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Zum Gegenstandswert bei Beleidigung Minderjähriger auf Facebook

Bei Beleidigungen auf Facebook ist nicht nur auf die Breitenwirkung, sondern auch auf die verständiger Weise anzunehmende Wirkung für den Betroffenen abzustellen.
Gegenstandswert Beleidigung Facebook
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Inhalt des Beitrags

Der BGH hat mit Beschluss vom 16.08.2016 (Urteil v. 16.08.2016 – VI ZB 17/16) entschieden, dass das Recht eines Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit und ungestörte Entwicklung durch einen beleidigenden Facebook-Eintrag beeinträchtigt werden kann.

Nach einem harmlosen Streit zwischen zwei Grundschulkindern veröffentlichte die Mutter eines der Kinder einen Facebook-Eintrag. In diesem beleidigte sie das zehnjährige Kind, welches sich mit ihrer Tochter gestritten hat, als „asozialen Abschaum“ und „Abschaum Blag“. Darüber hinaus stellte sie die Behauptung auf, dass ihre Tochter von dem zehnjährigen Kind „vermöbelt“ wurde. Den Namen des Kindes nannte die Mutter nicht.

Veröffentlichungsanspruch von Rubrum und Unterlassungstenor haben einen eigenen Beschwerdewert

Das Amtsgericht (Urteil v. 26.11.2015 – 65 C 558/15) wies die Klage auf Unterlassung und Veröffentlichung von Rubrum und Unterlassungstenor auf der Facebook-Seite der beklagten Mutter ab. Im Folgenden setzte das AG den Streitwert auf unter 600,00 € fest. Der gesetzliche Beschwerdewert zur Einlegung einer Berufung ist dadurch nicht erreicht. Die trotzdem eingelegte Berufung wurde vom Landgericht Koblenz (Urteil v. 18.3.2016 – 6 S 220/16) mit Hinweis auf die Nichterreichung des Beschwerdewertes als unzulässig erachtet.

Der Kläger wendete sich nun mit einer entsprechenden Rechtsbeschwerde an den BGH. Interessant an dessen Entscheidung ist nun, dass dem Anspruch auf Veröffentlichung von Rubrum und Unterlassungstenor einen eigener Wert zuzuordnen sei der mit dem Wert des Unterlassungsantrags gemäß § 5 ZPO zusammenzurechnen ist. Damit erhöht sich der Wert des Beschwerdegegenstandes auf über 600,00 €, und das Landgericht hat sich im Rahmen der Berufung mit der Sache zu befassen.

Breitenwirkung ist nicht einziges Indiz zur Bemessung des Beschwerdewertes

Bei der Bewertung des Beschwerdewertes sei nicht alleine auf die Breitenwirkung der Beleidigung bei Facebook abzustellen. Vielmehr sei der Wirkung der beleidigenden Äußerung auf das Kind selbst ein zusätzlicher Wert beizumessen.

So kommt es bei Minderjährigen eben nicht nur darauf an, ob der Verletzte von einer Vielzahl der Facebook Nutzer identifiziert werden kann, sondern auch auf die Auswirkungen auf die persönliche Entwicklung des Kindes.

Zudem müssen Beleidigungen, die anfangs nur kontextbezogen und lediglich für einen kleinen Kreis von Personen identifizierbar sind, dies nicht unbedingt in der Zukunft bleiben. Es besteht dauerhaft die Gefahr, dass die beleidigte Person durch die Kommentarfunktion oder gar durch eine Verlinkung mit dem Beitrag in Verbindung gebracht wird.

Besonderer Stellenwert des Minderjährigen in den sozialen Medien

Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie macht deutlich, dass der BGH sich des Ausmaßes einer ehrverletzenden Äußerung in sozialen Medien durchaus bewusst ist.

In der Entwicklung und Entfaltung der Persönlichkeit von Minderjährigen nimmt die Darstellung in den sozialen Medien eine immer größer werdende Rolle ein. Bei der Bewertung einer ehrverletzenden Äußerung in den sozialen Medien kommt es daher nicht nur auf die Breitenwirkung der ehrverletzenden Äußerung an, sondern bei Minderjährigen gerade auf die Wirkung der Beleidigung selbst. Ob in der Sache selbst der Kläger noch zu seinem Unterlassungsurteil kommt, muss nun das Berufungsgericht entscheiden. Der BGH hat dessen Beschluss aufgehoben und die Sache dorthin zurückverwiesen.

Hohe Relevanz des Beschwerdewertes bei Beleidigungen auf Facebook für die Praxis

Bei ehrverletzenden Äußerungen in sozialen Netzwerken ist regelmäßig zu prüfen, den Rechtsverletzer neben der Unterlassung zusätzlich zur Veröffentlichung von Rubrum und Unterlassungstenor zu verpflichten – und das nicht nur zur Erreichung des Beschwerdewertes. Es bleibt allerdings abzuwarten, inwiefern derartige Veröffentlichungen in Zukunft einen Abschreckungseffekt für Persönlichkeitsverletzungen und Cybermobbing-Attacken hat.

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