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Moderator darf Weidel im Rahmen der Satiresendung \“Extra 3\“ als Nazi-Schlampe bezeichnen

LG Hamburg: Die Satiresendung „Extra 3“ darf die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel als Nazi-Schlampe bezeichnen. Ein Unterlassungsanspruch bestehe nicht.
Weidel Nazi-Schlampe
© nuvolanevicata - Fotolia.com

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Inhalt des Beitrags

Mit Beschluss vom 17. Mai 2017 wies das Landgericht Hamburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der AfD Spitzenkandidatin gegen den NDR zurück. Die Satiresendung „Extra 3“ dürfe Weidel im Rahmen ihrer Sendung als „Nazi-Schlampe“ bezeichnen. Die Äußerungen des Moderators innerhalb der Sendung seien klar als Satire erkennbar und somit von Weidel hinzunehmen.

„Nazi-Schlampe“ als Reaktion auf die Äußerungen Weidels

Gegenstand der umstrittenen Satiresendung vom 27. April 2017 war der Parteitag der AfD in Köln. Hier wurde Weidel zur Spitzenkandidatin gewählt. In ihrer nach der Wahl gehaltenen Rede richtete sie sich klar gegen die politische Korrektheit.

„Es muss endlich Schluss damit sein, dass diejenigen, die auf die Missstände in unserem Land hinweisen, härter bekämpft werden als die Missstände selbst. Und wir werden uns als Demokraten und Patrioten trotz dessen nicht den Mund verbieten lassen. Denn die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte“

Extra 3 spielte im Rahmen seiner Sendung eine kurze Videosequenz mit eben diesem Zitat ab. Im Anschluss äußerte sich der Moderator mit den Worten:

„Jawoll, Schluss mit der politischen Korrektheit! Lasst uns alle unkorrekt sein, da hat die Nazi-Schlampe doch recht. War das unkorrekt genug? Ich hoffe!“

Bezeichnung „Nazi-Schlampe“ ist als Satire von der Meinungsfreiheit gedeckt

Nach Ansicht des LG Hamburg handele es sich bei dieser Aussage zweifelsfrei um Satire, die im konkreten Kontext der Äußerung von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Zudem stehe Weidel als Spitzenkandidatin im Blickpunkt der Öffentlichkeit und müsse auch eine überspitzte Kritik hinnehmen.

Meinungsfreiheit genießt Vorrang bei Abwägung

Der Entscheidung lag eine ausführliche Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrechts Weidels zugrunde. Bei dieser müsse insbesondere die Präsentation und der Zusammenhang der Äußerung berücksichtigt werden. In der Pressemitteilung des LG heißt es: „Eine Verletzung sei nur dann anzunehmen, wenn die von der satirischen Umkleidung freigelegte Aussage die Würde des Betroffenen in ihrem Kernbereich betreffe.“

„Nazi-Schlampe“ ist auch keine unzulässige Formalbeleidigung

Auch eine unzulässige Formalbeleidigung sei nach Ansicht der Hamburger Richter nicht gegeben. Denn wenn mit Bezug auf den Gegenstand der Satire eine Auseinandersetzung in der Sache erfolgt und nicht die persönliche Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, scheide eine solche Formalbeleidigung aus.

Äußerung ist typische Übertreibung im Rahmen einer Satire-Sendung

Die Begriffe „Nazi“ und „Schlampe“ beziehen sich in klar erkennbarer satirischer Art der Übertreibung auf die aktuellen Forderungen Weidels, die politische Korrektheit gehöre auf den Müllhaufen der Geschichte. Die Wortwahl des Moderators solle in besonders scharfer und direkter Weise aufzeigen, wohin die Forderung der AfD-Politikerin führen kann.

Weiter könne es nach Ansicht des LG Hamburg dahingestellt bleiben, dass die Bezeichnung als „Schlampe“ stets eine sexuelle Konnotation habe. Für den Zuschauer der Sendung sei im Zusammenhang nicht ersichtlich, dass die Bezeichnung keinen Wahrheitsgehalt aufweist. Vielmehr sei eindeutig, dass die Bezeichnung „Schlampe“ nur als Anknüpfung an die Äußerung Weidels gewählt wurde, weil diese eine Frau ist.

Entscheidung noch nicht rechtskräftig – Beschwerde angekündigt

Die Entscheidung des LG Hamburgs ist noch nicht rechtskräftig. Weidels Anwalt hat angekündigt, gegen die Zurückweisung ihrer einstweiligen Verfügung Beschwerde einzulegen. Die Entscheidung des Hanseatischen OLG bleibt daher abzuwarten.

[Update vom 14. Juni 2017]

Die von Alice Seidel angekündigte Beschwerde wurde unterdessen – schätzungsweise nach einer Anmerkung des Gerichts – zurückgezogen. Dennoch steht ihr noch der Klageweg in der Hauptsache offen, auch wenn mit diesem Schritt nicht mehr zu rechnen ist. Nach dem Fall Böhmermann scheint allen Beteiligten klar geworden zu sein, dass scharfe Satire durchaus zulässig ist, denn \“Satire darf fast alles\“.

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