Das LG Bielefeld stellte am 03.01.2017 mit Beschluss fest, dass ein Tweet über den Mikrobloggingdienst Twitter grundsätzlich kein von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschütztes Sprachwerk sei. Hierbei fehle es an der erforderlichen Schöpfungshöhe.
Twitter-Beitrag auf Postkarte gedruckt
Ein Blogger veröffentlichte am 25.10.2014 folgenden Beitrag auf Twitter:
„Wann genau ist aus „Sex, Drugs & Rock n Roll“ eigentlich „Laktoseintoleranz, Veganismus & Helene Fischer“ geworden?“
Der Beklagte nutze diesen Slogan im Folgenden auf von ihm hergestellten Postkarten und vermarktete diese gewerblich. Zu seiner Verteidigung merkte er an, dass der Slogan auch schon früher häufig in sehr ähnlicher Form verwendet wurde. Zumal fehle es an der für ein Werk erforderlichen Schöpfungshöhe.
Keine ausreichende Schöpfungshöhe für Tweets
Das LG Bielefeld gab dem Vorbringen des Bloggers nicht statt und wies die Klage ab. Wie der Volltext des Urteils – veröffentlicht auf der Seite der Kollegen der Kanzlei Sieling – zeigt, fehle es laut Landgericht bereits an der Schöpfungshöhe (oftmals auch Gestaltungshöhe genannt) von für ein vom Urheberrecht geschütztes Sprachwerk. Denn Sprachwerke sind alle persönlichen geistigen Schöpfungen, deren Inhalt durch eine Sprache als Ausdrucksmittel geäußert wird.
Länge des Sprachwerks als Indiz
Grundsätzliche bedarf es bei der Länge des Sprachwerkes keiner Mindestlänge. Allerding kann die Kürze einer Äußerung als Indiz gegen einen Urheberrechtsschutz sprechen.
„Kurze Äußerungen bieten häufig nicht genug Gestaltungsspielraum, um die notwendige Schöpfungshöhe für den Urheberrechtsschutz zu erreichen.“ (Bullinger in: Wandke/Bullinger, UrhG „ 2 Rn. 28, beck-online)
Vergleich von Tweets und Slogans
Ähnlich wie bei Werbeaussagen sei auch bei Tweets eine strenge Anforderung an den urheberrechtlichen Schutz zu stellen. Bei dem strittigen Tweet werde ein allgemein bekannter Slogan („Sex, Drugs & Rock n Roll“) in einer Alltagssprache in Verbindung mit alltäglichen und aktuellen Worten gesetzt.
Der damit verbundene Sprachwitz genüge nach Auffassung des Gerichts nicht, um die notwendige Gestaltungshöhe zu erreichen und einen Urheberrechtsschutz zu begründen. Der Tweet entspräche mehr einem nicht urheberrechtlich geschützten Slogan.
Die Beschwerde gegen den Beschluss wurde zugelassen.
Schutzfähigkeit eines Twitter-Streams und einzelner Tweets
Auch wenn Tweets – laut dem LG Bielefeld – prinzipiell keine ausreichende Schöpfungshöhe erreichen, so kann der Tweet im Einzelfall dennoch einen urheberrechtlichen Schutz genießen. So könnten beispielsweise Ausschnitte aus Songs sehr wohl die nötige Schöpfungshöhe erreichen, soweit sie Teil eines größeren Sprachwerkes sind.
Auch ganze Twitter-Streams können urheberrechtlichen Schutz genießen. Sie sind zwar keine Sprachwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, aber möglicherweise Datenbanken die durch § 87a UrhG urheberrechtlich geschützt werden.
„Datenbank im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert“
Soweit ein Twitter-Stream nicht automatisch generiert wurde sowie genügend Zeit- und Geldaufwand erfordert hat, unterliegt er dem Schutz von § 87a UrhG.