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Die Vermarktung von „Dual Quality“-Produkten 

Ab jetzt gilt: "Dual Quality"-Produkte sind grundsätzlich verboten. Wir erklären, wann das der Fall ist und wann es gerechtfertigt ist.
Dual Quality
Bild von Squirrel_photos auf Pixabay

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Inhalt des Beitrags

Bei „Dual Quality“-Produkten handelt es sich um Produkte, die von einem Unternehmen nach außen hin identisch vermarktet werden, in Wirklichkeit jedoch in verschiedenen EU-Staaten eine unterschiedliche Qualität aufweisen. Bei Lebensmitteln können beispielsweise die Zusammensetzungen unterschiedlich sein (bspw. ein höherer Zuckergehalt in einer Limonade).  

Bei der Vermarktung solcher „Dual Quality“-Produkte kann es sich gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG ab jetzt um eine irreführende geschäftliche Handlung eines Unternehmers handeln.  

Wann ist die Vermarktung von „Dual Quality“-Produkten unzulässig? 

Die Vermarktung von „Dual Quality“-Produkten ist unzulässig, wenn (1) eine identische Vermarktung vorliegt und (2) die Zusammensetzung oder ihre Merkmale sich wesentlich voneinander unterscheiden (2). Eine Einschränkung erfährt die Norm letztlich darüber, dass eine identische Vermarktung gerechtfertigt sein kann, wenn (3) legitime und objektive Faktoren dies rechtfertigen.  

1. Die identische Vermarktung 

Wann eine identische Vermarktung vorliegt, ist nicht gesetzlich definiert. In der Gesetzesbegründung wird darauf verwiesen, dass eine identische Vermarktung nur auf Grundlage einer Einzelfallprüfung festgestellt werden kann. Ein Ausschlussgrund soll vorliegen, wenn über bestehende Unterschiede beispielsweise durch das Etikett informiert wird. Maßstab ist dabei, dass Verbraucher:innen etwaige Unterschiede leicht erkennen können müssen. 

2. Wesentliche Unterschiede 

Das Vermarktungsverbot greift erst dann, wenn die Unterschiede wesentlich sind. Auch für das Kriterium der Wesentlichkeit ist eine Einzelfallprüfung notwendig. Sinn und Zweck der Regelung ist der Schutz von Verbraucher:innen vor irreführenden geschäftlichen Handlungen. Setzt man diesen Maßstab hier wieder an, könnte ein Kriterium die Relevanz der Zusammensetzung für die Kaufentscheidung von Verbraucher:innen sein. Jedoch muss stets ein Bezug zu der Größenordnung hergestellt werden, in der sich die Unterschiede bewegen. Selbst wenn die Zusammensetzung relevant für die Kaufentscheidung ist, kann wohl eine vergleichsweise geringe Abweichung kein wesentlicher Unterschied sein. Entscheidend ist letztlich die freie Überzeugung des zuständigen Gerichts gem. § 286 ZPO. 

Der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG lässt sich anhand des Beispiels einer fiktiven Limonade eines Herstellers veranschaulichen, die gleichermaßen in Spanien und Deutschland verkauft wird. Jedoch hat die spanische Version der Limonade einen wesentlich höheren Zuckeranteil als die deutsche Version. Hier greift das Gesetz ein und verpflichtet zu einer unterschiedlichen Vermarktung.  

3. Rechtfertigung aufgrund legitimer und objektiver Faktoren 

Eine Vermarktung, die die genannten Merkmale erfüllt, kann dennoch gerechtfertigt sein. Die Omnibus-Richtlinie, in deren Umsetzung der § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG ergangen ist, sieht in Erwägungsgrund 53 einige Beispiele für „legitime und objektive Faktoren“ vor. Dort finden sich unter anderem „Vorgaben aus dem jeweiligen nationalen Recht eines EU-Mitgliedstaats“ oder „freiwillige Strategien zur Verbesserung des Zugangs zu gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln, Waren derselben Marke an unterschiedliche geografische Märkte anzupassen“. In der deutschen Gesetzesbegründung findet sich zusätzlich der Grund, Ware an unterschiedliche Verbraucherinteressen anzupassen. Die Rechtfertigungsgründe sind sprachlich weit gefasst und bieten Unternehmern einen entsprechend großen Spielraum. Jedoch kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen, die Unternehmen die Beweislast für das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes tragen. 

Am Beispiel der Limonade wiederum, könnte der Hersteller gerechtfertigt sein. Dazu müsste er darlegen können, dass die Verbraucherinteressen auf dem deutschen und spanischen Markt derart unterschiedlich sind, dass eine entsprechende Anpassung des Zuckergehalts notwendig ist.  

Letztlich kann auch in Ausnahmefällen nicht nur der Hersteller von dem Verbot des § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG betroffen sein, sondern auch ein Händler. Und zwar dann, wenn der Händler mit eigenen InformationenVermarktungsarbeit – zum Beispiel auf der eigenen Internetseite – leistet.  

Mit dieser Neuerung kommt ein Verbot für Hersteller von Waren im EU-Raum hinzu. Es bleibt jedoch fraglich, wie der Anwendungsbereich der Norm in der Praxis – insbesondere durch die Gerichte – ausgelegt und angewendet wird. Die Folgen eines Verstoßes können jedoch erheblich sein, da sich der Verletzer Schadensersatzansprüchen von Verbrauchern und Mitbewerbern ausgesetzt sehen kann. Zumindest ist ein Verstoß, dem Wortlaut von § 19 UWG nach, nicht bußgeldbewehrt. 

Themenschwerpunkt Wettbewerbsrecht

In unserem Themenschwerpunkt „Anforderungen im Wettbewerbsrecht“ gehen wir auf die Änderungen durch die jüngste UWG-Novelle ein und stellen die Herausforderungen für Unternehmen und Unternehmer dar. Bisher erschienen in dieser Reihe ein Überblick über den Verbraucher-Schadensersatz sowie den Geldbuße-Regelungen, der Influencer-Rechtsprechung und die damit einhergehenden Neuerungen im UWG (auch) für Influencer, notwendige Anpassungen im eCommerce und Einschränkungen beim Vertrieb von sog. Dual Quality-Produkten.

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