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„World‘s Lightest“ muss auch world‘s lightest sein

Handelt es sich bei als „world‘s lightest“ bezeichneten Koffern nicht um ebensolche, so ist diese Bezeichnung (auch) nach deutschem Recht unlauter.

Das OLG Frankfurt a.M. musste sich in seiner Entscheidung mit der Frage nach der Zulässigkeit der werblichen Bezeichnung von Koffern als „world‘s lightest“ beschäftigen. Das Gericht hielt diese im konkreten Fall für wettbewerbsrechtlich unzulässig (Urteil v. 14. Februar 2019, Az.: 6 U 3/18).

Konkret bemängelte der Mitbewerber eines in Großbritannien sitzenden Unternehmens die Verwendung dieser Bezeichnung im Rahmen eines Messeauftritts, als Bezeichnung auf Koffern sowie im Rahmen des Internetauftritts (der jedoch nichts weiter als diesen sowie zwei weitere Slogans enthielt).

Nicht alle Koffer waren die leichtesten der Klasse

Im Vordergrund der Entscheidung stand jedoch gar nicht so sehr die Frage danach, ob es sich tatsächlich um die leichtesten Koffer der Welt handelte. Es stand vielmehr unstreitig fest, dass nicht alle angebotenen Koffer die leichtesten ihrer Klasse waren. Es handelte sich bei der entsprechenden Bezeichnung auf den Koffern sowie im Rahmen eines Messeauftritts daher um eine irreführende Bezeichnung, die wettbewerbsrechtlich wirksam angegriffen werden konnte.

Gewicht und Handhabung sind von besonderer Relevanz

Die entsprechende Relevanz für den geschäftlichen Verkehr leitete das Gericht aus der besonderen Bedeutung des Gewichts von Gepäckstücken im Rahmen des Flugverkehrs her. Die Verwendung der Bezeichnung auf den Koffern stelle eine Sachangabe gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Die Verwendung der Bezeichnung im Rahmen des Internetauftritts des beklagten Unternehmens hielt das Gericht hingegen für zulässig. Der Verkehr habe keine Veranlassung die Aussage konkreten Gepäckstücken zuzuordnen, da die Internetseite keine weiteren Inhalte enthalte.

Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte

Neben diesen Ausführungen enthält die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. umfangreiche Ausführungen zu der Frage, ob und wann ein Unternehmen vor deutschen Gerichten nach wettbewerbsrechtlichen Vorschriften in Anspruch genommen werden kann. Hierbei nimmt das Gericht ausdrücklich auch Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH sowie BGH.

Danach kann ein Mitbewerber seine Ansprüche gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO (ehemals Art. 5 Nr. 3 EuGVVO) (auch) vor deutschen Gerichten durchsetzen:

„Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Anwendungsbereich der EuGVVO eröffnet ist, da die Beklagte ihren Sitz im Vereinigten Königreich hat und dieses (noch) Mitglied der Europäischen Union ist. Zu Recht hat das Landgericht auch Art. 7 Nr. 2 EuGVVO als mögliche Zuständigkeitsnorm identifiziert, da unlautere Wettbewerbshandlungen wie die hier behauptete als unlautere Handlungen im Sinne von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO anzusehen sind (BGH GRUR 2014, 601 – englischsprachige Pressemitteilung, Rnr. 16a; BGH WRP 2006, 736, 738 – Arzneimittelwerbung im Internet; BGH GRUR 2005, 431, 432 – Hotel Maritime).“

Anlehnung an Rechtsprechung des EuGH

Nach der insoweit relevanten Rechtsprechung des EuGH ist mit der Bezeichnung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“ (Art. 7 Nr. 2 EuGVVO) sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort einer schädigenden Handlung (also der Ort, an dem der Schadenserfolg sich verwirklicht) gemeint. Nach der insoweit korrespondierenden Rechtsprechung des BGH ist bei Lauterkeitsverstößen ausdrücklich auf den Erfolgsort abzustellen. Bei Verstößen im Internet kommt es sodann auf die bestimmungsgemäße Auswirkung der Handlung an. Liegt diese (auch) im Inland, so ist auch ein inländisches Gericht zuständig.

