Betriebsrat darf über Nutzung von ChatGPT nicht mitbestimmen

Das Arbeitsgericht Hamburg verneint das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Nutzung von ChatGPT und vergleichbaren generativen KI-Systemen.
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Die Nutzung generativer KI-Systeme wie Chat-GPT finden immer stärkeren Einzug in die Arbeitswelt. Gerade zu Recherche zwecken oder zum Ausarbeiten von Formulierungen kann die künstliche Intelligenz Arbeitnehmern unter die Arme greifen. Doch sowohl aus Arbeitnehmer als auch aus Arbeitgebersicht häufen sich die Sicherheitsbedenken bezüglich personenbezogener und sensibler firmeneigener Informationen. 

Nichtsdestotrotz erlauben und motivieren Arbeitgeber ihre Mitarbeiter in der Nutzung von KI-Systemen. Dies stößt jedoch auf Kritik, wie im vorliegenden Fall vom Betriebsrat, welcher bei der Einführung der Nutzung von KI gerne mitreden möchte. 

Unternehmen erlaubt Nutzung von Chat-GPT

Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen global agierenden Hamburger Hersteller im Bereich der Medizintechnik mit rund 1600 Mitarbeitern am Stammsitz. Das Unternehmen wollte künstliche Intelligenz als neues Arbeitswerkzeug nutzbar machen, schaltete das Tool zur Nutzung durch seine Mitarbeitenden frei und veröffentlichte im Intranet Hinweise und Leitlinien zur Nutzung von Open-AI und ähnlichen Services. Voraussetzung war lediglich, dass diese mittels Webbrowser und eigenem privatem Account genutzt werden müssen.

Betriebsrat strebte Untersagung der Nutzung an

Der Betriebsrat des Unternehmens sah dies jedoch kritisch und forderte die Geschäftsführung auf, die Nutzung von Chat-GPT zu untersagen beziehungsweise den Zugriff auf die Website zu sperren. Dies zumindest so lange, bis eine Rahmenvereinbarung für die Nutzung von KI nicht fertiggestellt sei. Trotz mehrfacher Aufforderung des Betriebsrates nahm die Geschäftsführung die Nutzungserlaubnis mit den dazugehörigen Hinweisen und Leitlinien nicht zurück.

Der Betriebsrat versuchte daraufhin vor dem Arbeitsgericht Hamburg per einstweiligem Rechtsschutz den Einsatz von ChatGPT und anderen KI-Diensten zu untersagen. 

Verletzung des Mitbestimmungsrechts?

Der Betriebsrat nimmt im Unternehmen eine prägende Rolle ein und versucht die Rechte und Belange der Mitarbeitenden gegenüber der Geschäftsleitung durchzusetzen. 

Dabei kommen dem Betriebsrat verschiedene Rechte zu, die im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) festgelegt sind. Darunter auch diverse Rechte zur Mitbestimmung. Im zugrundeliegenden Fall machte der Betriebsrat sein umfangreiches Mitbestimmungsrecht aus § 87 BetrVG geltend und die grobe Verletzung dessen. 

Berufen wurde sich hier auf ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, da die veröffentlichten Leitlinien zur Nutzung der KI Vorgaben seien, sodass das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betroffen sei. Außerdem sei das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG betroffen. Der Betriebsrat hatte hier argumentiert, dass die Nutzung von ChatGPT personenbezogene Daten der Arbeitnehmer verarbeite und speichere. Schließlich sei das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG berührt, da mit der Einführung neuer Software psychische Belastungen der Arbeitnehmer einhergehen können.

Keine Verletzung des Mitbestimmungsrechts

Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Hamburg (Beschluss vom 16. Januar hervor (Az. 24 BVGa 1/24) fallen die Vorgaben bezüglich der Nutzung von KI-Diensten in diesem Einzelfall unter das sogenannte mitbestimmungsfreie Verhalten. 

Ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht laut Urteil nicht, da KI-Dienste Arbeitsmittel darstellen und somit das Arbeitsverhalten und gerade nicht das sogenannte Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betreffen, bei welchem ein Mitbestimmungsrecht bestehen würde. Dabei gehe es um das „Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Beschäftigten“. Die Bestimmung der Art und Weise der Arbeitsleistung sei aber gerade Ausdruck des Weisungsrechts, welches der Arbeitsgeber innehat. Er konkretisiert damit lediglich die Arbeitspflicht. Eine Mitbestimmung durch den Betriebsrat ist dabei ausgeschlossen.

Auch das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG wurde nicht verletzt. ChatGPT stelle gerade keine technische Einrichtung dar, die dazu bestimmt ist personenbezogene Daten der Arbeitnehmer zu speichern. 

Voraussetzung der Nutzung von KI-Diensten war die Verwendung eines eigenen Accounts. Der Arbeitgeber hat dabei gerade keine Möglichkeit das Nutzungsverhalten der Arbeitnehmer einzusehen.

Wenn ein Arbeitnehmer diese Tools nutzen will, muss er diese wie jede andere Homepage auch, mittels eines Browsers aufrufen. Zwar wird der Browser die Einwahl regelmäßig aufzeichnen. Dies stellt aber keine Besonderheit von ChatGPT dar, sondern ergibt sich aus den üblichen Funktionen des Browsers, der den Surfverlauf des Nutzers abspeichert. Der Browser selbst ist somit eine technische Einrichtung, die geeignet ist, Leistungs- und Verhaltensinformationen der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Zur Nutzung von Browsern haben die Beteiligten aber eine Konzernbetriebsvereinbarung abgeschlossen, weshalb der Antragsteller sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 S. 1 BetrVG bereits ausgeübt hat.

Schließlich war auch ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG für das Gericht nicht ersichtlich. Eine konkrete Gefahr einer psychischen Belastung war nicht erkennbar und konnte durch den Betriebsrat auch nicht schlüssig vorgebracht werden.

Der Antrag des Betriebsrates wurde demnach wegen Erfolglosigkeit zurückgewiesen. 

Mitbestimmung bei ChatGPT: Ausnahme bei Unternehmensaccounts

Anders wäre der Fall zu entscheiden, wenn der Arbeitgeber Unternehmensaccounts von beispielsweise ChatGPT zur Verfügung gestellt hätte. Denn dann hätte der Arbeitnehmer direkten Zugriff auf die Accounts. Ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG würde dann wieder gegeben sein, da die KI eine Leistungs-und Verhaltenskontrolle ermöglichten könnte.

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Florian Wagenknecht

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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Hanna Schellberg

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