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Keine Pflicht zur Gegendarstellung bei Meinungsäußerung

BVerfG: Druckt die Presse eine Meinungsäußerung ab, so hat der Verletzte keinen presserechtlichen Anspruch auf Gegendarstellung.
Gegendarstellung Meinungsäußerung
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Inhalt des Beitrags

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 21.12.2016 (Az.: 1 BvR 1081/15) entschieden, dass der „Tagesspiegel“ nicht zu einem Abdruck einer Gegendarstellung verpflichtet werden kann, soweit es sich bei dem abgedruckten Beitrag um eine Meinungsäußerung handelt. Die Pflicht zur Gegendarstellung verletze den Tagesspiegel in seinem Grundrecht auf die Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

Meinungsäußerung begründet keinen presserechtlichen Anspruch auf Gegendarstellung

Die Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ berichtete 2015 über die Verkaufsbemühungen um einen leerstehenden Gebäudekomplex im Berliner Stadtteil Steglitz. Der Gebäudekomplex besteht aus einem kreisrunden Sockel, sowie einem Büroturm. Zum Zeitpunkt des Berichtes war das Land Berlin Eigentümer des Büroturms, ein Unternehmer Eigentümer des Sockels und der dazugehörigen Geschäfte. Dieser Unternehmer wollte den Büroturm nach dem Auszug des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf erwerben. Doch die Verkaufsverhandlungen zogen sich über Jahre in die Länge.

In dem Beitrag des Tagesspiegels mutmaßte die Zeitungsredaktion mögliche Gründe für die langjährige Verkaufsverzögerung. Grund für die Verzögerung könnte ein Streit zwischen dem damaligen Berliner Finanzsenator und dem Eigentümer des Sockels gewesen sein. Laut Tagesspiegel seien die beiden Herren zunächst „ziemlich beste Freunde“ gewesen sein. Im Laufe der Jahre seien die beiden allerdings nicht mehr besonders „dicke“ gewesen zu sein, was zu einer – „mit kaufmännischen Logik nicht mehr zu erklärenden“ – Verkaufsverzögerung führte.

Der Artikel wurde von dem Tagesspiegel satirisch gestaltet und enthielt zudem den Passus: „Da haben sich zwei Alphatierchen ineinander verkeilt.“

In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren erwirkte der Finanzsenator einen Anspruch auf Gegendarstellung. Dieser auf eine widerrechtliche Tatsachenbehauptung gestützte Anspruch wurde nach Widerspruch des Tagesspiegels vom Landgericht bestätigt.

„Ziemlich beste Freunde“ im Gesamtzusammenhang keine Tatsachenbehauptung

Das Bundesverfassungsgericht sieht die Rechtslage jedoch anders und hob das Urteil des Landgerichts auf. Der Anspruch auf Gegendarstellung verletze den Tagesspiegel in seiner Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Ein etwaiger Anspruch bestehe nur bei Tatsachenbehauptungen, also wenn der Gehalt der Äußerung als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis zugänglich ist. Ob eine Tatsachenbehauptung oder etwa eine Meinungsäußerung vorliege, richte sich in erster Linie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums.

Schwerpunkt der Berichterstattung war die Meinungsäußerung

Die Äußerungen im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum Verkauf des Turms, der Finanzsenator und der neue Investor seien „ziemlich beste Freunde“, seien keine dem Beweis zugängliche Tatsachen. Es handele sich lediglich zum ironische Meinungsäußerungen des Tagesspiegels. Zwar enthalte die Äußerung auch indirekt die Tatsachenbehauptung, dass die beiden Parteien sich schon längere Zeit kennen.

Dennoch stelle der Schwerpunkt der Äußerung ein durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte subjektive Deutung ihres Verhaltens zueinander dar. Es wurde ausdrücklich offengelassen, ob die Verkaufsverzögerung wirklich auf die „Verkeilung der Alphatierchen“ oder schlichtweg auf die sich geänderte Verhandlungspositionen zurückzuführen sei.

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