Nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 5. Juli 2005 (Az.: VII ZB 5/05) ist zwischen der Internet-Domain als solcher – also der Internet-Adresse – und den Ansprüchen des Inhabers gegen die Vergabestelle zu unterscheiden. Nur letztere sind als „sonstige Vermögensrechte“ im Sinne des § 857 Abs. 1 ZPO pfändbar („Domainpfändung“). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (z. B. Urteil vom 20. Juni 2017 – VII R 27/15).
Was wird gepfändet?
Gegenstand der Pfändung sind demnach „sämtliche schuldrechtlichen Ansprüche des Domaininhabers gegen die Vergabestelle aus dem der Domainregistrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis“. Vergabestelle ist z.B. für sogenannte Top-Level-Domains mit der Endung .de die DENIC. Es besteht also ein Dreiecksverhältnis zwischen dem Pfändungsgläubiger (= demjenigen, der die Domain „haben will“), dem Pfändungsschuldner (= demjenigen, der die Domain „herausgeben muss“) und der Vergabestelle (= z.B. der DENIC).
Wenn Gegenstand der Pfändung alle schuldrechtlichen Ansprüche des Pfändungsschuldners gegen die Vergabestelle sein sollen, stellt sich dann die Frage, welche Ansprüche dies sind. Es handelt sich gerade nicht um ein Schuldverhältnis in dem Sinne, dass die Domain nur einmal registriert wird, sondern um ein Dauerschuldverhältnis, in dem sich die DENIC verpflichtet, die Registrierung aufrechtzuerhalten, damit der Domaininhaber die Domain weiter nutzen kann. Dies ergibt sich aus § 7 Absatz 1 der DENIC-Domainbedingungen.
Das Ziel einer erfolgreichen Pfändung einer Domain
Zum einen kann die Pfändung einer Domain dazu führen, dass der Vollstreckungsgläubiger in Bezug auf die Domain vollständig in die Rechtsposition des Vollstreckungsschuldners eintritt. Der Vollstreckungsgläubiger ist dann der neue Vertragspartner der Vergabestelle und damit auch Inhaber der Domain. Mit der Übertragung der Domain an Zahlungs statt wird der Vollstreckungsgläubiger im Verhältnis zum Vollstreckungsschuldner befriedigt.
Darüber hinaus kann der Vollstreckungsgläubiger auch eine Verwertung der Forderung erreichen. Dies ist beispielsweise durch Versteigerung oder Verkauf denkbar.
Die Pfändungsvoraussetzungen
Die Voraussetzungen der Pfändung sind in §§ 857 Abs. 1, 828 ZPO geregelt. Danach muss der Vollstreckungsgläubiger beim Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirken.
Dazu muss der Pfändungsgläubiger einen Antrag gestellt und einen Titel mit Klausel erwirkt haben. Ein Titel ist eine öffentliche Urkunde, die einen Anspruch nachweist, z. B. ein (rechtskräftiges) Urteil – § 704 ZPO -, das gegen den Vollstreckungsschuldner ergangen ist. Klausel“ ist der Zusatz zum Titel, dass die Vollstreckung aus dem Titel zulässig ist – § 725 ZPO.
Die Vergabestelle ist Drittschuldnerin, da die Pfändung in das Schuldverhältnis zwischen dem Pfändungsschuldner und der Vergabestelle eingreift. Da ein Pfändungsbeschluss immer auch ein sogenanntes Arrestatorium enthält, also ein an den Drittschuldner gerichtetes Leistungsverbot gegenüber dem Pfändungsschuldner, ist die Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner auch Wirksamkeitsvoraussetzung. Darüber hinaus enthält der Pfändungsbeschluss stets ein an den Pfändungsschuldner gerichtetes Verfügungsverbot (Inhibitorium).
