Hanseatisches Oberlandesgericht
7 U 109/18
324 O 463/17 LG Hamburg
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES
In der Sache
A AG,
vertreten durch d. Vorstand,
– Antragstellerin und Berufungsbeklagte –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
1) B
– Antragsgegner und Berufungskläger –
2) C
– Antragsgegnerin und Berufungsklägerin –
3) D GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer
– Antragsgegnerin und Berufungsklägerin –
Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3: Rechtsanwälte …
erkennt das Hanseatische Oberlandesgericht – 7. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht X, den Richter am Oberlandesgericht Y und den Richter am Oberlandesgericht Z auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26.03.2019 für Recht:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Antragsgegner wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, 324 O 463/17, vom 21.3.2018 im Kostenpunkt abgeändert:
Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben die Antragstellerin 31% und die Antragsgegner jeweils 23% zu tragen.
2. Die weitergehende Berufung der Antragsgegner wird zurückgewiesen.
3. Die Antragsgegner haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um den Bestand einer einstweiligen Verfügung, die sukzessive von der Kammer am 12.10.2017 und vom Senat am 8.11.2017 (Az. 7 W 123/17) erlassen wurde und die das Landgericht Hamburg mit dem angegriffenen Urteil vom 21.3.2018 bestätigt hat.
Im vorliegenden presserechtlichen Verfügungsverfahren nimmt die Antragstellerin die Antragsgegner auf Unterlassung wegen einer Text-Berichterstattung mit dem Titel „E“ in der Ausgabe der Zeitschrift „D“ vom 24./25.8.2017 in Anspruch. Diese erscheint im Verlag der Antragsgegnerin zu 1); die Antragsgegner zu 2) und zu 3) sind die Autoren des streitgegenständlichen Beitrags (Anlage ASt 2). Die Antragstellerin ist die Konzernholding des A-Konzerns … Unter dem 20.9.2017 mahnte die Antragstellerin die Antragsgegner wegen dieser Berichterstattung ab (Anlage ASt 3). Die Parteien haben bereits erstinstanzlich hinsichtlich einiger Punkte darüber gestritten, ob und wieweit diese Abmahnung hinreichend war. Da die Abmahnung erfolglos blieb, hat die Antragstellerin am 27./28.9.2017 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Hamburg eingereicht. Hinsichtlich des ursprünglich angestrebten Verbots zu Ziffer I.5. hat die Antragstellerin diesen Antrag unter dem 9.10.2017 zurückgenommen. Die Anträge zu den Ziffern I.3. und I.4. hat sie mit demselben Schriftsatz modifiziert. Mit Schriftsatz vom 11.10.2017 hat die Antragstellerin den Antrag zu Ziffer I.4. nochmals modifiziert. Die Parteien haben bereits erstinstanzlich darüber gestritten, welche rechtlichen Folgerungen aus diesen Modifizierungen zu ziehen sind, insbesondere ob hierdurch der jeweilige Streitgegenstand – auch gegenüber der Abmahnung – verändert wurde.
Unter dem 19.10.2017 hat das Landgericht eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der diesem Antrag nur zum Teil stattgegeben wurde. Mit diesem Beschluss ist es den Antragsgegnern bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden (Ziffer I. der einstweiligen Verfügung vom 19.10.2017):
1. (…)
2. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, seit gegen Verantwortliche der Firma A ermittelt werde (Anfang 2015), ziehe es den A-Chef Markus F seltener nach Deutschland
3. durch die Berichterstattung
„Zollbeamte erwischten ihn beim Einchecken am L Airport mit dicken Bündeln von Banknoten – insgesamt … Euro. … Wie sich G mit den Beamten arrangiert hat, ist unbekannt. Das in K beschlagnahmte Geld erhielt er jedenfalls zurück.“
den Eindruck zu erwecken und/oder erwecken zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, A-Chairman G habe die im L Airport bei ihm beschlagnahmten … Euro aufgrund eines Arrangements mit den k‘schen Beamten zurückerhalten;
4. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
„Anfang Juni gab H sein Mandat als Wirtschaftsprüfer von J zurück.“
5. (…).
jeweils wie geschehen im D vom 25.9.2017 … unter der Überschrift „E“.
Unter dem 30.10.2017 haben die Antragsgegner hinsichtlich der Ziffern I.2. und I.4. eine Abschlusserklärung abgegeben (Anlage AG 1). Unter dem 7.11.2017 haben die Antragsgegner schriftsätzlich klargestellt, dass sie die Äußerung zu Ziffer I.3. zukünftig nur noch in einer klargestellten Form verbreiten würden.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Abweisung ihres Verfügungsantrags zu Ziffer I.1. hat der Senat am 8.11.2017 den Antragsgegnern zusätzlich verboten (Az. 7 W 123/17):
1. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
in drei Ländern würden „Fahnder“ gegen Verantwortliche des …konzerns A „wegen Steuervermeidung“ ermitteln, wie geschehen im D vom 25.9.2017 … unter der Überschrift „E“.
Unter dem 1.12.2017 haben die Antragsgegner eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung im Hinblick auf die mit dem Verbot des Senates untersagte Äußerung zu Ziffer I.1. abgegeben, wobei sich das Unterlassungsversprechen auf die Erweckung eines bestimmten Eindrucks bezieht (Anlage AG 3).
Mit ihrem Teil-Widerspruch vom 7.11.2017 haben die Antragsgegner nur das Verbot zu Ziffer I.3. als solches angegriffen. Zudem haben sie hinsichtlich des Verbotes zu I.4. die Kostenentscheidung der Kammer angegriffen. Außerdem haben die Parteien erstinstanzlich darüber gestritten, ob hinsichtlich des Antrags / Verbotes zu Ziffer I.1. Erledigung eingetreten ist.
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung zu Ziffer I.3. mit dem angegriffenen Urteil vom 21.3.2018 bestätigt, daneben festgestellt, dass das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.1. erledigt ist, und die Kostenentscheidung aus dem Beschluss des Senates vom 8.11.2017 (Az. 7 W 123/17) bestätigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.
Hiergegen wenden sich die Antragsgegner mit ihrer Berufung, zu deren Begründung sie wie folgt vortragen:
In Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.1. sei keine Erledigung eingetreten. Mit dem Verbot zu Ziffer I.1. sei unzulässigerweise keine bestimmte Deutungsvariante (als Eindruck), sondern schlicht eine vermeintliche Tatsachenbehauptung verboten worden; die Gründe des Beschlusses des Oberlandesgerichts seien mit dem Tenor – in dem ein „Behaupten“ verboten worden sei – nicht ansatzweise in Einklang zu bringen. Bei mehrdeutigen Äußerungen werde keineswegs immer nur die Äußerung selbst verboten, wie das Landgericht behaupte; daran ändere auch ein Zusatz „… wie geschehen in“ nichts. Auch aus der Antragsschrift ergebe sich nicht, dass sich die Antragstellerin lediglich gegen eine bestimmte Deutungsvariante dieser Äußerung wende. Im Schriftsatz der Antragstellerin vom 9.10.2017 sei zudem ausdrücklich die Rede davon, dass das beantragte (Haupt-)Verbot einer vermeintlich zwingenden Aussage gelten solle.
In Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.3. sei das Verbot aufzuheben. Sie – die Antragsgegner – hätten diesbezüglich eine hinreichende Klarstellung abgegeben. Ein zwingender Eindruck habe dagegen nicht entstehen können. Nach dem Zusammenhang könne sich der angegriffene Satz nur auf die Frage der Steuernachforderung beziehen. Jedenfalls sei die Deutungsvariante der Kammer auch und gerade nach dem Kontext fernliegend, jedenfalls aber nicht zwingend. Gänzlich schleierhaft sei auch die Annahme der Kammer, dass dem ganzen Arrangement der Anschein des Rechtswidrigen verliehen worden sei; das sei nur dadurch erklärbar, dass die Kammer zwanghaft und weit jenseits des Verständnisses eines verständigen Durchschnittsbürgers irgendetwas Verbietbares in völlig unverfängliche Formulierungen hineininterpretiere.
Die Kosten in Bezug auf die Anträge zu I.3. und I.4. seien der Antragstellerin in jedem Fall aufzuerlegen: Der Antrag zu I.3. habe sich auf eine Behauptung bezogen, das Verbot habe einen Eindruck untersagt; das sei nicht der gleiche Streitgegenstand, was sich schon daran zeige, dass die Antragstellerin auf Hinweis der Kammer einen neuen Antrag habe stellen müssen. Auch sei die Abmahnung in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.3. unzureichend gewesen; sie zeige eine Mehrdeutigkeit und die letztlich für unzulässig gehaltene Deutungsvariante nicht auf. In Bezug auf den Antrag zu I.4. habe eine Teilrücknahme durch die Antragstellerin vorgelegen. Der ursprüngliche Antrag sei gegen einen Eindruck gerichtet gewesen, der durch eine lange Passage erweckt werden sollte, das Verbot habe sich auf einen Satz aus dieser Passage beschränkt. Der reklamierte Eindruck sei so auch keineswegs (vollständig) erweckt worden, weshalb die Kammer wiederum eine Antragsumstellung bewirkt habe, womit die Hälfte des ursprünglich verfolgten Unterlassungsbegehrens fallen gelassen worden sei. Die Kammer habe selbst eingeräumt, dass sie die hierin liegende Teilrücknahme übersehen habe; § 99 I ZPO stehe einer Überprüfung der Kostenentscheidung entgegen der Ansicht des Landgerichts keineswegs entgegen; außerdem sei die einstweilige Verfügung zum Teil auch in der Hauptsache angegriffen worden.
Die Antragsgegner beantragen,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.3.2018 (324 O 463/17), die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 12.10.2017 zu Ziffer I.3. und die einstweilige Verfügung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 8.11.2017 (7 W 123/17) aufzuheben, die jeweils zugrunde liegenden Anträge sowie den Antrag auf Feststellung, dass das Verfahren in der Hauptsache zu Ziffer I.1. des Antrags aus der Antragsschrift vom 27.9.2017 erledigt ist, zurückzuweisen und die Kostenentscheidung des Landgerichts Hamburg unter Ziffer II. der einstweiligen Verfügung vom 12.10.2017 im Hinblick auf die unter den Ziffern I.3. und I.4. ausgesprochenen Verbote zu korrigieren.
Die Antragstellerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil und trägt zur Begründung vor: Das Verbot zu Ziffer I.1. habe durch die Unterstreichung des Wortes „drei“ die untersagte Deutungsvariante deutlich gemacht. Diese sei ausweislich der Antragsschrift auch angegriffen gewesen. Die Klarstellung durch die Antragsgegner (Anlage AG 3) sei erst nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung erfolgt. In Bezug auf die Äußerung gemäß Ziffer I.3. sei evident, dass sich das in der Berichterstattung genannte Arrangement mit Beamten auf das in K beschlagnahmte Geld bezogen habe. Zudem hätten die Antragsgegner in ihrem Ablehnungsschreiben (Anlage ASt 4) selbst darauf beharrt, dass sich die Antragstellerin mit k’schen Beamten arrangiert habe. Der Wechsel im Antrag zu I.3. vom Verbot einer direkten Tatsachenbehauptung zu einer Eindrucksfassung stelle keinen Wechsel des Streitgegenstands dar. In Bezug auf den Antrag zu I.4. sei das materielle Ziel der begehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung in der Abmahnung unmissverständlich. Die Umstellung von einer Eindrucksfassung auf eine direkte Tatsachenbehauptung im Antrag sei eine Klarstellung, keine teilweise Rücknahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß §§ 540 I, II, 313a ZPO auf Tatbestand und Gründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen. Ergänzend wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Niederschrift der Sitzung vom 26.3.2019 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist überwiegend unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 12.10.2017 hinsichtlich der Ziffer I.3. bestätigt (1.). Hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.1. ist Erledigung eingetreten; die Antragsgegner haben insoweit die Kosten zu tragen (2.). Hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.4. lag hingegen bereits erstinstanzlich eine teilweise Rücknahme durch die Antragstellerin vor, die sich auf die erstinstanzliche Kostenentscheidung auswirkt (3.). Im Einzelnen:
1. Zu Recht hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 12.10.2017 hinsichtlich der Ziffer I.3. bestätigt, denn der Antragstellerin steht hinsichtlich der hiermit angegriffenen Äußerung ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 I, 1004 BGB analog in Verbindung mit ihrem (Unternehmens-) Persönlichkeitsrecht zu.
a. Die streitgegenständliche Äußerung, die die Antragstellerin mit dem Antrag zu Ziffer I.3. angegriffen hat, erweckt im Kontext der in Rede stehenden Berichterstattung einen tatsächlichen Eindruck, der unzutreffend ist und zudem geeignet ist, das Ansehen der Antragstellerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen.
aa. Zutreffend und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung ausgeführt, dass durch die angegriffene Berichterstattung „Zollbeamte erwischten ihn beim Einchecken am L Airport mit dicken Bündeln von Banknoten – insgesamt … Euro. … Wie sich G mit den Beamten arrangiert hat, ist unbekannt. Das in K beschlagnahmte Geld erhielt er jedenfalls zurück.“
der zwingende Eindruck erweckt wird, dass der Chairman der Antragstellerin G die im L Airport bei ihm beschlagnahmten € … aufgrund eines „Arrangements“ mit den k’schen Beamten zurückerhalten habe. Das Landgericht hat ausführlich begründet, weshalb dieser Eindruck auch und gerade im Kontext des in Rede stehenden Artikels erweckt wird. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese überzeugenden Ausführungen Bezug. Lediglich zur Bekräftigung seien die Argumente wie folgt skizziert: Nach dem Aufbau des Artikels liegt es für den Leser auf der Hand, dass die Freigabe des von k’schen Zollbeamten beschlagnahmten Geldbetrages lediglich durch ein „Arrangement“ mit ebendiesen – k’schen – Beamten erreicht werden kann, und nicht mit m‘schen Beamten, die hierauf, soweit für den Leser erkennbar, weder faktische noch rechtliche Einflussmöglichkeiten haben dürften. Im maßgeblichen Absatz der Passage kann der Leser die Rückzahlung der € … zwingend nur als Folge dessen verstehen, dass sich der Chairman der Antragstellerin – in irgendeiner Weise – mit den Beamten der k’schen Behörden „arrangiert“ habe („jedenfalls“); lediglich im Übrigen ist das Arrangement demnach „unbekannt“ geblieben.
bb. Dies ist ein tatsächlicher Eindruck. Zwar eröffnen die Begriffe „Arrangement“ bzw. „arrangieren“ einen gewissen Wertungsspielraum, denn ob man etwas derart bezeichnet, hängt auch von den eigenen Maßstäben des sich Äußernden ab. Diese Begriffe enthalten aber die tatsächlichen Aussagen, dass es irgendeine Art von direkter Absprache mit k’schen Zollbehörden gegeben habe und dass diese zur Rückgabe des Geldes geführt habe.
