das Logo der Anwaltskanzlei tww.law

Greenclaim ,,klimaneutral“: Irreführend oder zulässig?

Zwei diametrale Entscheidungen zeigen, wie schwierig der Umgang mit dem Begriff ,,klimaneutral" in der Werbung ist.
renewable energy, environmentally friendly, concept

Abonnieren Sie unseren Newsletter.

Ihre Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Ihre Anmeldung war erfolgreich.

Inhalt des Beitrags

Im vorliegenden Fall wurde ein Hersteller von Haushalts- und Hygieneprodukten auf Unterlassung in Anspruch genommen, weil er seine Müllbeutel unter der Marke ,,X“ und eine spezielle Produktlinie unter der Untermarke ,,X klimaneutral“ beworben hatte. Neben dieser Untermarke wurde auf den Müllbeuteln und deren Verpackung auf die Unterstützung von ,,Gold Standard zertifizierten Klimaschutzprojekten“ hingewiesen.

Das Landgericht Kiel befindet die Werbung als irreführend

Die Klägerin hatte die Beklagte auf Unterlassung der Werbung verklagt und in erster Instanz vor dem Landgericht Kiel Recht bekommen (LG Kiel, Urteil v. 2. Juli 2021 – 14 HKO 99/20) Das Gericht hat die Werbung mit dem Begriff ,,klimaneutral“ als irreführend eingestuft, wenn das beworbene Unternehmen den Eindruck erweckt, dass alle seine Produkte klimaneutral hergestellt werden. Der Verbraucher bezieht diese Aussage dann auf das gesamte Unternehmen und nicht nur auf ein bestimmtes Produkt. Stellt das Unternehmen jedoch sowohl klimaneutrale als auch nicht klimaneutrale Produkte her, entsteht beim Verbraucher ein falscher Eindruck, der zu geschäftlichen Entscheidungen führen kann, die er sonst nicht getroffen hätte. Das Gericht betonte, dass Verbraucher klare Informationen darüber benötigen, wie Klimaneutralität erreicht wird, da es verschiedene Wege dahin gibt. Ein bloßer Hinweis auf die Unterstützung von nach dem Gold Standard zertifizierten Klimaschutzprojekten reicht in diesem Zusammenhang nicht aus. Das Gericht verlangte, dass auf der Verpackung ein Verweis auf die Website oder ein QR-Code angebracht wird, über den der Verbraucher auf einfache Weise weitere Informationen zum Begriff „klimaneutral“ abrufen kann. Die Informationen zu den unterstützten Klimaschutzprojekten dürfen nicht auf einer Unterseite versteckt sein, sondern müssen leicht zugänglich und in unmittelbarer Nähe platziert sein.

Zulässig ist die Werbung dagegen nach Ansicht des Oberlandesgerichts Schleswig

In der Berufungsinstanz entschied das OLG Schleswig (OLG Schleswig, Urteil v. 30. Juni 2022 – 6 U 46/21) hingegen, dass die Verwendung des Begriffs ,,klimaneutral“ nicht irreführend im Sinne des § 5 UWG sei. Eine Irreführung läge vor, wenn die Vorstellung, die durch eine Angabe bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorgerufen wird, nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspräche. Das Verständnis des Begriffs ,,klimaneutral“ hat sich bei den Verbrauchern etabliert und sie wissen, dass damit eine ausgeglichene Emissionsbilanz gemeint ist. Sie wissen auch, dass Kompensationsmaßnahmen notwendig sind und dass Produkte wie Müllbeutel nicht völlig emissionsfrei hergestellt werden können. Es besteht also kein zusätzlicher Informationsbedarf. Im Gegensatz dazu enthält der Begriff „klimaneutral“ eine klare und überprüfbare Aussage im Vergleich zur Bezeichnung eines Produktes als ,,umweltfreundlich“. Die Information über die Unterstützung von Klimaschutzprojekten helfe, Missverständnisse zu vermeiden. 

Schließlich stellte das OLG fest, dass die Beklagte zwar ihre Informationspflicht verletzt habe, eine Information auf dem Produkt selbst aber aus Platzgründen nicht möglich sei. Stattdessen reiche ein Hinweis auf der Verpackung auf eine Internetseite mit weiteren Informationen, z.B. über einen QR-Code, aus. Eine detaillierte Angabe wie ,,20% klimaneutral durch eigene Anstrengungen und 80% durch zugekaufte Zertifikate aus Klimaschutzprojekten“ ist nicht erforderlich und könnte den Verbraucher aufgrund fehlender Bezugsgrößen irreführen.

Zukunft der klimaneutralen Werbung: Endgültige Klärung steht noch aus

Es bleibt festzuhalten, dass die Frage nach den Anforderungen an die Werbung mit dem Begriff ,,klimaneutral“ noch nicht abschließend geklärt ist. Jedenfalls sollten Unternehmen bei der Bewerbung ihrer Produkte sehr vorsichtig sein, da nicht nur umweltbewusste Verbraucher, sondern auch Wettbewerber genau darauf achten, wie Umweltaussagen in der Werbung dargestellt werden. Transparenz und Verantwortungsbewusstsein sind hier von großer Bedeutung, um mögliche Missverständnisse und rechtliche Konflikte zu vermeiden. Schließlich wurden Unternehmen vielen Fällen nicht primär von Verbrauchern, sondern von Wettbewerbern verklagt. Angesichts der Relevanz der Frage, wann und wie der Begriff ,,klimaneutral“ in der Werbung verwendet werden darf, bleibt zu hoffen, dass dieser Fall vor den Bundesgerichtshof kommt, um eine endgültige Klärung herbeizuführen. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie sich die Werbelandschaft in Bezug auf Umweltaussagen in den nächsten Jahren entwickeln wird. Sicher ist, dass die künftige Green Claims Richtlinie dabei eine wichtige Rolle spielen wird.

Weitere Beiträge