Eine bekannte Designagentur entwarf die Gestaltung der Biergebinde der heute bekannten Biermarke „5,0 Original“ und hatte sich vorvertraglich die Rechteübertragung an Dritte vorbehalten. Bei Weiterveräußerung der Nutzungsrechte auf einen Dritten stand der Agentur danach ein Zustimmungsvorbehalt zu.
Dennoch veräußerte die Auftraggeberin ohne Zustimmung der Agentur die Nutzungsrechte an Unternehmen außerhalb der Unternehmensgruppe. Die Designagentur sah sich dadurch in ihren Urheberrechten verletzt und machte ihre Ansprüche gerichtlich geltend.
Erforderliche Schöpfungshöhe auch bei schlichter Gestaltung
Entscheidende Frage war, ob es sich bei dem Gebinde überhaupt um ein schutzfähiges Werk handele.
Das LG Hamburg sah in dem gegenständlichen Muster die erforderliche Schöpfungshöhe als gegeben an (Urteil v. 07.07.2016, Az.: 310 O 212/14). Trotz oder gerade wegen seiner Schlichtheit und des Purismus der Gestaltung hebe sie sich von den herkömmlichen Designs anderer Gebinde ab. Insofern sei ein Biergebinde als ein Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG einzustufen.
Insbesondere nahm das LG Hamburg Bezug auf den einfachen und klaren Schrifttyp, die Beschränkung auf die Zweifarbigkeit ohne Zeichen, die horizontale Gestaltung der Beschriftung sowie die Aufteilung in drei „Blöcke/Felder“. Gerade in Bezug auf die gängigen Gestaltungen von Bierflaschen oder –dosen, welche etwa mit Wappen, Ortsnamen oder Goldglanzpapier gestaltet sind, weist die Gestaltung von „5,0 Original“ eine „klare, reduzierte Anmutung“ auf, die den urheberrechtlichen Schutz verdiene.
Ein Rückgriff auf die auch im Urteil erwähnte die Geburtstagszug-Entscheidung des BGH (Urteil v. 13.11.2013, Az.: I ZR 143/12) war somit nicht vonnöten. Der BGH erachtete es in dem dort entschiedenen Fall für die Annahme der Schöpfungshöhe für ausreichend, wenn nach Auffassung der für Kunst empfänglichen Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden kann. Die Hürde zur Erlangung des Schutzes setzt der BGH folglich sehr niedrig.
Im Zweifel bleibt Nutzungsrecht beim Arbeitgeber
Des Weiteren hatte sich das LG Hamburg mit der Problematik zu beschäftigen, die sich in einem Arbeitsverhältnis bei arbeitsteiliger Gestaltung und Mitwirkung ergeben kann.
Nach Ansicht der Richter sei im Zweifel davon auszugehen, dass die Nutzungsrechte der angestellten Designer an den Arbeitgeber übertragen werden:
„Bei angestellten Designern eines Produktdesign-Unternehmens können – soweit wie vorliegend keine besonderen, gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen – auch ohne ausdrückliche Absprachen keine Zweifel bestehen, dass der Arbeitgeberin mit der Übergabe von Gestaltungsleistungen durch die angestellten Designer alle denkbaren Nutzungsrechte jedenfalls konkludent übertragen worden sind.“
Alles andere sei insofern lebensfremd. Die Vorschriften der §§ 31 ff. UrhG fänden über den § 43 UrhG Anwendung. Demnach sei die Agentur auch alleinige Inhaberin der Nutzungsrechte.
Idee oder Hinweis allein begründen keinen urheberrechtlichen Schutz
Die beklagten Bierverlage führte aus, dass die Idee des Designs und der Beschriftung von ihr kamen bzw. sie der Designagentur wesentliche Vorgaben gemacht habe. Insoweit stellt aber das LG Hamburg klar, dass das Urheberrecht nicht alle Ergebnisse individueller geistiger Tätigkeit schütze, sondern eben nur Werke im Sinne des § 2 UrhG. Wesentliche Vorgaben reichen dabei nicht aus.
Das Gericht stellt in seiner Entscheidung somit unmissverständlich klar, dass für die Bejahung eines Werkes der angewandten Kunst eben nicht nur eine umfängliche, gestalterische Ausschmückung vonnöten ist, sondern ganz im Gegenteil gerade die Schlichtheit überzeugen kann. Ganz getreu nach dem Motto „je weniger desto mehr“ kann auch eine minimale Gestaltung zum vollumfänglichen urheberrechtlichen Schutz führen.