Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte einen Webseitenbetreiber unter anderem auf Unterlassung verklagt. Streitpunkt war ein Gewinnspiel, das auf der Internetseite angeboten wurde. Um an dem Gewinnspiel teilnehmen zu können, mussten Nutzer mindestens eines von zwei Häkchenfeldern ankreuzen und damit in bestimmte Werbung bzw. Cookies einwilligen. Ein vorangekreuztes Häkchen spielte dabei eine entscheidende Rolle.
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste in diesem Fall gleich zwei Fragen klären: Einmal zur Einwilligung in Telefonwerbung und zum anderen zur Einwilligung hinsichtlich einer Cookie-Speicherung (Urteil vom 28. Mai 2020, Az.: I ZR 7/16 – Cookie-Einwilligung II).
Einwilligung in Telefonwerbung: Klarheit über Werbeunternehmen und Produkte erforderlich
Das erste Feld war nicht vorausgewählt. Nutzer, die dieses Feld ankreuzten, gaben ihre Einwilligung dazu, von bis zu 57 Sponsoren und Kooperationspartnern Werbung zu erhalten, zum Beispiel per Telefon. Der BGH bemängelte, dass bei der Einwilligung in Telefonwerbung per AGB die konkreten Produkte und Werbeunternehmen klar zu erkennen sein müssten, um eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Diese Klarheit fehlte jedoch.
Keine Cookie-Einwilligung mit voreingestelltem Ankreuzkästchen möglich
Das zweite Feld des Gewinnspiels beinhaltete folgenden Text:
„Ich bin einverstanden, dass der Webanalysedienst Remintrex bei mir eingesetzt wird. Das hat zur Folge, dass der Gewinnspielveranstalter, die [Beklagte], nach Registrierung für das Gewinnspiel Cookies setzt, welches [der Beklagten] eine Auswertung meines Surf- und Nutzungsverhaltens auf Websites von Werbepartnern und damit interessengerichtete Werbung durch Remintrex ermöglicht. Die Cookies kann ich jederzeit wieder löschen. Lesen Sie Näheres hier.“
Das Wort „hier“ führte zu weiteren Informationen über die Funktionsweise des Cookies. Dieses Feld war bereits mit einem vorangekreuzten Häkchen versehen und hätte vom Nutzer aktiv abgewählt werden müssen. Es war nicht möglich, an dem Gewinnspiel teilzunehmen, wenn beide Häkchen abgewählt waren.
In diesem vorausgewählten Cookie-Hinweis sah der BGH keine wirksame Einwilligung. Er folgte damit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 1. Oktober 2019, Az.: C-673/17, die ebenfalls feststellte, dass eine Einwilligung nur dann wirksam sein kann, wenn sie aktiv vom Nutzer erfolgt. Das Vorhandensein eines vorangekreuzten Häkchens widerspricht dieser Anforderung.
Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und die unveränderte Rechtslage zu vorangekreuzten Häkchen
Das Gewinnspiel und die anschließende Abmahnung fanden noch unter der Datenschutzrichtlinie, also vor der Geltung der DSGVO, statt. Dennoch stellte der BGH klar, dass sich die Rechtslage dadurch nicht verändert habe. Die Einwilligung sei sowohl nach der alten Richtlinie als auch nach der DSGVO nicht wirksam möglich, wenn das Häkchenfeld vorausgewählt ist, also ein vorangekreuztes Häkchen beinhaltet.
Verbraucherverbände und die Abmahnung von Datenschutzverstößen
Ob Verbraucherverbände Datenschutzverstöße abmahnen und vor Zivilgerichten einklagen können, wurde in diesem Fall nicht entschieden. Der BGH sah in dem vorangekreuzten Häkchenfeld jedoch eine unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) für die Teilnahme am Gewinnspiel, was die Entscheidung beeinflusste.
Die Frage, ob die DSGVO abschließend regelt, wer Datenschutzverstöße verfolgen darf, stellt sich in vielen weiteren Fällen. Der BGH legte diese Frage daher mit einer Entscheidung vom selben Tag in einem anderen Verfahren dem EuGH zur Beantwortung vor (Beschluss vom 28. Mai 2020, Az.: I ZR 186/17).
Fazit: Vorangekreuzte Häkchen als unzulässige Einwilligung
Dieser Fall zeigt, dass vorangekreuzte Häkchenfelder bei der Einwilligung in Werbung oder Cookies nicht zulässig sind. Um rechtskonform zu handeln, müssen Unternehmen sicherstellen, dass Nutzer ihre Zustimmung aktiv und ohne vorgegebene Auswahlmöglichkeiten geben. Die Entscheidungen des BGH und des EuGH verdeutlichen, dass ein vorangekreuztes Häkchen die Anforderung an eine aktive und freiwillige Einwilligung nicht erfüllt. Unternehmen sollten daher sorgfältig prüfen, ob ihre Einwilligungsmechanismen den geltenden Datenschutzanforderungen entsprechen, um Abmahnungen und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Die Problematik der vorangekreuzten Häkchen geht über die rechtliche Ebene hinaus und berührt auch die Frage der Nutzertransparenz und des Verbrauchervertrauens. Ein vorangekreuztes Häkchen führt häufig dazu, dass Nutzer unbewusst und ungewollt in bestimmte Datenverarbeitungen einwilligen, was langfristig das Vertrauen in Online-Angebote beeinträchtigen kann. Für kreative Unternehmen und Unternehmer, die auf eine transparente und nutzerfreundliche Gestaltung ihrer Webseiten setzen, ist die klare Unterscheidung zwischen freiwilligen und automatisch voreingestellten Einwilligungen ein entscheidender Faktor, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden und gleichzeitig die eigene Reputation zu schützen. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines aktiv gesetzten Häkchens wird somit nicht nur von Datenschutzbehörden gefordert, sondern ist auch ein wichtiger Aspekt der digitalen Kundenbindung und Transparenzstrategie.