Bedingt durch die Corona-Pandemie ist in vielen Unternehmen ein Arbeiten im Homeoffice möglich geworden. Selbst für viele Arbeitgeber ist ein Arbeiten vom heimischen Arbeitsplatz aus nicht mehr wegzudenken. Teilweise ist dies sogar aufgrund von Platzmangel am Unternehmenssitz notwendig. Homeoffice ist folglich bei vielen Unternehmen Standard geworden.
Arbeiten im Homeoffice gehört zum Standard
Dabei sind jedoch auch negative Auswirkungen allseits bekannt. Sei es das Teamgefühl, welches durch den unpersönlichen Kontakt geschmälert wird oder die Effektivität sinkt, da die Ablenkung im Homeoffice stärker ist.
Doch was kann ein Arbeitgeber unternehmen, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung im Homeoffice tatsächlich nicht erbringt? Zu dieser relevanten Frage entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 28.09.2023 – 5 Sa 15/23). Dort stritten die Parteien neben Abgeltung von Urlaub insbesondere um die Rückzahlung der Vergütung für Arbeitszeiten im Homeoffice. Letzteres steht hier im Vordergrund.
Arbeitgeber fordert Rückzahlung von Arbeitslohn, weil kein Arbeitsnachweis vorliegen soll
Die Beklagte betreibt eine Tagespflegeeinrichtung und eine Einrichtung für betreutes Wohnen. Die Klägerin war bei der Beklagten als Pflegemanagerin und leitende Pflegekraft tätig. Ihr war gestattet, ihrer Tätigkeit aus dem Homeoffice nachzugehen. Von dieser Möglichkeit machte die Klägerin auch gebrauch. So arbeitete sie beispielsweise im Januar 2022 von insgesamt 166:15 Stunden 116:15 Stunden im Homeoffice. Von insgesamt 167:45 Stunden entfielen im Februar 60:15 Stunden auf das Homeoffice. Die Zeiterfassung für den Monat März wies 16:30 Stunden im Homeoffice bei insgesamt 188:45 Stunden aus.
Zum Aufgabenfeld der Klägerin gehörte dabei insbesondere die Überarbeitung des Qualitätshandbuchs und anderer für das Pflegemanagement erforderlicher Unterlagen. Das Arbeitsverhältnis wurde schließlich in der Probezeit von der Arbeitgeberin ordentlich gekündigt.
Die Arbeitgeberin forderte daraufhin von der Klägerin Rückzahlung des Bruttolohns für 300,75 Arbeitsstunden im Homeoffice in Höhe von insgesamt EUR 7.112,74 mit der Begründung, dass die Arbeitsleistung im Homeoffice nicht erbracht wurde, da hierfür kein objektivierbarer Arbeitsnachweis vorliege. Die ehemalige Arbeitnehmerin hatte ihre Arbeitsleistung jedoch nach ihren Angaben in verschiedenen E-Mails dokumentiert.
LAG Mecklenburg-Vorpommern: Arbeitnehmerin konnte Tätigkeiten im Homeoffice belegen
Das LAG entschied in der Frage der Vergütung im Homeoffice zugunsten der ehemaligen Arbeitnehmerin. Demnach beruhen die Gehaltszahlungen für die Monate Dezember 2021 bis März 2022 vollumfänglich auf einem Rechtsgrund, nämlich dem sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Vergütungsanspruch gemäß § 611a Abs. 2 BGB. Dies gelte auch für die Arbeitszeiten im Homeoffice. Der Arbeitgeberin steht demnach gerade kein Rückforderungsanspruch in der geforderten Höhe zu.