Unstreitig ist indes, dass der genannte Chairman der Antragstellerin, Dr. G, die beschlagnahmten € … nicht aufgrund eines irgendwie gearteten Arrangements, einer Absprache, einer Übereinkunft o.Ä. mit den k’schen Beamten zurückerhalten hat, sondern nach einer Entscheidung des … Court.
cc. Diese unwahre Tatsachenbehauptung ist geeignet, das Ansehen der Antragstellerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass der Bericht insoweit der Eindruck erweckt, dass die Antragstellerin bzw. ihr Chairman eine Vereinbarung getroffen hätten, der der Ruch der Rechtswidrigkeit anhafte. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit erneut Bezug auf die Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung.
b. Es besteht die Gefahr einer erneuten Verletzung des (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin. Die stattgehabte Rechtsverletzung begründet die Gefahr einer Wiederholung; diese ist durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert (vgl. BGH, U. v. 8.2.1994 – Az. VI ZR 286/93 – NJW 1994, 1281, 1283).
c. Es liegt auch der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund vor. Da die Antragsgegner dies nicht in Zweifel gezogen haben, sieht der Senat von weiteren Ausführungen zu diesem Punkt ab.
d. Die Ausführungen der Antragsgegner zur Frage der Streitgegenstände in der Abmahnung, den verschiedenen Fassungen des Verfügungsantrags zu Ziffer I.3. und dem Verbot zu Ziffer I.3. der einstweiligen Verfügung führen zu keinem anderen Ergebnis:
aa. In der Abmahnung (Anlage ASt 3) hat die Antragstellerin inhaltlich angeführt, dass über die Beschlagnahme der € … und deren Rückgabe in anderen Medien ausgiebig berichtet worden sei; die Rückgabe sei durch ein Gericht angeordnet worden. Die im Rahmen der Abmahnung verlangte Unterlassungsverpflichtungserklärung enthält die zitierte Passage – wie im ursprünglichen Antrag zu Ziffer I.3. – als schlicht zu unterlassende Äußerung (wenn auch in indirekte Rede gesetzt) in den Handlungsformen „zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen“. Im Rahmen des Verfügungsverfahrens hat die Antragstellerin vertreten, dass jedenfalls nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zu mehrdeutigen Äußerungen (sog „Stolpe-Rechtsprechung“) ein Verbot ergehen müsse, und den Antrag mit Schriftsatz vom 9.10.2017 hauptweise als Antrag auf Erlass des Verbotes gestellt, durch die wiederum zitierte Textpassage einen bestimmten ausformulierten Eindruck zu erwecken; dieser ausformulierte Eindruck entspricht demjenigen, der auch nach Ansicht des Senates durch die angegriffene Passage erweckt wird. Entsprechend diesem modifizierten Antrag hat das Landgericht das Verbot zu Ziffer I.3. erlassen und später im angegriffenen Urteil bestätigt.
bb. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner stellen diese verschiedenen Fassungen des Begehrens der Antragstellerin keine verschiedenen Streitgegenstände dar, vielmehr handelt es durchgehend um ein und denselben Streitgegenstand.
(1) Im Zivilprozess gilt der zweigliedrige Streitgegenstandsbegriff; dies gilt auch für Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Danach wird der eigenständige prozessuale Anspruch bestimmt durch den Klag- / Verfügungsantrag, in dem sich die vom Kläger / Antragsteller begehrte Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger / Antragsteller die begehrte Rechtsfolge herleitet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) wird der Lebenssachverhalt aus allen Tatsachen gebildet, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (BGH NJW 2013, 540 [Rz.14]; Becker-Eberhard in MüKo-ZPO, 5. Aufl., Vorb § 253 Rz.33; BGH NJW-RR 2013, 748 [Rz.13]; jeweils mit weiteren Nachweisen). Das ist dann der Fall, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden kann, selbst wenn diese einer eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich sind. Der Streitgegenstand wird damit durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht, unabhängig davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs kannten und hätten vortragen können. Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt dagegen dann vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BGH U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.19] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen).
(2) Den Lebenssachverhalt in äußerungsrechtlichen Verfahren bildet nach diesen Grundsätzen in aller Regel alleine die konkrete Veröffentlichung, speziell die angegriffene Passage eines Beitrags im Kontext der inkriminierten Veröffentlichung. Hierbei wird der Streitgegenstand nicht zusätzlich dadurch mitbestimmt, wie der Leser diesen Beitrag versteht. Namentlich stellt es keine verschiedenen Streitgegenstände dar, ob vorgetragen wird, dass ein angegriffener Text eine (unwahre) Tatsachenbehauptung enthalte, oder ob vorgetragen wird, dass er eine mehrdeutige Aussage enthalte, die man im Sinne einer solchen unwahren Tatsachenbehauptung verstehen müsse oder zumindest könne. Die Ermittlung des genauen Aussagegehaltes einer angegriffenen Veröffentlichung ist vielmehr häufig eine Frage der Wertung und Auslegung; das Ergebnis ist dabei auch vom eigenen Sprachverständnis des jeweiligen Rezipienten geprägt. Ein „objektiv richtiges“ Verständnis vom Inhalt einer Veröffentlichung gibt es in vielen Fällen nicht, vielmehr wird das der Entscheidung zugrunde zu legende Verständnis vom Gericht nach normativen Kriterien unter Zugrundelegung des Verständnisses eines durchschnittlichen Lesers ermittelt.
Wie ein Unterlassungsantrag genau formuliert wird, namentlich ob als „schlichtes“ Verbot einer bestimmten Äußerung oder als Verbot des Erweckens eines bestimmten Eindrucks, hängt daher ebenfalls vom Ergebnis dieser Ermittlung des Textverständnisses ab. Hat der Kläger / Antragsteller hierbei ein nach Auffassung des Gerichts unzutreffendes Verständnis der angegriffenen Veröffentlichung zugrunde gelegt und deshalb einen Antrag formuliert, der den Gehalt der Veröffentlichung nicht exakt trifft, handelt es sich demnach nicht um einen anderen Lebenssachverhalt im Sinne des Begriffs des Streitgegenstands, sondern um lediglich eine (nach Ansicht des jeweiligen Gerichts: unzutreffende) Schlussfolgerung aus ein und demselben Lebenssachverhalt. Dies gilt nach den vorstehenden Grundsätzen, solange bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise die verschiedenen Antragsformulierungen zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören; dies wird in der Regel zu bejahen sein, wenn das begehrte Verbot unter der Maßgabe eines Bezugs auf die konkrete Verletzungsform (z.B. „… wie geschehen in“ o.ä.) steht.
Hinzu kommt, dass auch Gerechtigkeitsgesichtspunkte für einen derart zu verstehenden Begriff des Streitgegenstandes sprechen. Denn wegen des bei der Ermittlung eines Aussagegehaltes in aller Regel bestehenden Wertungsspielraumes wäre es unbillig, einem Kläger / Antragsteller das Risiko aufzubürden, ob er mit seinem eigenen Verständnis das Sprachverständnis des jeweils zur Entscheidung berufenen Richters „getroffen“ hat.
