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Die Marktverhaltensregel im Wettbewerbsrecht

Wer einer gesetzlichen Marktverhaltensregel zuwiderhandelt, handelt im Wettbewerbsrecht unlauter, wenn damit Interessen spürbar beeinträchtigt werden.

Viele – wenn nicht gar ein Großteil – der Fälle in der wettbewerbsrechtlichen Praxis befassen sich nicht nur mit Verstößen von Unternehmern gegen das Wettbewerbsrecht im engeren Sinne. Vielmehr drehen sich Streitigkeiten häufig um Verstöße gegen außerhalb des UWG liegenden Normen, sog. Marktverhaltensregeln.

Die Marktverhaltensregel als geschäftliche Handlung, die gegen gesetzliche Vorschrift verstößt

Voraussetzung für das Vorliegen eines Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregel ist selbstverständlich zunächst eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Diese Handlung muss gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen. Gesetzliche Vorschriften sind dabei neben „klassischem“ Landes- und Bundesrecht auch direkt anwendbare europäische Verordnungen und Satzungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. der. Berufsgenossenschaften).

Keine gesetzlichen Vorschriften sind rein zwischen zwei Parteien wirkende Regelungen wie z.B. Verträge oder Verwaltungsakte. Auch reine (betriebliche) Übungen oder Handelsbräuche (so auch die Incoterms) gelten nicht als Marktverhaltensregeln. Ein Verstoß gegen sie kann zwar eine Rechtsverletzung der zwischen den beteiligten Parteien geltenden Regelungen darstellen, aber keinen Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel im Wettbewerbsrecht.

Marktverhaltensregel: Regelung des Marktverhaltens 

Im Wesentlichen wird eine gesetzliche Vorschrift zu einer Marktverhaltensregel im Sinne des Wettbewerbsrechts, wenn sie dazu bestimmt ist, das Marktverhalten der Unternehmen zu regeln. Über die Frage, ob eine Vorschrift genau dazu bestimmt ist, wird – bis zur Entscheidung eines relevanten Gerichts darüber – regelmäßig gestritten. Üblicherweise als zur Regelung des Marktverhaltens bestimmt werden solche Normen anerkannt, die nicht lediglich innerbetriebliche Tätigkeiten regeln sollen (z.B. Regelungen zu Arbeitsbeziehungen). So sind beispielsweise die Regelungen zu den Ladenzeiten, der Werbung und der Kennzeichnungs- und Aufklärungspflichten regelmäßig als Marktverhaltensregeln im Wettbewerbsrecht anzusehen. 

Streng zu unterscheiden sind Regelungen, die das Marktverhalten regeln von solchen, die den Marktzutritt regeln. So sind beispielsweise öffentlichrechtliche Normen zur Zulässigkeit öffentlicher Unternehmen nicht als Marktverhaltensregeln im Wettbewerbsrecht anzusehen. Ausnahmen bestätigen wie gewohnt die Regel. Dies ist dann der Fall, wenn die Vorschrift eine Doppelfunktion hat. Werden also zur Ausübung bestimmter Berufe – wie beispielsweise bei Ärzten und Anwälten – bestimmte Voraussetzungen (auch) im Interesse der Marktteilnehmer aufgestellt, so können diese Vorschriften Marktverhaltensregeln im Wettbewerbsrecht darstellen.

Einer nicht abschließende Liste mit Beispielen zu Marktverhaltensregeln im Wettbewerbsrecht haben wir einen eigenen Beitrag gewidmet.

Interesse der Marktteilnehmer

Ein Rechtsbruch durch Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel kann darüber hinaus nur dann angenommen werden, wenn die relevante Norm gerade das Interesse der Marktteilnehmer gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG schützt. Die Regelung muss also einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweisen, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter und Nachfrager in Betracht kommenden Personen schützt. Es geht also gerade um den am Markt stattfindenden Abschluss von Austauschverträgen, den die Norm jedenfalls auch berühren muss. Normen, die beispielsweise allein den Staat und seine Organe schützen sollen sind somit gerade nicht im Interesse der Marktteilnehmer. 

Bagatellklausel: Spürbare Beeinträchtigung durch Verstoß gegen Marktverhaltensregel im Wettbewerbsrecht

Zuletzt muss der Verstoß geeignet sein, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern und Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Diese Klausel dient der „Aussortierung“ absolut geringfügiger Gesetzesverstöße. Man kann sich vorstellen, dass in der Praxis gerade auch über diesen Punkt regelmäßig gestritten wird. Ob nun der fehlende zweite Vorname des Geschäftsführers im Impressum eines Geschäftsauftritts oder die fehlerhafte Preisauszeichnung eines nicht mehr zu erwerbenden Produkts – mancher Verstoß erscheint als Bagatelle. Das Spürbarkeitserfordernis soll diesem Gedanken gerecht werden.

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Dennis Tölle

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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