicht vor. Die Beklagte betreibe ihr Portal mit dem Bestreben, für Transparenz im Ärzte- und Gesundheitswesen zu sorgen. An der konkreten einzelnen Bewertung bestehe jedoch kein eigenes wirtschaftliches Interesse der Beklagten. Weder die Verbreitung noch die Löschung einer Bewertung erfolgten zur Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen der Beklagten oder eines Dritten. Insofern seien die hier streitgegenständlichen Löschungen auch keine geschäftlichen Handlungen im Sinne des UWG, so dass der Anwendungsbereich des UWG daher nicht eröffnet sei.
24
Am 05.04.2019 ist ein nicht nachgelassener Schriftsatz des Klägervertreters vom 04.04.2019 bei Gericht eingegangen.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschriften vom 20.09.2018 (Bl. 70/73 d.A.) und 12.03.2019 (Bl. 91/94 d.A.) Bezug genommen.
26
A. Die Klage ist zulässig, insbesondere liegt keine unzulässige Popularklage vor, weil der Kläger sich im Streitfall nicht eigenmächtig zum Sachwalter fremder Angelegenheiten macht, sondern ein – behauptetes – Recht als eigenes in Anspruch nimmt (vgl. dazu Musielak/Voit/Weth, ZPO, 16. Auflage, § 51 Rdnr. 14 und 16).
27
B. Die Klage ist nicht begründet.
28
I. Der mit Klageantrag Ziffer 1. geltend gemachte Anspruch auf Wiederveröffentlichung der zehn aus Anlage A ersichtlichen Nutzerbewertungen ist nicht aus §§ 280 Abs. 1, 3, 282, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB gegeben. Denn zwischen den Parteien bestand zwar jedenfalls bis zur Kündigung des „Premiumpakets Gold“ durch den Kläger zum 31.12.2018 ein vertragliches Schuldverhältnis im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB mit entsprechenden Haupt- und Nebenleistungspflichten sowie den in § 241 Abs. 2 BGB besonders angesprochenen Verhaltenspflichten. Gegenstand dieses Vertrags war allerdings ausdrücklich nur die Ausgestaltung des Profils des Klägers auf dem Bewertungsportal der Beklagten, nicht aber die von Dritten im Hinblick auf den Kläger abgegebenen Bewertungen (vgl. Leistungsbeschreibung, Anlage K 3). Hierauf weist die Beklagte ihre Premiumkunden nach dem – insoweit unbestrittenen – Vortrag auf S. 13 bis 15 der Klageerwiderung (Bl. 37/39 d.A.) auch unmissverständlich hin, indem sie den Premiumkunden vor Vertragsabschluss etwa durch den Hinweis „Bitte beachten Sie: Ein Premium-Paket hat keinen Einfluss auf Ihre Bewertungen oder auf die Position Ihres Profils in der j…-Ärzteliste.“ klar zu verstehen gibt, dass die Buchung eines Premiumpakets keinerlei Auswirkungen auf den Umgang mit den Bewertungen hat. Der Umgang mit den Bewertungen Dritter wurde daher – der von der Beklagten angestrebten Neutralität ihres Bewertungsportals Rechnung tragend – explizit aus dem Vertragsverhältnis „Premiumpaket Gold“ ausgeklammert. Diesem Umstand ist aufgrund der Tatsache, dass er nach dem Inhalt des Vertrags für die Beklagte wesentlich ist und dazu auf objektiv verständlichen Erwägungen beruht, bei der Bestimmung von Umfang und Reichweite der gesetzlichen Schutzpflichten hinreichend Rechnung zu tragen. In der Konsequenz kann dieser Umstand in der vorliegenden Konstellation nicht Gegenstand der Pflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB sein.
29
II. Ein Anspruch des Klägers auf Wiederveröffentlichung der streitgegenständlichen Nutzerbewertungen besteht auch nicht aus §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB.
30
1. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist in der Rechtsprechung als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt. Es handelt sich um einen offenen Auffangtatbestand, der eine sonst bestehende Lücke schließen soll. Vorausgesetzt wird ein betriebsbezogener Eingriff in den geschützten betrieblichen Bereich. Inhalt und Grenzen des Schutzes einschließlich der Rechtswidrigkeit des Eingriffs ergeben sich aber, entsprechend der Natur als offener Tatbestand, erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphären (st. Rspr., vgl. etwa Palandt/Sprau, BGB, 78. Auflage, § 823 Rdnr. 133; BGH NJW 1983, 812; BGH NJW 1998, 2141).
31
2. Der Schutz des Betriebsinhabers gegen Beeinträchtigungen, der auch auf Art. 12 GG gründet, soll die ungestörte rechtmäßige Betätigung und Entfaltung eines funktionierenden Betriebs im Wirtschaftsleben sichern. Er umfasst alles, was in seiner Gesamtheit den Betrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt und damit den wirtschaftlichen Wert des Betriebs als bestehender Einheit ausmacht, also nicht nur den Bestand des Betriebs, sondern beispielsweise auch einzelne Erscheinungsformen, Geschäftsideen und Tätigkeitskreise, Kundenstamm und Geschäftsbeziehungen, Know-how und Goodwill. Geschützt sind im Falle eines unmittelbaren Eingriffs in ihre Berufstätigkeit auch Angehörige freier Berufe, die kein eigentliches Gewerbe betreiben, wie etwa Ärzte und Zahnärzte (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 78. Auflage, § 823 Rdnr. 134).
32
3. Aber auch wenn das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Grundsatz alles schützt, was der unternehmerischen Betätigung und Entfaltung im Wirtschaftsleben dient, bedarf es zur Eingrenzung des Anspruchs einer Betriebsbezogenheit des Eingriffs, der sich nach seiner objektiven Stoßrichtung gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten muss; erforderlich ist ferner eine Schadensgefahr, die über eine bloße Belästigung oder sozialübliche Behinderung hinausgeht und geeignet ist, den Betrieb in empfindlicher Weise zu beeinträchtigen (vgl. BGH NJW 1998, 2141; BGH NJW 1985, 1620).
33
4. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind zwar auch die streitgegenständlichen, zugunsten des Klägers abgegebenen Nutzerbewertungen grundsätzlich vom Schutz des klägerischen Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfasst, und liegt in der Löschung dieser zehn Bewertungen durch die Beklagte auch ein Eingriff in dieses Recht des Klägers. Mangels Betriebsbezogenheit und Rechtswidrigkeit dieses Eingriffs sowie mangels einer relevanten Schadensgefahr besteht aber kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Wiederveröffentlichung dieser Bewertungen als auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatz.
34
Im Einzelnen:
35
a) Die für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB erforderliche Betriebsbezogenheit des Eingriffs ist im Streitfall nicht gegeben. Denn dass sich die Löschung der Bewertungen ihrer objektiven Stoßrichtung nach gegen den betrieblichen Organismus des Klägers gerichtet und diesen nicht nur reflexhaft beeinträchtigt hat, vermochte der für den objektiven Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastete Kläger (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 78. Auflage, § 823 Rdnr. 133 mit Verweis auf § 823 Rdnr. 80) nicht darzutun. Der insoweit unbestreitbar bestehende zeitliche Zusammenhang zwischen der Kündigung des „Premiumpakets Gold“ durch den Kläger und den Löschungen der Bewertungen durch die Beklagte allein reicht zum Beleg hierfür nicht, weil nach dem unbestrittenen Sachvortrag der Beklagten auf S. 7 der Klagerwiderung (Bl. 31 d.A.) auch bereits vor dem 11.01.2018 einige positive Bewertungen des Klägers aufgrund eines negativ verlaufenden Prüfverfahrens seitens der Beklagten gelöscht worden waren, und weil auch der Kläger selbst auf S. 5 der Replik (Bl. 52 d.A.) hat vortragen lassen, dass er bereits seit Herbst 2017 den Verdacht gehegt habe, dass die Beklagte gelegentlich Bewertungen verändere oder lösche, ohne dies mitzuteilen. Ein etwaiger bestehender erster Anschein, dass die Löschung der Bewertungen eine Reaktion auf die Vertragskündigung des Klägers sein könnte, wird hierdurch beseitigt; weitere belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Löschung der Bewertungen nicht ausschließlich der Qualitätswahrung dienen, sondern vielmehr den Kläger sanktionieren sollten, sind von diesem aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
36
b) Hinzu kommt, dass im Streitfall auch nicht von einer Rechtswidrigkeit des Eingriffs der Beklagten in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers ausgegangen werden kann.
37
aa) Nach den in der Entscheidung BGH GRUR 2016, 855 – www.j….de für den Fall der von einem Arzt angestrebten Löschung einer negativen Bewertung aufgestellten Grundsätzen hat zunächst der klagende Arzt den behaupteten Rechtsverstoß hinreichend konkret zu rügen (Tz. 24 und 25). Die hinreichend konkrete Rüge einer behaupteten Rechtsverletzung löst sodann eine Prüfungspflicht der Beklagten aus (Tz. 37), an die strenge Anforderungen zu stellen sind (Tz. 39 bis 42), d.h. die Beklagte hat die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden zu übersenden und diesen zu einer qualifizierten Stellungnahme mitsamt der Übermittlung etwaiger Unterlagen anzuhalten (Tz. 43). Darlegungs- und beweisbelastet für die Unrichtigkeit der Bewertung ist demnach der klagende Arzt (Tz. 46), die Beklagte trifft allerdings eine sekundäre Darlegungslast (Tz. 47).
38
bb) Dieses für den Fall einer angestrebten Löschung von Negativbewertungen entwickelte höchstrichterliche Prüfschema ist auf die hiesige Konstellation, in der der Kläger die Wiederveröffentlichung positiver Bewertungen verlangt, entsprechend zu übertragen. Demnach hätte es zunächst dem Kläger oblegen, konkret, wenn auch ggf. anonymisiert, zum jeweiligen Behandlungskontakt und zur Validität jeder einzelnen Bewertung auszuführen. In diesem Zusammenhang kann sich der Kläger auch nicht – wie in der mündlichen Verhandlung geschehen – darauf berufen, dass es ihm nicht möglich sei, hierzu im Einzelnen näher vorzutragen. Denn die in der Anlage A – auszugsweise – vorgelegten Bewertungen enthalten eine Reihe von Anhaltspunkten wie den Bewertungszeitpunkt, den Versicherungsstatus, teils auch den Wohnort, eine ungefähre Altersangabe oder Ausführungen zur Krankheitsgeschichte, anhand derer der Kläger die Person des Bewertenden feststellen oder zumindest eingrenzen hätte können. An einer entsprechenden Durchsicht seiner eigenen Patientenkartei wäre der Kläger auch nicht aus datenschutzrechtlichen Gründen gehindert, zumal er ausweislich seines als Anlage B 2 vorgelegten Schreibens in Absprache mit seinen Patienten dokumentiert, wann welcher Patient eine Bewertung bei dem Bewertungsportal der Beklagten abgegeben hat. Diesen höchstrichterlichen Anforderungen hat der Kläger im Streitfall nicht genügt, so dass im Weiteren schon keine sekundäre Darlegungslast der Beklagten besteht.
