© Argus – Fotolia.com

Internationale Zuständigkeit bei unerlaubter Handlung im Internet

Bei unerlaubten Handlungen im Internet sind deutsche Gerichte für die auf Deutschland beschränkten Unterlassungsklagen zuständig.

Das LG Köln hielt sich bei einer Rechtsverletzung im Internet mit schweizer Ursprung für zuständig. Der BGH (Urteil v. 25.10.2016 – VI ZR 678/15) schloss sich der Rechtsprechung des LG und OLG Köln (Urteil v. 10.11.2015 – 15 U 121/15) in dieser Hinsicht an.

Dies Zuständigkeit des LG Köln habe sich aus Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30.10.2007 (Lugano-Übereinkommen, LugÜ II) ergeben.

Das Urteil lässt erkennen, dass der BGH einer internationalen Zuständigkeit in Deutschland bei unerlaubten Handlungen im Internet generell positiv gegenüberstehen dürfte.

Persönlichkeitsverletzung im Internet – von der Schweiz nach Deutschland

Geklagt hatte die deutsche Staatsangehörige Corinna Schumacher mit Wohnsitz in der Schweiz. Nachdem ihr bekannter Ehemann nach einem schweren Skiunfall ins Krankenhaus eingeliefert worden ist, veröffentlichte eine schweizerische Rundfunkanstalt ein Video auf ihrer Homepage. Dieses zeigt Frau Schumacher umgehend nach dem Unfall vor dem Krankenhaus ihres Ehemanns.

Bereits das LG Köln bestätigte internationale Zuständigkeit

Nach Veröffentlichung des Videos verklagte Frau Schumacher die schweizerische Rundfunkanstalt auf Unterlassung vor dem Landgericht in Köln. Dieses nahm seine internationale Zuständigkeit an und erklärte die Klage mit einem Zwischenurteil für zulässig. Auch das Berufungsgericht kam im Folgenden zu keinem abweichenden Ergebnis.

Der BGH bestätigte das LG und das OLG Köln. Die Zuständigkeit richte sich in erster Linie nach dem Lugano Übereinkommen. Für den Fall der nicht vertraglichen Schadensersatzansprüche treffe Art. 5 Nr. 3 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 LugÜ II eine eindeutige Regelung.

BGH: Internationale Zuständigkeit bei Streudelikten

Bei sogenannten „Streudelikten“, wie es eine unerlaubte Veröffentlichung von Lichtbildern und Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet sei, habe der Geschädigte die Möglichkeit einer national begrenzten Teilschadensklage.

Anstelle der Geltendmachung des Gesamtschadens am Niederlassungsort des Verletzers, könne der Geschädigte Klage vor den Gerichten eines jeden Mitgliedsstaates erheben, in dessen Hoheitsgebiet der im Internet veröffentlichte Inhalt zugänglich gewesen sei.

Beschränkung der Ansprüche auf das Hoheitsgebiet

Corinna Schumacher habe ihr Unterlassungsbegehren ausdrücklich auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland begrenzt, weshalb der Art. 5 Nr. 3 LugÜ II ohne Einschränkung zur Anwendung komme.

Unter den Wortlaut des Art. 5 Nr. 3 LugÜ II – „unerlaubte Handlung“ oder „eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“ – fallen insbesondere auch Persönlichkeits- oder Ehrverletzungen (EuGH, Urteil. V. 25.10.2011 – C-509/09).

Genaue Auslegung des Lugano-Übereinkommens notwendig

Laut BGH sei die Norm anhand derselben Grundsätze auszulegen, wie auch schon die Regelungen der EuG-VÜ (Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968).

Die Begriffe seien grundsätzlich autonom, das heißt ohne Rückgriff auf die lex fori oder lex causae (Recht des in Anspruch genommenen Staates) auszulegen. In erster Linie seien die Systematik und die Zielsetzung des LugÜ zu betrachten.

… Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (ist) dahin auszulegen (…), dass im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Inhalte, die auf einer Website veröffentlicht worden sind, die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, die Möglichkeit hat, entweder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der Urheber dieser Inhalte niedergelassen ist, oder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet, eine Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens zu erheben. Anstelle einer Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens kann diese Person ihre Klage auch vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet ein im Internet veröffentlichter Inhalt zugänglich ist oder war. Diese sind nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts verursacht worden ist.

Auch wenn es sich bei der Rundfunkanstalt um eine staatliche handele, könne sich diese nicht auf die Staatenimmunität berufen. Die von Frau Schumacher angegriffene Bildberichterstattung betreffe kein hoheitliches Handeln (acta iure imperii) sondern sei eine lediglich privatrechtliche Auseinandersetzung.

Bei im Internet begangenen unerlaubten Handlungen kann oftmals in Deutschland geklagt werden

Für den Fall von Streudelikten, also in den Fällen in denen unerlaubte Handlungen im Internet begangen wurden, bestehe nunmehr eine örtliche Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Diese Zuständigkeit gilt aber nur in den Fällen, in denen der Anspruch auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt ist.

Dieser Schritt des BGH führt dazu, dass in Zukunft nationale Unterlassungsansprüche weitaus einfacher verfolgt werden können, ohne sich in die Gewässer ausländischer Gerichten begeben zu müssen. Natürlich findet diese Rechtsprechung nicht nur auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen Anwendung, sondern gelte auch für Urheberrechtsverstöße.

AnsprechpartnerIn

Picture of Dennis Tölle

Dennis Tölle

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Picture of Florian Wagenknecht

Florian Wagenknecht

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Picture of Hanna Schellberg

Hanna Schellberg

Rechtsanwältin

Kostenloser Newsletter

Passende Beiträge

Suche

Anfrage