Leistungsschutzrechte sind das „rechtliche Minus“ zu Urheberrechten: Sie schützen die Arbeit von Personen oder Organisationen, die keine Urheber sind, aber dennoch einen Beitrag zur Entstehung oder Verbreitung von Inhalten leisten. Das kann zum Beispiel ein Verleger sein, der ein Buch publiziert oder ein Produzent, der einen Film finanziert. Gemeint sind also Tätigkeiten, die nicht direkt in Verbindung mit dem Werk selbst stehen. Für diese Personen besteht dann kein Schutz aus Urheberrechten, sie sind aber nicht völlig schutzlos gestellt. Das Urheberrechtsgesetz bezeichnet die Rechte in diesen Fällen als „verwandte Schutzrechte“, §§ 73 ff. UrhG.
Wirkung und Dauer von Leistungsschutz
Konkret geschützt sind in der Regel alle zur Herstellung des Werkes nötigen Leistungen, der genaue Schutzumfang bestimmt sich nach den entsprechenden Schutzrechten. Durch die Schutzrechte wird den entsprechenden Personen Entscheidungsgewalt hinsichtlich der Nutzung, Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes zugestanden – im Einklang mit dem Urheber selbst.
Verstöße führen zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen. In einigen Fällen sind sogar strafrechtliche Folgen für den Verletzer denkbar, allerdings sind die Ansprüche nicht annähernd so weitreichend wie die des Urhebers.
Insgesamt bestehen kleine, aber feine Unterschiede zum Urheberrechtsschutz. Anders als Urheberrechte können Leistungsschutzrechte auch von juristischen Personen beansprucht werden und sind vollständig auf andere (juristische oder natürliche) Personen übertragbar. Schutzkonzept ist hier die wirtschaftliche und/oder organisatorische Leistung, nicht die Beziehung zum Werk selbst. Leistungsschutzrechte erlauben außerdem keine Veränderung oder Bearbeitung des Werkes, dies bleibt nach wie vor dem Urheber vorbehalten.
Der Schutz beginnt mit Veröffentlichung des Werkes, die Schutzdauer wiederum bestimmt sich nach der Art des betreffenden Werkes und kann zwischen einem und bis zu 70 Jahren variieren.
Folgende Personen können sich auf Leistungsschutzrechte aus dem UrhG berufen: Presseverleger (Print- und Online-Medien), Hersteller von Filmen, Tonträgern oder Datenbanken, ausübende Künstler (z.B. Schauspieler), Rundfunksender, Veranstalter und Filmverleiher. Leistungsschutz und Ki sind daher mit Vorsicht zu genießen.
Im Besonderen: das Verlagsrecht
Die aktuell hoch im Kurs stehenden KI-Modelle können eine erhebliche Bedrohung des Leistungsschutzes darstellen. So forderten Presseverbände in einem offenen Brief an EU-Organe eine erheblich größere Transparenz in Bezug auf den Einsatz von KI-Textgeneratoren. Durch die Integration des Chatbots ChatGPT in die Internet-Suchmaschine Bing sehen sich die Presseverbände besonders benachteiligt. Auch Google hatte ähnliche Pläne angekündigt.
Dabei gibt es für Presseverleger vor allem zwei Probleme: Einerseits werden KI-generierte Texte nicht als solche kenntlich gemacht, sodass der Leser in der Regel menschliche und maschinelle Inhalte nicht voneinander abgrenzen kann. Dadurch wird die tatsächliche Leistung der Journalisten in der Öffentlichkeits-Wahrnehmung erheblich herabgesetzt.
Andererseits kann die KI in Verbindung mit Suchmaschinen auf Online-Medien zugreifen und diese derart zusammenfassen, dass der User die eigentliche Quelle nicht mehr anzuklicken braucht.
Sinkende Klickzahlen bedeuten für die Website des Presseverlegers ein schlechteres Ranking und den Verlust von Werbeeinnahmen. KI kann sogar auf Artikel zugreifen, für die der Leser eigentlich ein kostenpflichtiges Abonnement hätte abschließen müssen – auch damit gehen also finanzielle Verluste einher.
In dem Schreiben schlagen die Presseverbände deshalb vor, dass (1) eine Kennzeichnungspflicht für KI-erzeugte Inhalte eingeführt wird und (2) die KI im Rahmen der Suchmaschinen-Integration Lizenzgebühren an die Verlage zahlt, um deren Inhalte in zulässiger Weise nutzen zu können. Ohne ordnungsgemäße Lizenzkette verstoße der Zugriff auf die Presseerzeugnisse und vor allem die Weiterverbreitung durch die KI gegen die Leistungsschutzrechte der Verleger.
Spannungsverhältnis von Leistungsschutz und KI: Suchmaschinen-KI darf Tatsachen ohne Lizenz nutzen
Die aktuelle Rechtslage sieht vor, dass eine Nutzung lediglich der enthaltenen Tatsachendarstellung anderer Presseerzeugnisse auch ohne Lizenzvereinbarung zulässig ist. Ob und wie der Gesetzgeber in Zukunft Anpassungen vornehmen wird, ist noch unklar. Es erscheint wenig gerecht, dass echte (menschliche) Journalisten die mühsame Arbeit der Faktenzusammentragung übernehmen und Suchmaschinen-KI darauf ohne jegliche Lizenz zugreifen darf. Dies dürfte das Alltagsgeschäft vieler Verleger stark beeinflussen, denn durch diese Vorgehensweise der KI entgeht den Presseverlegern jeglicher Vorteil, den die Bereitstellung von Inhalten im Internet zuvor mit sich brachte.
Themenschwerpunkt KI & Urheberrecht
In unserem Themenschwerpunkt „KI & Urheberrecht“ beschäftigen wir uns mit den urheberrechtlichen Aspekten aktueller Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Bislang im Rahmen dieser Reihe erschienen sind Einführungen zu den Anwendungen ChatGPT sowie die Verwendung von KI-Kunst, eine Übersicht über die Nutzungsbedingungen und Trainingsdaten beliebter KI-Bildgeneratoren und die im Rahmen der rechtlichen Diskussion geführte Mandelbrot-Debatte. Die Sorgen und Befürchtungen der Presseverleger beleuchten wir im Beitrag „Leistungsschutzrecht und KI“ und gehen in einem gesonderten Artikel der grundlegenden Frage nach, ob KI Urheber sein kann.