39
Selbst wenn man dies aber anders sehen wollte, hätte die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast vorliegend jedenfalls genügt. Denn die Beklagte hat im Einzelnen dazu vorgetragen, wie und warum sie zu der Auffassung gelangt ist, dass sie die Validität der streitgegenständlichen Bewertungen nicht gewährleisten könne. So hat die Beklagte ausgeführt, dass sie zur Qualitätswahrung und zur Validitätsprüfung der auf ihrem Bewertungsportal eingestellten Bewertungen einen automatischen, selbstlernenden Prüfalgorithmus einsetze, dessen Verdachtsmeldungen von ihrem aus 20 Mitarbeitern bestehenden Qualitätsmanagementteam nochmals geprüft würden. Nähere Einzelheiten ihres Prüfsystems und insbesondere die Funktionsweise des von ihr verwendeten Prüfalgorithmus brauchte die Beklagte nicht offenzulegen, weil die sekundäre Darlegungslast einer Partei nur im Rahmen des Zumutbaren besteht, was zur Folge hat, dass Betriebsgeheimnisse grundsätzlich nicht offenbart werden müssen (vgl. BGH GRUR 2012, 626 – CONVERSE I, Tz. 28). Darüber hinaus hat die Beklagte dazu ausgeführt, dass eine anschließend zur Prüfung der Validität der Bewertungen durchgeführte SMS-Verifikation im Hinblick auf acht der streitgegenständlichen Bewertungen negativ verlaufen sei, weshalb diese mit Blick auf die Entscheidung BGH GRUR 2016, 855 – www.j….de zu löschen gewesen seien. Hinsichtlich der beiden weiteren Bewertungen seien sodann sämtliche weiteren Versuche, mit dem Nutzer in Kontakt zu treten, gescheitert, weshalb letztlich auch diese Bewertungen gelöscht worden seien, weil sich deren Validität nicht bestätigen habe lassen. Diesen substantiierten Sachvortrag der Beklagten vermochte der für die Validität der Bewertungen beweisbelastete Kläger nicht zu widerlegen, und er hat auch auf andere Weise nicht belegen können, dass die in Rede stehenden Bewertungen – bei denen es sich im Übrigen auch nur zum Teil um sog. Alt-Bewertungen handelt – belastbar sind und damit deren Löschung rechtswidrig ist.
40
cc) Eine Rechtswidrigkeit des Eingriffs folgt schließlich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Kläger vor der Löschung der in Rede stehenden Bewertungen nicht angehört hat. Denn es ist – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – Sache des Verfassers einer Bewertung, diese gegenüber der Beklagten zu verifizieren, und nicht des bewerteten Arztes, der für den Inhalt einer ordnungsgemäß abgegebenen Bewertung nicht verantwortlich ist.
41
c) Des Weiteren ist auch die Eingriffsintensität im Streitfall derart gering, dass eine relevante Schädigung des Klägers ausgeschlossen ist. Denn nach der Löschung der von der Beklagten als nicht valide eingestuften zehn Bewertungen blieben zum Profil des Klägers ausweislich der als Anlagenkonvolut K 6 b vorgelegten Internetausdrucke vom 18.01.2018 immer noch 51 Bewertungen abrufbar, und die Gesamtnote des Klägers sank durch die Löschung auch – anders als der Kläger vortragen lässt – nicht „deutlich“, sondern nur unmaßgeblich um 0,1 ab, nämlich von 1,5 am 11.01.2018 (vgl. Screenshots mit Stand: 11.01.2018, Anlage K 6 a) auf 1,6 am 18.01.2018 (vgl. Screenshots mit Stand: 18.01.2018, Anlage K 6 b). Und dass den gelöschten Bewertungen ein besonderer Inhalt innegewohnt hätte, der für den Kläger von essentieller Bedeutung gewesen wäre, hat dieser schon nicht behauptet und lässt sich den – nur auszugsweise vorgelegten – Bewertungen auch nicht entnehmen.
42
d) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass es gerade in Fällen der vorliegenden Art, wo es um einen „offenen“ Haftungstatbestand wie den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach § 823 Abs. 1 BGB geht, einer einzelfallbezogenen Güterabwägung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des zu beurteilenden Sachverhalts und der Bedeutung der sich gegenüberstehenden Grundrechte der Beteiligten bedarf (vgl. BGH NJW 1998, 2141), nämlich im Streitfall dem Recht auf freie Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG und der Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG auf Seiten des Klägers und der Meinungs- und Medienfreiheit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG sowie ebenfalls der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG auf Seiten der Beklagten, die sich als juristische Person des Privatrechts ebenfalls auf den entsprechenden Grundrechtsschutz berufen kann.
43
aa) Die genannten Grundrechte erschöpfen sich nicht in der Funktion des Abwehrrechts des Bürgers gegen den Staat, sondern entfalten als Grundrechte mittelbare Drittwirkung und beeinflussen hierdurch auch die Werteordnung des Privatrechts (vgl. dazu auch BGH GRUR 2014, 1228 – Ärztebewertung II, Tz. 26-28 und 32 ff.). Die kollidierenden Grundrechtspositionen des Klägers einerseits und der Beklagten andererseits sind mithin in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden. Die hierbei vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung und Abwägung kann dementsprechend nicht allein aus der Perspektive eines einzelnen Grundrechts vorgenommen werden, sondern hat sich auf den Ausgleich zwischen gleichberechtigten Grundrechtsträgern zu beziehen (vgl. BVerfG GRUR 2016, 690 – Metall auf Metall).
44
bb) Die gebotene Abwägung führt zu dem Ergebnis, dass die Interessen des Klägers an der Wiederveröffentlichung bestimmter Bewertungen die Interessen der Beklagten am ordnungsgemäßen Betrieb ihres Portals im Streitfall nicht überwiegen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass positive Bewertungen auf dem Internetportal der Beklagten für Ärzte – und gerade auch spezialisierte Ärzte mit einer bestimmten Fachausrichtung und einem entsprechend weiten Einzugsbereich – von hoher Bedeutung sind, weil das Bewertungsportal der Beklagten über eine erhebliche Breitenwirkung verfügt und die hierauf eingestellten Bewertungen Auswirkungen auf den sozialen und beruflichen Geltungsanspruch eines Arztes haben und die Arztwahl behandlungsbedürftiger Personen beeinflussen, wodurch sie sich unmittelbar auf die Chancen des Arztes im Wettbewerb mit anderen Ärzten auswirken. Weil aber die Missbrauchsgefahren und deren unerwünschte Folgen für die Leistungstransparenz auf dem Bewertungsportal der Beklagten nicht zu unterschätzen sind (so auch schon BGH GRUR 2016, 855 – www.j….de, Tz. 40), muss der Beklagten zugebilligt werden, Bewertungen entweder im Verdachtsfall oder auch stichprobenhaft auf ihre Validität hin zu überprüfen, um einen ordnungsgemäßen Betrieb ihres Portals zu gewährleisten. An einem solchen ordnungsgemäßen Betrieb besteht ein außerordentlich hohes Interesse der Allgemeinheit, denn die Öffentlichkeit hat ein erhebliches Interesse an Informationen über ärztliche Dienstleistungen, und gefälschte Bewertungen können mit gravierenden negativen Folgen für den ärztlichen Rat Suchenden verbunden sein. Es ist der Beklagten daher zuzugestehen, Bewertungen, deren Validität nicht feststeht, im Zweifel zu löschen, vorausgesetzt, die Löschung erfolgt nicht willkürlich, als Sanktion für eine Vertragskündigung des bewerteten Arztes oder zum Zwecke einer ungerechtfertigten Bevorzugung von dessen Mitbewerbern, wofür im Streitfall allerdings – wie bereits unter B.II.4.a) ausgeführt – keinerlei tragfähige Anhaltspunkte bestehen.
45
cc) Auf eine Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG beruft sich der Kläger nicht, und eine solche ist auch nicht ersichtlich, weil der Kläger durch das Fehlen der gelöschten Bewertungen nicht herabgewürdigt wird.
46
III. Der Anspruch des Klägers auf Wiederveröffentlichung der zehn streitgegenständlichen Bewertungen ist auch nicht aus §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1 und 9 S. 1 UWG begründet.
47
1. Weil zwischen den Parteien kein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, ist schon der Anwendungsbereich des UWG nicht eröffnet.
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a) Anspruchsberechtigt zur Geltendmachung der Ansprüche aus §§ 3, 5 UWG ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG der Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, d.h. jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (vgl. BGH GRUR 2015, 1129 – Hotelbewertungsportal).
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b) Die Mitbewerbereigenschaft eines Unternehmers lässt sich allerdings nicht abstrakt feststellen, vielmehr ist an die jeweilige konkrete geschäftliche Handlung anzuknüpfen. Sie entscheidet darüber, ob sich der handelnde Unternehmer zu einem anderen Unternehmer in Wettbewerb stellt. Der Mitbewerberbegriff des Lauterkeitsrechts ist also handlungsbezogen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 37. Auflage, § 2 Rdnr. 98 m.w.N.; Harte/Henning/Keller, UWG, 4. Auflage, § 2 Rdnr. 130). Erforderlich, aber auch ausreichend ist mithin, dass die geschäftliche Handlung eines Unternehmens die Angebots- und Nachfragestellung eines konkurrierenden Unternehmens negativ beeinflussen kann. Eine bloße Beeinträchtigung reicht zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses nicht aus, wenn es an jeglichem „Konkurrenzmoment“ im Angebots- und Nachfragewettbewerb fehlt (Harte/Henning/Keller, UWG, 4. Auflage, § 2 Rdnr. 133).
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c) Anders als in dem der Entscheidung BGH GRUR 2015, 1129 – Hotelbewertungsportal zugrunde liegenden Sachverhalt wird vorliegend durch die hier inmitten stehende geschäftliche Handlung der Beklagten, nämlich das Bereithalten eines Ärztebewertungsportals, nicht der Wettbewerb des als Zahnarzt tätigen Klägers beeinträchtigt. Denn auch im vom BGH entschiedenen Fall boten die Parteien zwar keine gleichartigen Dienstleistungen an. Ausreichend war aber dort, dass durch die Bewertungen auf dem Hotelbewertungsportal der dortigen Beklagten die Attraktivität ihres mit dem Portal verknüpften Online-Reisebüros erhöht wurde, was wiederum den Absatz der Beherbergungsdienstleistungen des betroffenen Hotels der dortigen Klägerin beeinträchtigte (vgl. dazu auch Harte/Henning/Keller, UWG, 4. Auflage, § 2 Rdnr. 145). Vorliegend aber bietet die Beklagte weder ärztliche Dienstleistungen an noch vermittelt sie solche. Als bloße Portalbetreiberin tritt die Beklagte deshalb mit dem Kläger nicht in Wettbewerb.
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d) Auch die Tatsache, dass die Beklagte interessierten Ärzten daneben auch die Möglichkeit bietet, im Rahmen kostenpflichtiger Premium-Angebote ihr Basisprofil auszugestalten, kann allenfalls zur Begründung eines abstrakten Wettbewerbsverhältnisses, nicht aber zur Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses genügen.