(3) Dementsprechend hat der I. Zivilsenat des BGH in Wettbewerbssachen (und zum Teil auch für das Markenrecht) seinen zwischenzeitlich verfolgten engen Streitgegenstandsbegriff wieder aufgegeben. So hatte der I. Zivilsenat des BGH früher etwa vertreten, dass zum schlüssigen Klagevorbringen einer Klage gegen eine irreführende Werbung der Vortrag gehöre, in welcher Hinsicht das Verkehrsverständnis von der Wirklichkeit abweiche; werde im Laufe des Verfahrens vorgetragen, dass die beanstandete Werbung auch noch unter einem anderen, mit der Klage noch nicht vorgetragenen Gesichtspunkt unzutreffend und daher irreführend sei, handele es sich insofern um einen neuen Streitgegenstand (vgl. BGH, U. v. 13.7.2006 – I ZR 222/03 – NJW 2007, 337 – dentalästhetika II). Da dies zu einer „Atomisierung“ der Streitgegenstände und vor allem zu unbilligen Kostenfolgen führte, hat der I. Zivilsenat des BGH diese Rechtsprechung indes mittlerweile ausdrücklich aufgegeben, so etwa im Urteil vom 13.9.2012 (I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 – Biomineralwasser). Danach bildet bei der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage die konkrete Verletzungsform den Streitgegenstand, wenn mit der Klage ein entsprechendes Unterlassungsbegehren verfolgt wird. Der Streitgegenstand umfasst in diesem Fall – unabhängig davon, ob der Kläger sich auf diese Rechtsverletzung gestützt und den zu dieser Rechtsverletzung gehörenden Tatsachenvortrag gehalten hat – alle Rechtsverletzungen, die in der konkreten Verletzungsform verwirklicht sind, auch wenn die verschiedenen Verletzungen jeweils einen unterschiedlichen Tatsachenvortrag erfordern (BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.19] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen). Ein zu feingliedriger Streitgegenstandsbegriff, der sich streng an dem vorgetragenen Lebenssachverhalt orientiert und bereits jede Variante – wie beispielsweise jede auch nur geringfügig abweichende, durch ein und dieselbe Werbeaussage bewirkte Fehleinschätzung der Verbraucher – einem neuen Streitgegenstand zuordnet, entspräche nicht der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise und würde darüber hinaus zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen (BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.23] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen). Vielmehr ist für die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage in Fällen, in denen sich diese gegen die konkrete Verletzungsform richtet, in dieser Verletzungsform der Lebenssachverhalt zu sehen, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird. Das Klagebegehren richtet sich in diesem Fall gegen ein konkret umschriebenes Verhalten, das gerade auch bei einer vom Standpunkt der Parteien ausgehenden natürlichen Betrachtungsweise den Tatsachenkomplex und damit die Beanstandungen umschreibt, zu der die konkrete Verletzungsform Anlass geben kann. Beanstandet der Kläger / Antragsteller in einem solchen Fall etwa eine Werbeanzeige unter mehreren Gesichtspunkten, überlässt er es bei einem Erfolg der Klage dem Gericht zu bestimmen, auf welchen Aspekt das Unterlassungsgebot gestützt wird (BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.24] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen). Anders ist der Streitgegenstand nur dann zu beurteilen, wenn der Kläger / Antragsteller – was ihm freisteht – mehrere in einer konkreten Verletzungsform oder mit der Verwendung einer bestimmten Bezeichnung verwirklichte Rechtsverletzungen im Wege der kumulativen Klagehäufung jeweils gesondert angreift (vgl. BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.25] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen).
(4) Diese Grundsätze haben im Bereich des Äußerungsrechts entsprechend zu gelten. Auch bei den Wettbewerbsverboten nach § 4 Nr.9 UWG a.F. (Irreführungsverbot, jetzt §§ 5, 5a UWG n.F.) handelt es sich um Verbote bestimmter Äußerungen. Bei der gebotenen natürlichen Betrachtung ist nicht maßgeblich, welchen genauen (unzulässigen) Aussagegehalt eine Äußerung im Kontext der jeweiligen Berichterstattung hat, sondern dass sie einen solchen hat.
(5) Nach allem handelt es sich in aller Regel nicht um einen Wechsel des Streitgegenstandes, wenn ein Kläger / Antragsteller von einem „blanken“ Verbot einer bestimmten Äußerung zu dem Verbot des Erweckens eines bestimmten Eindrucks durch eben diese Äußerung „wechselt“.
(a) Ohnehin stellt die Formulierung eines bestimmten zu unterlassenden Eindrucks in einem Verbotstenor in aller Regel lediglich ein Element der Begründung dar, mit dem dem Schuldner der Inhalt des betreffenden Verbotes genauer verdeutlicht werden soll; ob überhaupt ein Eindruck – und gegebenenfalls welcher Eindruck – im Antrag und Tenor formuliert wird, hat jedoch keine Auswirkungen auf den Inhalt des Streitgegenstandes. Hierfür spricht auch der Inhalt des Klagebegehrens, also dessen, was der Kläger / Antragsteller erreichen will. Ziel eines äußerungsrechtlichen Unterlassungsantrags ist es, dass eine bestimmte Äußerung unterlassen wird. Verboten werden soll und kann diese konkrete Äußerung nur, weil sie im Kontext der Veröffentlichung einen bestimmten Eindruck hervorruft, Verbotsgegenstand ist aber nicht die Erweckung eines bestimmten Eindrucks als solche und schlechthin. Dementsprechend kann das Gericht in derartigen Fällen sowohl durch einen Hinweis gemäß § 139 I 2 ZPO eine nach seiner Ansicht sachgerechte Antragsmodifizierung herbeiführen als auch im Rahmen seines freien Ermessens nach § 938 I ZPO den Verbotstenor gegenüber einem nicht als zweckdienlich angesehenen Antrag umformulieren.
(b) Dies alles gilt indes nur dann, wenn – wie hier – das begehrte Verbot mit der Einschränkung „wie geschehen in“ (oder ähnlich) versehen ist, denn damit ist verdeutlicht, dass das angestrebte Verbot von dem Verständnis der angegriffenen Äußerung ausgeht, das sich aus dem Kontext ergibt, in den der Äußernde sie gestellt hat.
(c) Etwas anderes hat nach den oben dargelegten Grundsätzen zudem dann zu gelten, wenn ein Kläger / Antragsteller mehrere in einer konkreten Verletzungsform verwirklichte Rechtsverletzungen im Wege der kumulativen Klagehäufung jeweils gesondert angreift. In diesem Fall handelt es sich um mehrere Streitgegenstände mit der Folge, dass den Kläger / Antragsteller Kostenfolgen treffen, wenn und soweit er mit diesen unterschiedlichen Klagebegehren keinen Erfolg hat. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Klageantrags und seiner Begründung zu ermitteln.
(6) Diesem Verständnis der Streitgegenstände in äußerungsrechtlichen Verfahren steht entgegen der Ansicht der Antragsgegner auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu mehrdeutigen Äußerungen (sog. „Stolpe-Rechtsprechung“) entgegen.
(a) Nach dem Beschluss des BVerfG vom 25.10.2005 gilt, dass der Äußernde eine auf Unterlassung zielende Verurteilung des Zivilgerichts vermeiden kann, wenn er eine ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung abgibt, die mehrdeutige Äußerung, der eine Aussage mit dem persönlichkeitsverletzenden Inhalt entnommen werden kann, nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen (vgl. BVerfG, B. v. 25.10.2005, 1 BvR 1696/98 – NJW 2006, 207 [Rz.35] – „IM-Sekretär” Stolpe). Welchen juristischen Charakter eine solche „ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung“ haben muss, lässt sich diesem Beschluss allerdings nicht eindeutig entnehmen:
Vielfach wird vertreten, dass eine solche Erklärung keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung sein müsse, sondern in der Form einer einfachen Erklärung abgegeben werden könne (vgl. z.B. Kröner in HH-Ko/MedienR, 3. Aufl., 31 Rz.95 mit weiteren Nachweisen). Hierfür spricht, dass im genannten Beschluss des BVerfG an dieser Stelle der Begriff „Unterlassungsverpflichtungserklärung“ nicht verwendet wird. Auch hat das BVerfG in einer anderen Entscheidung darauf hingewiesen, dass in derartigen Fällen für die Klarstellung und damit die Abwendung der Unterlassungsverpflichtung ein einfacher Weg eröffnet sein muss, wobei nachteilige Wirkungen auf die Ausübung der Kommunikationsfreiheit insbesondere zu erwarten sind, wenn eine hohe Kostenlast auf den zukäme, der eine mehrdeutige Äußerung getroffen hat, auch wenn er nach Erkennen der Mehrdeutigkeit und des persönlichkeitsverletzenden Inhalts einer Deutungsalternative eine Klarstellung vorgenommen hat, die eine Persönlichkeitsverletzung ausschließt (BVerfG, B. v. 19.12.2007 – 1 BvR 967/05 – NJW 2008, 1654 [Rz.34]).
