Eine Abmahnung im Arbeitsrecht ist nichts anderes als eine Rüge durch den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ermahnt den Arbeitnehmer, sich an seine vertraglichen Verpflichtungen zu halten, indem er auf eine Pflichtverletzung hinweist und für die Zukunft zu vertragsgemäßem Verhalten auffordert. Außerdem kündigt der Arbeitgeber Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an, insbesondere indem er mit einer Kündigung droht. Eine Abmahnung setzt sich also aus den folgenden vier Teilen zusammen:
- Hinweis auf Verpflichtung, ggfs. mit Verweis auf Arbeitsvertrag, Richtlinien o.ä.
- Detaillierte und konkrete Umschreibung des Verhaltens und was daran zu beanstanden ist;
- Aufforderung, dies in Zukunft zu ändern;
- Androhung von Rechtsfolgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfall (Kündigungsandrohung).
Das Mittel der Abmahnung ist abzugrenzen von einer bloßen Beanstandung oder Ermahnung. Diese fordern den Arbeitnehmer zwar auch dazu auf, sich an seine Pflichten zu halten, enthalten jedoch keine Androhung von Konsequenzen. Mit einer Abmahnung kann prinzipiell jede Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten gerügt werden, also auch solche, die noch nicht reichen würden, um eine Kündigung zu rechtfertigen.
Voraussetzungen einer wirksamen Abmahnung
Berechtigt, eine Abmahnung zu erteilen ist grundsätzlich nicht nur der Arbeitgeber, sondern alle Mitarbeiter, die verbindliche Anweisungen bezüglich der Arbeitsleistung erteilen können.
Besondere Formvorschriften bestehen für Abmahnungen grundsätzlich nicht. Sie können theoretisch auch mündlich erfolgen. Allerdings ist es schon aus Beweisgründen immer ratsam, Mitarbeiter schriftlich abzumahnen; und die Abmahnung von einer Person aussprechen zu lassen, die dazu auch berechtigt ist!
Außerdem sollte bei Erteilung einer Abmahnung darauf geachtet werden, dass der Arbeitnehmer von dieser auch wirklich Kenntnis nimmt. Denn nur bei Kenntnisnahme ist die Abmahnung zugegangen und somit auch wirksam geworden. Ansonsten kann sie ihre Hinweis- und Warnfunktion nicht erfüllen.
Eine Frist, innerhalb welcher die Abmahnung nach der Pflichtverletzung erfolgen muss, gibt es grundsätzlich nicht. Auch, dass dem Arbeitnehmer sein pflichtverletzendes Verhalten subjektiv vorwerfbar ist, ist nicht erforderlich. Die Pflichtverletzung muss lediglich durch steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers erfolgt sein.
Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer wirklich eine Pflicht verletzt hat und der Arbeitgeber diese konkret benennt. Der pauschale Hinweis darauf, der Arbeitnehmer habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, reicht nicht aus. Die Abmahnung wäre dann unwirksam. Wichtig: Wenn in einer Abmahnung mehrere Pflichtverletzungen gerügt werden, von denen aber nur eine einzige nicht zutrifft, ist in vielen Fällen die gesamte Abmahnung unwirksam – also auch hinsichtlich der anderen Verstöße, die der Arbeitgeber eigentlich korrekt abgemahnt hat.
Was sollten Sie tun, wenn Sie bereits eine Abmahnung erhalten haben?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Arbeitnehmer mit einer Abmahnung umgehen können. Beispielsweise kann eine Gegendarstellung, beziehungsweise ein Widerspruch zur Personalakte gereicht werden. Zusätzlich oder stattdessen kann man aber auch den Betriebs- oder Personalrat einschalten. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Arbeitgeber (wenn notwendig durch Klage) zur Rücknahme der Abmahnung zu drängen. Dabei gilt es zu bedenken, dass bei einem gerichtlichen Verfahren auch eine Beweiserhebung stattfinden wird, auf die der Arbeitnehmer vorbereitet sein sollte. Wer in Erwägung zieht, gerichtlich vorzugehen, sollte sich deshalb schnellstmöglich anwaltlich beraten lassen.