Problematisch könnte in diesem Zusammenhang sein, dass sich die Vergabestelle – bei ungenauer Formulierung des Pfändungsbeschlusses – gezwungen sieht, die Leistungen an den Pfändungsschuldner sofort einzustellen. Damit wäre aber die Verbindung der Domain mit dem Internet, also die Erreichbarkeit der Domain, beendet. Dies entspricht gerade nicht dem Sinn und Zweck des Leistungsverbotes, da damit zum einen die Ansprüche, die gerade Gegenstand der Pfändung sind, erlöschen würden und zum anderen eine Verschlechterung des wirtschaftlichen Wertes der Domain die Folge wäre. Die sogenannte Konnektierung muss daher weiterhin durch die Vergabestelle erfolgen, das Leistungsverbot kann sich nur auf sonstige Ansprüche des Domaininhabers gegen die Vergabestelle beziehen, so auch das FG Düsseldorf in einem solchen Fall (FG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2017 – 1 K 3509/14). In einem Urteil des FG Saarland (Urteil vom 30. August 2018 – 2 K 1282/15) hat das Gericht ein allgemeines Beeinträchtigungsverbot in dem Umstand gesehen, dass die Konnektierung aufrechterhalten werden muss. Damit bleibt die Verpflichtung des Auftraggebers bestehen, die Anordnung der Beschlagnahme ist aber dennoch hinreichend bestimmt. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 20. Juni 2017 – VII R 27/15).
Ausschluss der Pfändung
Für die Pfändung einer Domain gelten die allgemeinen Pfändungsausschlüsse, die sich insbesondere in § 811 ZPO finden. In der Rechtsprechung wurde unter Bezugnahme auf § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die Pfändung einer Domain für den Fall ausgeschlossen, dass die Domain für die Erwerbstätigkeit des Schuldners erforderlich ist. Ein solcher Ausschluss ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen möglich, insbesondere kann das Pfändungsverbot bereits dann ausgeschlossen sein, wenn es dem Schuldner mit geringem Aufwand möglich ist, sich eine Ersatzdomain zu beschaffen.
Als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist die Pfändung einer Domain ausgeschlossen, wenn sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Dies ist der Fall, wenn nicht zu erwarten ist, dass die Verwertung der gepfändeten Domain die Kosten der Vollstreckung nicht übersteigt.
Verteidigungsmöglichkeiten gegen eine Pfändung der eigenen Domain
Gegen die Pfändung einer Domain stehen dem Vollstreckungsschuldner, aber auch der Vergabestelle als Drittschuldnerin, die üblichen Rechtsbehelfe des Zwangsvollstreckungsrechts zur Verfügung. Zu nennen ist zunächst die Vollstreckungsabwehrklage – § 767 Abs. 1 ZPO -, aber auch die Erinnerung nach § 766 ZPO ist möglich. Letztere kann insbesondere dann geltend gemacht werden, wenn die Art und Weise der Zwangsvollstreckung fehlerhaft ist.
Nach erfolgter Pfändung einer Domain kann der Vollstreckungsschuldner den neuen Inhaber noch zur Unterlassung der Nutzung verpflichten. Dies ist möglich, wenn durch die Nutzung Namens- oder Markenrechte verletzt werden könnten.
Domainpfändung ist kein Hexenwerk
Auf den ersten Blick erscheint die Konstellation der Domain-Pfändung etwas ungewöhnlicher und komplizierter als die „normale“ Pfändung im Zwangsvollstreckungsrecht. Bei näherer Betrachtung bestätigt sich dies jedoch nicht. Es gelten die gleichen Regeln wie bei der Forderungspfändung. Problematisch kann das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und den Vollstreckungsparteien werden, wenn die Rechte und Pflichten des Auftraggebers unklar sind. Dies ist jedoch mittlerweile durch die Rechtsprechung geklärt.
Insbesondere in Fällen, in denen sich nahezu der gesamte Wert des Unternehmens in der Domain realisiert, wie z.B. bei reinen Online-Shops, kann eine Pfändung jedoch ausgeschlossen sein.