Im Falle einer Urheberrechtsverletzung steht dem Verletzten neben Ansprüchen auf Beseitigung, Unterlassung und Auskunft über die Rechtsverletzung ein Anspruch auf Ersatz des daraus entstehenden Schadens zu, § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG.
Voraussetzung für Schadensersatz: Vorsätzliche oder fahrlässige Urheberrechtsverletzung
Ein Anspruch auf Schadensersatz im Urheberrecht setzt zunächst die Verletzung eines fremden Urheberrechts oder eines anderen durch das Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts voraus. Eine solche Verletzung liegt zumeist dann vor, wenn das geschützte Werk ohne Zustimmung des Rechteinhabers verwendet wird. Dies kann etwa die unerlaubte Vervielfältigung eines fremden Bildes oder Textes sein.
Darüber hinaus muss Verschulden – also Vorsatz oder Fahrlässigkeit – auf Seiten des Verletzers vorliegen. Eine vorsätzliche Urheberrechtsverletzung wird von demjenigen begangen, der eine Rechtsverletzung entweder bewusst begeht oder billigend in Kauf nimmt. In der Praxis betrifft dies vor allem Fälle der Piraterie. Die Definition einer fahrlässigen Urheberrechtsverletzung bestimmt sich nach der allgemeinen Vorschrift des § 276 Abs. 2 BGB. Danach begeht derjenige eine fahrlässige Urheberrechtsverletzung, wer diese bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können.
An das Maß der anzuwendenden Sorgfalt stellen die Gerichte hohe Anforderungen: Danach muss sich jeder, der ein fremdes urheberrechtlich geschütztes Werk nutzen möchte, sowohl über das Bestehen eines Schutzes als auch über den Umfang Gewissheit verschaffen. Die Rechtsprechung konstruiert dadurch eine allgemeine Prüfungs- und Erkundigungspflicht bei Handlungen im bereich des Urheberrechts.
Rechtsfolge und „dreifache Schadensberechnung“
Liegen die beiden Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs vor, muss der Störer dem Urheber den aus der Verletzung entstehenden Schaden ersetzen. Die Berechnung des Schadens richtet sich grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB. Da Rechtsverletzung im Urheberrecht kommt in erster Linie Geldersatz in Betracht, vgl. § 251 Abs. 1 BGB. Dies bedeutet, dass dem Geschädigten der tatsächlich erlittene Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns durch die Zahlung eines Geldbetrags ersetzt werden muss.
Der Nachweis von Umsatzeinbußen bzw. Gewinnminderungen aufgrund einer urheberrechtlichen Rechtsverletzung ist in der Praxis regelmäßig sehr schwierig. Darum hält das Urheberrechtsgesetz in § 97 Abs. 2 S. 2 und 3 zwei weitere Methoden für die Berechnung des zu ersetzenden Schadens bereit. Auf diese kann der Anspruchsinhaber anstelle der allgemeinen Vorschriften zurückgreifen. Der Urheber kann dabei frei zwischen den drei Alternativen das für ihn Günstigste aussuchen. Weil es zur Berechnung des Schadensersatzes damit drei Varianten gibt, wird dies auch “dreifache Schadensberechnung” genannt.
Gewinnabschöpfung als Schadensersatz im Urheberrecht
Zunächst kann nach § 97 Abs. 2 S. 2 UrhG bei der Bemessung des Schadensersatzes auch der Gewinn des Störers berücksichtigt werden. Sofern der in seinem Recht Verletzte diese Berechnungsmethode wählt, ist als Schadensersatz der Reingewinn, der dem schutzrechtsverletzenden Gegenstand zugerechnet werden kann, herauszugeben (BGH, Urteil vom 2. November 2000, Az.: I ZR 246/98). Ausreichend dafür ist jeder ursächliche Zusammenhang zwischen einem Gewinn des Störers und der Urheberrechtsverletzung. Die Höhe dieses Gewinns kann der Urheber durch seine Auskunftsansprüche erfahren.
Die Lizenzanalogie als Schadensersatz im Urheberrecht
Weiter kann bei der Berechnung des Anspruchs gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG auch auf den Betrag abgestellt werden, der dem Rechteinhaber bei ordnungsgemäßer Nutzungsrechtseinräumung gezahlt worden wäre. Dafür wird der Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen fingiert, die sog. Lizenzanalogie.
Für die Berechnung der hypothetischen Nutzungsgebühr wird häufig auf allgemeine Vergütungssätze zurückgegriffen, etwa die Tarifwerke der Verwertungsgesellschaften GEMA oder VG Wort. Sehr bekannt sind auch die Empfehlungen der Mittelstandsgesellschaft Foto-Marketing, die sog. “MfM-Tabelle”. Hierzu ist inzwischen eine große Anzahl an Rechtsprechung ergangen, ob und wie diese Empfehlungen zur Berechnung der Lizenzanalogie genutzt werden können.
Lizenzanalogie bietet in der Praxis viele Vorteile
Gegenüber den anderen beiden Berechnungsmethoden des Schadens, hat die Lizenzanalogie einige Vorteile. So ist sie auch in solchen Fällen geeignet, in denen der Verletzte gar keinen direkt berechenbaren eigenen Verlust hat. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn er selbst das Urheberrecht gar nicht oder ganz anders ausübt, als der Verletzer.
Gegenüber der Berechnung auf der Grundlage des Verletzergewinns hat die Lizenzanalogie den Vorteil, dass die Rentabilität der Rechtsverletzung nicht von Bedeutung ist. Gerade wenn eine Verletzung früh entdeckt wird, hat der Verletzer oft noch keinen erheblichen eigenen Gewinn aus der Verletzung gezogen. In der Praxis ist die Berechnung des Schadensersatzes im Urheberrecht anhand der Lizenzanalogie daher die am weitesten verbreitete.
Die prozessuale Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs im Urheberrecht
Die dreifache Schadensberechnung bedeutet bereits eine erhebliche Erleichterung für den Rechteinhaber. Trotzdem gilt für die Beweislastverteilung bei der gerichtlichen Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs: Der in seinem Recht verletzte Urheber hat sowohl die Urheberrechtsverletzung, als auch Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Beklagten zu beweisen. Dies kann – gerade in Bezug auf das Verschulden – teilweise schwierig sein. Wer den Rechtsweg einschlägt, um seinen urheberrechtlichen Schadensersatz einzufordern, sollte sowohl die möglichen Beweisprobleme als auch die Wahl der Berechnungsmethode gut durchdenken.