Es erscheint aber fraglich, ob ein solches Verständnis des Beschlusses des BVerfG vom 25.10.2005 zwingend ist. Die Formulierung in diesem Beschluss kann vielmehr auch als ein bloßer Hinweis auf die bestehenden Grundsätze der Rechtsprechung zur Beseitigung einer Wiederholungsgefahr zu verstehen sein, denn das BVerfG hat in diesem Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Äußernde nach der Rechtsprechung durch eine „ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung“ eine auf Unterlassung zielende Verurteilung des Zivilgerichts vermeiden könne (BVerfG, B. v. 25.10.2005, 1 BvR 1696/98 – NJW 2006, 207 [Rz.35] – „IM-Sekretär” Stolpe). Dies kann nach dem Wortlaut ein bloßer Hinweis auf die seinerzeit (und weiterhin) herrschende Rechtsprechung zur Beseitigung einer Wiederholungsgefahr sein, was in der Regel nur durch eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung erfolgen kann. Vor allem aber handelt es sich bei den im Beschluss des BVerfG vom 25.10.2005 an dieser Stelle angeführten Belegstellen (sc. BGHZ 14, 163, 167 = NJW 1954, 1682; BGHZ 78, 9, 20 = NJW 1980, 2801; BGH, NJW 1994, 1281, 1283; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap.12 Rz.20f) ausschließlich um solche, in denen ausgeführt wird, dass durch eine Rechtsverletzung die Gefahr einer Wiederholung dieser Rechtsverletzung begründet wird und dass an die Widerlegung dieser Vermutung strenge Anforderungen zu stellen sind, so dass diese Wiederholungsgefahr in aller Regel nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung beseitigt werden kann. Damit spricht nach Auffassung des Senates einiges dafür, dass das BVerfG im Beschluss vom 25.10.2005 („IM-Sekretär“ Stolpe) keine Einschränkung der über Jahrzehnte entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung zur Beseitigung der durch eine Rechtsverletzung gesetzte Wiederholungsgefahr vornehmen wollte.
Hinzu kommt, dass auch die alsbaldige Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung ein durchaus kostengünstiger und einfacher Weg für den sich mehrdeutig Äußernden ist, um einen gerichtlichen Unterlassungstitel zu vermeiden.
(b) Dies kann indes für den vorliegenden Fall im Ergebnis dahinstehen, denn die Beantwortung dieser Rechtsfrage hat hier keine Auswirkungen auf den Streitgegenstand des Unterlassungsbegehrens. Vielmehr handelt es sich entgegen der Ansicht der Antragsgegner stets um ein und denselben Streitgegenstand, wenn die Unterlassung ein und derselben Äußerung im selben Kontext verlangt wird, auch wenn der Verletzte (zunächst) die Ansicht vertritt, dass es sich hierbei um eine eindeutige Tatsachenbehauptung handele, während es sich „tatsächlich“ (also nach Ansicht des Gerichts) um eine mehrdeutige Äußerung handelt. Dies gilt auch dann, wenn man der genannten Ansicht folgen wollte, dass sich aus dem Beschluss des BVerfG vom 25.10.2005 („IM-Sekretär“ Stolpe) ergebe, dass der sich mehrdeutig Äußernde durch eine „ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung“, die mehrdeutige Äußerung nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen, auch dann verhindern könne, dass er vom Gericht zur Unterlassung verurteilt werde, wenn er dies nicht in der Form einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung erkläre. Insbesondere vermag der Senat die Ansicht der Antragsgegner nicht zu teilen, dass ein Verbot auf der Grundlage der „Stolpe-Rechtsprechung“ des BVerfG weniger weit reichend sei, als das Verbot einer eindeutigen Äußerung, also einer Äußerung, die eine Tatsachenbehauptung darstellt oder aber einen zwingenden tatsächlichen Eindruck erweckt. Vielmehr handelt es sich bei einem Verbot nach der „Stolpe-Rechtsprechung“ um ein „vollwertiges“ Verbot, das der Äußernde ebenso unbedingt zu beachten hat, wie eines, das nicht wegen einer mehrdeutigen Äußerung erlassen wurde. Aus den Grundsätzen der „Stolpe-Rechtsprechung“ ergibt sich nämlich (nach den obigen Ausführungen: allenfalls) die Möglichkeit für den Äußernden, unter einfacher erfüllbaren Voraussetzungen den Erlass eines gerichtlichen Verbotes zu verhindern. Der Verletzer kann jedoch nicht leichter eine Aufhebung eines in Entsprechung mit diesen Grundsätzen einmal erlassenen Verbotes erreichen:
(aa) Ausdrücklich hat das BVerfG im genannten Beschluss vom 25.10.2005 („IM-Sekretär“ Stolpe) ausgeführt, dass kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund besteht, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen, weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt (darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen), wenn der Äußernde nicht bereit ist, der Aussage einen eindeutigen Inhalt zu geben (BVerfG, B. v. 25.10.2005, 1 BvR 1696/98 – NJW 2006, 207 [Rz.35] – „IM-Sekretär” Stolpe). Der Äußernde kann sein Äußerungsanliegen in freier Selbstbestimmung in einer das Persönlichkeitsrecht nicht verletzenden Art und Weise weiterverfolgen. Sieht er sich dazu nicht in der Lage, trifft er hingegen auf die im Persönlichkeitsschutz begründete Schranke der Meinungsäußerungsfreiheit (BVerfG, B. v. 25.10.2005, 1 BvR 1696/98 – NJW 2006, 207 [Rz.36] – „IM-Sekretär” Stolpe). Es ist nicht ersichtlich, weshalb dies die Notwendigkeit mit sich bringen sollte, dass der Äußernde, der eine solche Gelegenheit zur Klarstellung nicht alsbald nutzt, im Nachhinein weiterhin die Möglichkeit haben sollte, ein daraufhin erlassenes Verbot immer noch durch eine derartige einfache klarstellende Erklärung zu beseitigen, ohne eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Vielmehr ist dieser auch hier gegebene Fall nicht anders zu behandeln als der „Normalfall“, in dem eine eindeutige Äußerung die Rechte eines Dritten verletzt, denn der Äußernde, der sich zu einer „Klarstellung“ nicht verstehen will, nachdem ihm vor Augen geführt wurde, dass seine Äußerung auch in einer Weise zu verstehen ist, die Persönlichkeitsrechte eines Dritten verletzt, zeigt durch sein Verhalten, dass er ohne gerichtlichen Zwang nicht bereit ist, die Rechte des Verletzten zukünftig zu wahren. In derartigen Fällen ist eine Privilegierung des Äußernden nicht geboten. Der Grundsatz, dass an die Widerlegung der Vermutung einer bestehenden Wiederholungsgefahr strenge Anforderungen zu stellen sind, gilt unverändert.