In vielen Fällen wird es jedoch eher zielführend sein, zunächst auf eine Deeskalation der Situation hinzuwirken. In einem Gespräch, in dem der Arbeitgeber die Abmahnung übergibt, sollte der Arbeitnehmer diese zunächst entgegennehmen, ohne sich inhaltlich dazu zu äußern. Auch wenn der Arbeitnehmer zu einer Stellungnahme auffordert, ist Vorsicht geboten. Eine übereilte Stellungnahme auf Drängen des Arbeitgebers ist für Arbeitnehmer meist nicht von Vorteil. Hilfreich kann es jedoch sein, sich unter Vorbehalt „gesichtswahrend“ für ein eventuelles Fehlverhalten zu entschuldigen. Diese Vorgehensweise könnte beispielsweise sinnvoll sein, wenn unklar ist, ob die Abmahnung berechtigt war oder nicht.
Zusammenhang zwischen Abmahnung und Kündigung
Die Verknüpfung mit dem Kündigungsrecht ist das, was die Abmahnung so bedeutsam macht. In der Regel kann eine arbeitgeberseitige verhaltensbedingte Kündigung nur wirksam erfolgen, wenn zuvor wirksam abgemahnt wurde. Dies gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die Abmahnung ist ein milderes Mittel als die Kündigung. Beides kann aber eine Vertragsstörung beseitigen. Deshalb ist eine Kündigung meist erst dann zulässig, wenn bereits erfolglos abgemahnt wurde.
Durch den Ausspruch einer Abmahnung erlischt das Kündigungsrecht für diese Pflichtverletzung. Der abgemahnte Sachverhalt ist dann verbraucht. Wenn der Arbeitgeber trotzdem wegen desselben Sachverhalts kündigen möchte, muss er sich dies in der Abmahnung vorbehalten oder auf andere Weise klar machen, dass er die Angelegenheit mit der Abmahnung nicht als “erledigt” ansieht. Nach längerem, einwandfreiem Verhalten des Arbeitnehmers kann eine Abmahnung ihre Wirkung verlieren. Dies hängt jedoch stark vom Einzelfall ab. Dann wäre vor Ausspruch einer Kündigung wegen einer gleichartigen Pflichtverletzung erneut eine Abmahnung notwendig. Reichte ein Sachverhalt für eine Kündigung nicht aus, so kann die Abmahnung auch noch nach einer unwirksamen Kündigung erfolgen.
Entbehrlich ist die Abmahnung vor dem Ausspruch einer Kündigung nur dann, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft trotz Abmahnung nicht zu erwarten ist oder eine besonders schwere Pflichtverletzung vorliegt, deren Rechtswidrigkeit offensichtlich ist.
Besonders wenn Arbeitnehmer damit rechnen, dass der Arbeitgeber demnächst eine Kündigung aussprechen wird, sollten sie sorgfältig überlegen, ob sie gegen eine unwirksame Abmahnung vorgehen wollen. Eine unwirksame Abmahnung kann der Arbeitgeber nämlich nicht heranziehen, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Dass die Abmahnung unwirksam war, kann der Arbeitnehmer auch noch in dem Prozess vortragen, in dem es um die Kündigung geht. Wenn sich dann erst herausstellt, dass die Abmahnung unwirksam war, kann dieser Punkt in den Verhandlungen über eine Abfindung für den Arbeitnehmer gewinnbringend eingesetzt werden.
Abmahnung im Arbeitsrecht: Ablage zur Personalakte und Information an Betriebsrat/Personalrat
Eine Abmahnung wird in der Regel zur Personalakte des Arbeitnehmers genommen. Ist die Abmahnung ungerechtfertigt erfolgt oder besteht kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr am Verbleib in der Personalakte, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte.
Besteht ein Betriebsrat/Personalrat, erhält dieser eine Kopie der Abmahnung zur Information
Sie sind sich unsicher, wie Sie eine Abmahnung formulieren sollen oder haben gar eine Abmahnung im Arbeitsrecht erhalten? Kommen Sie auf uns zu!