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Umweltbezogene Werbung: Rechtliche Grenzen und aktuelle Rechtsprechung

Unternehmen versuchen mit Labels wie „Umwelt- oder klimaneutral“ ihre Produkte attraktiver zu machen, indem ein nachhaltigeres Leben suggeriert wird.

„Umweltbezogene Werbung“ ist heutzutage ein beliebtes Marketinginstrument und wird bei zahlreichen Produkten, besonders im Lebensmittelbereich, häufig verwendet. Sie vermittelt ein Bild von Nachhaltigkeit und suggeriert, dass das beworbene Produkt besonders ressourcenschonend ist und den persönlichen ökologischen Fußabdruck reduziert. Ein bewusster, umweltfreundlicher Lebensstil steht für viele Verbraucher im Vordergrund, was Unternehmen dazu motiviert, ihre Produkte als umweltfreundlich oder klimaneutral zu kennzeichnen. Für Verbraucher ist es jedoch oft schwierig, die Wahrheit hinter diesen Angaben zu überprüfen.

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) verfolgt gerichtlich immer wieder Fälle von irreführender umweltbezogener Werbung, um Täuschungen zu bekämpfen und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Ein bedeutender Erfolg war der Fall gegen HelloFresh, das sich als „klimaneutrales“ Unternehmen bezeichnete. Das Landgericht Berlin entschied, dass diese Form der umweltbezogenen Werbung unzulässig war (LG Berlin, Urteil vom 19.09.2023 – 102 O 15/23). Auch die Drogeriekette dm wurde vom LG Karlsruhe dazu verpflichtet, auf die Bezeichnung „umwelt- oder klimaneutral“ zu verzichten (LG Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2023 – 13 O 46/22).

Rechtliche Grenzen der umweltbezogenen Werbung

Auch der Discounter Netto musste sich dieser Entwicklung stellen, als er sein Kaffeegetränk „Cafèt Latte Cappuccino“ als „klimaneutral“ bewarb und dies mit Emissionsgutschriften aus Projekten in Brasilien und Uruguay begründete. Das Landgericht Amberg entschied jedoch, dass diese Kompensationsmaßnahmen nicht ausreichten, um das Produkt als klimaneutral zu bewerben. Die Werbung wurde als irreführend eingestuft, da die Nachhaltigkeit des Produkts nicht ausreichend belegt werden konnte und somit die Irreführung der Verbraucher drohte (LG Amberg, Urteil vom 29.01.2024 – 41 HK O 0279/23).

Das Gericht berief sich auf eine frühere Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur umweltbezogenen Werbung, der bei Aussagen zu Umweltvorteilen aufgrund der oft emotionalen Reaktionen der Verbraucher hohe Beurteilungsmaßstäbe ansetzt. Umweltbezogene Werbeaussagen müssen demnach transparent und wissenschaftlich nachvollziehbar sein, um eine Irreführung zu vermeiden.

Besondere Herausforderungen in der Rechtsprechung zur umweltbezogenen Werbung

Umweltbezogene Werbung wird in der Rechtsprechung nach dem Irreführungsverbot gemäß § 5 UWG, dem Verbot der Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a UWG sowie der Generalklausel des § 3 UWG und den stets verbotenen geschäftlichen Handlungen der „Black List“ bewertet. Die strengen Maßstäbe rechtfertigen sich durch die oft starke emotionale Ansprache der Verbraucher und das allgemeine Bedürfnis, eine verantwortungsvolle Konsumentscheidung zu treffen.

Da sich das Verbraucherverständnis ständig weiterentwickelt, wird es immer schwieriger, eindeutige Grenzen für umweltbezogene Werbung zu ziehen. Die Rechtsprechung ist sich zwar einig, dass Verbraucher in bestimmten Fällen Ausgleichszertifikate akzeptieren könnten, wenn diese transparent vermittelt werden. Welche weiteren Informationen notwendig sind, um eine Irreführung zu vermeiden, bleibt jedoch häufig offen. Entscheidend ist der Gesamteindruck, den eine umweltbezogene Aussage vermittelt und wie ein durchschnittlicher Verbraucher diese interpretieren dürfte.

Kritik an der aktuellen Rechtslage zur umweltbezogenen Werbung

Da Begriffe wie „klimaneutral“ oder „umweltfreundlich“ keine einheitliche Definition haben und oft synonym verwendet werden, kommt es zu Rechtsunsicherheiten. Verschiedene Gerichte verstehen „Klimaneutralität“ teilweise als vollständige Emissionsfreiheit, während andere eine Kompensation zulassen. Diese Rechtsunsicherheiten und fehlende klare Richtlinien führen dazu, dass Unternehmen oft nicht wissen, wie sie umweltbezogene Werbung rechtskonform gestalten können.

Das erschwert es Unternehmen, ihrer Verantwortung nachzukommen und erhöht die Gefahr von rechtlichen Konsequenzen wie Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen. Unternehmen haben momentan keine klaren Leitlinien, die sie im Bereich umweltbezogene Werbung auf die sichere Seite stellen könnten.

Zukunftsaussichten: Strengere EU-Vorgaben zur umweltbezogenen Werbung

Verbesserungen scheinen jedoch in Sicht: Die EU-Kommission plant im Rahmen des „Green Deals“, Vorgaben zur umweltbezogenen Werbung zu verschärfen und Greenwashing zu verhindern. Die geplanten Richtlinien der Green Claims-Richtlinie und der Empowerment-Richtlinie sollen für mehr Klarheit sorgen. Unternehmen müssen künftig bei umweltbezogenen Aussagen wie „klimaneutral“ oder „umweltfreundlich“ klare Belege vorweisen und ihre Angaben unabhängig zertifizieren lassen.

Ob die EU-Vorgaben den gewünschten Effekt erzielen und eine einheitliche Regelung für umweltbezogene Werbung schaffen, bleibt abzuwarten.

Umweltbezogene Werbung ist für Unternehmen weiterhin ein starkes Marketinginstrument, das jedoch strengen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegt. Die Unsicherheiten für Unternehmen sind groß, da einheitliche Definitionen und Vorgaben fehlen, was oft zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führt. Gerade der Begriff „Klimaneutralität“ ist ein Paradebeispiel für die Problematik, da er von Verbrauchern unterschiedlich interpretiert wird. Die geplanten EU-Richtlinien versprechen hier Abhilfe, indem sie eine klare Grundlage für Umweltversprechen schaffen sollen. Unternehmen könnten dann anhand festgelegter Standards ihre Werbung gestalten und damit nicht nur rechtlichen Anforderungen gerecht werden, sondern auch das Vertrauen der Verbraucher langfristig stärken.

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Dennis Tölle

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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