Mit Urteil vom 9. September 2016 (Az.: 15 Sa 131/16) entschied das Landesarbeitsgericht Hamm, dass ein Arbeitnehmer dazu verpflichtet sei, sich betriebsärztlich untersuchen zu lassen, wenn er über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt ist. Weigert er sich wiederholt, rechtfertige das eine außerordentliche Kündigung.
Langjährige Arbeitsunfähigkeit
Der Arbeitnehmer war als Elektrotechniker bei der Stadt beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis unterlag den Regelungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) nebst Sonderregelungen. Aufgrund einer Erkrankung war er für einen Zeitraum von über 3 Jahren arbeitsunfähig.
Arbeitnehmer verweigert wiederholt die ärztliche Untersuchung
Die Stadt hatte Zweifel, ob die Krankheit erheblich und der Mitarbeiter wirklich arbeitsunfähig war. Der Arbeitnehmer hatte zwar zunächst eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, zuletzt aber auch geäußert, seine alte Position als Elektrotechniker mit krankheitsbedingten Einschränkungen ausführen zu wollen. Das sei widersprüchlich. Deshalb ordnete die Stadt ihrerseits im März 2015 eine betriebsärztliche Untersuchung an. Ziel dieser Untersuchung war es, den genauen Grad der Arbeitsfähigkeit zu bestimmen. Der Arbeitnehmer reagierte auch auf mehrfache Aufforderungen und Abmahnungen nicht und verweigerte die ärztliche Untersuchung.
Konsequenz der Weigerung: Außerordentliche Kündigung
Knapp einen Monat nach den Aufforderungen, sich betriebsärztlich untersuchen zu lassen, kündigte die Stadt den Arbeitsvertrag außerordentlich. Alle Versuche, den Arbeitnehmer krankheitsgerecht in den Betrieb der Stadt einzugliedern, seien fehlgeschlagen. Aufgrund der anschließenden mehrfachen Weigerung, sich betriebsärztlich untersuchen zu lassen, sei die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Die mehrjährige Arbeitsunfähigkeit und das widersprüchliche Verhalten des Klägers seien Anlass genug, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.
Außerordentliche Kündigung ist rechtswirksam
Das LAG Hamm sieht – wie auch schon die Stadt – in der Verweigerung der Untersuchung einen geeigneten wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Der Arbeitnehmer verstoße gegen die aus § 3 Abs. 4 TVöD-B resultierende Mitwirkungspflicht und handele somit grob pflichtwidrig. Er sei dazu verpflichtet, durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen, dass er zur Leistung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit in der Lage sei.
„Ein Verstoß gegen die tarifliche Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers ist je nach den Umständen geeignet, eine Kündigung, auch eine außerordentliche Kündigung eines […] Arbeitnehmers zu rechtfertigen.“
Auch die Aufforderung zu einer betriebsärztlichen Untersuchung sei nach einer dreieinhalbjährigen Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt.
Kein milderes Mittel ersichtlich
Aufgrund der zahlreichen erfolglosen Eingliederungsversuche der Stadt sei kein milderes Mittel ersichtlich gewesen, als die außerordentliche fristlose Kündigung. Sogar eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen sechsmonatigen Kündigungsfrist sei der Stadt nicht zumutbar gewesen.