(bb) Dementsprechend wird im genannten Beschluss des BVerfG vom 19.12.2007 maßgeblich darauf abgestellt, dass von Verfassungs wegen zu beanstandende, nachteilige Wirkungen auf die Ausübung der Kommunikationsfreiheit (nur dann) zu erwarten wären, wenn eine hohe Kostenlast auf den zukäme, der eine mehrdeutige Äußerung getroffen hat, wenn er nach Erkennen der Mehrdeutigkeit und des persönlichkeitsverletzenden Inhalts einer Deutungsalternative eine Klarstellung vorgenommen hat, die eine Persönlichkeitsverletzung ausschließt (1 BvR 967/05 – NJW 2008, 1654 [Rz.34]). Dies bedeutet indes, dass ein Verletzer, der trotz des Erkennens der Mehrdeutigkeit und der Rechtsverletzung seiner Äußerung eine solche Erklärung nicht alsbald abgibt, nicht schützenswert ist.
(cc) Mit anderen Worten: Wird eine Verbotsverfügung nach den Grundsätzen der „Stolpe-Rechtsprechung“ erlassen, folgt aus dieser Rechtsprechung nicht, dass der Äußernde durch eine klarstellende Erklärung die dem Verbot zugrunde liegende Wiederholungsgefahr beseitigen kann. Vielmehr folgt aus den Grundsätzen dieser Rechtsprechung allenfalls, dass der Äußernde durch eine solche Erklärung im Vorwege den Erlass eines gerichtlichen Verbotes abwenden kann. Nutzt er diese Möglichkeit – wie hier – nicht, wird er Schuldner einer Verbotsverfügung, für die keine anderen Grundsätze gelten als für Verbote wegen eindeutiger Äußerungen. Auch aus diesem Aspekt des Charakters eines Verbotes mehrdeutiger Äußerungen folgt daher entgegen der Ansicht der Antragsgegner nicht, dass dieses einen anderen Streitgegenstand darstellt als das Verbot der gleichen Äußerung in Gestalt einer eindeutigen Tatsachenbehauptung.
(7) Eine weitere Folge des so verstandenen Begriffs des Streitgegenstandes in äußerungsrechtlichen Verfahren ist es, dass der Verletzte in einer Abmahnung zwar verdeutlichen muss, welches Verständnis er aus der Berichterstattung erkannt hat und weshalb er hierin eine Verletzung seiner Belange sieht. Dies indes wäre eine hinreichende Abmahnung, namentlich muss der Verletzte nicht zwingend damit argumentieren, dass es sich um eine mehrdeutige Äußerung handele, und er muss erst recht keine anderen möglichen Deutungsvarianten auflisten.
Diese Folge entspricht auch der materiellen Gerechtigkeit, denn – wie ausgeführt – kann die Ermittlung des genauen Aussagegehaltes einer Äußerung ja nach Wertungsmaßstab und Sprachverständnis des Beurteilenden zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen führen. Es wäre deshalb unbillig, dem Verletzten das Risiko dafür aufzubürden, dass er seiner Abmahnung (und Antragstellung) das „richtige“ Sprachverständnis zugrunde legt. Dies gilt umso mehr, als es dem Äußernden nicht nur nach der Rechtsprechung des BVerfG freisteht, eine Erklärung abzugeben, die den seiner Ansicht nach zutreffenden Aussagegehalt der angegriffenen Äußerung berücksichtigt und dabei auch die Belange des Verletzten wahrt.
(8) Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin hier mit den verschiedenen Fassungen ihres Antrags zu Ziffer I.3. stets dasselbe Antragsbegehren verfolgt.
In der Abmahnung (Anlage ASt 3) hat die Antragstellerin u.a. ausgeführt, dass die Rückgabe der beschlagnahmten € … durch ein Gericht angeordnet worden sei. Schon damit hat die Antragstellerin den Antragsgegnern nach den vorstehenden Ausführungen hinreichend deutlich gemacht, in welcher Hinsicht sie diese Passage beanstandet. Unschädlich war es hierbei, dass sie in der Abmahnung noch nicht darauf abgestellt hat, dass es sich (jedenfalls) um eine mehrdeutige Äußerung handele, die nach den Grundsätzen der „Stolpe-Rechtsprechung“ zu untersagen sei, sondern dies erst im Rahmen des Verfügungsverfahrens im Schriftsatz vom 9.10.2017 angeführt hat. Auch die Tatsache, dass die Antragstellerin zunächst den Erlass eines „blanken“ Verbotes der angegriffenen Passage – mithin ohne die Formulierung eines hierdurch hervorgerufenen Eindrucks – beantragt hatte, bedeutet nach allem keinen Wechsel im Streitgegenstand.
e. Abschließend sei angemerkt, dass es bei dieser Sachlage dem mit dem Antrag zu Ziffer I.3. geltend gemachten Unterlassungsanspruch der Antragstellerin schon im Ausgangspunkt nicht entgegensteht, dass die Antragsgegner im Widerspruch erklärt haben, dass sie die Äußerung gemäß diesem Antrag zukünftig nur noch in einer klarstellenden Form verbreiten würden. Denn – wie oben ausgeführt – handelt es sich hierbei nicht um eine mehrdeutige Äußerung, vielmehr wird der reklamierte Eindruck durch die streitgegenständliche Äußerung zwingend erweckt. Dahinstehen kann daher erneut die Frage, ob das BVerfG im Beschluss vom 25.10.2005 (I BvR 1696/98) dahingehend zu verstehen ist, dass die dort genannte „ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung“ ein Weniger gegenüber einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung darstellt. Im Übrigen wäre eine solche „nachgeschickte“ Klarstellung hier auch nach der Rechtsprechung des BVerfG, wie sie nach Auffassung des Senates entsprechend den obigen Darlegungen zu verstehen ist, nicht geeignet gewesen, die bereits begründete Wiederholungsgefahr in Bezug auf diese Äußerung wieder entfallen zu lassen; wie oben dargelegt, hätte eine solche Klarstellung allenfalls dann eine rechtliche Wirkung haben können, wenn sie alsbald auf die Abmahnung abgegeben worden wäre und nicht erst nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung.
2. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.1. erledigt ist und den Antragsgegnern die Kosten insoweit auferlegt. Dies entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 91a ZPO, denn bis zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung durch die Antragsgegner und der darauf erfolgten einseitigen Erledigungserklärung der Antragstellerin stand dieser gegen die Antragsgegner ein Unterlassungsanspruch mit diesem Inhalt zu.
a. Die streitgegenständliche Äußerung, die die Antragstellerin mit dem Antrag zu Ziffer I.1. angegriffen hat, erweckt im Kontext der in Rede stehenden Berichterstattung zumindest einen tatsächlichen Eindruck, der unzutreffend ist und zudem geeignet ist, das Ansehen der Antragstellerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen.
aa. Im seinem Beschluss vom 8.11.2017 im Beschwerdeverfahren zum Aktenzeichen 7 W 123/17 hat der Senat ausgeführt, dass und weshalb durch die mit dem Antrag zu Ziffer I.1. angegriffene Äußerung
„In drei Ländern ermitteln Fahnder wegen Steuervermeidung.“
im Kontext der Berichterstattung mindestens mehrdeutig ist, nämlich auch und keineswegs fernliegend in dem Sinne verstanden werden kann, dass in drei Ländern strafrechtliche Ermittlungen gegen Verantwortliche des Konzerns der Antragstellerin geführt würden. Der Senat hält nach erneuter Beratung an diesen Erwägungen fest und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen Bezug.
