Suchmaschinen spielen in unserem Alltag eine zentrale Rolle. Sie helfen uns, Informationen zu finden, und prägen gleichzeitig unsere Wahrnehmung, indem sie auswählen, welche Inhalte sichtbar sind. Doch was passiert, wenn die Suchergebnisse fehlerhaft oder sogar rechtswidrig sind? Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln vom 4. Juli 2024 zeigt, dass Suchmaschinenbetreiber für die angezeigten Ergebnisse haftbar gemacht werden können (Az.: 15 U 60/23). Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen, insbesondere für Kreative, Unternehmer und Unternehmen, die sich mit rufschädigenden oder fehlerhaften Suchergebnissen konfrontiert sehen.
Der Fall: Ein Unternehmer gegen rechtswidrige Inhalte
Der zugrunde liegende Fall betrifft einen Kläger, der zwischen Anfang und Ende 2019 Beisitzer im Vorstand eines Kreisverbandes einer Partei war. Der Kläger wehrte sich gegen einen Artikel, der in den Suchergebnissen einer bekannten Suchmaschine verlinkt wurde. Der Artikel, veröffentlicht im Jahr 2019, befasste sich kritisch mit Lokalpolitikern seiner Partei und enthielt auch personenbezogene Informationen sowie ein Foto des Klägers in einer Uniform.
Das Landgericht wies die Klage des Klägers zunächst ab, da es die Suchmaschinenbetreiberin nicht als „passivlegitimiert“ ansah – das heißt, das Gericht war der Meinung, dass der Betreiber nicht verantwortlich gemacht werden könne. In der Berufung gab das Oberlandesgericht Köln jedoch dem Kläger recht und stellte fest, dass die Betreiberin der Suchmaschine sehr wohl als Verantwortliche nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO gilt und damit die Haftung für Suchergebnisse trägt.
Warum ist die Entscheidung des OLG Köln wichtig?
Das Urteil des OLG Köln ist wegweisend, weil es die Rolle und Verantwortung von Suchmaschinenbetreibern bei der Verarbeitung und Anzeige personenbezogener Daten klarstellt. Es gibt drei entscheidende Aspekte, die Unternehmer und Kreative kennen sollten:
1. Suchmaschinenbetreiber als Verantwortliche nach der DSGVO
Nach Art. 4 Nr. 7 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist ein Verantwortlicher jede natürliche oder juristische Person, die über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten entscheidet. Das OLG stellte klar, dass ein Suchmaschinenbetreiber auch dann als Verantwortlicher gilt, wenn er die angezeigten Suchergebnisse nicht selbst erstellt, sondern von einer anderen Gesellschaft im Konzern aufbereiten lässt. Entscheidend ist, dass der Betreiber den Nutzern den Zugang zur Suchmaschine und den Suchergebnissen ermöglicht.
2. Recht auf Löschung nach Art. 17 DSGVO
Betroffene haben ein Recht darauf, dass rechtswidrige oder fehlerhafte Inhalte aus den Suchergebnissen entfernt werden. Das sogenannte „Recht auf Vergessenwerden“ nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO umfasst nicht nur das Löschen von Daten, sondern auch das Unterlassen der erneuten Listung dieser Inhalte. Dies ist besonders wichtig, da technische Prozesse dazu führen könnten, dass gelöschte Inhalte durch Algorithmen erneut angezeigt werden.
3. Nachweispflicht für Betroffene
Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) müssen Betroffene nachweisen, dass die Inhalte, die sie entfernt haben möchten, offensichtlich unrichtig sind oder dass ein wesentlicher Teil der Informationen im betreffenden Artikel falsch ist. Dabei betonte der EuGH jedoch, dass die Nachweise zumutbar sein müssen, um die praktische Wirksamkeit des Rechts auf Löschung sicherzustellen. Dies schützt Betroffene vor übermäßigen Hürden.
Was bedeutet die Haftung für Suchergebnisse für Unternehmer?
Das Urteil hat praktische Konsequenzen für alle, die mit fehlerhaften oder rufschädigenden Suchergebnissen zu kämpfen haben. Für Unternehmer, die stark auf ihre Online-Reputation angewiesen sind, bietet es eine klare rechtliche Grundlage, um gegen unrechtmäßige Inhalte vorzugehen.
1. Schutz der Online-Reputation
Kreative und Unternehmen können Suchmaschinenbetreiber direkt in die Verantwortung nehmen, wenn Suchergebnisse personenbezogene Daten enthalten, die rechtswidrig oder schädlich sind.
2. Erhöhte Verantwortung der Suchmaschinenbetreiber
Betreiber können sich nicht einfach darauf berufen, dass sie nur „Vermittler“ sind. Sie müssen sicherstellen, dass die angezeigten Inhalte datenschutzkonform sind und die Rechte der Betroffenen nicht verletzen.
3. Rechtliche Handhabe gegen rufschädigende Inhalte
Das Urteil verdeutlicht, dass es nicht nur möglich ist, gegen die ursprünglichen Autoren rechtswidriger Inhalte vorzugehen, sondern auch gegen die Suchmaschinenbetreiber, die diese Inhalte verbreiten.
Fazit: Starke Rechte für Betroffene
Die Entscheidung des OLG Köln zur Haftung für Suchergebnisse stärkt die Rechte von Betroffenen erheblich. Insbesondere für Kreative und Unternehmer, die in der Öffentlichkeit stehen und ihre Online-Reputation schützen müssen, ist das Urteil von großer Bedeutung. Es zeigt, dass auch große Plattformen wie Suchmaschinen nicht über den Gesetzen stehen. Wenn Sie betroffen sind, sollten Sie Ihre Rechte kennen und gezielt Maßnahmen ergreifen, um Ihre Interessen zu schützen.
Mit der klaren Anerkennung der Haftung für Suchergebnisse durch die Gerichte wird die Verantwortung von Suchmaschinenbetreibern deutlich erhöht – ein wichtiger Schritt für den Datenschutz und die Wahrung der Persönlichkeitsrechte im digitalen Zeitalter.