Bootleg: Online-Händler haftet für die Kosten einer Abmahnung

Bietet ein Händler ohne Kenntnis Bootleg-DVD´s im Internet an, haftet er verschuldensunabhängig für die Kosten, die durch eine Abmahnung entstanden sind.

Das AG Hamburg hat sich in einem aktuellen Urteil vom 18. Februar 2016 (Az.: 25b C 342/15) zum Haftungsumfang eines Händlers geäußert, der nicht autorisierte Bildtonträger-DVD´s auf der Internetplattform Amazon vertrieb. Das Gericht bejahte eine verschuldensunabhängige Kostentragungspflicht und orientierte sich dabei an den Voraussetzungen des zugrundeliegenden Unterlassungsanspruchs. Da ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht vom Verschulden des Verletzers abhängig sei, könne der darauf basierende Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten auch nur verschuldensunabhängig geltend gemacht werden.

Bootleg-DVD´s im Internet

Unter dem Begriff Bootleg versteht man nicht autorisierte Tonaufzeichnungen und unerlaubte Mitschnitte einer Darstellung eines Künstlers. Diese Mitschnitte werden in der Regel auf Konzerten oder anderen Aufführungen angefertigt. Die Aufnahmen entstehen dabei ohne Zustimmung des Urhebers. Werden solche DVD´s oder LP´s im Internet zum Verkauf angeboten, verletzt diese Handlung das ausschließliche Verbreitungsrecht des Urhebers. Die Folge für den Händler sind in der Regel Abmahnungen mit der Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und die Kosten der Abmahnung zu übernehmen. Die Erstattung der Abmahnkosten richtet sich nach § 97a Abs. 3 UrhG und umfasst jedenfalls auch den Ersatz von angemessenen Rechtsanwaltskosten, die dem Berechtigten entstanden sind.

Haftung des Händlers auch ohne Kenntnis

Ein Unterlassungsanspruch richtet sich im Urheberrecht nach § 97 Abs. 1 UrhG. Dieser Anspruch verlangt im Gegensatz zu einem urheberrechtlichen Schadensersatzanspruch kein Verschulden. Das bedeutet, dass der Verletzer weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt haben muss. Die Behauptung des Händlers, er habe nicht gewusst, dass es sich bei der angebotenen Aufnahme um ein sog. Bootleg handelt, rechtfertigt keine Haftungsbeschränkung. Das AG Hamburg nimmt für den Fall eines Unterlassungsanspruchs an, dass die damit verbundenen Abmahnkosten ebenfalls kein Verschulden voraussetzen können.

Einschränkung der verschuldensunabhängigen Haftung

Eine Beschränkung der Haftung ist nur möglich, wenn die Erkennbarkeit eines Bootlegs nur durch aufwendige Recherche ermittelt werden kann und dies für den Händler eine unzumutbare Belastung darstellt. Das ist der Fall, wenn der Händler unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten keine Anhaltspunkte dafür finden kann, dass es sich um eine illegale Kopie handelt. Ist die Erkennbarkeit hingegen sichtbar oder kann sie problemlos ermittelt werden, kann sich der Händler nicht auf die Unzumutbarkeit der Nachprüfung berufen. Ob ein Bootleg erkennbar ist, kann von verschiedenen Indizien abhängen. Ausschlaggebend ist etwa die Aufmachung des Bildcovers oder die Qualität der Ton- oder Bildsequenzen. Sind auf dem Cover keine offiziellen Unternehmen genannt, so kann davon ausgegangen werden, dass die DVD´s ohne Zustimmung des Berechtigten und somit illegal in Verkehr gebracht worden sind.

Verletzung der Medienfreiheit berücksichtigen

Die verschuldensunabhängige Haftung darf auch den verfassungsrechtlichen Schutz eines Medienhändlers nicht unberücksichtigt lassen. Die Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S.2 GG räumt dem Händler grundrechtlichen Schutz ein, der bei einer Abwägung der gegenständlichen Interessen immer berücksichtigt werden muss. Das AG Hamburg hält eine verfassungsmäßige Einschränkung der verschuldensunabhängigen Haftung für geboten, wenn der Händler nur mit aufwendiger Recherche feststellen könne, dass es sich um ein Bootleg-Produkt handeln würde. Eine Einschränkung für Fälle, in denen die Erkennbarkeit eines illegalen Produkts möglich ist, sei nicht vorgesehen. In letzterem Fall haftet der Händler in angemessenem Umfang verschuldensunabhängig auch für die entstandenen Abmahnkosten. Vor dem Verkauf bedarf es demnach immer einer strengen Prüfung des Produktes. Verzichtet der Verkäufer auf eine solche Prüfung, so besteht die ernstzunehmende Gefahr, im Nachhinein zur Kasse gebeten zu werden.

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Dennis Tölle

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