Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist Trägerin der sogenannten Deutschen Digitalen Bibliothek. Sie bietet über ihre Homepage eine Online-Plattform für Kultur und Wissen, die Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen vernetzt. Über die Plattform können digitalisierte, urheberrechtlich geschützte Inhalte abgerufen werden, zumeist hochauflösend gespeicherte Kunstwerke.
Die Deutsche Digitale Bibliothek selbst speichert dabei nur die Vorschaubilder der jeweiligen digitalisierten Werke. Über eine Suchmaske in der Datenbank der Bibliothek können Nutzer aber gezielt nach Objekten und Informationen aus den Bereichen Kultur und Wissenschaft suchen. Darüber hinaus können die Inhalte durch Anklicken oder über eine Lupenfunktion vergrößert dargestellt werden.
„Framing-Klausel“ als Ausgangspunkt des Rechtsstreits
Im Rahmen von Vertragsverhandlungen verlangte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz von der VG Bild-Kunst den Abschluss eines Vertrages, der ihr das Recht zur Nutzung der jeweiligen Werke in Form der Vorschaubilder einräumt.
Die Gesellschaft machte den Abschluss eines solchen Nutzungsvertrages jedoch davon abhängig, dass die Stiftung wirksame technische Maßnahmen gegen sog. „Framing“, d.h. gegen die Einbettung der jeweiligen Vorschaubilder auf fremden Webseiten, ergreift. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hielt eine solche Klausel für unangemessen. Sie klagte deshalb auf Feststellung einer Verpflichtung der Verwertungsgesellschaft, die fragliche Lizenz zu erteilen, ohne sie von Maßnahmen zur Verhinderung des Framing abhängig zu machen.
Vor diesem Hintergrund bat der Bundesgerichtshof den EuGH um Klärung der Frage, ob Framing eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Richtlinie 2001/29/EG darstellt. Dies würde es der Verwertungsgesellschaft potenziell erlauben, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu verpflichten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
EuGH: Framing kann einen Akt der öffentlichen Wiedergabe darstellen, wenn Schutzmaßnahmen umgangen werden
Der EuGH hat sich zu dieser Frage in seinem Urteil vom 9. März 2021 (Rechtssache C-392/19) geäußert. Danach stellt die Einbettung urheberrechtlich geschützter und der Öffentlichkeit mit Erlaubnis des Inhabers des Urheberrechts auf einer anderen Website frei zugänglich gemachter Werke in die Website eines Dritten eine öffentliche Wiedergabe dar, wenn sie unter Umgehung von entsprechenden Schutzmaßnahmen, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat, geschieht.
In seiner Begründung stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die Wiedergabe eines Werks im Wege des Framings grundsätzlich nicht das Erfordernis eines neuen Publikums erfüllt. Es stelle daher keine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der Richtlinie 2001/29/EG dar. Denn das Framing erfolge in der Regel mit demselben technischen Verfahren, das bereits für die öffentliche Wiedergabe des Werks verwendet werde.
Die Richter entschieden jedoch, dass dies nur dann gelten könne, wenn der Zugang zu den fraglichen Werken auf der Original-Website keinen Beschränkungen unterliege. In diesem Fall hat der Rechteinhaber nämlich von vornherein allen Internetnutzern die Möglichkeit gestattet, seine Werke öffentlich wiederzugeben und abzurufen. Hat der Rechtsinhaber dagegen von Anfang an einschränkende Maßnahmen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung seiner Werke ergriffen oder ergreifen lassen, so hat er nicht in die freie öffentliche Wiedergabe seiner Werke durch Dritte eingewilligt. Vielmehr wollte er die Öffentlichkeit, die Zugang zu seinen Werken hat, auf die Nutzer einer bestimmten Website beschränken.
Niederlage für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz beim Framing
Die Einbettung eines Werkes in eine Website eines Dritten im Wege des Framings stellt zusammenfassend dann eine „öffentliche Zugänglichmachung“ dar, wenn der Urheberrechtsinhaber einschränkende Maßnahmen gegen das Framing ergriffen hat oder hat ergreifen lassen.
Diese einschränkungsfreie öffentliche Zugänglichmachung bedarf grundsätzlich der Erlaubnis der betroffenen Rechtsinhaber. Andernfalls stellt das Framing eine Verletzung des Urheberrechts dar. Urheber und Rechteinhaber sollten dies in Ihrer Lizenzgestaltung ebenso berücksichtigen wie Lizenznehmer, die solche Anforderungen ggf. technisch umsetzen müssen.