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Das OLG Stuttgart hat die Aufnahmen einer Dashcam in einem Schadensersatzprozess als Beweismittel zugelassen.
Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der ständigen Videoaufzeichnung durch Dashcams ist seit jeher umstritten. Eine gefestigte Rechtsprechung liegt bislang nicht vor. Nun hat – soweit ersichtlich – erstmals ein Oberlandesgericht die Verwertung der Aufnahmen einer Dashcam als Beweismittel in einem Zivilprozess akzeptiert.
In dem vom OLG Stuttgart zu entscheidenden Fall stießen zwei Autos an einer Engstelle zusammen. Der Nutzer der Dashcam fuhr an auf der rechten Seite parkenden Autos vorbei. Allerdings übersah die entgegenkommende Fahrerin den Nutzer der Dashcam und konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen oder bremsen. Ein Unfall mit mehreren tausend Euro Schaden war die Folge.
Der Fahrer mit der Dashcam machte seine Schadensersatzansprüche im Rahmen eines Zivilprozesses gelten. Die Beweislage allein aufgrund der Aussagen der beiden Beteiligten war bis zur Auswertung der Dashcam-Aufnahmen nicht ganz eindeutig.
Aus den Videoaufnahmen wird allerdings deutlich, dass die andere Fahrerin erst in letzter Sekunde reagierte. Auch die Geschwindigkeit beider Fahrzeuge ließ sich aus den Videoaufzeichnungen erkennen. Laut einem Sachverständiger hätte der Verlauf des Unfalls ohne die Dashcam-Aufnahmen nicht im Detail rekonstruiert werden können.
Die Verwertung solcher Dashcam-Aufnahmen ist bisher heftig umstritten. Ein Teil der Amts-, Landgerichte lehnte bislang die Nutzung von Dashcams aus datenschutzrechtlichen Gründen ab. Insbesondere die dauerhafte Dashcam-Aufnahmen unbeteiligter Dritter seien unzulässig. Auch der Deutsche Verkehrsgerichtstag hatte sich 2016 noch kritisch mit der Verwendung von Dascam-Aufzeichnungen im Gerichtsverfahren auseinandergesetzt.
Andere Instanzen – wie das AG Nienburg und das AG Nürnberg – sprachen sich allerdings für die Zulässigkeit der Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel aus. Dieser Ansicht folgt nun auch das OLG Stuttgart.
Sollte sich in Zukunft die Rechtsprechung des OLG Stuttgart bundesweit durchsetzen können, würde dies einer Revolution in verkehrsrechtlichen Prozessen gleichkommen. Denn bislang verliefen die Prozesse um Verkehrsunfälle oft nur sehr schleppend und/oder gespickt mit sich widersprechenden Zeugenaussagen.
Der Senatsvorsitzende Hans-Joachim Rast betonte, dass Zeugen immer wieder Aussagen vorbringen, die sich nach der Anhörung eines Gutachters als schlichtweg naturgesetzlich unmöglich erwiesen. Allein aufgrund dieser Problematik sei die Zulassung von Dashcams als Beweismittel gerade geboten. Denn nur so könne für alle Parteien ein fairer Prozess gewährleistet werden.
Allerdings komme es auch nach der Ansicht Rasts bei der Zulässigkeit der Verwertung als Beweismittel darauf an, dass die Dashcam lediglich die Straße filme, nicht aber die Privat- oder Intimsphäre eines Dritten. Werde diese Voraussetzung eingehalten so sei der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht als relativ gering einzustufen. Im öffentlichen Raum müsse jeder damit rechnen, fotografiert oder gefilmt zu werden. Daher sei das Interesse desjenigen, dem ein zivilrechtlicher Anspruch zusteht, deutlich gewichtiger.
Allerdings sind auch die datenschutzrechtlichen Folgen einer solchen Entscheidung nicht außer Acht zu lassen. Letztendlich kann die Entscheidung des OLG Stuttgart dazu führen, dass immer mehr Menschen ihre Fahrzeuge mit Dashcams ausstatten, welche oftmals direkt über das Smartphone gesteuert werden. Dementsprechend führe dies früher oder später zu einer flächendeckende „Überwachung“ des Verkehrsbereichs. Dem müsse sodann aber mit technischen Schutzmechanismen – wie beispielsweise der automatischen Überschreibung der Aufnahmen nach einer bestimmten Zeit – entgegengewirkt werden.
Auf eine endgültige Klärung der Streitfrage durch den BGH wird aber noch länger zu warten sein. Im Fall vor dem OLG Stuttgart hatten sich die Parteien in der Hauptverhandlung nach der Sichtung der Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zu einem Vergleich entschlossen.
Der Nutzer der Dashcam musste letzten Endes ein Drittel des entstandenen Schadens selbst begleichen. Denn er fuhr nach Auffassung des Gerichts und des Gutachters nicht mit angepasster Geschwindigkeit an den geparkten Autos vorbei. Mit der Nutzung seiner Dashcam hat er sich also auch ein kleines Eigentor geschossen.
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