Dabei konnte die Arbeitgeberin gerade nicht ihrer Darlegungs-und Beweislast nachkommen. Sie konnte nicht darlegen, in welchem Umfang die Klägerin die Arbeitsleistung im Homeoffice nicht erfüllt habe. Vielmehr konnte die Arbeitnehmerin verschiedene Dokumente vorlegen, aus denen sich eine Arbeitsleistung entnehmen ließ. Dabei kam es auch gerade nicht darauf an, ob die Arbeiten in der gewünschten Zeit oder im gewünschten Umfang erledigt werden. Ein Arbeitnehmer genüge nach ständiger Rechtsprechung seiner Leistungspflicht, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeite. Dass die Klägerin einzelne Aufgaben nicht vollständig erledigt habe, ändere an dem Grundsatz nichts.
Vertrauen notwendig: Arbeitgeber kann Arbeitnehmern und Tätigkeiten im Homeoffice kaum kontrollieren
Wesentliche Erkenntnis des Urteils ist, dass die arbeitsrechtlichen Grundsätze auch im Homeoffice vollumfänglich gelten.
Grundsätzlich ist es Sache der Arbeitnehmer, die Voraussetzungen ihres Vergütungsanspruches dazulegen und zu beweisen. Jedoch trägt nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast bei Zweifeln an der Erfüllung der Arbeitspflicht im Betrieb. Diese Maßstäbe sind vom LAG identisch auf die Arbeit im Homeoffice anzuwenden.
Ein Problem bleibt jedoch offen. Der Arbeitgeber hat bei der Arbeit im Homeoffice nicht die gleichen Möglichkeiten die Arbeitnehmer und deren Arbeitsleistung am Arbeitsplatz zu kontrollieren. Er muss sich ganz auf die Ehrlichkeit der Dokumentation des Arbeitnehmers verlassen. Dies erhöht die Anforderungen an die Beweislast des Arbeitgebers enorm. Auch die Gefahr eines Arbeitszeitbetrugs ist dann hoch.
Dieser liegt aber gerade nicht vor, wenn Arbeitnehmer vermeintlich quantitativ minderwertige Arbeit leisten, gleichzeitig aber Arbeitsleistungen dokumentiert werden. Hier muss der Arbeitgeber dann mit Abmahnung des Verhaltens zur Begründung einer entsprechenden personen- oder verhaltensbedingten Kündigung vorgehen. Eine einseitige Kürzung oder Zurückforderung von Arbeitsentgelt entfällt jedoch.
Arbeitgeber sollten klare Weisungen erteilen und Rückruf an Büro-Arbeitsplatz offenhalten
Grundsätzlich ist es relevant den Arbeitnehmern klare Anweisungen zu Art und Umfang der Tätigkeit zu geben. Dies ist vom Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst. So können Ziele festgelegt werden, dessen Erreichung dann genau kontrolliert werden können.
Bei dessen Nichteinhaltung kann eine Abmahnung und im Ernstfall auch die personen- oder verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden.
Wenn ein Arbeitnehmer die gesetzten Arbeitsanweisungen nicht erfüllt, muss im Falle eines Gerichtsverfahrens der Arbeitnehmer substantiiert vorlegen, warum er trotzdem ausreichend gearbeitet hat. So kann der Arbeitgeber sich der Darlegungs- und Beweislast entziehen.
Wenn tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht wird, kann der Arbeitgeber nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ die Vergütung einbehalten oder eine bereits gezahlte wieder zurückfordern.
Relevant ist auch, in Arbeitsverträgen, Ergänzungen hierzu oder in Betriebsvereinbarung eine deutliche Regelung zur möglichen Kündigung des Homeoffice-Vertrages oder zum möglichen Rückruf an den betrieblichen Arbeitsplatz aufzunehmen. Dies sollte jedoch nicht anlasslos geschehen, sondern gut begründet sein.
Darüber hinaus kann auch im Homeoffice die Kontrolle der Mitarbeiter grundsätzlich möglich sein. Dies kann beispielsweise mithilfe der IT erfolgen. Dies sollte aber mit äußerst kritischem Blick auf die Rechte des Arbeitnehmers geschehen, vor allem im Bereich des Datenschutzrechts. Im Zweifel ist eine derartige Überwachung erst bei einem Verdachtsmoment zulässig, z.B. dass der Arbeitnehmer sich vertragswidrig verhält.