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e) Und auch ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Förderung fremden Wettbewerbs kann nach dem vorgetragenen Sachverhalt nicht angenommen werden. Denn allein durch die von der Beklagten angebotene Möglichkeit, durch Buchung eines kostenpflichtigen Premium-Angebots das ohnehin vorhandene Basisprofil des jeweils zu bewertenden Arztes auszugestalten, verlässt sie ihre Stellung als „neutraler“ Informationsmittler (anders als in dem der Entscheidung BGH GRUR 2018, 636 – Ärztebewertung III zugrunde liegenden Sachverhalt, wo die Beklagte durch die Art der Werbung, die sie zahlenden Ärzten auf ihrem Bewertungsportal angeboten hat, einzelnen Ärzten verdeckte Vorteile verschafft hat) – noch – nicht, weshalb die Förderung des Wettbewerbs anderer Unternehmer durch das Löschen positiver Bewertungen bei einem Unternehmer zu weit von einer Förderung fremden Wettbewerbs entfernt ist, um vom Vorliegen der Voraussetzungen einer geschäftlichen Handlung des Portalbetreibers im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG auszugehen. Es handelt sich vielmehr um einen Fall, in dem die anderen Unternehmer nur irgendwie – gleichsam reflexartig – in ihrem Marktstreben betroffen sind, was für die Förderung fremden Wettbewerbs nicht genügt (vgl. zum Ganzen auch Büscher in GRUR 2017, 433, 436, 438).
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2. Im Übrigen liegt auch keine, jedenfalls aber keine wettbewerblich relevante Irreführung vor. Denn der hierfür beweisbelastete (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Auflage, § 5 Rdnr. 1.240 ff.) Kläger konnte schon nicht dartun, dass die Beklagte valide Bewertungen gelöscht hat (siehe B.II.4.b) aa) und bb)). Darüber hinaus ist das Löschen von zehn Bewertungen bei einer noch verbleibenden erheblichen Anzahl von 51 Bewertungen bzw. das geringfügige Absinken der Gesamtnote von 1,5 auf 1,6 auch nicht dazu geeignet, bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise – zu denen die Kammermitglieder als Durchschnittsnachfrager ärztlicher Dienstleistungen und zumindest potentielle Nutzer von Arztbewertungsportalen gehören – irrige Vorstellungen über die Qualität der vom Kläger angebotenen zahnärztlichen Dienstleistungen hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Auflage, § 5 Rdnr. 1.171).
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IV. Weil aus den genannten Gründen kein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht, ist auch der mit Klageantrag Ziffer 2. verfolgte Kostenerstattungsanspruch nicht begründet.
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C. Soweit der nachgereichte Schriftsatz des Klägervertreters vom 04.04.2019 anderes als bloße Rechtsausführungen enthält, war er gemäß § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage, § 132 Rdnr. 4). Eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 ZPO hinsichtlich des neuen Vortrags war insbesondere auch nicht im Hinblick auf die am 13.03.2019 von der Beklagten veröffentlichte Pressemitteilung veranlasst (vgl. dazu auch BGH NJW 2000, 142 f. und Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage, § 156 Rdnr. 4 und 5), weil auch diese nicht zu einer Änderung der Darlegungs- und Beweislastverteilung im Streitfall führen würde. Denn anders als der Klägervertreter meint, schließt der im Verfahren gehaltene Vortrag der Beklagten, dass nämlich die Bewertenden in acht Fällen nicht und in zwei Fällen nicht weiter kontaktiert werden hätten können, nicht aus, dass es sich insoweit auch zugleich um manipulierte Bewertungen gehandelt habe; ein widersprüchlicher Sachvortrag der Beklagten lässt sich hieraus nicht konstruieren.
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D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.
Dr. Hannamann
Vorsitzende Richterin
am Landgericht
Dr. Berger
Richter
Holzner
Richterin
Der Kläger ist Fernsehmoderator der Sendung “A”, die Beklagte Herausgeberin der Zeitschrift „B“. In der Ausgabe vom 18.2.2017 veröffentlichte die Beklagte unter der Überschritt “Leser Aktion E TV DVB-T2-Receiver für HD-TV ENDLICH SCHARF!” einen Beitrag, der mit einem Foto des Klägers aus der Sendung “A” bebildert war. Einer solchen Verwendung hatte der Kläger nicht zugestimmt und er ist auch unstreitig bisher nicht als Werbeträger in Erscheinung getreten. Ob er entsprechende Angebote erhalten und diese abgelehnt hat, ist zwischen den Parteien umstritten. Der Kläger macht gegen die Beklagte im Hinblick auf die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Bildnisses Ansprüche auf Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht, Auskunft sowie Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten geltend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils (Bl. 98 ff.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 28.2.2018 antragsgemäß verurteilt und ausgeführt, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG zustehe. Es liege weder eine Einwilligung im Sinne des § 22 S. 1 KUG vor noch könne die Verbreitung des Bildnisses des Klägers auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gestützt werden. Zwar bestehe auch ein schutzwürdiges Informationsinteresse der Allgemeinheit, da die Leser auf die Umstellung des Empfangs über Antenne hingewiesen würden. Allerdings falle die Interessenabwägung zu Gunsten des Klägers aus, weil der werbende Charakter des Beitrags deutlich im Vordergrund stehe und die Beklagte für ein pressefremdes Produkt werbe. Die durch die Wortberichterstattung mitgeteilte Information werde durch das Foto des Klägers nicht transportiert oder ergänzt. Angesichts seiner Größe komme dem Foto des Klägers auch keine lediglich untergeordnete Rolle zu, zumal er bzw. seine Sendung in der begleitenden Wortberichterstattung nicht erwähnt würden. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die sog. C-Affäre im Zeitpunkt der Veröffentlichung allgemein bekannt gewesen sei, denn weder sie noch ihre aktuelle Entwicklung finde im Beitrag Erwähnung. Dem Kläger stehe auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch aus § 242 BGB zu, da die begehrte Auskunft erforderlich sei, um einen konkreten Bereicherungsanspruch zu beziffern und gegenüber der Beklagten geltend machen zu können.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und verfolgt ihr erstinstanzliches Ziel der Klageabweisung weiter. Sie ist der Auffassung, dass der streitgegenständliche Beitrag keine Werbeanzeige darstelle, sondern redaktioneller Art sei. Das Bildnis des Klägers werde nicht zu gewerblichen Zwecken genutzt, da sie – dies wird erstmals mit der Berufungsbegründung vorgetragen – für die Veröffentlichung des Beitrags weder ein Entgelt erhalten noch einen sonstigen mittelbaren oder unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil aus der Anzeige erzielt habe. Der Beitrag erfülle vielmehr die Funktion eines Ratgebers, der dem Leser aufzeigen solle, wie er mit der Umstellung des DVB-T-Netzes umgehen könne. Innerhalb der Abwägung sei abweichend von den Ausführungen des Landgerichts zu berücksichtigen, dass die Aufnahme mit Wissen und Wollen des Klägers entstanden sei. Darüber hinaus sei er – insbesondere im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Bildes – eine im öffentlichen Leben bekannte Person gewesen.
Die Berichterstattung über die Umstellung des DVB-T-Netzes werde mit einem Bildnis des Klägers illustriert, dessen Sendung von der Umschaltung auch betroffen sei. Das vom Landgericht unterstellte Erfordernis, dass das veröffentlichte Bildnis einen Bezug zum Wortbeitrag haben müsse, existiere nicht. Darüber hinaus spielten Text und Bildnis durch die Doppeldeutigkeit des Wortpaars “ENDLICH SCHARF” zusammen, da nicht nur die Schärfe des Bildes, sondern auch die Schärfe des Klägers – wie sie sich im Zusammenhang mit dessen Gedicht über Herrn D offenbart habe – angesprochen sei. Auf diese Weise seien aktuelle Ereignisse in Bezug genommen und kommentiert worden. Werde ein werbender Charakter des Beitrages unterstellt, sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Werbung für ein Produkt einer anderen Mediengattung ebenso wie die Werbung für ein eigenes Presseerzeugnis dem Schutz der Pressefreiheit unterfalle.
Die Beklagte macht weiter geltend, das Bildnis des Klägers nehme nicht 1/3 der Fläche der Berichterstattung ein und bei den Angaben auf den Seiten 4 und 5 des betreffenden Heftes stünde nicht der werbende Charakter im Vordergrund. Dem Auskunftsanspruch des Klägers stehe darüber hinaus entgegen, dass ein Rechtsgrund für die mit dem Antrag 2c) und d) geltend gemachten Auskünfte nicht bestehe und im Übrigen dem Kläger die Umstände der „Werbekampagne“ bereits bekannt seien.
das Urteil des Landgerichts Köln vom 28.2.2018 (28 O 269/17) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
Er macht geltend, es handele sich bei dem streitgegenständlichen Beitrag sehr wohl um Werbung für den angebotenen Receiver sowie das ebenfalls vorgestellte TV-Abonnement. Der werbliche Eindruck werde auch dadurch verstärkt, dass der Beitrag einen Internet-Link enthalte, mit dem der Leser das entsprechende Angebot der Fa. E abrufen könne. Nutze man diesen Link, so werde man auf eine Internetseite der Beklagten weitergeleitet, auf der sich folgender Text befinde: „Vielen Dank für Ihr Interesse! Sie werden jetzt zur Internetseite unseres Aktionspartners weitergeleitet“. Der Beitrag der Beklagten bestehe daher keineswegs nur darin, den Leser über die Einführung des neuen DVBT-Standards zu informieren, sondern vielmehr gehe die Zielrichtung dahin, ihm einen Receiver zu verkaufen. Der Vortrag der Beklagten, sie habe für den streitgegenständlichen Beitrag weder ein Entgelt erhalten noch einen wirtschaftlichen Vorteil erzielt, sei fernliegend, werde bestritten und sei zudem wegen Verspätung unbeachtlich.
Der Kläger ist der Ansicht, der Anwendungsbereich von § 23 Abs. 1 KUG sei schon nicht eröffnet, weil der streitgegenständliche Beitrag allein den Geschäftsinteressen der Beklagten bzw. ihres Kooperationspartners E diene. Der angebliche Bezug der Formulierung „Endlich scharf!“ zu dem von ihm vorgetragenen Gedicht über den türkischen Staatspräsidenten sei lediglich konstruiert und aus dem Beitrag nicht erkennbar. Die Senderbezeichnung „F“ werde durch den blauen Werbestempel „Leseraktion“ verdeckt, das Gedicht sei ein Jahr zuvor ausgestrahlt worden und er – der Kläger – werde nicht unmittelbar mit dem Wort „scharf“ assoziiert. Im Übrigen habe die Beklagte nicht dargelegt, welches berechtigte Interesse sie an der Verwendung seines Fotos in der Werbung habe und worüber die Öffentlichkeit durch dieses Foto informiert werde.