Wettbewerbsrecht nicht mit Persönlichkeitsrechtsverletzungen vergleichbar

Das OLG lehnt jedoch ausdrücklich die Übertragung der vom EuGH in der Rechtssache „Fiona Shevill“ entwickelten Rechtsgrundsätze auf den hiesigen wettbewerbsrechtlichen Fall ab (vgl. EuGH GRUR Int. 1998, 298 – Shevill, Slg. 1995, I-415; EuGH GRUR 2012, 300 – eDate Advertising). Danach können jedenfalls bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen die Gerichte jedes Mitglieds- bzw. Vertragsstaates zuständig sein. Der Betroffene kann dann den in dem jeweiligen Staat eingetretenen Schaden dort verfolgen. Den gesamten Schaden kann er am Wohnsitz des Beklagten oder am Verursachungsort geltend machen.

Bestimmungsgemäßes Auswirken relevant

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BGH, der eine solche Übertragung ablehnt (BGH GRUR 2014, 601 – englischsprachige Pressemitteilung). Danach kommt es in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten gerade nicht darauf an, wo der Mitbewerber seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Lebensmittelpunkt im Inland hat. Der Ort des bestimmungsgemäßen Auswirkens soll für eine Bestimmung der zuständigen Gerichte ausreichen.

Kommt es wie vorliegend also zu einer Ausstellung auf einer Messe, so wirkt sich diese nach Auffassung des OLG immer auch bestimmungsgemäß auf das jeweilige Land aus. Gleiches gilt für Warenlieferungen nach Deutschland. Selbstverständlich wirken sich diese bestimmungsgemäß in Deutschland aus.

„de“-Domain spricht für Inlands-Bezug

Ebenfalls den notwendigen Inlandsbezug soll der Betrieb einer Internet-Seite unter einer „de“-Top-Level-Domain haben. Dies gelte selbst dann, wenn die Inhalte der Internetseite ausschließlich in englischer Sprache gehalten sind:

„Dieser [der Klageantrag] betrifft eine Internet-Seite unter einer „de“-Top-Level-Domain, die sich bestimmungsgemäß (auch) an deutsche Kunden richten soll. Mag man bei „com“-Domains noch eine Beschränkung auf englischsprachige Ländern wegen der weiten Verbreitung der englischen Sprache auch in anderen Ländern ablehnen, so ist doch bei deiner „de“-Domain nicht erkennbar, warum diese sich an andere als deutschsprachige Verkehrskreise richten sollte (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Retzer/Tolkmitt, 4. Aufl. 2016, UWG § 14 Rnr. 77). Der angegriffene Internetauftritt enthält auch keine sonstigen Hinweise darauf, dass das Angebot sich nicht an deutsche Interessenten richten sollte.“

Deutsches Wettbewerbsrecht ist maßgeblich

Dass vorliegend auch deutsches Lauterkeitsrecht anwendbar ist, stützt das Gericht auf Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 ROM-II-VO. Danach: „ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staats anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden.“. Diese Anforderung seien sowohl mit der Lieferung von Waren nach Deutschland, der Ausstellung auf der Messe als auch dem Betrieb der Internetseite erfüllt.

Vorsicht vor nachträglicher konkludenter Rechtswahl

Ganz nebenbei erwähnt das Gericht, dass die Anwendbarkeit deutschen Rechts sich auch aus der von beiden Parteien erfolgten Bezugnahme auf das deutsche materielle Recht ergibt. Hierin sei eine nachträgliche konkludente Rechtswahl gem. Art. 14 Abs. 1a Rom-II-VO zu sehen. Dies dürfte ein für die Praxis sehr relevanter Hinweis sein. Regelmäßig erfolgt die Verteidigung gegen Ansprüche nicht nur basierend auf prozessualen Vorschriften, sondern eben auch oder sogar überwiegend auf materiell-rechtlichen. Erfolgt dies (möglicherweise nicht nur hilfsweise), so bringt man damit die entsprechenden Vorschriften – deren Anwendung man möglicherweise gerade verhindern will – erst zur Anwendung.

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Dennis Tölle

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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