bb. Ob in drei Ländern strafrechtliche Ermittlungen gegen Verantwortliche des Konzerns der Antragstellerin geführt werden, ist ein tatsächlicher Eindruck, denn hierüber kann Beweis erhoben werden. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass dies unwahr ist, dass dies nämlich alleine in Deutschland der Fall ist. Diese unwahre tatsächliche Behauptung – bzw. dieser unwahre tatsächliche Eindruck – ist geeignet, das Ansehen der Antragstellerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat erneut Bezug auf seine Ausführungen im Beschluss vom 8.11.2017 (Az. 7 W 123/17).
b. Es bestand die Gefahr einer erneuten Verletzung des (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin. Die stattgehabte Rechtsverletzung begründete die Gefahr einer Wiederholung; diese ist durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert (vgl. BGH, U. v. 8.2.1994 – Az. VI ZR 286/93 – NJW 1994, 1281, 1283).
c. Es lag auch der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund vor. Da die Antragsgegner dies nicht in Zweifel gezogen haben, sieht der Senat von weiteren Ausführungen zu diesem Punkt ab.
d. Auch in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.1. greifen die aus dem Begriff des Streitgegenstandes abgeleiteten Einwände der Antragsgegner nicht durch, namentlich war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung insoweit weder unzulässig noch unbegründet; auch die Abmahnung entsprach den Anforderungen. Im Einzelnen:
aa. In ihrer Abmahnung (Anlage ASt 3) hat die Antragstellerin ausgeführt, dass es den Straftatbestand der „Steuervermeidung“ nicht gebe, es werde aber auch nicht in drei Ländern wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Verlangt hat sie in der Abmahnung die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung, mit der sich die Antragsgegner verpflichten sollten, es zu unterlassen zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, in drei Ländern würden „Fahnder“ gegen Verantwortliche des …konzerns A „wegen Steuervermeidung“ ermitteln, wie geschehen im D vom 25.9.2017 … unter der Überschrift „E“. Im Schriftsatz vom 9.10.2017 hat die Antragstellerin sodann vertreten, dass jedenfalls nach den Grundsätzen der „Stolpe-Rechtsprechung“ ein Verbot ergehen müsse, und hilfsweise ein Eindrucksverbot beantragt. Das Landgericht hat entschieden, dass ein solcher Eindruck fernliege; der Leser denke nicht an strafrechtliche Ermittlungen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat der Senat sodann ein Verbot erlassen, dass dem ursprünglichen Verfügungsantrag zu Ziffer I.1. entsprach, mithin als ein Verbot der Behauptung, Verbreitung etc. der in indirekte Rede gesetzten angegriffenen Textpassage. Die Antragsgegner haben sodann eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, mit der sie sich strafbewehrt verpflichteten es zu unterlassen, den Eindruck zu erwecken, in drei Ländern werde gegen Verantwortliche des …konzerns A wegen Steuerhinterziehung strafrechtlich ermittelt (Anlage AG 3); daraufhin hat die Antragstellerin diesen Punkt für erledigt erklärt.
bb. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner enthalten die Abmahnung, die ursprüngliche Antragsfassung, die hilfsweise Antragsfassung und das letztlich erlassene Verbot ebenso wenig wie die von den Antragsgegnern abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung keine verschiedenen Streitgegenstände. Wie oben ausgeführt, handelt es sich in aller Regel jedenfalls dann nicht um einen Wechsel im Streitgegenstand, wenn ein Kläger / Antragsteller von einem „blanken“ Verbot einer bestimmten Äußerung zu dem Verbot des Erweckens eines bestimmten Eindrucks durch eben diese Äußerung (oder in die entgegen gesetzte Richtung) „wechselt“, wenn das angestrebte Verbot auf den Kontext bezogen ist, in dem die inkriminierte Passage veröffentlicht worden war.
Auch in Bezug auf Antrag und Verbot zu Ziffer I.1. gilt nach diesen Grundsätzen hier, dass die Antragstellerin mit ihrer Abmahnung und den verschiedenen Fassungen ihres Antrags stets dasselbe Antragsbegehren verfolgt und dass der Senat ein Verbot erlassen hat, das diesem Streitgegenstand entspricht. Die Antragstellerin hatte in ihrer Abmahnung verdeutlicht, in welcher Hinsicht sie die streitgegenständliche Passage moniert; dass es nämlich den Straftatbestand der „Steuervermeidung“ nicht gebe und dass auch nicht in drei Ländern wegen Steuerhinterziehung ermittelt werde. Damit hat sie deutlich gemacht, wie sie diese Passage verstanden hat. Auch im Verfügungsverfahren hat die Antragstellerin darauf abgestellt, dass jedenfalls nicht in drei Ländern strafrechtliche Ermittlungen gegen Verantwortliche des Konzerns der Antragstellerin geführt würden. Die verschiedenen Fassungen des Unterlassungsantrags stellten demnach nur verschiedene Versuche dar, ihr gleichbleibendes Klagebegehren sprachlich zu fassen.
Auf die Abmahnung haben die Antragsgegner zudem nicht nur keine „Klarstellung“ erklärt, sondern sind inhaltlich nicht auf den reklamierten Eindruck eingegangen (Anlage ASt 4). Wie oben dargelegt, können sich die Antragsgegner daher auch insoweit schon deshalb nicht mit Erfolg auf die Grundsätze der „Stolpe-Rechtsprechung“ berufen, weil sie auf diese Abmahnung keineswegs alsbald eine irgendwie geartete klarstellende Erklärung abgegeben haben.
cc. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner steht diesem Ergebnis auch nicht die Fassung der vom Senat auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin erlassenen ergänzenden Verbotsverfügung entgegen. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, handelt es sich bei der Formulierung einer „Eindrucksfassung“ als Verbotstenor lediglich um ein begründendes Element, das in den Tenor aus Gründen der Verdeutlichung der Verbotsrichtung Aufnahme finden kann, eine Änderung des Streitgegenstandes ist damit indes nicht verbunden. Streitgegenstand bleibt vielmehr die konkret angegriffene Äußerung im Kontext der inkriminierten Berichterstattung. Der Senat hat daher bei der Fassung des ergänzenden Verbotes im Beschluss vom 8.11.2017 (7 W 123/17) keinen Anlass gesehen, von dem Antrag abzuweichen, den der Antragsteller gestellt hatte und mit der sofortigen Beschwerde weiter verfolgt hat, auch wenn die Handlungsform des Behauptens sprachlich nicht exakt passen mag, wenn es sich (jedenfalls) um eine mehrdeutige Äußerung handelt.
3. Zum Teil hat die Berufung der Antragsgegner hingegen in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.4. Erfolg. In der Sache haben die Antragsgegner in der Berufungsinstanz nicht damit argumentiert, dass das letztlich erlassene Verbot zu diesem Punkt – zu dem sie eine Abschlusserklärung abgegeben haben – sachlich nicht berechtigt gewesen sei, vielmehr haben sie lediglich prozessuale Einwendungen erhoben und sich insoweit gegen die erstinstanzlichen Kostenentscheidungen gewendet. Diese Einwendungen sind sie zum Teil berechtigt: Den Antrag zu Ziffer I.4. hat die Antragstellerin bereits erstinstanzlich teilweise zurückgenommen, so dass ihr insoweit erstinstanzlich die anteiligen Kosten aufzuerlegen sind. Die übrigen Einwendungen der Antragsgegner gegen die Kostenentscheidung in Bezug auf diesen Antrag greifen hingegen nicht durch. Im Einzelnen:
a. Die Anfechtung der Kostenentscheidung in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.4. ist weder in der Berufungsinstanz ausgeschlossen, noch war sie dies in der ersten Instanz. Namentlich stand und steht die Vorschrift des § 99 I ZPO einer Überprüfung der Kostenentscheidung nicht entgegen.