Der Kläger ist schließlich der Ansicht, dass jedenfalls seine Interessen im Rahmen von § 23 Abs. 2 KUG überwögen, weil allein ihm die Befugnis zustehe, über die werbliche Verwendung seines Bildnisses zu entscheiden. Durch das unmittelbare Nebeneinander der Werbung und seines Bildnisses werde seine Bekanntheit ausgenutzt, indem der Leser eine gedankliche Verbindung herstelle, die zu einem Imagetransfer führe. Auch werde von Seiten der Leser angenommen, dass ein neben dem Produkt abgebildeter Prominenter zumindest seine Einwilligung zur Verwendung des Bildnisses erteilt habe. Er verliere aufgrund der streitgegenständlichen Abbildung an Glaubwürdigkeit hinsichtlich kritischer Äußerungen über den Springer-Konzern, wenn er in dessen Zeitschriften zu Werbezwecken abgebildet werde.
Auch die vom Landgericht bejahte Auskunftspflicht sei nicht zu beanstanden. Er habe die Wahl, die Beklagte auf Ersatz des konkreten Schadens, auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr oder auf Herausgabe des Verletzergewinns in Anspruch zu nehmen. Die begehrten Informationen seien gerade auch zur Berechnung des Verletzergewinns notwendig.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Die Berufung der Beklagten ist begründet, was zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Abweisung der Klage führt.
Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten, Auskunft sowie Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten nicht zu.
1. Die Klage ist zwar nicht wegen Fehlens einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers unzulässig. Denn nachdem der Kläger zunächst – was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urt. v. 9.12.1987 – IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332 m.w.N.) im Rahmen von § 253 ZPO nicht ausreicht – lediglich die Adresse seines Prozessbevollmächtigten angegeben hat, hat er mit Schriftsatz vom 26.11.2018 seine Geschäftsadresse und damit eine ladungsfähige Anschrift angegeben.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil die geltend gemachten Ansprüche in der Sache voraussetzen, dass die Beklagte den Kläger in rechtswidriger Weise in seinem Persönlichkeitsrecht einschließlich seines Rechts am eigenen Bild verletzt hat und ihm damit zur Zahlung einer sog. fiktiven Lizenzgebühr (§ 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB) bzw. – bei Verschulden – zum Ersatz des entstandenen/noch entstehenden Schadens (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG) verpflichtet ist, der durch eine von der Beklagten zu erteilende Auskunft vorzubereiten ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
a. Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen, das sowohl den verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung trägt (BGH, Urt. v. 29.5.2018 – VI ZR 56/17, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17, juris Rn. 10; BGH, Urt. v. 6.3.2007 – VI ZR 51/06, juris Rn. 9). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Ohne eine solche Einwilligung dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) veröffentlicht werden, es sei denn, durch die Bildveröffentlichung werden berechtigte Interessen des Abgebildeten bzw. der Wahrnehmungsberechtigten verletzt (§ 23 Abs. 2 KUG). Zu beurteilen, ob Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegen, erfordert bereits eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK anderseits (vgl. BGH, Urt. v. 29.5.2018 – VI ZR 56/17, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17, juris Rn. 10). Um der Bedeutung und Tragweite der Pressefreiheit Rechnung zu tragen, ist der Begriff der Zeitgeschichte dabei nicht allein auf Vorgänge von historischer oder politischer Bedeutung zu beziehen, sondern vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen (BGH, Urt. v. 29.10.2009 – I ZR 65/07, juris Rn. 15). Insoweit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse (OLG Köln, Urt. v. 29.08.2017 – 15 U 180/16, juris Rn. 19). Ein Informationsinteresse besteht jedoch nicht schrankenlos. Begrenzt wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BGH, Urt. v. 29.5.2018 – VI ZR 56/17, juris Rn. 14; BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17, juris Rn. 15; BGH, Urt. v. 27.9.2016 – VI ZR 310/14, juris Rn. 7). Wie die Grenzen für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu konturieren ist, lässt sich dabei nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden (BGH, Urt. v. 29.5.2018 – VI ZR 56/17, juris Rn. 14; BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17, juris Rn. 15; BGH, Urt. v. 28.10.2008 – VI ZR 307/07, juris Rn. 14).
b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Beklagte zwar in das Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen, weil sie sein Bildnis ohne seine Einwilligung für Werbezwecke verwendet hat.
aa. Die Entscheidung darüber, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke verwandt wird, ist wesentlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts ist (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2012 – I ZR 234/10, juris Rn. 17; BGH, Urt. v. 29.10.2009 – I ZR 65/07, juris Rn. 14; BGH, Urt. v. 18.11.2010 – I ZR 119/08, juris Rn. 12). Eingegriffen wurde in diese vermögensrechtliche Komponente des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dadurch, dass der Kläger – wie sich aus einer Zusammenschau der Abbildung seines Bildnisses sowie der Textberichterstattung ergibt – ohne seine Zustimmung für Werbezwecke vereinnahmt wurde (vgl. zum Beeinträchtigungscharakter BGH, Urt. v. 31.5.2012 – I ZR 234/10, juris Rn. 16; BGH, Urt. v. 18.11.2010 – I ZR 119/08, juris Rn. 12).
bb. Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dem fraglichen Beitrag nicht um eine rein redaktionelle Berichterstattung, sondern (jedenfalls auch) um Werbung.
Ob ein Bild zur Werbung eingesetzt wird, ist aus der Sicht des Durchschnittslesers zu beurteilen, wobei es nicht erforderlich ist, dass die Abbildung in einer Werbung verwandt wird, die offen als solche ausgewiesen wird (BGH, Urt. v. 14.3.1995 – VI ZR 52/94, juris Rn. 12; BGH, Urt. v. 31.5.2012 – I ZR 234/10, juris Rn. 17). Auch wenn der Beitrag der Beklagten nicht ausdrücklich als Werbeanzeige gekennzeichnet ist, erhält er die typischen Merkmale einer Werbung. Insoweit kann auf die Wertungen zurückgegriffen werden, die im Wettbewerbsrecht entwickelt wurden, um im Rahmen des § 5a Abs. 6 UWG Handlungen zu identifizieren, mit denen ein kommerzieller Zweck verfolgt wird, der nicht hinreichend kenntlich gemacht wird. Ein solcher kommerzieller Zweck liegt vor, wenn die entsprechende Handlung auf die Förderung des Absatzes eines Produktes gerichtet ist (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Aufl. 2016, § 5a UWG Rn. 95). Hierunter fällt auch sogenannte Schleichwerbung, mittels derer die Werbeaussage getarnt und dem Adressaten gegenüber der Eindruck vermittelt wird, er erhalte neutrale und objektive Informationen (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Aufl. 2016, § 5a UWG Rn. 99). Eine solche Schleichwerbung kann insbesondere dann vorliegen, wenn ein redaktioneller Beitrag ein Produkt über das durch eine sachliche Information bedingte Maß hinaus werbend darstellt, indem er beispielsweise trotz einer Vielzahl von Produkten entsprechender Art nur ein Erzeugnis nennt oder wenn das Produkt nach dem Inhalt der begleitenden Aussage derart in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und lobend herausgestellt wird, dass beim Rezipienten der Eindruck erweckt wird, dass das jeweilige Produkt vergleichbaren Produkten gegenüber eine derart außerordentliche Qualität aufweise, dass sich ein käuflicher Erwerb gegenüber vergleichbaren Produkten lohne (vgl. BGH Urt. v. 7.7.1994 – I ZR 104/93, juris Rn. 15). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Inhalt des Berichts, dessen Anlass und Aufmachung sowie die Gestaltung und Zielsetzung des Presseorgans, zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.1993 – I ZR 14/91, juris Rn. 19; BGH, Urt. v. 31.10.2012 – I ZR 205/11, juris Rn. 16).
cc. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze verfolgt der streitgegenständliche Beitrag auch Werbezwecke.
(1) Optisch sticht dies zunächst dadurch hervor, dass über die Überschrift die Produktbezeichnung bzw. Wortmarke „E TV“ platziert ist. Die typographische Gestaltung sowie die Farbgebung sind deutlich an die Bildmarke E bzw. E TV angelehnt. Wie auch im Falle einer Verwendung der Marke durch E selbst erfüllt dies hier eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion, d.h. gerade den Zweck, ein bestimmtes Produkt gegenüber sonstigen Produkten abzuheben. Darüber hinaus enthält der Beitrag alleine eine Abbildung eines bestimmten Receivers der Marke Samsung, der den Aufdruck „E TV“ trägt.
(2) Dem werbenden Charakter steht auch nicht der Umfang des Textanteils entgegen. Typisch für eine Werbeanzeige ist nicht das Verhältnis von Bild- und Textanteil, sondern vielmehr, dass die Rezipienten über die Existenz und Beschaffenheit eines konkreten Produktes informiert werden und Argumente dafür genannt werden, dieses zu erwerben. Insofern enthalten die erste sowie die vierte Spalte des Fließtextes Informationen zum Leistungsspektrum des Samsung DBV-T2 HD-Receiver sowie eines E-TV Abos und auch dazu, zu welchen Modalitäten sie erworben werden können. Dass die Beklagte in besonderer Weise für E als Anbieter eintritt, wird durch den Einleitungssatz „E und B rettet Sie jetzt …“ deutlich, der dem Leser ein enges Kooperationsverhältnis suggeriert. Der untergeordnete Textteil, der an sich keine spezifisch produktbezogenen Informationen enthält, hat auch die Funktion, die Zielgruppe für ein entsprechendes Produkt zu adressieren. So erfüllen der Hinweis auf den Systemwechsel von DVB-T auf DVB-T2 und seine Konsequenzen sowie die Anleitung, wie der Leser erkennen kann, dass er von der Umstellung betroffen ist den Zweck, diejenigen für das Produkt zu sensibilisieren, die bisher ein DVB-T-Gerät genutzt haben, nach dem Systemwechsel ein DVB-T2-Gerät benötigen und darüber hinaus weiterhin Privatsender empfangen möchten.
(3) Auch die auf der folgenden Seite eingefügten Text- und Bildelemente erfüllen entsprechende Funktionen. Konkretisiert werden die Produkt- und Erwerbsinformationen durch die Angaben in dem eingerahmten Kasten mit der Überschrift „SO GEHT’S“ sowie durch die tabellarische Zusammenstellung der wesentlichen Bestandteile des Angebots unter der Überschrift „DAS E-AKTIONSANGEBOT“. Der rechtsseitigen Abbildung der Logos der Fernsehsender („DIESE SENDER SIND ZUM START IM PAKET“) lässt sich im Einzelnen entnehmen, welche Fernsehsender mit dem Receiver und dem E-TV-Abo empfangen werden können. Durch die Abbildung der Karte wird graphisch veranschaulicht, wo das DVB-T2-Signal zu empfangen ist und auf diese Weise wiederum die Zielgruppe des Produkts abgegrenzt.
Deutlich für den Werbecharakter spricht auch, dass das vermeintlich günstige Preis-Leistungs-Verhältnis hervorgehoben wird, indem der Beitrag die Angabe enthält, der Receiver sei um „satte 50 %“ reduziert, die zusätzlich über dem Textbeitrag platziert ist („50 % SPAREN!“) und wegen ihrer farblichen Gestaltung bzw. des Fettdrucks ins Auge fällt, sowie die Bezeichnung des Preises als „Schnäppchenpreis“ in der Überschrift. Auch wird herausgestellt, dass das Angebot besondere zusätzliche Leistungen umfasst („Dazu gibt’s“, „Vier Monate sind für Sie gratis“, „vier Gratis-Monate“, „Der HD-Receiver bietet als Extra …“). An den Leser wird appelliert, das Produkt zu erwerben („Schnappen Sie sich jetzt“, „Sichern Sie sich jetzt …“) und diese gezielte Ansprache, die Verortung in der Rubrik „Leseraktion“ sowie die Heraushebung, es handele sich um eine „exklusive Aktion“, suggerieren darüber hinaus, der Leser gehöre zu einem auserwählten Adressatenkreis, dem dieses Angebot vorübergehend vorbehalten sei.
