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Persönlichkeitsrechte: Keine Geldentschädigung für den Erben

BGH: Ein Anspruch auf Geldentschädigung geht nicht auf den Erben über; auch nicht nach An- oder Rechtshängigkeit.
Geldentschädigung Erbe
© Gerhard Seybert - Fotolia.com

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Inhalt des Beitrags

Mit Urteil vom 23. Mai 2017 entschied der BGH (Az.: VI ZR 261/16), dass Geldentschädigungsansprüche aufgrund einer Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht auf den Erben übergehen. Auch dann nicht, wenn die Ansprüche noch zu Lebzeiten anhängig oder gar rechtshängig geworden sind.

Witwe macht Geldentschädigungsansprüche ihres Mannes geltend

Die Witwe des verstorbenen Soldaten John Demjanjuk machte im Verfahren die Geldentschädigungsansprüche ihres verstorbenen Ehemanns geltend. Dieser kämpfte im Zweiten Weltkrieg für die Rote Armee, ehe er in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet. Erstmals in den 70er Jahren wurde ihm von den Vereinigten Staaten vorgeworfen, er sei als Kollaborateur der Nationalsozialisten an der Massenermordung von Juden in den Konzentrationslagern beteiligt gewesen.

Ein entsprechendes Strafverfahren in Israel endete allerdings mit einem Freispruch. Allerdings wurde er gut 40 Jahre später auch in Deutschland im Rahmen der „Operation Last Chance II“ angeklagt. Hierzulande wurde er mit Urteil vom Landgericht München II wegen der 16-fachen Beihilfe an dem Mord von 28.060 Juden zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Daraufhin legten beide Parteien Revision ein, über die jedoch nicht mehr entschieden wurde, weil John Demjanjuk 2012 verstarb.

John Demjanjuk wendete sich vor seinem Tod gegen persönlichkeitsverletzende Berichterstattung

Der Prozess war einer der letzten großen NS-Kriegsverbrecherprozesse und dadurch auch in den Medien allgegenwärtig – jedoch nicht stets verbunden mit einer neutralen Berichterstattung. Aufgrund dessen wandte sich Demjanjuk noch vor seinem Tod gerichtlich gegen Schlagzeilen wie: „Vor Gericht spielt er den bettlägerigen alten Mann. Demjanjuk singt und lacht im Knast.“ Zu einem Urteil kam es vor dessen Tod nicht mehr, weshalb die Witwe die Prozesse als Klägerin fortführte.

Kein Anspruch auf Geldentschädigung für den Erben

Im Prozess betont der BGH, dass der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts mangels Vererblichkeit nicht auf die Klägerin übergehen könne. Der Anspruch sei auch dann nicht vererblich, wenn er vor dem Eintritt des Erbfalles bereits rechtshängig gemacht worden sei. Grund dafür sei, dass die Rechtshängigkeit kein besonderes Kriterium darstelle, welches eine Ausnahme von der Unvererblichkeit erlaube.

Kein Fall der Zwangskommerzialisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Auch der Präventionsgedanke führe im vorliegenden Fall zu keiner anderen rechtlichen Wertung, denn schließlich handele es sich nicht um den Fall der Zwangskommerzialisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Eine solche Ausnahme ist nämlich nur dann zulässig, wenn der Berichterstatter einen baldigen Tod des Verletzten vorhergesehen hat und sein Persönlichkeitsrecht der Berichterstattung geopfert habe. Im Fall von John Demjanjuk wurde die Verzögerung des Verfahrens jedoch nicht vom Berichterstatter verursacht.

Gesetzgeber sieht von Vererbbarkeit ab

Weiter hält der BGH weiter daran fest, dass sich aus der Streichung des alten § 847 Abs. 1 S. 2 BGB kein Wille des Gesetzgebers ableiten lässt, den Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vererblich auszugestalten.

Präventionsfunktion stützt auch weiterhin keinen vererbbaren Geldentschädigungsanspruch

Beim Geldentschädigungsanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht in erster Linie – anders als beim Schmerzensgeld – die Genugtuungsfunktion im Vordergrund. Allein der Präventionsgedanke und die Präventionsfunktion können einen solchen Anspruch nicht stützen.

Allerdings verliert genau dieser grundlegende Genugtuungsgedanke seine Funktion, sobald der Kläger im Rahmen eines solchen Prozesses verstirbt. Denn ein Verstorbener kann nach seinem Tode leider keine Genugtuung mehr verspüren.

Anders sieht es nur dann aus, wenn der Kläger in einem solchen Persönlichkeitsverletzungsverfahren nach der Rechtskraft der Entscheidung verstirbt. Denn nur dann geht der rechtskräftig zuerkannte Anspruch auch auf seinen Erben über.

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