Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass Arbeitgeber die Lohnabrechnungen ihrer Angestellten auch ausschließlich digital versenden können (Urteil v. 28. Januar 2025, Az. 9 AZR 487/24).
Keine Zustimmung zu digitaler Lohnabrechnung
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Angestellte aus dem Einzelhandel klagte gegen ihren Arbeitgeber und forderte, dass ihr eine Lohnabrechnung in Papierform übersandt wird. Dabei trug sie vor, dass sie einer elektronischen Gehaltsabrechnung zu keinem Zeitpunkt zugestimmt habe. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gab der Arbeitnehmerin Recht, doch das Bundesarbeitsgericht sah dies anders.
Streitentscheidend ist das Verständnis des § 108 Abs. 1 S. 1 Gewerbeordnung (GewO): Dieser schreibt vor, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine Abrechnung in Textform erteilen muss. Mit seiner Entscheidung klärt das BAG eine grundsätzliche Frage: Dürfen Gehaltsabrechnungen ausschließlich digital zur Verfügung gestellt werden?
Die Richter des BAG bejahten dies. Sie führten aus, dass der Arbeitgeber seiner gesetzlichen Pflicht zur Erstellung der Abrechnung in Textform auch dann genügt, wenn diese digital bereitgestellt wird – etwa über ein gesichertes Mitarbeiterportal. Entscheidend sei, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit habe, die Abrechnung zu speichern und bei Bedarf auszudrucken. Arbeitgeber müssen also lediglich sicherstellen, dass die Lohnabrechnung zugänglich und ausdruckbar ist – dies war im konkreten Fall gegeben.
Was bedeutet das für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Die Gehaltsabrechnung (auch Lohn- oder Entgeltabrechnung) informiert Arbeitnehmer monatlich darüber, wie sich ihr Bruttogehalt zusammensetzt und welche Abzüge (z. B. Steuern, Sozialabgaben, ggf. Sachbezüge) vorgenommen wurden. Sie ist auch für spätere Nachweise (z. B. gegenüber Vermietern, Banken oder bei Rentenanträgen) von großer Bedeutung. Die Pflicht zur Erteilung ergibt sich aus § 108 GewO.
Textform vs. Schriftform
§ 108 Abs. 1 GewO spricht ausdrücklich von „Textform“ – das bedeutet: Eine eigenhändige Unterschrift ist nicht erforderlich, es reicht, wenn die Information so übermittelt wird, dass sie dauerhaft lesbar ist (z. B. als PDF-Dokument per E-Mail oder über ein Portal).
Digital statt Papier – was ist zu beachten?
Durch die Entscheidung des BAG ist nun höchstrichterlich klargestellt, dass eine digitale Übermittlung zulässig ist, ohne dass der Arbeitnehmer zustimmen muss – vorausgesetzt, die Abrechnung ist zugänglich und kann ausgedruckt werden. Arbeitgeber sollten in diesem Zusammenhang beachten:
- Die digitalen Dokumente müssen dauerhaft abrufbar sein, mindestens bis zur nächsten Abrechnung.
- Eine rein mündliche oder flüchtige Information genügt nicht.
- Ein Ausdruck am Arbeitsplatz muss technisch möglich sein, auch wenn keine automatische Papierübermittlung erfolgt.
Fazit für die Praxis
Die Entscheidung erleichtert die Digitalisierung administrativer Abläufe im Unternehmen und schafft Rechtssicherheit. Arbeitgeber dürfen auf den Postversand oder persönliche Übergabe von Gehaltsabrechnungen verzichten – sofern sie eine technisch stabile und nachvollziehbare Lösung zur digitalen Bereitstellung anbieten. Arbeitnehmer wiederum sollten wissen, dass ihnen durch diese Entscheidung keine Nachteile entstehen – sie behalten vollen Zugang zu ihren Abrechnungen und können diese bei Bedarf selbst ausdrucken oder archivieren.