(4) Dass der Receiver gegenüber sonstigen Produkten besonders lobend hervorgehoben werden soll, lässt sich auch dem Verweis auf einen Test in einer früheren Ausgabe entnehmen („SCHON GETESTET“). Durch die Formulierung „ebenso ausgereiften Eindruck wie teurere Receiver“ wird das vermeintlich gute Preis-Leistungs-Verhältnis auch im Vergleich zu sonstigen Receivern hervorgehoben. Bestätigung findet die Qualifizierung des Beitrages als Werbeanzeige auch bereits auf der Titelseite der Zeitschrift. Dort wird in der Kopfzeile auf die vermeintliche Möglichkeit verwiesen, 50 % zu sparen, es sind Produktname und Preis des Receivers benannt sowie das E TV – Logo abgebildet.
(5) In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte – wie sie erstmals und vom Kläger bestritten mit der Berufungsbegründung vorträgt – aus der Veröffentlichung des entsprechenden Beitrags keinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil erzielt. Der Erhalt eines irgendwie gearteten Vorteils ist zwar Bestandteil der Legaldefinition von Werbung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 RstV, worunter jede Äußerung fällt, die bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs im Rundfunk von einem öffentlich-rechtlichen oder einem privaten Veranstalter oder einer natürlichen Person entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern. Für die Frage jedoch, ob und inwieweit durch die Veröffentlichung eines Bildnisses in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, kann es aber auf einen derartigen wirtschaftlichen Vorteil nicht ankommen. Denn aus Sicht des Betroffenen macht es keinen Unterschied, welcher Dritte wirtschaftlich von der Veröffentlichung seines Bildnisses profitiert – aus seiner Sicht entscheidend ist alleine, dass er der Möglichkeit beraubt wird, darüber zu entscheiden, ob und zu welchem Preis er sein Bildnis in den Dienst eines Produkts stellen möchte. Für die Beurteilung der Frage, ob Werbung vorliegt oder nicht, kommt es vor diesem Hintergrund alleine darauf an, ob das Bildnis zu dem Zwecke eingesetzt wird, den Absatz eines Produktes zu fördern bzw. den Adressaten zum Erwerb eines Produktes zu bewegen, was hier der Fall ist.
c. Dieser Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers bzw. in sein Recht am eigenen Bild ist jedoch nicht rechtswidrig.
aa. Über diese Frage ist – entgegen der Ansicht des Klägers – im Rahmen einer Abwägung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zu entscheiden. Der Anwendungsbereich dieser Regelung ist auch im Falle einer Werbeanzeige eröffnet, wenn diese nicht ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens, sondern daneben auch einem Informationsinteresse der Öffentlichkeit dient (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2012 – I ZR 234/10, juris Rn. 22; BGH, Urt. v. 29.10.2009 – I ZR 65/07, juris Rn. 15).
Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen und auf reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat, und zwar auch auf die Veröffentlichung eines Bildnisses, das die Meinungsäußerung transportiert oder ergänzt (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.2006 – I ZR 182/04, juris Rn. 15). Dabei ist der Informationsgehalt der Bildberichterstattung im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln, insbesondere unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17, juris Rn. 18; BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 8/07, juris Rn. 18), wobei die Wahrnehmung der Leser bei der Lektüre der Zeitschrift maßgeblich ist (BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 8/07, juris Rn. 18).
(1) Vorliegend kommt dem Bildnis des Klägers im Gesamtkontext mit der Abbildung des DVB-T2-Receivers und der Wortberichterstattung zunächst ein informativer Gehalt dahingehend zu, dass ein Empfang seiner Sendung „A“ nach der Umstellung nur mithilfe eines DVB-T2 Receivers weiter möglich ist. Während die Wortberichterstattung zunächst erläutert, dass am 29.3.2017 eine technische Umstellung erfolgt, illustriert das Standbild aus der Fernsehsendung des Klägers in diesem Zusammenhang aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten, dass (auch) dieses Format mit dem in der Berichterstattung genannten Gerät nach der technischen Umstellung empfangen werden kann. Soweit der Kläger mit der Berufungserwiderung geltend macht, eine Zuordnung sei schon deshalb nicht möglich, weil das Senderlogo (F) vom Werbebanner der Fa. E überdeckt sei, steht dies dem vorbeschriebenen Aussagegehalt nicht entgegen. Denn der Kläger hat zur Überzeugung des Senats in der Öffentlichkeit einen Bekanntheitsgrad erreicht haben, der auch ohne das entsprechende Logo seine Erkennbarkeit als Moderator der betreffenden Sendung ermöglicht.
Bei der Umstellung des Sendebetriebes handelt es sich vor dem Hintergrund des heutigen Stellenwertes des Fernsehprogramms um eine Frage von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie vorliegend – diese Berichterstattung mit (technischen) Ausführungen und Ratschlägen dazu verbunden ist, wie der Leser verhindern kann, nach dem Stichtag „erst einmal nichts“ zu sehen.
(2) Daneben kommt der Berichterstattung der Beklagten aber noch ein weiterer Informationsgehalt zu. Denn durch die Kombination des Bildnisses des Klägers mit der Bildaufschrift „ENDLICH SCHARF!“ wird ein Wortspiel verwendet, welches doppeldeutig zum einen die optische Qualität des Fernsehbildes in sog. „HD“ und zum anderen die beruflichen Qualitäten des Klägers als Moderator einer Satiresendung herausstellt.
Auf den ersten Blick wird dem durchschnittlichen Rezipienten bei der fraglichen Formulierung zwar möglicherweise zunächst nur die Bildschärfe in den Sinn kommen, die nach der technischen Umstellung und bei Verwendung der beworbenen Produkte künftig sichergestellt wird soll. Im Duden finden sich für den Begriff „scharf“ allerdings auch die Synonyme „angriffslustig, beleidigend, bissig, boshaft, gallig, polemisch, verletzend, zynisch; (abwertend) gehässig, schnippisch“. Insoweit ist es jedenfalls nicht fernliegend, die Bildaufschrift als satirische/doppeldeutige Anspielung auf die Art und Weise zu verstehen, wie der Kläger seine Sendung gestaltet, zumal er – jedenfalls seit der Veröffentlichung seines Gedichts „Schmähkritik“ – bundesweit als „scharfer“ Satiriker gilt.
Das Adverb „endlich“, durch das das Ende einer als lang empfundenen Wartezeit bezeichnet wird, passt ebenfalls auf beide Aspekte des doppeldeutigen Wortspiels. Zum einen wird damit verdeutlicht, dass der neue Receiver über einen HD-Empfang und damit über ein „schärferes“ Bild verfügt. Zum anderen wird damit darauf angespielt, dass die Art der Auseinandersetzung mit tagesaktuellen Themen, wie sie der Kläger in seiner Sendung vornimmt, vom Autor des Beitrags wertgeschätzt wird. Auch wenn weder das Bild noch die Unterschrift ausdrücklich auf diesen Aspekt verweisen, ist angesichts des konkreten Veröffentlichungszeitpunktes anzunehmen, dass zugleich auch die Diskussion um das klägerische Gedicht „Schmähkritik“ in Bezug genommen und kommentiert werden. Zwar wurde die Sendung, in der der Kläger das Gedicht vortrug, bereits am 31.3.2016 ausgestrahlt, während die streitgegenständliche Ausgabe der Zeitschrift der Beklagten erst ein knappes Jahr später am 18.2.2017 erschien. Ein zeitlicher Kontext besteht aber insoweit, als das Landgericht Hamburg in seinem Urteil vom 10.2.2017 einige Passagen des Gedichts untersagt hat, was zur Folge hatte, dass andere Passagen als zulässig galten und dies wiederum von der nationalen und teilweise auch internationalen Presse aufgenommen und kommentiert wurde. Es ist vor diesem Hintergrund anzunehmen, dass dem durchschnittlichen Leser, der die mediale Berichterstattung verfolgt hat, zu diesem Zeitpunkt auch die konkrete Debatte um das Gedicht vor Augen gestanden hat und er damit die Bezeichnung „ENDLICH SCHARF!“ auch auf die Debatte um die Rezitation des Gedichtes bezogen haben wird.
(3) Entgegen der Auffassung des Landgerichts spielt es für die Bewertung dieses Informationsgehaltes keine Rolle, inwieweit die Wortberichterstattung ausdrücklich einen Bezug zur Sendung des Klägers und deren Schicksal bei Umstellung des DVBT-Empfangs bzw. zur Diskussion um besagtes Gedicht herstellt. Besteht nämlich der Informationsgehalt des Bildnisses im Verbund mit der Bildunterschrift bereits aus sich heraus (hier durch die Kombination des Fotos des Klägers mit der Bildunterschrift „Endlich scharf“), wird er nicht dadurch minimiert, dass er in der (weiteren) Textberichterstattung keine Entsprechung findet. Insoweit ist es Sache der Medien, über Art und Weise der Berichterstattung und ihre Aufmachung zu entscheiden (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17, juris Rn. 14). Zu dieser Formwahlfreiheit gehört auch, dass nicht alles, was ausgedrückt werden soll, auch zwingend verbalisiert werden muss. Vielmehr ist es ins Belieben der Presse gestellt, allein durch gezielte Andeutungen Assoziationen beim Betrachter bzw. Leser hervorzurufen.
bb. Ist damit zugunsten der Werbung im streitgegenständlichen Beitrag auch ein Informationsgehalt zu berücksichtigen, fällt die Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit bzw. seines Bildnisses und dem von der Beklagten wahrgenommenen öffentlichen Informationsinteresse zu Gunsten der Beklagten aus.
(a) Die Eingriffsintensität der Werbung ist gering, da es sich lediglich um eine sog. Aufmerksamkeitswerbung handelt (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.2009 – I ZR 65/07, juris Rn. 19). Zutreffend hat das Landgericht insofern ausgeführt, dass die Abbildung des Klägers nur als Blickfänger dient. Diese Funktion erfüllt sie durch die zentrierte Position des Bildnisses in der oberen Beitragshälfte, die – wie das Landgericht zutreffend angenommen hat – rund 1/3 des Gesamtbeitrags ausmacht.