Die Vorschrift des § 99 I ZPO blockiert den isolierten Kostenangriff nicht, wenn in der Hauptsache keine Beschwerde, Berufung oder Revision statthaft ist; dies gilt namentlich dann, wenn die gerichtliche Sachentscheidung z.B. lediglich mit Einspruch, Widerspruch oder Erinnerung angreifbar ist (Flockenhaus in Musielak / Voit, ZPO, 15. Aufl., § 99 Rz.5; Zöller / Herget, ZPO, 31. Aufl., § 99 Rz.3). Hier hatten die Antragsgegner im erstinstanzlichen Verfügungsverfahren (unter anderem) Kostenwiderspruch hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.4. eingelegt, was demnach zulässig war. Zudem haben sie die einstweilige Verfügung zusätzlich (zum Teil) in der Sache angegriffen; damit konnten die Antragsgegner die Kostenentscheidung (erst recht) insgesamt zur Überprüfung durch die Kammer stellen.
In der Berufungsinstanz ist hier eine Überprüfung der gesamten erstinstanzlichen Kostenentscheidung ebenfalls möglich, denn auch die Einlegung eines auf einzelne Hauptaussprüche beschränkten Rechtsmittels ermöglicht eine Korrektur der Kostenentscheidung (vgl. Zöller / Herget, ZPO, 31. Aufl., § 99 Rz.4). Die Antragsgegner haben hier gegen den Hauptausspruch des Landgerichts in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.3. (Bestätigung der einstweiligen Verfügung in diesem Punkt) Berufung eingelegt.
b. Die erstinstanzlich Kostentscheidung ist in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.4. unzutreffend. Die Antragstellerin hat den Antrag zu I.4. bereit erstinstanzlich teilweise zurückgenommen, was entsprechend §§ 269 III, 92 I ZPO zu Lasten der Antragstellerin zu berücksichtigen gewesen wäre.
In der Erstmitteilung (Anlage ASt 2) heißt es in der mit dem Antrag zu Ziffer I.4. angegriffenen Passage:
„Ähnlich kurios mutet der Kauf von J im September 2016 an (…). Anfang Juni gab H sein Mandat als Wirtschaftsprüfer von J zurück.“
Im Verfügungsantrag vom 27.9.2017 hat die Antragstellerin den nach ihrer Ansicht durch diese Berichterstattung erweckten und zu untersagenden Eindruck so formuliert, dass H von der Antragstellerin als Wirtschaftsprüfer mandatiert worden sei und (später) das von A erteilte Mandat zurückgegeben habe. Zuletzt – mit Schriftsatz vom 11.10.2017 – hat die Antragstellerin erstinstanzlich indes den Erlass folgenden Verbotes beantragt,
… zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
„Anfang Juni gab H sein Mandat als Wirtschaftsprüfer von J zurück.“
Dieser Antrag war weniger weitreichend als der ursprüngliche Verfügungsantrag zu Ziffer I.4., denn mit diesem hatte die Antragstellerin zwei verschiedene tatsächliche Eindrücke angegriffen. Ein Verbot des nach Ansicht der Antragstellerin durch die Berichterstattung ebenfalls erweckten tatsächlichen Eindrucks, dass es die Antragstellerin gewesen sei, die H als Wirtschaftsprüfer der Fa. J mandatiert habe, hat die Antragstellerin aber mit dem modifizierten Antrag gemäß Schriftsatz vom 11.10.2017 nicht mehr weiterverfolgt.
Hierin liegt eine teilweise Rücknahme dieses Antrags. Wie oben ausgeführt, handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände, wenn ein Kläger / Antragsteller mehrere in einer konkreten Verletzungsform verwirklichte Rechtsverletzungen im Wege der kumulativen Klagehäufung jeweils gesondert angreift (vgl. BGH, U. v. 13.12.2012, I ZR 230/11 – GRUR 2013, 401 [Rz.25] – Biomineralwasser; mit weiteren Nachweisen). Das war hier im ursprünglichen Verfügungsantrag zu Ziffer I.4. der Fall, denn die Antragstellerin hatte ausdrücklich die Untersagung zweier verschiedener tatsächlicher Eindrücke beantragt.
c. Den wertmäßigen Anteil des zurückgenommenen Teils des Antrags zu Ziffer I.4. schätzt der Senat nach billigem Ermessen (§ 3 ZPO) auf die Hälfte des gesamten Wertes dieses Antrags in erster Instanz. Da der Antrag zu Ziffer I.4. entsprechend der Festsetzung durch den Senat im Beschluss vom 8.11.2017 (7 W 123/17) erstinstanzlich mit insgesamt € 30.000,- zu bewerten war, erhöht sich der erstinstanzliche Obsiegensanteil der Antragsgegner um € 15.000,was die aus dem Tenor ersichtlichen erstinstanzlichen Kostenquoten der Parteien ergibt.
d. Auch in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.4. greifen die aus dem Begriff des Streitgegenstandes abgeleiteten weiteren Einwände der Antragsgegner nicht durch. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner enthalten die Abmahnung sowie die ursprüngliche und die letzte Antragsfassung in Bezug auf den letztlich untersagten Teil der angegriffenen Passage keine verschiedenen Streitgegenstände, unabhängig davon, ob das begehrte Verbot als „schlichtes“ Verbot einer bestimmten Äußerung oder als Verbot eines durch diese Äußerung erweckten Eindrucks formuliert wurde. Wie oben ausgeführt, handelt es sich in aller Regel jedenfalls dann nicht um einen Wechsel im Streitgegenstand, wenn ein Kläger / Antragsteller von einem „blanken“ Verbot einer bestimmten Äußerung zu dem Verbot des Erweckens eines bestimmten Eindrucks durch eben diese Äußerung (oder in die entgegen gesetzte Richtung) „wechselt“, wenn das angestrebte Verbot auf den Kontext bezogen ist, in dem die inkriminierte Passage veröffentlicht worden war.
Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin auch in Bezug auf den nicht zurückgenommenen Teil des Antrags und Verbotes zu Ziffer I.4. mit ihrer Abmahnung und den verschiedenen Fassungen ihres Antrags stets dasselbe Antragsbegehren verfolgt. Sie hat insoweit bereits in ihrer Abmahnung verdeutlicht, in welcher Hinsicht sie die streitgegenständliche Passage moniert. Auch im Verfügungsverfahren hat die Antragstellerin insoweit darauf abgestellt, dass H sein Mandat als Wirtschaftsprüfer der Fa. J nicht zurückgegeben habe. Die verschiedenen Fassungen des Unterlassungsantrags stellten demnach insoweit ebenfalls nur verschiedene Versuche dar, ihr gleichbleibendes Klagebegehren sprachlich zu fassen.
III.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 92 II, 97 I ZPO. Der Anteil des Obsiegens der Antragsgegner im Berufungsverfahren ist im Verhältnis zum Gesamtwert des Berufungsverfahrens (€ 35.000,-) relativ geringfügig, betrifft nämlich nur die Hälfte des Kostenpunktes hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I.4.; der Anteil des Obsiegens der Antragsgegner in der Berufungsinstanz betrifft damit nur einen Wert in Höhe von rund € 2.500,- also einen Anteil von deutlich unter 10%.