Telefonwerbung ist als Form des Direktmarketings nicht wegzudenken. Denn sie erlaubt es einem Unternehmen direkt auf Wünsche und Fragen seiner (potenziellen) Kunden einzugehen. Zugleich sind die Kosten hierfür in den letzten Jahren immer weiter gesunken. Trotzdem haben der deutsche und der europäische Gesetzgeber die Telefonwerbung im Wettbewerbsrecht schon lange mit verschiedenen Regelungen besonders eingeschränkt.
Einwilligung in Telefonwerbung wettbewerbsrechtlich zwingend notwendig
Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist bei Telefonwerbung zwischen Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern zu unterscheiden. Wer gegenüber Verbrauchern Telefonwerbung einsetzen möchte, benötigt zwingend dessen vorherige und ausdrückliche Einwilligung (sog. Opt-In-Lösung). Gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ist hingegen eine mutmaßliche Einwilligung ausreichend (sog. Soft-Op-In-Lösung). Bei der Nutzung von automatischen Anrufmaschinen ist nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG aber in jedem Fall eine vorherige Einwilligung notwendig. Sogenannte Kaltanrufe zur Neukundengewinnung sind deshalb nur sehr eingeschränkt möglich.
Die Pflicht zur vorherigen Einwilligung gilt nicht, wenn hingegen der Verbraucher den Unternehmer anruft. Wird in einem solchen Telefongespräch – z.B. auch durch Bandansagen während einer etwaigen Wartezeit – Werbung für die Leistungen des Unternehmens gemacht, ist dies grundsätzlich zulässig. Solche Werbung kann aber trotzdem einen Wettbewerbsverstoß als unzumutbare Belästigung gem. § 7 Abs. 1 UWG darstellen. Dies muss aber im jeweiligen Einzelfall geprüft werden.
Wirksame Einwilligung auch per AGB möglich
Das Einholen einer wirksamen Einwilligung stellt dabei viele Unternehmer vor erhebliche Herausforderungen. Für den Nachweis der Einwilligung ist erforderlich, dass der Werbende die konkrete Einwilligungserklärung dokumentiert (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011, Az.: I ZR 164/09). Kann der werbende Unternehmer keine konkrete und zweifelsfrei ihm zuzuordnende Einwilligung vorweisen, gilt die Einwilligung als nicht erteilt (OLG Frankfurt, Urteil vom 4. Dezember 2012, Az.: 6 U 133/11).
Eine Einwilligung ist darüber hinaus grundsätzlich auch per AGB wirksam möglich. Einwilligungen müssen immer aktiv gegeben werden. Das kann im Rahmen von AGB daher z.B. durch ein nicht-vorangekreuztes Auswahlfeld geschehen. Auch bei einer Einwilligung per AGB muss der Einwilligende genau informiert werden, für welche Waren und Dienstleistungen von welchen Unternehmen auf welche Art und Weise seine Einwilligung gilt. Undurchsichtige und übermäßig komplexe Einwilligungen per AGB hat der BGH (Urteil vom 28. Mai 2020, Az.: I ZR 7/16 – Cookie-Einwilligung II) hingegen für unzulässig erklärt.
Zusätzliche Regelungen zur Telefonwerbung neben dem Wettbewerbsrecht
Wer Telefonwerbung betreibt, hat daneben weitere gesetzliche Anforderungen zu erfüllen. So darf gem. § 102 Abs. 2 TKG die Rufnummer des Anrufers nicht unterdrückt werden. Auch muss der Anrufer zu Beginn des Anrufs bei einem Verbraucher diesen nach § 312a Abs. 1 BGB über seine Identität, gegebenenfalls die Identität der Person, für die er anruft, sowie den geschäftlichen Zweck des Anrufs informieren. Da es sich um eine Marktverhaltensregel handelt, stellen Verstöße gegen diese Informationspflicht zugleich einen Rechtsbruch nach § 3a UWG dar. Das kann ebenfalls als lauterkeitsrechtlicher Verstoß verfolgt werden.
Verstöße gegen das Einwilligungserfordernis gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG sowie gegen das Verbot der Rufnummernunterdrückung sind auch jeweils Ordnungswidrigkeiten. Erstere kann nach § 20 UWG mit einer Geldbuße von bis zu 300.000,00 €, letztere nach § 149 TKG mit einer Geldbuße von bis zu 10.000,00 € geahndet werden.
Telefonwerbung im Wettbewerbsrecht in vielen Varianten möglich
Die Abgrenzung, ob es sich bei einem Anruf bereits um Telefonwerbung im wettbewerbsrechtlichen Sinn handelt, kann mitunter schwierig sein. Bei Anrufen zur Befragung zur Kundenzufriedenheit wird dies bejaht. Denn hierbei geht es gerade darum Kunden zu behalten und damit zukünftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Bei Meinungsforschungsumfragen wird in vielen Fällen zumindest eine Aufmerksamkeitswerbung vorliegen, die damit ebenfalls von § 7 UWG umfasst ist. Auch Headhunting-Anrufe bei Arbeitnehmern stellen Werbeanrufe im Sinne des Wettbewerbsrechts dar und können zusätzlich auch eine unzulässige Handlung gegenüber dem Arbeitgeber darstellen.
Anrufe zu vorwiegend anderen Zwecken ohne Einwilligung zulässig
Wer einen Kunden anruft, um einer gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht nachzukommen, handelt zunächst nicht unlauter. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Anruf zu einer Vertragserweiterung oder zum Abschluss weiterer Verträge führen könnte (z.B. Information über den Defekt einer Ware, die eine zusätzliche Reparatur nötig macht). Der Unternehmer hat sich aber auf die Informationen zu beschränken, die für die Erfüllung seiner Pflicht notwendig sind. Will er im Anschluss eine konkrete Leistung verkaufen, muss er sich hierfür aber zunächst eine Einwilligung einholen (z.B. „Sind Sie damit einverstanden, dass wir Ihnen direkt ein konkretes Angebot machen?“).
Auch bei Telefonwerbung: Wettbewerbsrecht wird nicht durch DSGVO eingeschränkt
Seit Inkrafttreten der DSGVO wurde viel über deren Auswirkungen auf andere Rechtsgebiete diskutiert. So wurde teilweise die Frage aufgeworfen, ob sich die Zulässigkeit von Telefonwerbung nicht mehr nach dem UWG, sondern der DSGVO richtet. Eine solche Sperrwirkung der DSGVO für das Wettbewerbsrecht hat das OLG München (Urteil vom 21. März 2019, Az.: 6 U 3377/18) abgelehnt. Ansprüche aus Wettbewerbsrecht stehen demnach neben den Regelungen der DSGVO, die selbstverständlich auch einzuhalten sind, und können daher weiterhin vollumfänglich geltend gemacht werden. Auch bei Telefonwerbung.