Eine weitergehende Ausnutzung von Werbewert und Image des Klägers liegt dagegen nicht vor. Ein solcher – deutlich intensiverer – Eingriff setzt voraus, dass durch die Werbung der Eindruck erweckt wird, die abgebildete Person identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl. BGH, Urt. v.26.10.2006 – I ZR 182/04, juris Rn. 19). Gleiches gilt, wenn durch ein unmittelbares Nebeneinander der Ware und des Abgebildeten in der Werbung das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware übertragen wird, weil der Betrachter der Werbung eine gedankliche Verbindung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt, die zu einem Imagetransfer führt (vgl. BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 8/07, juris Rn. 29). Diese Fallgruppen sind hier allerdings nicht gegeben: In der Berichterstattung der Beklagten wird das Bildnis des Klägers in eine alltägliche Benutzungssituation des beworbenen Produktes eingebettet. Es wird für den Rezipienten ersichtlich, dass mit dem beworbenen Receiver die vom Kläger moderierte Sendung weiterhin empfangen werden kann, ohne dass dabei jedoch der Eindruck erweckt, der Kläger werbe selbst für das konkrete Produkt. Auch wenn das Bildnis des Klägers und das Bild des beworbenen Receivers unmittelbar untereinander abgebildet sind, ist es fernliegend, dass das Image des Klägers sich aus Sicht des Betrachters auf das Produkt übertragen würde. Es wird nicht der Eindruck erweckt, dass ein „berühmter Mann“ wie der Kläger gerade das beworbene Produkt nutze (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 9.5.1956 – I ZR 62/54, juris Rn. 11), oder dass der Betrachter durch die Benutzung der angepriesenen Produkte Eigenschaften des Klägers erwerben würde bzw. dem Produkt Eigenschaften des Klägers anhaften (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 8/07, juris Rn. 32).
Soweit sich der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 17.12.2018 darauf berufen hat, er sei als Moderator eines öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders vertraglich dazu verpflichtet, jedwede Art von Werbeauftritten mit dem Sender abzustimmen, führt auch dieser Umstand zu keiner anderen Beurteilung. Aus dem vom Kläger auszugsweise vorgelegten Moderatorenvertrag (vgl. Anlage PBP 23) ergibt sich nicht, dass der Kläger einem absoluten Werbeverbot unterliegt oder dass beispielsweise werbliche Auftritte für ihn mit unmittelbaren finanziellen oder sonstigen Nachteilen verbunden wären, die möglicherweise bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien eine Rolle spielen könnten. Vielmehr ergibt sich daraus lediglich, dass der Kläger vor Werbeaktivitäten die Zustimmung des Senders einzuholen hat, die nur versagt wird, wenn „wichtige Gründe einer solchen Tätigkeit entgegenstehen“.
(b) Bei der Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes sind weiter die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, sowie in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt ist (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17, juris Rn. 18; BGH, Urt. v. 22.11.2011 – VI ZR 26/11, juris Rn. 26). Insoweit kann auch auf das abgestufte Schutzkonzept nach Sphären zurückgegriffen werden, nach dem maßgeblich ist, ob das Bild der stärker geschützten Privatsphäre oder der weniger geschützten Sozialsphäre zuzuordnen ist (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17, juris Rn. 28; BGH, Urt. v. 27.9.2016– VI ZR 310/14, juris Rn. 12).
Auch in dieser Hinsicht ist die Eingriffsintensität gering. Das Bildnis des Klägers stellt ein Standbild aus der von ihm moderierten Fernsehsendung dar. Insoweit ist er durch die Veröffentlichung seines Bildnisses lediglich in seiner Sozialsphäre – wenn nicht sogar nur in seiner Öffentlichkeitssphäre – tangiert, weil die berufliche Tätigkeit und mithin ein Bereich betroffen ist, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht (BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, juris Rn. 31). Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist darüber hinaus insoweit reduziert, als es den Abgebildeten bei einer Tätigkeit zeigt, wegen der er gerade die Öffentlichkeit besonders auf sich aufmerksam gemacht hat (BGH, Urt. v. 6.2.1979 – VI ZR 46/77, juris Rn. 17).
(c) Demgegenüber hat das Landgericht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit in der Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Informationswert der Abbildung und der sie begleitenden Berichterstattung im Rahmen der Frage zu, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern und damit den Informationsbedarf des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17, juris Rn. 17; BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 8/07, juris Rn. 17, 20).
Soweit mit der Abbildung des Klägers die Information vermittelt wird, dass die in der Wortberichterstattung geschilderte technische Änderung im DVBT-Empfang dazu führt, dass seine Sendung – wie auch eine Vielzahl anderer Sendungen – nur mit dem neuen DVB-T2-Gerät empfangen werden kann, ist dem durchaus ein Informationswert beizumessen, mag er in der Abwägung auch gering sein und daher allein nicht durchgreifend. Hinzu kommt jedoch, dass die Beklagte mit der Abbildung des Klägers in Zusammenschau mit der Bildunterschrift „ENDLICH SCHARF!“ auf dessen angriffslustige Art im Allgemeinen und – angesichts des zeitlichen Zusammenhangs zum Urteil des Landgerichts Hamburg – im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Gedichts „Schmähkritik“ im Besonderen anspielt. In der Entscheidung „G“ hat der Bundesgerichtshof den Informationswert als zu gering eingestuft, um die Veröffentlichung eines Bildnisses von H zu rechtfertigen, da die Bildunterschrift „keinerlei Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte“ hatte (vgl. BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 8/07, juris Rn. 23). Zwar wird auch in der hiesigen Konstellation zunächst allein das vom Kläger verantwortete Sendungsformat charakterisiert. Es ist jedoch zusätzlich der konkrete Veröffentlichungskontext zu berücksichtigen. Die öffentliche Debatte um das Gedicht „Schmähkritik“ und den Kläger sowie seine Sendung begann im Vorjahr der Veröffentlichung und dauerte angesichts der Urteilsverkündung des Landgerichts Hamburg in der Vorwoche der Veröffentlichung auch noch im Veröffentlichungszeitpunkt fort. Anders als mit der Bezeichnung des Formats „G“ als „spannend“, stellt die Bildunterschrift „ENDLICH SCHARF!“, die sich auf das Bild bezieht, folglich einen – wenn auch kurzen – Beitrag in einer anhaltenden aktuellen Debatte dar.
Zugunsten der Beklagten kann allerdings nicht noch zusätzlich berücksichtigt werden, dass sich das Informationsinteresse bereits deshalb aus dem Gegenstand der Werbung selbst ergäbe, weil es der ständigen Rechtsprechung entspricht, dass bereits mit der Eigenwerbung für ein Pressprodukt ein besonderer Informationswert einhergeht (vgl. BGH, Urt. v.18.11.2010 – I ZR 119/08, juris Rn. 21; OLG Köln, Urt. v. 22.02.2011 – I-15 U 133/10, juris Rn. 48 – die Mitteilung der Inhalte und Gestaltung einer Zeitschrift sowie der angesprochene Leserkreis sind von hohem allgemeinem Interesse, da der Verlag mit der Werbeanzeige sein Presseerzeugnis vorstellt und über dieses informiert). Denn in Rede standen dabei stets solche Bildveröffentlichungen, die dem Betrachter die hypothetische zukünftige Gestaltung (BGH, Urt. v. 29.10.2009 – I ZR 65/07, juris) oder eine tatsächliche vergangene Gestaltung (OLG Köln, Urt. v. 22.2.2011 – 15 U 133/10, juris Rn. 48) exemplarisch vor Augen führen sollten, weil der Schutz der Pressefreiheit von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinungsäußerung reicht und sich daher nicht auf die unmittelbar inhaltsbezogene Pressetätigkeiten beschränkt, sondern die Werbung für das Presseerzeugnis mit einschließt (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.2009 – I ZR 65/07, juris Rn. 23). Diese Wertungen greifen jedoch hier nicht ein, weil die beworbenen Produkte (Receiver und HD-TV-Abo) keine Presseerzeugnisse der Beklagten sind.
In der Gesamtschau ist damit das Bildnis des Klägers zulässigerweise von der Beklagten als Bildnis der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG veröffentlicht worden: Der Beeinträchtigungsgrad ist gering, da dem Bildnis des Klägers lediglich die Funktion zukommt, die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das beworbene Produkt zu lenken, ohne dass der Image- oder Werbewert des Klägers ausgenutzt würde. Darüber hinaus wird der Kläger lediglich in seiner Sozialsphäre beeinträchtigt, zumal das Bildnis aus einer Situation herrührt, in der er sich freiwillig dem Blick der breiten Öffentlichkeit preisgegeben hat. Demgegenüber überwiegt der Informationswert des Bildnisses im Verbund mit der Bildaufschrift insoweit, als in der öffentlichen Kontroverse um den Kläger, die auch im Veröffentlichungszeitpunkt noch anhält, Position bezogen wird. Im Vergleich zur Entscheidung „G?“, in dem der BGH dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers den Vorrang einräumte, da „ein schützenswerter Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung in Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere wegen der Ausnutzung seines Image- und Werbewerts nicht erkennbar ist“ (BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 8/07, juris Rn. 33), sind vorliegend die Gewichtungen in doppelter Hinsicht verschoben: Zum einen wird der Image- und Werbewert des Klägers gerade nicht ausgenützt, zum anderen enthält die Werbung auch einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung.
3. Mangels Verletzung der Rechte des Klägers aus § 22 KUG sind auch der Auskunftsantrag und der auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Leistungsantrag unbegründet.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 16.1.2019 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Gleiches gilt für den Schriftsatz des Klägers vom 04.02.2019
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Streitwert: 34.642,40 Euro
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 25. September 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, eine identifizierende Berichterstattung in ihrem Online-Archiv zum Abruf bereitzuhalten.
