Mit Urteil vom 24. November 2016 hat das OLG Frankfurt am Main entschieden, dass eine geschäftliche Nachfragehandlung per E-Mail durchaus eine belästigende Werbung darstellen kann (Az.: 6 U 33/16). Hiervon gelte jedoch eine Ausnahme, wenn der Adressat der Nachfragehandlung einer Kontaktaufnahme im Voraus auf seiner Internetseite zugestimmt hat und dort seine E-Mail-Adresse veröffentlicht.
Rechtsanwalt stimmt Kontaktaufnahme zu
Ein Rechtsanwalt betrieb eine Art Onlineblog, auf dem er sämtliche von ihm verfasste Beiträge – welche auch in diversen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden – der Öffentlichkeit zur Verfügung stellte. Zudem fügte er oberhalb seiner Beiträge folgende Textpassage ein:
…ich schreibe für diverse Zeitschriften und Vereinsblätter. Wenn sie Beiträge von mir abdrucken möchten (ggf. auch Auftragsarbeiten), kontaktieren Sie mich einfach…
Daraufhin wurde er von einem Gesellschafter und Associate Partner eines anderen Onlineblogs mit folgenden Worten per E-Mail angeschrieben:
…Bezugnehmend auf Ihren Artikel „…″ durch welchen ich auf Sie aufmerksam werden durfte, würde ich Ihnen gerne eine Kooperation zwischen ihrem Blog und dem unseren vorschlagen. Hieraus ergibt selbstverständlich auch für Sie und Ihre Interessen ein adressatengerechter Multiplikator. Gerne können wir auch mit Ihnen gemeinsam an neuen Artikeln schreiben oder aber Ergänzungen finden…
Der Rechtsanwalt sah diese Form der Kontaktaufnahme allerdings als „Spam“ und unerlaubte Werbung an, und forderte vom Verfasser die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Begründet war die Forderung damit, dass der Rechtsanwalt schließlich gar keinen Onlineblog betreibe und die Nachfragewerbung daher unzulässig sei.
Gewerbliche Nachfragehandlung kann unzumutbare belästigende Werbung sein
Dem tritt das OLG Frankfurt a.M. allerdings entgegen. In der Kontaktaufnahme per E-Mail liege keine unerlaubte Werbung. Zwar können unerbetene Werbe-E-Mails durchaus einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen und einen Unterlassungsanspruch begründen. Voraussetzung hierfür sei aber gerade eine unzumutbare Belästigung durch Werbung in Form von E-Mails nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Allerdings schließe eine ausdrückliche Einwilligung in die Kontaktaufnahme eine unzumutbare Belästigung aus.
OLG lässt die Einordnung von Nachfragehandlungen als unzulässige Werbung offen
Ob die Kontaktaufnahme des Gesellschafters auch wirklich als unerlaubte Werbung zu qualifizieren sei, ließ das OLG offen. Auch wenn es regelmäßig gewerbliche Nachfragehandlungen ohne die vorherige Einwilligung als belästigende Werbung ansieht (BGH, Urteil v. 17.07.2008 – I ZR 75/06).
Nach der Ansicht des OLG kommt es im vorliegenden Fall gar nicht auf die Qualifizierung als Werbung an. Schließlich habe der Rechtsanwalt mit seinen Angaben oberhalb seiner Beiträge ausdrücklich in die Kontaktaufnahme eingewilligt. Die Einwilligung sei dabei auch (1) ohne Zwang, (2) für den konkreten Fall und (3) in Kenntnis der Sachlage erfolgt.
Die Beweislast für eine ausdrückliche Einwilligung obliegt hierbei stets dem werbenden Unternehmen.
Einwilligung zu weit gefasst – Rechtanwalt willigt in Nachfragewerbung ein
Auch wenn der Text des Rechtsanwalts sehr weit formuliert war, betont das OLG, dass sich die Erklärung auf eine Vielzahl von Gründen für die Kontaktaufnahme beziehe und das für den Außenstehenden auch so erkennbar sei. Wer bereit ist E-Mails mit Nachfragen zum Abdrucken seiner Artikel zu erhalten, müsse auch für solche E-Mails offen sein, in denen angeboten wird, die Artikel anderweitig online zu veröffentlichen.
Aus dem Urteil kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass ein Anbieter von Waren oder Dienstleistungen ausdrücklich in belästigende Werbung durch gewerbliche Nachfrage-E-Mails einwilligt, die irgendwie im Zusammenhang mit seinem Angebot stehen, nur weil er seine Kontaktdaten im Internet preisgibt. Diese Beurteilung bedarf immer noch einer Abwägung im konkreten Einzelfall.
Dieser Beitrag gehört zu unserer Blogreihe zum Thema der unerlaubten Werbung per E-Mail. Hierin zeigen wir Ihnen auf, welche Punkte Unternehmen und Verbraucher in Bezug auf die E-Mail-Werbung beachten sollten und wie Sie sich vor Rechtsverstößen schützen können. Bereits erschienen ist ein Beitrag zur Vertragsstrafe bei wiederholter E-Mail-Werbung.