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Private Videoüberwachung – Wartezimmer darf nicht videoüberwacht werden

OVG Berlin-Brandenburg: Zahnärztin darf ihre Behandlungszimmer, nicht aber ihren Empfangsbereich und das Wartezimmer mittels einer Videokamera überwachen.
Videoüberwachung Wartezimmer
© jayzynism - Fotolia.com

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Inhalt des Beitrags

Mit Urteil vom 6. April 2017 bestätigt das OVG Berlin-Brandenburg (Az.: OVG 12 B 7.16) teilweise das erstinstanzliche datenschutzrechtliche Urteil des VG Potsdam aus dem Jahr 2015 (Az.: VG 9 K 725/13). So dürfe der Eingangsbereich und das Wartezimmer einer Zahnarztpraxis während des laufenden Praxisbetriebs nicht mit einer Videokamera überwacht werden. Das Vorgehen der Zahnärztin gegen die Vorgaben der Datenschutzaufsicht blieb damit ohne Erfolg.

Die Überwachung der für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Behandlungszimmer – soweit die Patienten zuvor eingewilligt haben – sei hingegen zulässig.

Zahnärztin überwacht Behandlungszimmer, Eingangsbereich und Wartezimmer

Eine Zahnärztin in Potsdam hatte sich dazu entschieden ihre Praxis umfassend mit einem Video-Monitoring-System auszustatten. Dazu installierte sie drei Videokameras in ihrer Praxis. Eine davon befand sich direkt im Eingangsbereich und filmte diesen sowie das Wartezimmer.

Die anderen beiden Kameras waren in den Behandlungszimmern der Praxis angebracht. Die Aufnahmen der Kameras wurden unterdessen nicht gespeichert, sondern lediglich auf ein Monitor-System im Eingangsbereich sowie in den Behandlungsräumen übertragen.

Datenschutzbehörde untersagt die Videoüberwachung

Nach einer anonymen Beschwerde bekam die Zahnärztin Besuch von der zuständigen Datenschutzbehörde, welche ihr sogleich die Nutzung der Kameras im Eingangsbereich untersagte. Zudem habe sie die Hinweisschilder auf die Videoüberwachung während der Öffnungszeiten der Praxis abzudecken.

Gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde reichte die Zahnärztin Klage ein. Ihrer Ansicht nach sei eine Videoüberwachung durchaus zulässig. Denn schließlich speichere sie das Videomaterial nicht. Zusätzlich sei die Videoüberwachung für sie notwendig. Denn die Personalstruktur lasse eine dauerhafte Überwachung des Eingangsbereichs und der Wartezimmer durch eine Mitarbeiterin nicht zu.

Videoüberwachung zur Prävention und zum Schutze der Patienten

Zweck der Videoüberwachung sei die Prävention, der Schutz der Patienten sowie der Schutz der Mitarbeiter und Besucher vor Straftaten in der Praxis (insbesondere vor Eigentumsdelikten und körperlichen Übergriffen). Zudem sei die Überwachung „angespritzter“ Patienten, die im Wartezimmer Platz nehmen bis die Wirkung ihrer Betäubung vollständig eintritt, nicht anders möglich.

Besucher, die sich im Wartezimmer nicht filmen lassen wollen, könnten auf drei Sitzplätzen verweilen, die nicht von der Videokamera einsehbar sind.

Doch auch das OVG untersagte nun der Zahnärztin die Überwachung des Eingangsbereichs und des Wartezimmers. Die Videoüberwachung der Behandlungsräume hingegen sei mit Einwilligung der Patienten zulässig.

Behandlungsräume können mit Einwilligung videoüberwacht werden

Die Videoaufnahmen in den Behandlungsräumen verstoßen nicht gegen die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetztes (BDSG). Es handele sich um einen für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Ort. Aufgrund der besonderen Arten der personenbezogenen Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG (Gesundheit) sei das Verbot an § 28 Abs. 6-8 BDSG zu messen. Danach ist die Erhebung solcher personenbezogener Daten mit Einwilligung möglich. Von einer solchen ist im Fall der Zahnärztin auszugehen, weshalb die Videoüberwachung in diesen Räumen auch nach Ansicht des OVG Berlin-Brandenburg zulässig sei.

OVG: Private Videoüberwachung in Wartezimmern unzulässig

Anders sieht es bei der Überwachung des Eingangsbereichs und des Wartezimmers aus. Hierbei handele es sich nämlich um Räume, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind (die Praxis ist nicht verschlossen) und um die Erhebung personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 3 BDSG zum Zwecke der Nutzung.

Eine solche Videoüberwachung sei gemäß § 6b Abs. 1 BDSG allerdings nur zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke zulässig. Oder aber, soweit eine Einwilligung der Betroffenen vorliege.

Piktogramm „Videoüberwachung“ führt nicht zur Einwilligung

Nach Auffassung des OVG führe das Anbringen der Hinweisschilder nicht zu einer wirksamen Einwilligung der Praxisbesucher. Denn eine Einwilligung sei nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruhe. Zusätzlich bedürfe die Einwilligung der Schriftform, sofern sich nichts anderes aus besonderen Umständen ergebe.

Keine Wahrnehmung des Hausrechts oder berechtigter Interessen

Auch sei die Überwachung des Eingangsbereichs und des Wartezimmers weder zur Wahrnehmung des Hausrechts noch zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich. Eine Abwägung des OVG führte zu dem Ergebnis, dass das Persönlichkeitsrecht durch die Videoüberwachung zu stark beeinträchtigt werde.

Für die Begründung der Zahnärztin, die Videoüberwachung sei zur Abwehr von Straftaten nötig, gäbe es keinerlei Anhaltspunkte. Des Weiteren sei eine Überwachung durch eine Mitarbeiterin im Empfangsbereich weitaus effektiver und schneide weniger stark in die Persönlichkeitsrechte der Praxisbesucher ein.

Stets zu beachten: Gebot der Datensparsamkeit

Das OVG wies an dieser Stelle auch erneut auf das Gebot der Datensparsamkeit hin. Überall dort, wo personenbezogene Daten erhoben und gespeichert werden, müsse darauf geachtet werden, dass nur so viele Daten erhoben werden, wie für den jeweiligen Zweck unbedingt nötig sind. So sei es der Zahnärztin gestattet, die Kamera so auszurichten, dass sie lediglich den Mitarbeiterbereich hinter dem Empfangstresen aufzeichne.

Piktogramme müssen nicht abgedeckt werden

Entgegen der Ansicht des VG habe die Zahnärztin die Piktogramme in ihrer Praxis während der Öffnungszeiten allerdings nicht abzudecken. Denn der Sinn und Zweck des BDSG spricht nicht dafür, dass sie deutlich machen bzw. ausdrücklich darauf hinweisen müsse, dass eine Videoüberwachung während der Öffnungszeiten nicht erfolge.

Die Entscheidung zeigt wieder einmal, dass der Datenschutz auch im privaten Bereich eine große Rolle spielt. Unzulässige Maßnahmen können schnell zu hohen Bußgeldern oder Abmahnungen führen. Es empfiehlt sich also die Zulässigkeit der Erfassung von personenbezogenen Daten – gerade auch bei Videoüberwachungen – im Voraus rechtlich zu prüfen.

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