Der als Steuerberater tätige Kläger war in den 1990er Jahren für die Fraktion der Deutschen Sozialen Union (DSU) im Landtag des Landes Sachsen-Anhalt tätig. Am 3. Dezember 1997 veröffentlichte die Beklagte einen Artikel, in dem über einen Strafprozess gegen den früheren Fraktionsvorsitzenden A. der DSU und den Kläger wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von Fraktionsgeldern berichtet wird. Dieser Artikel ist nach wie vor auf der Internetseite der Beklagten über eine Archivfunktion abrufbar. Er hat unter anderem folgenden Inhalt:
“Die unglaubliche Dreistigkeit des Scheins Veröffentlicht am 03.12.1997 […]
Urteil gegen Ex-Fraktionschef der Deutschen Sozialen Union (DSU) wird morgen erwartet
Mit Schreiben vom 4. und 14. März 2013 forderte der Kläger die Beklagte auf, seinen Namen zu löschen.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich des Hauptantrags des Klägers, seinen Vor- und Nachnamen im veröffentlichten Artikel zu löschen, abgewiesen und die Beklagte entsprechend dem vom Kläger gestellten Hilfsantrag verurteilt, es zu unterlassen, über den Kläger im Zusammenhang mit dem vor dem Landgericht M. im Jahre 1997 im Zusammenhang mit der Verurteilung des Fraktionsvorsitzenden der Deutschen Sozialen Union A. erhobenen Vorwurf unter voller Namensnennung zu berichten, wenn das geschieht wie auf der Internetseite der Beklagten unter http://www.[…].html. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, den Beitrag auf dem Internetauftritt der Beklagten in der Weise zum Abruf bereit zu halten, dass er durch Eingabe des Klägers in Internetsuchmaschinen von diesen aufgefunden und in den Ergebnislisten ausgewiesen wird. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger der zuerkannte Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu. Die Beklagte habe mit dem Vorhalten des Artikels im Online-Archiv keine unzulässige identifizierende Berichterstattung fortgeführt. Es bedürfe daher der Entscheidung, ob, unter welchen Voraussetzungen und mit welcher Maßgabe einer ursprünglich rechtmäßigen Berichterstattung nachträglich mit einem Unterlassungsbegehren entgegengetreten werden könne. Mit zeitlicher Distanz nehme das schützenswerte Interesse des Täters, vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zu. Im Streitfall werde auch noch etwa 25 Jahre nach Tatbegehung und etwa 20 Jahre nach aktueller Berichterstattung über das damals noch nicht beendete Gerichtsverfahren der ursprüngliche Bericht weiterhin mit voller Namensnennung ohne Aufwand oder aufwändige Recherche allein durch Eingabe des Vor- und Zunamens der Kläger über die gängigen Suchmaschinen sofort reaktualisiert. Es könne ohne weiteres unterstellt werden, dass es heutzutage üblich sei, bei Anbahnung von Geschäftskontakten mit Anbietern höherer Dienste, zu denen in der Regel ein Vertrauensverhältnis erforderlich sei, Informationen über diese Personen im Internet einzuholen. Dies gelte erst recht dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – über die Eingabe des Namens des Klägers zum Beispiel bei “Google” ein Interessent auch heute noch bereits auf der ersten Seite auf den Artikel der Beklagten hingewiesen und dabei der Kläger im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Veruntreuung erwähnt werde, ohne Hinweis darauf, dass es sich um einen zwanzig Jahre alten Artikel handle. Letzteres und die Einzelheiten des Artikels würden erst nach Anklicken des Suchergebnisses offenbar. Dabei werde dem Leser dann mitgeteilt, dass es sich um eine Berichterstattung über ein laufendes Strafverfahren handle. Diesem gravierenden Eingriff stehe aktuell kein überwiegendes oder gleichwertiges Recht der Beklagten auf ungehindertes Vorhalten der Informationen durch individualisierende Berichterstattung in Bezug auf den Kläger mehr gegenüber. Die Beklagte sei Störer und könne den Kläger nicht auf eine Inanspruchnahme der Suchmaschinenbetreiber verweisen. Sie werde auch nicht unzumutbar dadurch in ihrer Pressefreiheit beeinträchtigt, dass ihr die Pflicht auferlegt werde, auf die konkrete Rüge eines Betroffenen zu prüfen, ob eine Altmeldung noch unverändert im Online-Archiv verbleiben könne oder im Hinblick auf den zu gewährleistenden Persönlichkeitsschutz zu modifizieren sei.
Die Tenorierung des Unterlassungsanspruchs sei nicht entsprechend dem vom Kläger im Berufungsrechtszug formulierten Hilfsantrag abzuändern gewesen. Der innerhalb der verlängerten Frist zur Berufungserwiderung eingereichte Hilfsantrag sei als Anschlussberufung zu werten. Von einer Modifikation des Unterlassungsausspruchs sei abgesehen worden, weil das mit dem Hilfsantrag formulierte Unterlassungsgebot nicht als eine die Beklagte geringer belastende und daher dem Verhältnismäßigkeitsprinzip eher entsprechende Maßnahme erachtet werde, sondern als ein Aliud, welches weder dem primären Rechtsschutzziel des Klägers entspreche noch der Verteidigung der Beklagten Rechnung trage. Denn diese wende selbst nicht ein, dass geringer belastende, für sie umsetzbare Maßnahmen zu Gebote stünden. Bei dem Begehren, den Zugriff auf Archive durch technische Lösungen zu unterbinden, handle es sich vielmehr allenfalls um eine Alternative zur Verwirklichung des Persönlichkeitsrechtsschutzes. Wenn sich die Frage stelle, ob und auf welchem Weg es technisch umsetzbar sei, die Auffindbarkeit über Suchmaschinen zu unterbinden, so sei die Vollstreckbarkeit für den Kläger betroffen, der sich primär für einen weitergehenden Anspruch entschieden habe. Auch beeinträchtige ein vermeintlich geringer belastendes Unterlassungsgebot, dessen Umsetzung technisch wegen der Vielzahl von Zugriffsmöglichkeiten noch nicht sicher zu gewährleisten sei, letztlich auch die Beklagte unverhältnismäßig, nämlich dann, wenn in Ermangelung einer technisch zuverlässigen Lösung aus Rechtsgründen wie auch tatsächlich der Zwang entstehe, in Gestalt einer über die eigentliche Verurteilung hinausgreifenden Reaktion das Archiv als solches oder die Zugriffsmöglichkeiten für die externen Nutzer sehr viel drastischer zu beschneiden als geschuldet.
Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, das weitere Bereithalten des den Kläger identifizierenden Artikels zum Abruf sei rechtswidrig und begründe den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung der identifizierenden Berichterstattung im Online-Archiv der Beklagten, wird durch die getroffenen Feststellungen nicht getragen.
a) Das Berufungsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass das Bereithalten des Artikels zum Abruf im Internet einen Eingriff in den Schutzbereich des durch § 823 Abs. 1, § 1004 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers darstellt. Denn die Berichterstattung über ein Strafverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert. Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn – wie im Streitfall – den Straftäter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden. Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich (vgl. Senat, Urteile vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 15; vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 8; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 9; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 34; vom 1. Februar 2011 – VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285Rn. 11; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 13; vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 10; jeweils mwN; siehe weiter EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 86 ff. [auszugsweise Übersetzung in NLMR 2018, 257]).
b) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass über den Unterlassungsantrag des Klägers aufgrund einer Abwägung seines Rechts auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden ist (vgl. Senat, Urteile vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 18; vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54Rn. 9; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 10; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 35; vom 1. Februar 2011 – VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 12; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 14; vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11; jeweils mwN; EGMR, Urteile vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 89 ff.; vom 7. Februar 2012 – 39954/08, NJW 2012, 1058). Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Juni 2018 – VI ZR 284/17, NJW 2018, 3509 Rn. 18; vom 10. April 2018 – VI ZR 396/16, NJW 2018, 2877 Rn. 19; vom 2. Mai 2017 – VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 22; vom 29. November 2016 – VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 15; vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 18; vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 9; jeweils mwN).
c) Die getroffenen Feststellungen tragen aber nicht die Annahme, dass das weitere Bereithalten des den Kläger identifizierenden Artikels zum Abruf rechtswidrig ist.
aa) In der Rechtsprechung sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 11 ff.; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 12 ff.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480Rn. 61 f.; AfP 2010, 365 Rn. 27 ff.; AfP 2012, 143 Rn. 36, 39; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10; jeweils mwN). Danach darf die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 12; BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 12; AfP 2012, 143 Rn. 39; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 105). Verfehlungen – auch konkreter Personen – aufzuzeigen, gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 12; BVerfG, AfP 2012, 143 Rn. 39; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 105). Bei Tatsachenberichten hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 12; BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 90 f.).
Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung entscheidende Bedeutung zu. Geht es um die Berichterstattung über eine Straftat, ist zu berücksichtigen, dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung begründet grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter (vgl. Senat, Urteile vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681 Rn. 18; vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 12; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 13; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 38; vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52 Rn. 19; vom 1. Februar 2011 – VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 15; vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 14; jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 18; AfP 2010, 365 Rn. 32; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 – 39954/08, NJW 2012, 1058 Rn. 96). Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise, Schwere oder wegen anderer Besonderheiten von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt (vgl. Senat, Urteile vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681 Rn. 18; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 19; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197Rn. 38; vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52 Rn. 19; vom 1. Februar 2011 – VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 15; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 17; vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 14; jeweils mwN).
Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (vgl. Senat, Urteile vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 39; vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52 Rn. 19; vom 1. Februar 2011 – VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 16; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 18; vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 15; jeweils mwN). Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss aber in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens und seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 12; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 13; jeweils mwN; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; AfP 2009, 365Rn. 20). Für die Abwägung bedeutsam ist auch, ob die Berichterstattung allein der Befriedigung der Neugier des Publikums dient oder ob sie einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet und die Presse mithin ihre Funktion als “Wachhund der Öffentlichkeit” wahrnimmt (vgl. Senat, Urteil vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 13, mwN; BVerfGK 1, 285, 288; BVerfG, AfP 2006, 354, 356; EGMR, Urteile vom 7. Februar 2012
– 39954/08, NJW 2012, 1058 Rn. 79, 90; vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 111).
Handelt es sich um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren, so ist im Rahmen der Abwägung auch die zugunsten des Betroffenen sprechende, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Diese Vermutung schützt den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafbemessung vorausgegangen ist (vgl. Senat, Urteil vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 14; BVerfGE 74, 358, 371; 82, 106, 114 f.). Dementsprechend ist bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen auch die Gefahr in Blick zu nehmen, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf “etwas hängenbleibt” (vgl. Senat, Urteil vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229Rn. 14; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; AfP 2009, 46 Rn. 15; AfP 2009, 365 Rn. 20; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 – 39954/08, NJW 2012, 1058 Rn. 96). Da im Rahmen der Abwägung von erheblicher Bedeutung ist, ob eine Tatsachenbehauptung im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Veröffentlichung zulässig war, kann es darauf ankommen, ob die Voraussetzungen einer Verdachtsberichterstattung vorlagen (vgl. Senat, Urteil vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 20 ff.).
Mit zeitlicher Distanz zum Strafverfahren und nach Befriedigung des aktuellen Informationsinteresses der Öffentlichkeit gewinnt das Interesse des Betroffenen, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmend an Bedeutung (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 15; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197Rn. 40; BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; AfP 2009, 365 Rn. 21; jeweils mwN). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters. Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit dem Abschluss des Strafverfahrens die gebotene Reaktion der Gemeinschaft erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, so lassen sich fortgesetzte oder wiederholte Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen mit Blick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft nicht ohne weiteres rechtfertigen. Eine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse ist damit jedoch nicht gemeint (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 21). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt dem Betroffenen keinen uneingeschränkten Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit seiner Verfehlung konfrontiert zu werden (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 15; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 40, mwN). Selbst die Verbüßung der Straftat führt nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat “allein gelassen zu werden”. Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht einschließlich des Resozialisierungsinteresses des Straftäters von der Berichterstattung unter den konkreten Umständen des Einzelfalls beeinträchtigt wird (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; AfP 2009, 365 Rn. 21; EGMR, Urteil vom 7. Dezember 2006, Beschwerde Nr. 35841/02, Österreichischer Rundfunk gegen Österreich, Nr. 68, ÖJZ 2007, 472, 473; jeweils mwN). Für die Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 19).
bb) Eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht möglich.
