Der Kläger in einem Rechtsstreit vor dem OLG Karlsruhe entschiedenen Rechtsstreit ist selbständig im Bereich der Suchmaschinenoptimierung tätig und nutzt dabei u.a. das Content-Management-System WordPress. Dabei handelt es sich um ein System zum Betrieb von Websites. Es ist unter einer Open-Source-Lizenz lizenziert. Diese Lizenz gewährt jedermann das Recht, Software zu nutzen, zu verändern und zu verbreiten, sofern die Änderungen selbst unter eine entsprechende Open-Source-Lizenz gestellt werden, und stellt klar, dass der Genuss der freien Lizenz an die auflösende Bedingung geknüpft ist, Änderungen auch in quelloffener Form weiterzugeben.
Beklagter drohte Selbstständigem mit Veröffentlichung seines Themes
Basierend auf WordPress können sogenannte Themes verwendet werden, die – technisch vereinfacht – Baukästen oder Vorlagen sind. Ein Theme liefert z.B. ein Layout und Grafiken, die dann durch den konkreten Inhalt – z.B. die Daten und Angebote des Homepage-Betreibers – ergänzt werden. Der Kläger vertreibt ein solches Theme gewerblich. Er hat es von einer Agentur und einem Entwickler nach seinen Vorstellungen entwickeln lassen. Sowohl die Agentur als auch der jetzige Entwickler räumten dem Kläger ausschließliche Nutzungsrechte an dem Quellcode der Software ein.
Im Jahr 2019 kontaktierte der spätere Beklagte den Kläger per E-Mail und „drohte“ ihm unter Hinweis auf die Open-Source-Lizenz, dass er das kommerziell vertriebene Theme auf eine Plattform für Open-Source-Software stellen werde. Der spätere Kläger forderte ihn daraufhin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Diese lehnte der Betroffene jedoch in vollem Umfang ab. Nach weiterem Schriftverkehr und Meinungsverschiedenheiten landete die Angelegenheit schließlich vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe.
OLG Karlsruhe hält Unterlassungsklage für begründet
Der Kläger verlangt die Unterlassung der Veröffentlichung und beruft sich auf seinen Status als Urheber des Themes. Obwohl dafür grundsätzlich erforderlich ist, dass der Kläger eine eigenständige Programmierleistung erbracht hat, hielt es das Gericht für ausreichend, dass die Programmierer ihm die ausschließlichen Nutzungsrechte eingeräumt haben. In seinem Urteil vom 27. Januar 2021 (A.z.: 6 U 60/20) erklärte es die Begehren deshalb für begründet.
Eine Miturheberschaft an dem Theme, wie sie bei Open-Source-Produkten wie dem bekannten Betriebssystem Linux bejaht wird, liege hingegen nur dann vor, wenn ein entsprechender natürlicher Handlungswille der an einer einheitlichen Schöpfung beteiligten Urheber besteht, so das Gericht. Bei einer gestaffelten Programmierung wie im vorliegenden Fall könne eine Unterordnung der nachfolgenden Programmierer unter eine gemeinsame Gesamtidee nicht festgestellt werden.
Lizenzbedingungen gelten nur für die Nutzungsrechte am ursprünglichen Programm
Er sei an der Geltendmachung dieses Anspruchs auch dann nicht gehindert, wenn es sich bei dem Basisprogramm WordPress um ein Open-Source-Produkt unter einer Open-Source-Lizenz handele. Denn das eigene Urheberrecht an den geschaffenen Weiterentwicklungen ist unabhängig vom Urheberrecht des ursprünglichen Programmierers an dem Grundprogramm.
Nach Ansicht der Karlsruher Richter hat der Kläger seine Rechte auch nicht verloren, insbesondere kann die Einbindung von WordPress unter der Open-Source-Lizenz nicht als Verzicht auf Urheber- oder Verwertungsrechte gewertet werden. Denn die Lizenzbedingungen gelten nur für die Nutzungsrechte an dem ursprünglichen Programm, nicht auch für die Rechte an dem durch die Bearbeitung entstandenen veränderten Programm. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bearbeiter durch die Bearbeitung des Originalprogramms in die Lizenzierung der Bearbeitung unter der ursprünglichen Open-Source-Lizenz eingewilligt habe.