Fototapeten sind seit zwei Jahren ein wiederkehrendes Thema im Urheberrecht und in den Gerichten. Jetzt kommt es sogar in drei Fällen zu einer Bundesgerichtshof-Entscheidung. Was ist damit auf sich hat erläutern wir hier.
1. Die Ausgangslage
Das Urheberrecht schützt insbesondere die Verwertungsrechte des Urhebers an seinen Werken. Unter Verwertungsrechten kann man auch Nutzungsrechte verstehen, also beispielsweise das Vervielfältigen oder das öffentliche Zugänglichmachen eines Werkes. Urheber können anderen Personen oder Unternehmen die Nutzungsrechte einräumen, dies geschieht jedoch – in den meisten Fällen – nicht stillschweigend, sondern muss eigens vereinbart werden. Auch an den Motiven auf Fototapeten bestehen Urheberrechte, wenn diese Werke im Sinne des Urheberrechtegesetz sind.
a. Das Urteil des LG Köln
Im August 2022 hatte dann das LG Köln einen urheberrechtlichen Fall auf dem Tisch liegen, der Fototapeten zum Inhalt hatte. In der Sache hatte ein Ferienhausbetreiber eine Fototapete erworben und Wände in seinem Ferienhaus damit tapeziert. Anschließend hat der Betreiber Werbefotos der Räumlichkeiten angefertigt und diese ins Internet gestellt. Der Rechteinhaber an den abgebildeten Motiven wendete sich dagegen und verlangte Unterlassung und Schadensersatz nach dem Urheberrecht.
Damit stellte sich dem Gericht die Frage: Durfte der Betreiber Fotos seiner Ferienwohnung auf der die tapezierte Wand zu sehen war, ins Internet stellen?
In dem Kaufvertrag oder der Rechnung war kein explizites Nutzungsrecht geregelt. Die erste Möglichkeit, die das LG Köln damit erörterte war, ob ein stillschweigendes Nutzungsrecht in dem Kaufvertrag und der damit einhergehenden Übertragung des Eigentums an den Fototapeten vorlag. Dafür spricht sicherlich die Überlegung, dass von der Eigentumsübertragung und dem Kauf auch eine lebensnahe, „normale“ Nutzung der Fototapeten umfasst sein soll. Diese besteht jedoch, nach Ansicht des Gerichts, nur in dem Tapezieren der Wände, nicht in dem Fotografieren derselben. Danach wurde die Frage gestellt, ob es sich bei der Fototapete an den Wänden um „unwesentliches Beiwerk“ nach § 57 UrhG handelt, mit der Konsequenz, dass eine Nutzung in Form der Fotos von dem Raum erlaubt wäre. Auch dies lehnte das LG Köln ab, unter dem Verweis darauf, dass die Gestaltung und das Aussehen des Raums maßgeblich davon abhängen, ob eine Fototapete prominent an einer großen Wand tapeziert ist oder nicht.
Eine letzte Frage war, ob keine schuldhafte Verletzung durch den Ferienhausbetreiber vorliegt. Damit läge jedenfalls kein Schadensersatzanspruch des Rechteinhabers vor. Im Urheberrecht gilt jedoch der Grundsatz, dass Nutzer von Werken eine Verpflichtung trifft, zu ermitteln, ob sie das Werk nutzen dürfen. Der Betreiber durfte sich hier nicht auf den Kauf und die Eigentumsübertragung verlassen, sondern hätte zusätzliche Nachforschungen anstellen müssen. Damit scheiterte auch dieser Ansatz.
Im Ergebnis kam das LG Köln zu dem Schluss, dass kein Nutzungsrecht vorlag und der Rechteinhaber zurecht Schadensersatz und Unterlassung gefordert hatte.
b. Das LG Stuttgart
Das LG Stuttgart kam in einem ähnlich gelagerten Fall jedoch zu einem anderen Ergebnis. Das Gericht nahm in dem Fall jedoch einen – von dem LG Köln nicht betrachteten – Weg. Das LG Stuttgart ging davon aus, dass den Rechteinhaber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Pflicht trifft, einer entsprechenden Nutzung zuzustimmen. Diese Einwilligung hat die Wirkung, dass eine Rechtsverletzung nicht mehr rechtswidrig ist und damit entsprechende Ansprüche entfallen.
c. Das OLG Düsseldorf
Im letzten Jahr hatte dann noch das OLG Düsseldorf die Möglichkeit sich in einer ähnlichen Sache zu äußern. Dort kam das Gericht zu dem Schluss, dass mit dem Erwerb des Sacheigentums gleichzeitig und konkludent auch ein Nutzungsrecht erworben wurde. Das Nutzungsrecht sollte auch das ins-Internet-stellen von Fotografien der Motivtapete an Wänden umfassen.
2. Entscheidungen des BGH
In drei Fällen hat nun der BGH die Möglichkeit zu entscheiden. Alle drei Fälle sind im Vorfeld vor dem AG und dem LG Düsseldorf entschieden worden. Die drei Fälle sollen, aufgrund des ähnlichen Lebenssachverhalts, an einem gemeinsamen Verhandlungstermin verhandelt werden. Anberaumt wurde dafür der 27. Juni 2024.
In der Sache unterscheiden sich die Fälle unwesentlich. Einer der Fälle bildet jedoch beinahe identisch den Fall vor dem LG Köln ab. Wie der BGH sich entscheiden wird, wird sehr interessant für das Urheberrecht. Einerseits bieten sich dem Gerichtshof vier Möglichkeiten die Infragestehende Nutzung zu erlauben, andererseits wäre es dem BGH ebenfalls möglich Urheberrechte weiter zu stärken und kein Nutzungsrecht und auch keine sonstige Umgehung anzunehmen.
Die Entscheidung des BGH wird jedoch noch einiges auf sich warten lassen, bis dahin wird jedenfalls eine gewisse Rechtsunsicherheit bei dem Umgang mit Fototapeten bestehen bleiben.
Shownotes
- Landgericht Köln, Urteil vom 18.08.2022 - 14 O 350/21
- Landgericht Stuttgart, Urteil vom 25.10.2022 – 17 O 39/22
- Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.4.2023 – 2 O 129/22
- BGH, Urteil vom 17.11.2014 – I ZR 177/13
- Foto von Fototapete kann Urheberrechtsverletzung sein – Recht am Bild
- Foto von Fototapete ist doch keine Urheberrechtsverletzung – Recht am Bild