(1) Zwar hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die identifizierende Berichterstattung im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Veröffentlichung rechtmäßig war. Die Beklagte durfte in dem Artikel über die Hauptverhandlung des Strafverfahrens unter Nennung des Namens des Klägers berichten. Es bestand ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem auch gegen den Kläger geführten Strafprozess und die durch die Berichterstattung hervorgerufene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Kläger stand nicht außer Verhältnis zur Bedeutung seines Verhaltens für die Öffentlichkeit. Dieses ergibt sich zunächst aus den im Artikel mitgeteilten Umständen der Höhe der veruntreuten Steuergelder und der Tatbegehung durch einen Landtagsabgeordneten als Volksvertreter sowie speziell hinsichtlich des Klägers aus seiner maßgeblichen Tatbeteiligung. Zudem hatte der Kläger nach den getroffenen Feststellungen auf der Grundlage eines Vertrages die Fraktion beraten und eine herausgehobene Stellung inne, die es ihm ermöglichte, an den Untreuehandlungen zu Lasten der Fraktion teilzuhaben; er hatte eine verantwortungsvolle Position in der Landespolitik und war eine Person des öffentlichen Lebens (vgl. etwa Senat, Urteil vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 19 ff.). Daher ist auch die Erwägung des Landgerichts, dass es dahingestellt bleiben könne, ob der Kläger förmlich zum Fraktionsgeschäftsführer bestellt worden sei, da eine möglicherweise falsche Bezeichnung seiner formalen Stellung bei einem Leser des Artikels keine irrigen Vorstellungen über die Bedeutung des Klägers hervorrufe, zutreffend. Im Übrigen berichtet der Beitrag wahrheitsgemäß, sachlich ausgewogen sowie – ungeachtet pointiert zugespitzter Formulierungen – insgesamt zurückhaltend über die Hauptverhandlung des Strafverfahrens und Hintergründe, die für dessen Verständnis relevant sein können. Soweit es das Strafverfahren betrifft, beschränkt sich der Artikel auf eine Wiedergabe des Geschehens in einer öffentlichen Hauptverhandlung (vgl. dazu Senat, Urteil vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681 Rn. 27 ff.).
Abweichendes ergibt sich nicht daraus, dass zum Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung während der laufenden strafgerichtlichen Hauptverhandlung lediglich ein hinreichender Tatverdacht (§ 203 StPO) bestand. Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger nicht in Zweifel gezogen, dass die ursprüngliche Berichterstattung über das Strafverfahren zulässig war. Die Revisionserwiderung zeigt keinen in den Tatsacheninstanzen übergangenen Sachvortrag auf, wonach der Tatvorwurf gegen den Kläger zu Unrecht erhoben worden sei (vgl. dazu Senat, Urteil vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 20 ff.).
(2) Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der Senat allerdings nicht beurteilen, ob die Interessen der Beklagten in der geboten umfassenden Abwägung deshalb hinter dem Schutzinteresse des Klägers zurückzutreten haben, weil der Artikel noch über zwanzig Jahre nach seiner erstmaligen Veröffentlichung von der Beklagten zum Abruf bereitgehalten wird und allein durch Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers über Internet-Suchmaschinen aufgefunden werden kann.
Das Berufungsgericht hat die Rechtswidrigkeit des weiteren Bereithaltens des Artikels zum Abruf aus dem zuletzt genannten Gesichtspunkt abgeleitet. Es hat maßgeblich darauf abgestellt, dass die ursprüngliche Berichterstattung durch Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers über die gängigen Internet-Suchmaschinen sofort reaktualisiert und der Kläger dadurch erheblich beeinträchtigt werde. Offen geblieben ist aber, ob und auf welchem Wege es der Beklagten möglich und zumutbar ist, lediglich die Auffindbarkeit des Artikels über Internet-Suchmaschinen zu unterbinden oder einzuschränken (siehe dazu etwa Paal/Hennemann, K&R 2017, 18; Trentmann, MMR 2016, 731; Sajuntz, NJW 2016, 1921, 1924; Mann, AfP 2014, 210; Höch, K&R 2015, 632; Feldmann, K&R 2015, 634; Bergt/Brandi-Dohrn/Heckmann/Wimmers, CR 2014, Beilage zu Heft 7, 1 ff.; Masing, Vorläufige Einschätzung der “Google-Entscheidung” des EuGH, https://verfassungsblog.de/ribverfgmasingvorlaeufigeeinschaetzungdergoogleentscheidungdeseugh/ [abgerufen am 10. Januar 2019], unter 8.c; von Pentz, AfP 2015, 11, 20 f.).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts betrifft dieser Gesichtspunkt im Streitfall nicht nur die Vollstreckbarkeit der Unterlassungsverpflichtung für den Kläger, sondern bereits einen Abwägungsgesichtspunkt. Eine abschließende Gewichtung der widerstreitenden Rechtspositionen ist nicht möglich, solange nicht geklärt ist, auf welche Weise die gegenläufigen Interessen in Ausgleich gebracht werden können (praktische Konkordanz). Die Untersagung des weiteren Bereithaltens des Artikels zum Abruf im Online-Archiv ginge über das zur Wahrung der Rechte des Klägers Erforderliche hinaus, falls die Beklagte dessen Auffindbarkeit ausschließen oder (z.B. unter Berücksichtigung von Suchbegriffen) einschränken könnte. Das würde umso mehr gelten, wenn die Beklagte die Voraussetzungen der Zugänglichmachung des Artikels durch Internet-Suchmaschinen kontrollieren könnte.
Denn sollte die Beklagte der ohne nennenswerten Aufwand möglichen Auffindbarkeit des Artikels durch Internet-Suchmaschinen durch entsprechende Maßnahmen begegnen können, überwöge das Schutzinteresse des Klägers die schutzwürdigen Belange der Beklagten nicht allein deshalb, weil diese den Artikel noch über zwanzig Jahre nach seiner erstmaligen Veröffentlichung in ihrem Online-Archiv zum Abruf bereithält.
Zwar kommt dem Interesse des Klägers, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, erhöhtes Gewicht zu, weil die strafgerichtliche Hauptverhandlung lange zurückliegt. Allerdings wäre der Verbreitungsgrad des Artikels durch die Abrufbarkeit im Online-Archiv für sich betrachtet – also ohne (uneingeschränkte) Auffindbarkeit und Zugänglichmachung durch Internet-Suchmaschinen – gering. Der Artikel ist ausdrücklich – und für den Nutzer ohne weiteres ersichtlich – als Altmeldung gekennzeichnet (“Veröffentlicht am 03.12.1997”). Er ist auch nicht in sonstiger Weise in einen Kontext eingebettet, der ihm den Anschein der Aktualität oder den Charakter einer erneuten Berichterstattung verleihen und die Annahme rechtfertigen würde, die Beklagte habe sich erneut oder zeitlich uneingeschränkt mit dem Kläger in seiner Rolle als Angeklagter befasst (vgl. Senat, Urteile vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 43; vom 1. Februar 2011 – VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 20; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 22; vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 19; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 112 f.).
Zugunsten der Beklagten fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse anhand der unveränderten Originalberichte in den Medien recherchieren zu können. Dementsprechend nehmen die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken, auch dadurch wahr, dass sie nicht mehr aktuelle Veröffentlichungen für interessierte Mediennutzer verfügbar halten (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 – VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 18; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 44; vom 1. Februar 2011 – VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 21; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 23; vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 20; jeweils mwN; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 91 ff., 98 ff., 101 f., 105).
Außerdem ist die Gefahr eines abschreckenden Effekts auf den Gebrauch der Meinungs- und Pressefreiheit zu beachten, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren könnte. Würde das weitere unveränderte Bereithalten als solcher erkennbarer und im Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung zulässiger Altmeldungen auf für Altmeldungen vorgesehenen Seiten zum Abruf im Internet nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung der zugrunde liegenden Umstände unzulässig und wäre die Presse verpflichtet, archivierte Beiträge auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, bestünde angesichts des mit einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands die Gefahr, dass die Presse entweder ganz von einer der Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absieht oder bereits bei der erstmaligen Veröffentlichung die Umstände ausklammert, die – wie vorliegend der Name des Klägers – das weitere Vorhalten des Beitrags später rechtswidrig werden lassen könnten (vgl. Senat, Urteile vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 45; vom 1. Februar 2011 – VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 22; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 24; vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 21; jeweils mwN; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 103). Auch die Verpflichtung, in einem späteren Stadium nach einer Aufforderung oder Klage der betroffenen Person die Rechtmäßigkeit einer Berichterstattung zu prüfen, brächte die Gefahr mit sich, dass die Presse davon Abstand nimmt, Berichterstattungen in ihren Online-Archiven aufzubewahren, oder in ihren Berichten individuelle Elemente weglässt, die geeignet sind, Gegenstand einer solchen Aufforderung oder Klage zu sein (vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 – 60798/10 und 65599/10, Tz. 104).
2. Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht nicht nach den Grundsätzen des zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 25. September 2017 geltenden Datenschutzrechts. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist insoweit die Sach- und Rechtslage zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BGH, Urteile vom 18. November 2010 – I ZR 156/07, juris Rn. 20 ff., 53 – betandwin.com; vom 2. Dezember 2009 – I ZR 77/06, juris Rn. 12 – Sportwetten im Internet I). Zu diesem Zeitpunkt unterfiel das Bereithalten des Artikels zum Abruf jedenfalls dem sogenannten Medienprivileg des bis zum 24. Mai 2018 geltenden § 57 Abs. 1 Satz 1 Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (RStV) aF (vgl. Senat, Urteile vom 1. Februar 2011 – VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 23 ff.; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 25 ff.; zu § 17 Abs. 1 Deutschlandradio-Staatsvertrag aF Senat, Urteil vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 22 ff.).
3. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird bei erneuter Befassung Gelegenheit haben, das weitere Vorbringen der Parteien im Revisionsverfahren zu berücksichtigen. Dazu gehört auch der in der Revisionsverhandlung thematisierte Umstand, dass zumindest die Internet-Suchmaschine Google nach Eingabe des Namens des Klägers den Artikel nicht (mehr) als Suchergebnis anzeigt.
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Das OLG Dresden hat im Einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden, dass der Verein “Ein Prozent” als “Hassorganisation” auf den Plattformen Facebook und Instagram gesperrt werden durfte.
Der Wirt des Tegernseer Bräustüble hatte vor dem Landgericht München geklagt, da Google Wartezeiten von bis zu 90 min angezeigt hatte, obwohl in der Gaststätte Tische leer standen.
Zur Zulässigkeit einer Wort- und Bildberichterstattung über Personen eines Strafprozesses.
Vorübergehende Sperrung eines Social Media Accounts rechtfertigt keinen Anspruch auf Entschädigung und verstößt nicht gegen die DSGVO.
Mehrere Streitgegenstände liegen vor, wenn mehrere in einer konkreten Verletzungsform verwirklichte Rechtsverletzungen im Wege der sog. kumulativen Klagehäufung jeweils gesondert angegriffen werden.
ARD muss Europawahlwerbung der NPD nicht ausstrahlen, wenn diese gegen den Straftatbestand der Volksverhetzung verstößt.
Die Beteiligung einer Prominenten an einer Kampagne für Fahrradhelme rechtfertigt nicht die Veröffentlichung eines Fotos des Kindes der Prominenten.
Anspruch auf Wiederveröffentlichung positiver Nutzerbewertungen auf Ärztebewertungsportal
„Computer Bild“ durfte einen Beitrag mit Jan Böhmermann bebildern. Im Rahmen der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Moderators mussten letztere hintenanstehen.
BGH zur Frage der Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung in einem Online-Archiv.
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